Bloody Sunday: Derry 30.01.1972

Begonnen von Kater, 19:34:21 Sa. 27.Januar 2007

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Kater

ZitatSunday Bloody
Sie hatten sich fein gemacht und wollten für ihre Rechte demonstrieren. Dann kamen britische Fallschirmjäger in Derrys katholisches Viertel. Am 30. Januar 1972 wurde aus dem Konflikt in Nordirland ein Bürgerkrieg.

Von Constanze von Bullion
Diese Geschichte handelt von einer Schlacht, in der es keine Sieger gibt. Sie wird geschlagen vom Museumsdirektor John Kelly, der seinen Bruder verloren hat. Vom Soldaten ,,027", der mit seinem Gewissen kämpft. Und von Caroline O'Donnell, die raus will aus dem Gefängnis im Kopf, ein halbes Leben nach dem Bloody Sunday.

Der 30. Januar 1972 ist ein sonniger Tag, es ist kalt und auf den Hügeln um die nordirische Stadt Derry liegen noch ein paar Flecken Schnee. Es ist der Tag, an dem ein Krieg ausbricht, der über 30 Jahre dauern wird.

John Kelly ist gut gelaunt an diesem Morgen, er ist 23 Jahre alt, hat einen Job in einer Fabrik und heute frei, denn es ist Sonntag. Kelly ist der Sohn eines arbeitslosen, katholischen Arbeiters, er hat elf Geschwister und ist in einem dieser überfüllten Mietshäuser aufgewachsen, die überall herumstehen im Arbeiterviertel Bogside.

John Kelly will zum march, dem Marsch der Bürgerrechtsbewegung, die für Jobs, neue Häuser und gegen die Internierungspolitik der Regierung demonstriert. Mehr als 340 Menschen sitzen in Nordirland ohne Prozess im Gefängnis, fast alles Katholiken, viele aus Derry, es ist von Folterungen die Rede, das regt die Leute auf.

Auch Johns kleiner Bruder Michael will zur Demo, es ist die erste seines Lebens. Michael Kelly ist 17 Jahre alt, er spielt gut Fußball, trägt lange Haare und geht in der Woche aufs Polytechnikum in Belfast. Politik interessiert ihn nicht so, aber weil alle aufbrechen, zieht er einen flotten Anzug an.

Als sie ihn heimbringen, ist er tot.

Genau 35 Jahre ist es her, dass das 1. Fallschirmjägerregiment der British Army im nordirischen Derry, das offiziell Londonderry heißt, ein Blutbad angerichtet hat. 13 Demonstranten wurden erschossen, 14 zum Teil schwer verletzt, einer von ihnen starb wenig später. Keines der Opfer war bewaffnet, so viel scheint heute festzustehen, doch damals erklärten die Soldaten, sie seien mit Munition und Nagelbomben beschossen worden. Eine eilige Untersuchung des höchsten Richters Großbritanniens gab ihnen 1972 Recht. Kein Soldat wurde je bestraft, man vertuschte die Sache, was vielleicht nicht sonderlich klug war.
weiter:

http://www.tagesspiegel.de/sonntag/archiv/28.01.2007/3042480.asp

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