Fielmann Prozeß

Begonnen von Kuddel, 19:52:25 Di. 16.August 2022

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Kuddel

ZitatProzess in Kiel
Angeklagte skizzieren ein ,,System Fielmann"

Die Hauptangeklagten im sogenannten Fielmann-Prozess sagten am Dienstag vor dem Kieler Landgericht aus.

Im sogenannten Fielmann-Prozess vor dem Kieler Landgericht ergriffen zwei Angeklagte das Wort. Sie sollen die Fielmann AG mit manipulierten Rechnungen geschädigt haben. Doch nach ihrer Darstellung waren diese Teil eines Systems, mit dem sich der Optiker unrechtmäßig steuerliche Vorteile verschaffte.


Kiel. Haltlose Behauptung oder fundiertes Geständnis? Die Aussagen des Hauptangeklagten und eines Mitangeklagten im sogenannten Fielmann-Prozess vor dem Kieler Landgericht hatten es in jedem Fall in sich. Der ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens, der Anfang der 2010er-Jahre für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mitverantwortlich war, skizzierte ein betrügerisches Abrechnungssystem bei Sponsoring- und Marketingveranstaltungen. Mit diesem soll sich das Unternehmen unrechtmäßig steuerliche Vorteile verschafft haben. Auch soll beim Optiker ein enges Verhältnis zu Medienleuten bestanden haben, um Artikel über Veranstaltungen positiv zu beeinflussen. Das Motto: ,,Alle Wünsche werden erfüllt." So habe man für eine entsprechende Berichterstattung Tickets oder Reisen für Sportveranstaltungen oder Elektrogeräte besorgt. In einigen Fällen sollen auch Druckkosten-Zuschüsse geflossen sein.

Der ehemalige Fielmann-Mitarbeiter steht mit fünf weiteren Angeklagten seit Mitte Juni vor Gericht. Die Kieler Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, dass sie mit überhöhten oder erfundenen Rechnungen für Sport- und Naturschutzaktionen einen Millionenschaden bei der Fielmann AG verursachten. Diese soll die Rechnungen regelmäßig vollständig beglichen und damit die Umsätze der Firmen zweier Beschuldigter erheblich gesteigert haben. Als Gegenleistung zum Griff ins PR-Budget hätten sie dem damaligen Fielmann-Mitarbeiter teure Einkäufe oder Umbaumaßnahmen finanziert.

Fielmann-Prozess: Angeklagter bestreitet große Zahl an Betrugsfällen

Die Angeklagten bedauerten am Dienstag vor der Kieler Wirtschaftsstrafkammer ihr Verhalten, das sie in der Folge auch seelisch belastet habe. Es gab aber auch Kritik an den bisherigen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Zahl der Betrugsfälle und damit der verursachte Schaden sei wesentlich geringer als die von der Staatsanwaltschaft benannten 6,5 Millionen Euro.

Zunächst ergriff der Mitangeklagte das Wort, der als Agenturchef mit seiner Firma für Fielmann Sportcamps, Trikotaktionen und Baumpflanzaktionen organisiert hatte. Für die Zusammenarbeit mit dem Optikerriesen habe es nie eine schriftliche Vereinbarung gegeben, stattdessen genaue Vorgaben, wie Rechnungen für Veranstaltungen auszusehen hatten. ,,Ich war mit meiner kleinen Agentur nicht in der Position, das zu hinterfragen", sagte er in seiner Einlassung.

Angeklagte bedauern ihr Fehlverhalten

So sollten zum Beispiel bei Trikotaktionen nur die beschafften Trikotsätze als Materialkosten in einer Rechnung auftauchen, nicht aber die weiteren Aufwendungen. Später seien seine Kosten dann durch die Anpassung der Zahl an Trikots mehr als ausgeglichen worden. ,,Ich habe so abgerechnet, wie es von mir verlangt wurde." Später hätten sich die Abrechnungsvorgaben verändert – um den steuerlichen Vorteil weiter in Anspruch nehmen zu können, so der ehemalige Agenturchef.

Durch die Einlassung auf das Abrechnungssystem habe er sich in eine wirtschaftliche Abhängigkeit von Fielmann gebracht – und immer wieder Sonderwünsche erfüllt, teils grotesker Art. So sollte seine Agentur zum Beispiel an einem späten Sonnabendabend im Dezember Schokoladen-Weihnachtsmänner für die Teilnehmer eines Sportcamps am nächsten Tag besorgen. Man sei dann auf der Hamburger Reeperbahn in einem durchgehend geöffneten Supermarkt fündig geworden und habe den gesamten Vorrat leergekauft.

Fielmann-Abteilungsleiter soll Abrechnungsvorgaben ,,diktiert" haben

Auch private Wünsche, zum Beispiel die Organisation einer Heißluftballonfahrt oder eines Zauberkünstlers zum Geburtstag, habe man erfüllt. Nach Angaben des Angeklagten soll es zahlreiche solche Beispiele gegeben haben, bei denen auch wieder das beschriebene Abrechnungssystem griff. "Es war klar, die erbrachten Leistungen nicht entsprechend abzurechnen." All diese Vorgänge hätten in jedem Fall auch dem damaligen PR-Abteilungsleiter, der im Prozess bereits als Zeuge ausgesagt hatte, bekannt sein müssen, so der Angeklagte. Schließlich habe auch er von einigen Aktionen profitiert.

Auch der ehemalige Fielmann-Mitarbeiter erklärte in seiner Einlassung, dass sein Vorgesetzter und Hauptabteilungsleiter das Abrechnungssystem in Teilen selbst entwickelt hatte und die ,,Abrechnungsvorgaben diktierte". Beim Kontakt mit Redaktionen sei das Ziel bei Aktionen stets eine ,,möglichst berechenbare Berichterstattung" durch Umwerbung von Redakteuren und der Übernahme von Druckkosten gewesen. In einem Fall soll der Sohn eines Journalisten zum 18. Geburtstag sogar ein ganz besonderes Präsent erhalten haben – ein Auto.
https://www.kn-online.de/schleswig-holstein/prozess-in-kiel-angeklagte-skizzieren-ein-system-fielmann-K7AU4GYWXTV57IB6CAO6RBBL2A.html

Im schleswig-holsteinischen Wirtschaftssumpf bleibt bei solchen Dingen normalerweise der Deckel drauf, angklagt werden eher Ladendiebe und Schwarzfahrer. Auch hier hat man Journalisten geschmiert. Man hatte es insdgesamt wohl etwas übertrieben. Entscheidender war wohl, daß es kein Betrug der Konzernführung war, sondern eine Ebene tiefer etwas selbstherrlich wurde...

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