Streik

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 17:05:32 So. 23.Dezember 2007

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ManOfConstantSorrow

Ich muß zugeben, ich bin deprimiert.
Die Rasanz, mit der sich die sozialen Bedingungen verschlechtern, hat nicht die entsprechende Entwicklung an Gegenbewegungen hervorgerufen.

Ich kann es nicht oft genug wiederholen:

Ich halte den
STREIK
für die wirkungsvollste Kampfform, der wir uns bedienen können!


Es gibt immernoch den Streik im Einzelhandel, der von den Medien weitgehend totgeschwiegen wird. Das Streik bei der Deutschen Bahn sollte demnächt weitergehen und dürfte erneut eine Welle von medialer Hetze gegen die unverschämten Lokführer, die dem Normalbürger die Reisefreiheit nehmen, auslösen.
Die Zeichen stehen auch auf Streik in vielen anderen Bereichen und Branchen. Es dürfte ein bewegtes Jahr 2008 werden. Es fehlt jedoch die Auseinandersetzung mit dieser Kampform, wie sie eingesetzt, wie sie unterstützt und geschützt werden kann. wie die Schlagkraft erweitert werden kann.

Ich möchte hier somit ein paar Fragen auflisten für eine Verbesserung einer Streikpraxis:

-Wie kann ein Streik organisiert und ausgelöst werden (Innerbetrieblich oder von außen, Gewerkschaftlich, außergewerkschaftlich/operaistisch)?

-Wie kann ein Streik geführt werden ohne die Gefahr, daß er von Funktionären abgewürgt wird?

-Wie kann man einen Streik "von außen" unterstützen?

-Wie kann man Unterstützer einbeziehen, Familien der Streikenden, Stadtteilgruppen, Solidaritätsgruppen etc.?

-Wie kann ein Streik ausgeweitet werden auf andere Betriebe und Branchen?

-Wie können in einen Kampf und in die Forderungen weitere einbezogen werden, wie Küchenpersonal, Reinigungskräfte, Fremdwerker/Leiharbeiter?

-Wie können Erwerbslose in die Forderungen und den Kampf einbezogen werden?

-Wie ist mit Streikbruch und Streikbrechern umzugehen?

-Wie kann man eine größere Öffentlichkeit mit einem Arbeitskampf erreichen?

Es gibt sicherlich weiter Fragen, die gestellt werden müßten....
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Eivisskat

ZitatOriginal von ManOfConstantSorrow

-Wie kann ein Streik organisiert und ausgelöst werden (Innerbetrieblich oder von außen, Gewerkschaftlich, außergewerkschaftlich/operaistisch)?

-Wie kann ein Streik geführt werden ohne die Gefahr, daß er von Funktionären abgewürgt wird?

-Wie kann man einen Streik "von außen" unterstützen?

-Wie kann man Unterstützer einbeziehen, Familien der Streikenden, Stadtteilgruppen, Solidaritätsgruppen etc.?

-Wie kann ein Streik ausgeweitet werden auf andere Betriebe und Branchen?

-Wie können in einen Kampf und in die Forderungen weitere einbezogen werden, wie Küchenpersonal, Reinigungskräfte, Fremdwerker/Leiharbeiter?

-Wie können Erwerbslose in die Forderungen und den Kampf einbezogen werden?

-Wie ist mit Streikbruch und Streikbrechern umzugehen?

-Wie kann man eine größere Öffentlichkeit mit einem Arbeitskampf erreichen?

Es gibt sicherlich weiter Fragen, die gestellt werden müßten....


...und frage mich seit einiger Zeit das Gleiche :(.
Vielleicht ist die Antwort in anderen Ländern zu suchen, die bereits mehr Erfahrung mit (General-) Streiks haben?
Es gibt ja durchaus internationale Verbindungen, siehe z.B. attac, die die Kenntnisse weitergeben können.
LG

Codeman

Hallo ManOfConstantSorrow,

viele Fragen.Meines erachtens müsste der Streik sich innerbetrieblich bilden und dann so viel Öffentlichkeit wie möglich bekommen um das sich das Verhalten der Leute auch auf andere Betriebe umschwenkt.Siehe Solidarnosc-Bewegung.Man sollte hier zu auch ein populäres Thema nehmen - die aktuelle Gerechtigkeitsdebatte bietet sich an.

Das hat den Vorteil,dass sofort viele Sympathien in der Bevölkerung geweckt werden und ich denke so ein Einschreiten von Polizei usw. nicht möglich wäre.Unterstützen kann man die Streikenden mit Geldspenden oder auch mit Sachleistungen wie Kaffee/Tee Brot,Wurst etc.Es sollten auch die Familien der Streikenden besonders unterstützt werden,da der AG gewöhnlich die Lohnzahlungen einstellen wird.

MfG
Codeman
Ich bin der Rostfleck am Schwert des Sozialismus - Zitat frei nach Schraubenwelle

Schrubberbude

Ich halte einen richtigen Streik in Deutschland für nicht durchführbar, für unmoeglich. Warum ...!? Nach meiner Erfahrung ist jeder jedens Feind. Macht einer eine Verfehlung, stehen schon drei Leute bereit um sich dadurch lautstark beim Vorgesetzten profilieren zukoennen. Habe verschiedene große Werke sterben gesehen, Abteilung für Abteilung. Jeder dachte: wenn ich meine Schnauze halte, bin ich der letzte, der das Licht ausmacht und werde von einem Zweig-Werk uebernommen. Anstatt in solcher Situation zusammen zuhalten, wurde um so mehr gegeneinander intrigiert.


Gruss aus der Schrubberbude.
Regiert, überwacht und ausgebeutet vom legalisierten organisierten Verbrechen.

handkey

Auch Deine Erfahrung gibt es, und sie ist weiter verbreitet als uns lieb sein kann- schade, daß du gerade diese gemacht hast, aber es gibt tatsächlich auch und trotzdem, die solidarität untereinander, bei der kein Funktionsträger was von oben abwürgen kann. hab das so erlebt, selber oft genau dara appeliert und glaube, daß wo man untereinander offe genau so beginnt, man auch was erreichen kann.
hab ich jedenfalls gemerkt.
Staubsaugervertreter verkaufen Staubsauger,
Versicherungsvertreter verkaufen Versicherungen,
warum sollten ausgerechnet Volks- oder Arbeitervertreter
aus der Art schlagen?

Kuddel

»Parlamente brauchen Druck der Straße«. Petition zu politischem Streik findet breites Echo und facht Diskussion neu an

http://www.neues-deutschland.de/artikel/138505.parlamente-brauchen-druck-der-strasse.html

Pinnswin

Zitat von: ManOfConstantSorrow am 17:05:32 So. 23.Dezember 2007
Ich muß zugeben, ich bin deprimiert.
Die Rasanz, mit der sich die sozialen Bedingungen verschlechtern, hat nicht die entsprechende Entwicklung an Gegenbewegungen hervorgerufen.

Doch, unkonstruktiv. Es haben sich ziemlich viele (auch gegenseitig) Umgebracht, sind in die Klappse gewandert oder pennen jetzt unter ner Brücke.
Das Ende Der Welt brach Anno Domini 1420 doch nicht herein.
Obwohl vieles darauf hin deutete, das es kaeme... A. Sapkowski

Nestor

Wie wäre das eigentlich: Wenn man an einer Maschine arbeitet, über deren Produktionsgeschwindigkeit man sowieso selber bestimmt bzw. auch wegen Reinigungsarbeiten und Qualitätssicherung die Produktion drosseln kann.
Hier könnte man doch (im Alleingang) eine Lohnforderung durchsetzen, unter Androhung einer sinkenden Produktion als Arbeitskampfmittel. (?)

Kennt sich da jemand mit aus?

Eivisskat

Nennt sich das nicht Bummel-Streik und wurde früher häufig & mit Erfolg angewandt?

Ob das Wirkung hätte, wenn man das allein durchzieht, glaube ich nicht, da kommt eher sofort eine Abmahnung... :(

Nestor

Eine Abmahnung? Ich kann mir nicht vorstellen mit welcher Begründung.
Da könnte der Chef dann ja jedem neu eingestellten die Abmahnung geben, nur weil dieser an die Geschwindigkeit der Anderen nicht rankommt.
Außerdem läuft die Produktion nie gleichmäßig, weil manchmal auch Probleme erst behoben werden müssen.
Und in meinem Arbeitsvertrag steht auch keine Richtgeschwindigkeit drin, würde auch nie funktionieren damit, da die Produktion sich aus vielen einzelnen Faktoren ergibt; z.B. teure Technik läuft immer besser als billige, und der Zustand dieser spielt auch eine Rolle.
Das Einer weniger Produziert als der Andere ist doch immer die Regel.

Man könnte doch damit Druck auf den Ausbeuter ausüben, um so einen besseren Arbeitsvertrag zu fordern. Außerdem ist mein Lohn sowieso unter dem Tarif.

Ich dachte es nennt sich passiver Streik. (?)

Kuddel

"Dienst nach Vorschrift" ist eine Form des Bummelstreiks.
Krankenschwestern machen diverse Arbeiten, die eigentlich nur Ärzte durchführen dürfen. Machen sie nur das, was offiziell in den Vorschriften steht, bricht der Klinikbetrieb zusammen. Man kann sie aber nich abmahnen oder belangen, denn sie arbeiten ja "nach Vorschrift".

Nestor

Falls der Chef einwilligt; wäre eine schriftliche Zusatzvereinbarung, welche den Stundenlohn anspricht, ausreichend?

Kuddel

Dieser Strang wurde 2007 gestartet.
Es hat sich seit dem einiges geändert.
Streik ist nicht mehr das langweilige eingeübte Ritual, er ist zu einer populären Kampfform geworden. Nicht nur in Frankreich, UK und USA.

Streik kann auch Spaß machen:

https://twitter.com/_ericblanc/status/1645885629127966721

https://twitter.com/_ericblanc/status/1645881864358338564

Kuddel

Duygu Kaya ist Ex-Gorillas Kurierfahrerin, hatte wild gestreikt, ihren Job verloren und ist für das Streikrecht vors Landesarbeitsgericht Berlin gezogen.

Ihre aktuellen Gedanken zum Thema Streik:



Was ist jetzt zu tun?
Wenn die Inflation höher ansteigt, streiken wir oder nicht?
Wenn der Krieg brutaler wird, streiken wir oder nicht?
Wenn das Klima sich noch mehr aufheizt, streiken wir oder nicht?
Wenn die Ausbeutung größer wird, streiken wir oder nicht?

To be continued.....

Kuddel

Streikformen und das Streikrecht
weiterhin in der Diskussion und umkämpft



Perspektive Selbstverwaltung schrieb dazu:
Im öffentlichen Dienst verarscht uns die Verdi-Spitze, vor Gericht wird der Arbeitskampf der Gorillas Rider kriminalisiert. Jetzt ist der Moment zu zeigen, dass wir uns kollektiv mit den Reallohnverlusten nicht zufrieden geben.

Onkel Tom

Weitere Infos dazu hier..  ;)
Lass Dich nicht verhartzen !

ManOfConstantSorrow

Besser kann man nicht beschreiben, wie ein Streik wirkt:

ZitatStreik kostet Ford 1,7 Milliarden Dollar Jahresgewinn
https://www.wiwo.de/unternehmen/industrie/autobauer-streik-kostet-ford-1-7-milliarden-dollar-jahresgewinn/29534654.html

Es heißt so gern, "wo soll das Geld denn herkommen?"
Hier sieht man es: Man nimmt es vom Profit des Unternehmens. Die nichtsnützigen Aktionäre bekommen dann weniger.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Süddeutsche, was ist los? Hat ein Aufpasser gepennt?
Oder wieso ist so ein guter Kommentar durchgerutscht?

Zitat,,Es lebe Claus Weselsky", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Der Streik seiner Gewerkschaft nütze auch Arbeitnehmern anderer Branchen: ,,Wenn Kita-Erzieherinnen, Altenpfleger oder Supermarkt-Kassiererinnen streiken, merkt das kaum einer. Wenn nun aber die GDL, die die Mittel hat, das Land lahmzulegen, die 35-Stunden-Woche durchsetzen sollte und andere Gewerkschaften folgen, entsteht nach und nach eine neue Normalität. Und auch die, denen wirksame Druckmittel fehlen, haben etwas, worauf sie verweisen können. Für die vielen Fahrgäste, die in diesen Tagen zu Hause bleiben müssen, sind die Streiks natürlich belastend. Aber mehr eben auch nicht. Die Welt geht nicht unter. Kein Unternehmen wird pleitegehen, weil ein paar Tage lang irgendwelche Bauteile in der Produktion fehlen. Also: Streikt doch, liebe Lokführer! Ihr tut es nicht nur für euch, sondern für sehr viele Menschen da draußen, die für zu geringe Löhne zuviel arbeiten
https://www.deutschlandfunk.de/die-presseschau-aus-deutschen-zeitungen-7446.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

ZitatAuf dem Weg in die Streik-Republik?
GDL & Bäuer*innen legen Deutschland lahm....


Von Elmar Wigand

..und dann auch noch die Klima-Kleber! Wenn drei das Gleiche tun, ist es doch nicht das Selbe.


Das Streikjahr 2024 begann turbulent:
  
  • Aufgebrachte Landwirt*innen protestierten gegen ,,die Regierung" und blockierten in beeindruckender Zahl Autobahnzubringer und Innenstädte,
  • Lokführer streikten gegen das Bahnmanagement für Arbeitszeitverkürzung von Schichtarbeiter*innen bei vollem Lohnausgleich,
  • Klimakleber*innen reduzierten den CO2-Ausstoß und machten den motorisierten Individualverkehr durch Blockaden des Innenstadtverkehrs unattraktiv.

Bemerkenswert ist, dass hier drei Bewegungen konzertiert vorgingen, um ihre Wirkungskraft zu potenzieren. Genauer gesagt hängten sich Landwirte und Klimakleber an den GDL-Streik.

Doch nicht nur die Öffentlichkeit, auch Gerichte und Vollstreckungsorgane bewerten hier ähnliche Methoden höchst verschieden: den Verkehr zum Stillstand zu bringen. Die einen werden mit Verständnis überschüttet, ja fast verhätschelt, die anderen sollen gerichtlich verboten werden und die dritten in den Knast. (...)
weiter: https://arbeitsunrecht.de/auf-dem-weg-in-die-streik-republik-gdl-baeuerinnen-legen-deutschland-lahm/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

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