Hilfe! Muß trotz Krankheit arbeiten

Begonnen von alexx, 22:12:59 Mi. 12.Oktober 2005

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alexx

Hallo!

Ich habe ein echtes Problem.

Seit ca. 5 Monaten leide ich unter
akuten Angstzuständen und Panikattacken.
Das erste mal trat diese Krankheit vor 6 Jahren
bei mir in Erscheinung, nach einer erfolgreichen Therapie (Klinik)
hatte ich dann erstmal Ruhe, bis es dann wieder vor 5 Monaten
anfing.

Ich habe meinem Sachbearbeiter vom Arbeitsamt erklärt, dass ich momentan einfach nicht in der Lage bin zu arbeiten. Prompt hat der Knecht mich zum Amtsarzt geschickt, womit ich auch keine Problem hatte (da ich ja wirklich was habe) - doch dieser Quaksalber hat mich anhand der Untersuchung für "gesund" und voll arbeitsfähig befunden. Ein schlechter Witz in meinen Augen, aber wahr...

Und diese Pappnase von Sachbearbeiter will mich jetzt in eine Maßnahme "stecken" Was soll ich bloß machen?

Das einizige was mir einfällt, dass ich eventuell von Hausarzt zu Hausarzt pilgere und diverse Krankheiten simuliere. Doch wie lange geht das gut? Kann mir überhaupt was passieren wenn ich die vom Arbeitsamt mit gelben Scheinen überhäufe. Z.B. Kürzung oder so?

Oder kann ich gar Einspruch gegen den Befund vom Amtsarzt erheben? Ich sehe die Chancen da ziemlich schlecht, denn diese Amtsärzte erscheinen mir eiskalt und abgebrüht. Ich glaube die würden sogar jemanden als "arbeitsfähig" befinden, der keine Gliedmaßen mehr hat. ;-)

MfG
alexx

Wilddieb Stuelpner

Um eine Krankheit eindeutig zu diagnostizieren, gibt es das Begutachtungswesen. Das der Amtsarzt der Arbeitsagentur ein Gutachten über Dich erstellt hat, ist die eine Seite. Gibt es Zweifel daran, daß dieses Gutachten ausreichend alle Befunde enthält oder berücksichtigt, kann man ein weiteres Gutachten erstellen lassen. Naheliegend wäre es den Amtsarzt deiner Krankenkasse, den Hausarzt oder die klinische Einrichtung, die Dich bereits zu der Krankheit behandelt hatte, zu beauftragen. Wer die Begutachtungskosten trägt, ist in den Absprachen vorher mit abzuklären.

Es muß ja auch entsprechende Krankenblätter und andere Unterlagen bei den vorbehandelnden Stellen geben, die in einer neuen Begutachtung einfließen können und Deine zeitweilige oder dauerhafte Arbeitsunfähigkeit mit der entsprechenden Diagnose belegen.

Lege zu dem schriftlich von der Sachbearbeiterin erlassenenen Bescheid ebenfalls schriftlich einen Widerspruch ein und wende Dich an eine Arbeitsloseninitiative. Die helfen Dir beim Ausformulieren Deines Widerspruchs. Beachte die Fristeinhaltung! Der Widerspruch muß in einer Frist von einem Monat, ab postalischer Zustellung des Bescheids bei der Arbeitsagentur eingegangen sein. Am besten den Widerspruch kopieren und das Original persönlich gegen Erhalt des Eingangsstempels, Stempels der Arbeitsagentur und Unterschrift des Bearbeiters auf der Kopie abgeben.

Dein Problem wird detailliert im Leitfaden zum Arbeitslosengeld II, 1. Auflage, Stand: 01.06.2005, Fachhochschulverlag Frankfurt am Main, S. 32 - 44, Kapitel III Erwerbsfähigkeit, S. 45 - 54, Kapitel IV Hilfebedürftigkeit behandelt.

Rat und Hilfe kannst Du Dir bei Arbeitsloseninitiativen in Deiner Wohnortnähe suchen. Die Adressen erfährst Du aus der bundesweiten Adreßdatenbank von Tacheles e.V. Wuppertal

http://www.tacheles-sozialhilfe.de/adressen/default.aspx

oder von

der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen Berlin

unter http://www.erwerbslos.de/adressen/anfrage.html

Die meisten Arbeitsloseninitiativen arbeiten mit den beiden Broschüren
  • Arbeitslosenprojekt TuWas Leitfaden für Arbeitslose Der Rechtsratgeber zum SGB III 22. Auflage, Stand: 01.01.2005 Fachhochschulverlag Frankfurt am Main
    Kleiststr. 31
    60318 Frankfurt am Main
    ISBN 3-936065-35-7
    Preis: 11,00

  • Arbeitslosenprojekt TuWas Leitfaden zum Arbeitslosengeld II Der Rechtsratgeber zum SGB II 01. Auflage, Stand: 01.06.2005 Fachhochschulverlag Frankfurt am Main
    Kleiststr. 31
    60318 Frankfurt am Main
    ISBN 3-936065-36-5
    Preis: 09,00

Beide Broschüren können über den örtlichen Buchhandel oder direkt beim Fachhochschulverlag bestellt werden: bestellung@fhverlag.de

Nähere Einzelheiten zu den Broschüren findest Du auf der Internetseite des Verlags unter dem Button Bücher/Broschüren "Arbeitslosigkeit".

Evtl. verfügen auch Bibliotheken über diese Broschüren oder können über die Fernleihe angefordert werden.

In der Broschüre Leitfaden zum Alg II wird auf S. 34 vor Begutachtungen durch das Gesundheitsamt mit folgender Begründung:

"... Da die optierenden Kommunen ein Interesse daran haben, die Lasten für Sozialhilfe zu schmälern, indem sie Hilfebedürftige dem Leistungssystem des SGB II zuweisen, sind medizinische Beurteilungen eines optionalen Trägers kritisch zu prüfen, falls sich der Betreffende aufgrund objektivierbarer Gesundheitsstörungen auf abweichende Einschätzungen (z.B. MDK-Gutachten, Krankenhausbefunde, Reha-Entlassungsberichte usw.) stützen kann. ..."

MDK = Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

Das heißt im Klartext, im Zweifelsfall immer eine zweite ärztliche Meinung, ein zweites Gutachten beiziehen. Widersprechen sich beide Gutachten, kann auch noch ein Obergutachten erstellt werden.

flipper

beim hausarzt hast du nix zu suchen, sondern beim facharzt für psychiatrie (ja!).

der soll dich zur begutachtung zunem prof inner klinik schicken, mit dem gutachten fechtest du das gutachten des amtsarztes an. widerspruch gegen massnahme bescheid einlegen.

schaffst du!
"Voting did not bring us further, so we're done voting" (The "Caprica Six" Cylon Model, BSG)

Spätlese

Amtsärzte stellen nur das fest, was sie momentan festellen sollen und können.
(Ich staune mal wieder, wie schnell man zum Amtsarzt geschickt wird, normalerweise vermeiden DIE nämlich diese Kosten - ich habe mich jahrelang um eine amtsärztliche Untersuchung bemüht und diese nie erhalten.)
Hausärzte und Allgemeinmediziner sind auch nicht die richtige Adresse.
Mit solchen Erscheinungen geht man zum Neurologen, Facharzt für Nervenkrankheiten oder Facharzt für Psychatrie - da wird alles weitere veranlasst.
Dumm nur, wenn DIE nichts feststellen können ... oder sich gar am Ende Eigenverschulden herausstellt (z. B. Alk- und Drogenkonsum) ... und man erst mal ein paar Monate ruhig gestellt wird ... (man sollte in diesem Fall an sein privates Umfeld denken...)
Alle von mir getätigten Aussagen/Antworten/Kommentare entsprechen lediglich meiner persönlichen Meinung und stellen keinerlei Rechtsberatung dar.

Troll

Liegt mitunter auch daran das Krankheit heutzutage als persönliches Makel angesehen wird. Ist also DEIN Problem.

In diesem Sinne, mach Dein Problem zu Ihrem. Anders geht es nicht mehr.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

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