Neues Rechtsgutachten: Energiecharta-Vertrag ist mit EU-Recht unvereinbar!

Begonnen von dagobert, 09:24:27 Do. 27.Oktober 2022

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dagobert

Zitat(27.10.2022) Nach den gescheiterten Reformverhandlungen zur Modernisierung des Energiecharta-Vertrags im Juni verkünden immer mehr Länder den Ausstieg, darunter Polen, Spanien, die Niederlande, Frankreich und zuletzt Slowenien. Und alle fragen sich: Wo bleibt Deutschland? Der Energiecharta-Vertrag blockiert die Energiewende, behindert wirksamen Klimaschutz und kostet Deutschland Milliarden an Steuergeldern. Doch nicht nur das, unser neues Rechtsgutachten zeigt: Der ECT ist nicht nur klimaschädlich und teuer, sondern verstößt auch gegen geltendes Unionsrecht.

[...]
Herausgekommen ist ein ca. 40-seitiges Rechtsgutachten, mit dem wir folgende Punkte aufzeigen können:

- Schiedsverfahren des ECT verstoßen auch bei Verfahren zwischen einem außereuropäischen Staat und einem EU-Land gegen die Autonomie des Unionsrechts und sind damit unwirksam. Klagen eines ausländischen Investors gegen EU-Staaten sind ebenfalls illegal. Doch genau diese ermöglicht der ECT.

- Wenn ein EU-Mitgliedstaat von einem Schiedsgericht zu Schadensersatzzahlungen verurteilt wird, wäre der Schiedsspruch deshalb grundsätzlich in der EU nicht vollstreckbar.

- "... die mitgliedstaatlichen Gerichte [sind] bereits nach der geltenden Rechtslage in der Pflicht, die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in der EU zu unterbinden" (siehe Bericht S. 36).
http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/2022/klima/neues-rechtsgutachten-energiecharta-vertrag-ist-mit-eu-recht-unvereinbar.html


http://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Bilder/01_Themen/02_Energie-und-Klima/ECT/Vollstreckung_ECT_-_FINAL-3.PDF
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

dagobert

ZitatNach Italien, Polen, Spanien, der Niederlande, Frankreich und Slowenien, jetzt endlich auch Deutschland! Noch diesen Monat will die Bundesregierung dem Abkommen den Rücken kehren, welches uns Milliarden an Steuergeldern für den Atom- und Kohleausstieg kostete. Der Vertrag schützt nach einer Recherche von Investigate Europe allein in Deutschland fossile Investitionen in Höhe von über 54 Milliarden Euro. Damit ist bald Schluss und das ist gut so!

[...]
Der Beschluss zum Ausstieg aus dem ECT beruht auf der "Weiterentwicklung der Handelsagenda der Ampel". Darin wurde neben der Entscheidung zur Energiecharta eine Reihe unerfreulicher Dinge beschlossen: unter anderem die Ratifizierung von CETA noch in diesem Monat. Der Ausstieg aus dem ECT ist sowohl klimapolitisch als auch juristisch eine absolute Notwendigkeit. Dafür CETA zu ratifizieren, ist völlig unverständlich und macht die gesamte Handelsagenda der Ampel geradezu unglaubwürdig. Es wird weiter an uns liegen, die Handelspolitik kritisch zu begleiten. Doch mit diesem Erfolg im Rücken können wir mit voller Kraft weiter für eine konsequent sozial-gerechte und ökologische Handelspolitik ohne Sonderklagerechte für Konzerne kämpfen. Wir freuen uns, wenn Sie weiter dabei sind und wir gemeinsam die nächsten Erfolge feiern können!
http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/2022/klima/grosser-erfolg-fuer-klima-und-demokratie-deutschland-verkuendet-ausstieg-aus-dem-energiecharta-vertrag.html
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

dagobert

ZitatNeue Energiecharta-Klagen gegen Deutschland

Letzte Woche reichte ein Schweizer Kohlekraftwerksbetreiber Klage gegen Deutschland ein: Es nutzt den Energiecharta (ECT)-Vertrag, um Deutschland wegen eines Kohlekraftwerks zu verklagen. Wie ein Zirkel von investigativen Journalisten erfahren hat, geht es dabei um das Kohlekraftwerk Lünen. Das Umweltinstitut fordert Deutschland auf, sich juristisch zu wehren.

Es ist etwa ein Jahr her, da feierten wir einen großen Erfolg: Am 21. Dezember 2022 informierte die deutsche Bundesregierung offiziell das ECT-Sekretariat in Brüssel über den Ausstieg Deutschlands aus dem Energiecharta-Vertrag. Damit ist Deutschland in knapp zwei Monaten offiziell ausgetreten und kann für zukünftige Regulierungen nicht mehr über den ECT verklagt werden. Dies gilt jedoch nicht für bereits getätigte Beschlüsse.

Schweizer Unternehmen verklagt Deutschland wegen Kohleausstieg

Diese Gelegenheit nutzt jetzt offenbar das öffentliche Schweizer Unternehmen Azienda Elettrica Ticinese (AET), welches einen 15-prozentigen Anteil am Kohlekraftwerk Lünen hält und verklagt die Bundesrepublik Deutschland. Besonders brisant ist daran auch, dass Deutschland bereits der LEAG, Betreiber ostdeutscher Braunkohletagebaue und -kraftwerke, über 1,7 Milliarden Euro für einen Klageverzicht gegen den Kohleausstieg bezahlt hat.

Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS): ein lukratives Geschäft

Vertreten wird AET durch die Hamburger Kanzlei Luther, welche bereits unzählige ECT-Klagen gegen Deutschland anführte, darunter auch die zwei symbolträchtigen Fälle mit Vattenfall. So erreichten sie mit einer Klage von 2006, dass Hamburg seine Wasserschutzrichtlinien zum Vorteil eines Kohlekraftwerks senken musste. 2011 verklagte Vattenfall dann die Bundesrepublik Deutschland auf 4,3 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen wegen entgangener Gewinne aus zwei seiner Atomkraftwerke wegen des Atomausstiegs. Vattenfall erhielt nach einem Vergleich über 1,4 Milliarden Euro Entschädigung für den beschleunigten Atomausstieg – deutlich mehr als die Summe, von der das deutsche Umweltministerium ausgegangen war. Für die Kanzlei Luther ist das ein lukratives Geschäft, denn Anwaltskanzleien verdienen an ISDS-Fällen bis zu 1.000 US-Dollar pro Stunde.
Auch nach dem Beschluss Deutschlands, den ECT zu verlassen, ist die Klage von AET kein Einzelfall: Kurz vor Fertigstellung dieses Textes wurde bekannt, dass am 24. Oktober das britische Öl- und Gasunternehmen Klesch Group Holdings Limited and Raffinerie Heide GmbH drei weitere Klagen unter dem ECT gegen Deutschland, Dänemark und die EU einreichte. Auch in diesem Fall sind die genaueren Hintergründe bisher unbekannt.
https://umweltinstitut.org/welt-und-handel/meldungen/neue-energiecharta-klagen-gegen-deutschland/
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

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