Lauschangriff VERWANZT UND ABGEHÖRT

Begonnen von Regenwurm, 12:02:02 Mo. 26.November 2007

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Regenwurm

Eine Videokamera, die einen Hauseingang auf St. Pauli filmt. Sobald jemand die verdächtige Wohnung betritt, werden die Wanzen in allen Zimmern aktiviert. Telefon- und Online-Überwachung. Peilsender an den Autos von Beschuldigten. Am Ende 33 Aktenordner mit Abhör-Protokollen.

Nein, hier geht es nicht um die Stasi und auch nicht um die organisierte Kriminalität im Milieu. Es geht um einen Pflegedienstleiter aus St. Pauli. Norbert T. (51), aktiv im Kirchenkreis und seit 30 Jahren in der Anti-AKW-Bewegung. Seit den Brand- und Farbbeutelanschlägen vor dem G8-Gipfel ist er ins Fadenkreuz des Bundeskriminalamtes geraten. Das Ergebnis der Ermittlungen: gleich null.

Mehr als vier Wochen lang, vom 9. Mai bis 14. Juni, belauschten Ermittler jedes Wort, das in der Wohnung fiel. Erfahren hat Norbert T. davon erst jetzt durch ein Schreiben der Bundesanwaltschaft. Sie ist verpflichtet, die Abgehörten im Nachhinein zu informieren. Wie die Wanzen in die Wohnung kamen? "Sie wurden offenbar bei einer Wohnungsdurchsuchung heimlich eingebaut", sagt Andreas Beuth, einer der Verteidiger in dem Verfahren. Und um sie wieder auszubauen, müssen die Ermittler sich später heimlich Zugang verschafft haben.

"Was haben die Ermittler sich angehört? Auch Geräusche aus dem Schlafzimmer? Streitereien oder intime Beichten?" Die Freundin von Norbert T. ist am Boden zerstört, fühlt sich beschmutzt und würde am liebsten sofort umziehen oder Sicherheitsschlösser einbauen. Norbert T. sagt: "Ich will mich nicht einschüchtern lassen, denn das ist genau das Ziel dieser Aktion." Dass er an den Anschlägen beteiligt gewesen sein soll, weist der 51-Jährige von sich.

Wie er ins Visier der Fahnder geriet? Anwalt Beuth: "Es gibt keine Fingerabdrücke oder ähnliche Hinweise auf Täter. Nichts, das Norbert T. mit den Taten in Verbindung bringt." Daher hätten die Profiler offenbar Bekennerschreiben der Farbbeutelanschläge mit Texten aus der autonomen Szene verglichen. Ihr Fazit: Anstifter sind ältere Linke, Ausführende sind Jungspunde. Und da passte ein Weggefährte Norbert T.s ins Profil. Ihre Anti-AKW-Gruppe trifft sich in der Roten Flora und hat Proteste für Heiligendamm organisiert. Und dieses Konstrukt reichte dem Ermittlungsrichter offenbar, um grünes Licht für einen Großen Lauschangriff nach Paragraf 129a Strafgesetzbuch zu geben: Bildung einer terroristischen Vereinigung.

Für Norbert T. hat diese totale Überwachung schwere Folgen: "Wenn ich einfacher Angestellter wäre, hätte ich wohl schon keine Arbeit mehr!" Denn auch bei seinem Pflegedienst gab es eine Hausdurchsuchung, auch dort wurden alle Telefonate abgehört. Und auch in der Kirchengemeinde, in der Norbert T. aktiv ist, wurden Akten eingesehen. "Aber meine Kollegen und auch alle Freunde halten zu mir." Auch seine Mutter steht fest zu ihrem Sohn, "obwohl sie schon 77 Jahre alt ist und CDU-Mitglied".

Anwalt Beuth hatte gegen den Lauschangriff Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BHG) eingelegt. Mit Erfolg: Ihm wurde vorab mitgeteilt, dass Brandanschläge und Farbsprühereien keine terroristische Vereinigung ausmachten. Beuth: "Damit war die Wohnraumüberwachung rechtswidrig."

Für Norbert T. ist "der Psychoterror" trotzdem noch nicht ausgestanden: Seine Telefone privat und im Job werden vermutlich immer noch abgehört. Und das nun schon seit einem Jahr.

(MOPO vom 26.11.2007 / SEITE 8-9)
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler.

ManOfConstantSorrow

ZitatEine Videokamera, die einen Hauseingang auf St. Pauli filmt. Sobald jemand die verdächtige Wohnung betritt, werden die Wanzen in allen Zimmern aktiviert. Telefon- und Online-Überwachung. Peilsender an den Autos von Beschuldigten. Am Ende 33 Aktenordner mit Abhör-Protokollen.
ZitatEs geht um einen Pflegedienstleiter aus St. Pauli. Norbert T. (51), aktiv im Kirchenkreis und seit 30 Jahren in der Anti-AKW-Bewegung.
Zitatauch bei seinem Pflegedienst gab es eine Hausdurchsuchung, auch dort wurden alle Telefonate abgehört. Und auch in der Kirchengemeinde, in der Norbert T. aktiv ist, wurden Akten eingesehen.

Der Staat außer Rand und Band! Behörden laufen Amok, Paranoide Staatsdiener haben freie Hand.

Es haben offensichtlich Kräfte das Sagen, die einen demokratischen Rechtsstaat abgeschafft sehen wollen. Der Kapitalismus hält es wohl für nötig sich mit Mitteln zu verteidigen, die mit einem solchen System unvereinbar sind.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

bonum

grauenhaft. so wehrt sich der "vater staat" schon immer

genauso wie bei den assyrern; im 3.reich ; in der DDR durch die stasi und aktuell in der brd

es ändert sich nix !!!! wir haben uns nicht geändert !!!
bekommst du 7€ bei ZAF : arbeite nur für 7€ !!
hast du ein prekäres arbeitsverhältniss, liefere prekäre arbeit ab !
betrügt man dich bei ZAF...betrüge.... !!
www.zeitarbeitstreff.de
si vis pacem, para bellum !!

ManOfConstantSorrow

...und ist kein Einzelfall:

Zitatbeide Rechner waren mit Asservatennummern versehen und wurden Ende Juli bei meiner Festnahme im Rahmen von Antiterrorermittlungen beschlagnahmt.

Mit dem Hämmern eines polizeilichen Überfallkommandos an meiner Tür trat die Realität bisher abstrakter Überwachungsphantasien in mein Leben. Festgenommen, per Hubschrauber zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe verbracht und dem Ermittlungsrichter vorgestellt, verwandelte ich mich nicht nur in die Buchnummer 2354/07, sondern auch in den Fall Andrej H..

http://www.freitag.de/2007/47/07471301.php
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

korruption-ohne-grenzen

ZitatWas haben die Ermittler sich angehört? Auch Geräusche aus dem Schlafzimmer? Streitereien oder intime Beichten?

sicherlich die ''Höhepunkte'' ihrer ''dienstlichen'' Tätigkeit. Aber sind es wirklich immer nur Ermittler ? Wären die dienstlich nicht völlig überfordert, sich alles anzusehen/-hören ? Warum nicht direkt die systemnahe Nachbarschaft als Spitzel fungieren lassen oder im nebenstehenden Mietshaus Möchtegernspitzel einquartieren um sich die Arbeit zu sparen und auch anderen etwas Spaß und Vergnügen zu gönnen ? Evtl. springt auch ein kleiner Obulus heraus ...  :froehlich>

mal im Ernst, dieser Überwachungswahn ist doch schon längst bis in die privaten Haushalte vorgedrungen. Überall kommt man günstig an Richtmikrofone, Nachtsichtgeräte und andere ''Spionage''-geräte. Las kürzlich in der Regional-Zeitung von einem Hobbyjäger, der mit seiner Nachtsichtkamera Autoknacker beobachtet hatte und als Held gefeiert wurde weil die ''Übeltäter'' wegen seiner Heldenleistung gefasst werden konnten. Bei Jugendlichen ist es teilweise bereits die gängige Freizeitbeschäftigung andere auszuhorchen und zu beobachten. Nichts gegen harmlosen Voyeurismus, solange er andere nicht beeinträchtigt und nicht böse gemeint ist. Aber was sich heutzutage da abspielt ist alles andere als gut gemeint. Photohandies werden eingesetzt um andere zu diffamieren, ''Spähtrupps'' und Möchtegern-Verdeckte-Ermittler sind auch keine Seltenheit...

irgendwie kann man sich nicht des Eindrucks erwähren, daß die ''überlasteten'' Ermittler (die das rein beruflich tun  :P) auch schonmal gerne auf diese Freizeitspione zurückgreifen und wenn sie einmal auf den Geschmack gekommen sind diese auch ausgiebig in Anspruch nehmen - nätürlich ohne offizielle Bestätigung oder Protokollierung. Aber das Gehirn protokolliert auch. Schnell entstehen auf diese Weise Befangenheits-Geflechte und bei den Ausführenden ein WIR-Gefühl und gegenseitige Bestätigung. Verantwortung wird aufgeteilt. Gefühle und Privatsspähre des Überwachten ignoriert. Wenn der Überwachte dann wirklich mal was ''böses'' macht (weil er weiß was abläuft) heißt es schließlich: ''Siehst'e, hamm'wa doch gesagt !''
?( :( X( :evil: :cheer: :P :aggressiv> :schlafen>
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