Jetzt kommt die Krise auch nach Berlin

Begonnen von Kater, 16:18:51 Do. 09.Juli 2009

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Kater

ZitatJetzt kommt die Krise auch nach Berlin
Wirtschaftssenator warnt vor steigender Arbeitslosigkeit - und "problematischen" Minijobs
Sabine Rennefanz

Berlin dürfte die Krise demnächst stärker zu spüren bekommen. Die Wirtschaftsleistung könnte im Jahr 2009 um bis zu vier Prozent schrumpfen - und damit den positiven Trend der vergangenen Jahre beenden. Das prognostizierten gestern die Senatoren für Wirtschaft und Arbeit, Harald Wolf und Heidi Knake-Werner. Die beiden Politiker der Linken präsentierten gemeinsam den Berliner Wirtschafts- und Arbeitsmarktbericht 2008/2009 und gaben einen Ausblick auf das Jahr. "Es stehen der Wirtschaft schwierige Monate bevor", sagte Wolf.

Die Wirtschaft in der Hauptstadt würde gemäß der Prognose weniger schrumpfen als bundesweit - dort wird ein Minus von sechs Prozent erwartet. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaftsleistung trotz ersten Krisenanzeichen um 1,6 Prozent gestiegen. Das mag so klingen, als ob die Wirtschaft der Hauptstadt widerstandsfähiger sei, hat aber eher damit zu tun, dass die von der Krise am stärksten betroffenen Unternehmen, nämlich Fahrzeugbau und Metallindustrie, kaum mehr in Berlin angesiedelt sind.

Wer wenig hat, hat auch wenig zu verlieren. Wie das Institut der Deutschen Wirtschaft in einer Studie kürzlich belegte, fehlen in Berlin mehr als 90 000 Industriearbeitsplätze. Es gibt kaum exportabhängige Betriebe, auch Kurzarbeit spielt mit bisher rund 10 800 registrierten Personen kaum eine Rolle. In Hamburg wurden in den ersten drei Monaten dieses Jahres dreimal so viele Kurzarbeiter angemeldet.

Angesichts der Wirtschaftslage dürften auch die Arbeitslosenzahlen wieder steigen. "Insbesondere gering Qualifizierte haben es schwer, ihren Arbeitsplatz zu halten oder einen zu finden", sagte Arbeitssenatorin Knake-Werner.

2008 war die Zahl der Arbeitslosen zwar von rund 261 000 im Vorjahr auf rund 234 000 Personen gefallen. Trotzdem nimmt Berlin im Bundesvergleich damit einen Spitzenplatz ein. Viele Arbeitslose sind schwer zu vermitteln, jeder zweite hat keine abgeschlossene Berufsausbildung.

Im vergangenen Jahr sind nach Angaben von Wirtschaftssenator Wolf 5 000 neue Arbeitsplätze durch Neuansiedlung von Betrieben geschaffen worden. In diesem Jahr ist die Lage anders. Viele Unternehmen stecken wegen der zögerlichen Kreditvergabe der Banken in der Klemme und würden mit Investitionen warten.

Ein Großteil der geschaffenen Jobs ist allerdings im Niedriglohnsektor entstanden. Die Zunahme von Minijobs und Leiharbeit sei problematisch, sagte Wirtschaftssenator Wolf. Jeder vierte Erwerbstätige muss in Berlin mit weniger als 900 Euro netto im Monat auskommen. Viele müssen ihren Lohn mit Sozialleistungen aufstocken.

Um gegen die Krise anzusteuern, setzen die Senatoren zunächst auf die Gelder aus dem Konjunkturpaket. Von den vorhandenen 632 Millionen Euro wurde nach dem aktuellen Stand etwas mehr als die Hälfte der Summe verplant. 366 Aufträge zur Sanierung von Schulen und öffentlichen Gebäuden wurden nach Angaben des Senats an Bau- und Handwerksfirmen vergeben.

Außerdem will Wolf die Förderung von vorhandenen Unternehmen verbessern. So sollen demnächst 400 ausgewählte große Berliner Firmen systematisch unterstützt werden. Der Senat will auch zusätzliches Personal zur Wirtschaftsförderung in die Bezirke schicken.

Die Opposition bemängelte, dass die Maßnahmen angesichts des Ausmaßes der Krise nicht ausreichten. Sowohl CDU als auch die Grünen betonten, dass Berlin mehr auf die Umweltbranche, zum Beispiel auf Solarenergie, Energieeffizienz und Gebäudesanierung, setzen müsse. Es seien deutlich mehr Anstrengungen nötig, damit Berlin bessere Arbeitsplätze bekommt.

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Arm trotz Arbeit

Großer Niedriglohnsektor: Viele Berliner arbeiten für sehr wenig Geld. 362 000 Berliner verdienen weniger als 900 Euro netto monatlich. Das ist ein Viertel aller Erwerbstätigen. Das betrifft vor allem Beschäftigte im Dienstleistungssektor, wie Verkäuferinnen, Kellnerinnen, Hotelangestellte.

Aufstocker: 110 000 Menschen lassen sich ihr Gehalt durch ergänzende Sozialleistungen aufstocken, weil sie mit ihrer Arbeit weniger verdienen, als sie zum Leben brauchen, darunter sind Zimmermädchen genauso wie zum Beispiel Freiberufler, die nicht genügend Aufträge haben.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0709/berlin/0036/index.html

ZitatBERLINER ARBEITSMARKT - Oben und unten
Laura Schameitat, Tatjana Heid

Trotz hoher Arbeitslosigkeit gibt es in Berlin Firmen, die neues Personal suchen. "In diesem Jahr sind in Berlin 30 000 Menschen mehr eingestellt worden als im letzten Jahr", sagt Olaf Möller vom Jobcenter Mitte. Wachstumsbranchen sind der Gesundheits- und Sozialbereich, das Baugewerbe, die Tourismusbranche, die Pharmaindustrie und der Dienstleistungssektor - dort vor allem die Finanz- und Versicherungsdienstleister sowie die Informationstechnologie.

Der Arbeitsmarkt in Berlin trennt sich immer mehr in zwei Teile: Wer bereit ist, für wenig Geld in einem Hotel oder einer Gaststätte zu arbeiten, hat gute Chancen, etwas zu finden. Die besser bezahlten Jobs gehen an Hochqualifizierte mit Universitätsabschluss und Auslandsaufenthalten. Die mittelbezahlten Jobs für durchschnittlich Qualifizierte in Berlin brechen weg, zum Beispiel im öffentlichen Dienst. Hier sind bereits zahlreiche Arbeitsplätze abgebaut worden, unter anderem bei der Berliner Polizei.

Einige Beispiele: In der Pharmaindustrie stellt sich die Arbeitsmarktlage in Berlin weitgehend positiv dar. In den ersten Monaten des Jahres hat die Branche ihre Umsätze weitgehend stabil gehalten. "Wir suchen eigentlich immer Spezialisten", sagt Gabriele Liebmann-El Badry von Bayer Schering Pharma. Wer sich hier bewerben möchte, muss allerdings einiges vorweisen können. Ein naturwissenschaftliches Studium ist so gut wie immer Voraussetzung, am besten mit Promotion. Branchenexperten sagen, dass die Bewerber fließend Englisch sprechen und möglichst schon im Ausland gearbeitet haben sollten. Auch wer als Wirtschaftsprüfer arbeiten will, hat ohne einen Studienabschluss keine Chance. Zurzeit sind besonders Betriebswirte, Juristen und Wirtschaftsingenieure gefragt. Ihre Arbeitsplätze sind sicher: "Im laufenden Geschäftsjahr wurde in der Firma niemand entlassen", so Ulf Hellert von der KPMG Berlin.

Am anderen Ende der Lohnskala gibt es ebenfalls viele unbesetzte Stellen. Private Zeitarbeitsfirmen, die vornehmlich niedrig bezahlte Jobs vermitteln, melden einen Anstieg der Nachfrage nach Arbeitnehmern im Baunebengewerbe - zum Beispiel nach Sanitär- und Heizungsinstallateuren.

Überhaupt steht das Baugewerbe auf dem Berliner Arbeitsmarkt vergleichsweise gut da. Das Konjunkturpaket mag einer der Gründe gewesen sein, sagt Malte Behmer von der Industrie- und Handelskammer.

Call Center, die ebenfalls im Niedriglohnsektor anzusiedeln sind, sind laut Astrid Finck vom Call Center Forum Deutschland "immer noch ein Jobmotor". 190 Call Center gibt es in der Hauptstadt. Der klassische Nebenjob-Arbeitgeber vergibt jedoch zunehmend Stellen an qualifiziertere Bewerber. Finck: "Gefragt sind Kaufleute für Dialogmarketing" - Mitarbeiter, die zum Beispiel am Telefon Waren und Dienstleistungen anbieten.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0709/berlin/0061/index.html


Wirtschafts- und Arbeitsmarktbericht des Berliner Senats im Internet

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen und
die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales teilen mit:


http://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-wirtschaft/publikationen/berichte/wab2009.pdf


Codeman

Zusammengefasst heisst das wohl so viel wie: Ich muss beim Jobcenter wieder auf längere wartezeiten einstellen weil die Schlange wieder länger wird.Grade auch in der letzten Zeit ist mir dies aufgefallen.Es wird wieder voller.teilweise steht die schlange am empfangsschalter schon bis auf die Straße. Auch früh um 8 uhr da sein,nützt nix mehr.
Ich bin der Rostfleck am Schwert des Sozialismus - Zitat frei nach Schraubenwelle


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