Ausbeutung, Gewerkschaften und andere Strukturen

Begonnen von Kuddel, 17:43:29 Do. 07.September 2023

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Kuddel

Gewerkschaften werden gern als die Antwort auf Ausbeutung gefeiert.

Man muß zumindest zugeben, daß es Gewerkschaften nicht gelungen ist, das System der Ausbeutung zu zerschlagen.

Schlimmer noch, man kann sagen, daß die sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften sich aktiv darum bemühen, das kapitalistische System zu erhalten. Man unterstützt die "eigene" Wirtschaft im Kampf gegen ausländische Konkurrenten. Und man handelt irgendwas aus, wenn es zu Unruhe der Belegschaften kommt.

Die Basisgewerkschaften sind angetreten, um für ein wenig Gegenwind und Unruhe zu sorgen. In Deutschland finde ich ihre gewerkschaftliche Praxis nicht sonderlich überzeugend.

Der Kapitalismus ändert sich rasant. Es gibt große Teile der Bevölkerung, die nicht zu Stammbelegschaften großer Betriebe gehören, Arbeit ist zu großen Teilen fern gewerkschaftlicher Aktivitäten.

Migrantische Arbeit ist meist noch prekärer, noch weiter entfernt von gewerkschaftlichen oder anderen ordnenden Strukturen. Oftmals ist es Tagelöhnerei, Schwarzarbeit.

Das wäre ein spannendes Feld für Linksradikale, für Revoluzzer. Doch da bewegt sich kaum etwas.

Der Staat ist schneller und flexibler. Man hat u.a. Faire Mobilität gegründet. Eine Art NGO mit Aktivitäten im gewerkschaftlichen Bereich. Damit sollte man sich intensiver befassen.

Kuddel

Die Macht der Gewerkschaften nimmt ab und unter Wanderarbeitern/Arbeitsmigranten gibt es quasi keine gewerkschaftliche Organisierung.

In dem Bereich sind die Ausbeutungsverhältnisse derart extrem, daß es zu Auseinandersetzungen und Kämpfen kommen muß.

Deshalb ist Faire Mobilität gegründet worden.

ZitatFaire Mobilität hilft, gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte aus den mittel- und osteuropäischen EU-Staaten auf dem deutschen Arbeitsmarkt durchzusetzen. Die politische Verantwortung für Faire Mobilität liegt beim DGB-Bundesvorstand.

Faire Mobilität startete 2011 als gewerkschaftsnahes Projekt, in dessen Rahmen schrittweise Beratungsstandorte aufgebaut wurden, wo mobile Beschäftigte in ihren Herkunftssprachen arbeitsrechtlich und sozialrechtlich informiert, beraten und unterstützt werden.
https://www.faire-mobilitaet.de/ueber-uns/++co++aad7ecc8-efae-11e1-8a24-00188b4dc422

Ich hatte öfter mit Faire Mobilität zu tun. Die Leute, die ich da kennengelernt habe, waren wesentlich angenehmer, als der durchschnittliche Gewerkschaftsfunktionär. Es waren sympathische, angenehme Menschen, die dort nicht nur ihren Job abreißen, sondern auch persönlich engagiert dabei sind. Ich habe mehrfach auch mit Leuten von Faire Mabilität zusammengearbeitet und das lief gut.

Aber insbesondere im Zusammenhang mit den Streiks in Gräfenhausen habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was es mit dieser Organisation eingentlich auf sich hat.

Es ist keine Gewerkschaft, eher eine NGO, doch in Kiel residiert die Organisation im Gewerkschaftshaus. Nicht geheuer wurde es mir, als ich die Finanzierung mitbekam:
ZitatFinanzierung
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (90 Prozent), Bundesvorstand des DGB (10 Prozent)
https://www.faire-mobilitaet.de/ueber-uns/++co++aad7ecc8-efae-11e1-8a24-00188b4dc422

Ein Gewerkschafter nannte es eine "unheilige Allianz".

Der Staat finanziert also gewerkschaftliche Arbeit? Mit welchem Interesse?

Darf er das? Es gibt dort klare Interessenkonflikte. Nehmen wird DB Schenker.
ZitatUnter der Marke DB Schenker führt die Deutsche Bahn AG das Geschäftsfeld für alle Transport- und Logistikdienste der DB-Gruppe...
https://de.wikipedia.org/wiki/DB_Schenker

Über die Deutsche Bahn AG:
ZitatDas Unternehmen ist als Aktiengesellschaft organisiert und befindet sich vollständig im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland...
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Bahn

Schenker operiert als Spediteur auch in Osteuropa mit zweifelhaften Methoden und arbeitet dort mit ebenso zweifelhaften Arbeitsbedingungen.

Vielleicht sollte man dieses Faire Mobilität Konstrukt auch mal juristisch abklopfen. Ich sage das, weil ich bei näherem Hinsehen die Zielsetzung der Organisation nicht mittragen möchte.

Ich halte es für notwendig, daß gegen die Extremausbeutung, die mit Menschenhandel und Sklaverei verglichen werden kann, kollektive Kämpfe geführt werden.

Faire Mobilität zielt mit ihrer Arbeit darauf, daß die Ausgebeuteten in unser Rechstssystem eingebunden werden und in Beratung, Paragraphen, Anwälten und Arbeitsgerichten die Lösung ihrer Probleme sehen. Ausdrücklich geht es um individuelle Problemlösungen.

In anderen Worten: Faire Mobilität soll kollektive Kämpfe verhindern.
Es sollen Arbeitskräfte möglichst geräuschlos in den Arbeitsmarkt integriert werden.

ZitatWichtigen Informationen für Beschäftigte aus dem Ausland, die sich auf ihre Zeit in Deutschland gut vorbereiten wollen. Verschiedene  Branchen, häufige Probleme, unterschiedliche Arbeitsverhältnisse.

https://www.faire-mobilitaet.de/++co++8d9b918a-84e7-11e8-b209-52540088cada

Noch deutlicher wird das bei dem Konstrukt Faire Integration. Die tauchten auch in Gräfenhausen auf:
https://www.faire-integration.de/de/article/2026.lkw-fahrer-protestieren-in-gr%C3%A4fenhausen-faire-integration-vor-ort.html



Wenn man sich da die Finanziers ansieht, wird es richtig gruselig:


Kuddel

Wenn wir nun zu dem Schluß kommen, daß die sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften und ihre Stiftungen eine schlechte Adresse für den Kampf migrantischer Arbeitskräfte ist, müssen wir überlegen, was eine Alternative sein könnte.

Wenn linke Strukturen bei der Vernetzung und Unterstützung von Arbeitsmigranten helfen sollen, müssen wir uns überlegen, was gebraucht wird. Zuallererst wären es Sprachkenntnisse, die eine Grundlage wären. Dann eine Kontinuität und Erreichbarkeit. All das ist nicht so leicht zu finden.

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