Moderne Arbeitsformen

Begonnen von Kuddel, 10:37:10 Di. 09.Juli 2019

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Tiefrot

Schlimm genug.

Mir ist allerdings auch negativ aufgefallen, das die Frage ob
die ganzen Einsparungen an Büroflächen, Arbeitsmaterial, etc.
den Mitarbeitern oder wen anderes zugute kommen,
kaum öffentlich behandelt wurde.

Wer aber halbwegs eine Ahnung von Kapitalismus hat, kann sich
die Antwort eigentlich am Arsch abgrabbeln.
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet die asozialen Medien ab !

Kuddel

ZitatStart-up und Familie
"Ich habe noch im Kreißsaal Mails beantwortet"
Kann man erfolgreich ein Start-up leiten und ein Baby bekommen? Janina Mütze erzählt, wie Vereinbarkeit als Gründerin funktionieren kann...
https://www.zeit.de/z2x/2021-08/startup-familie-kinder-kriegen-gruenderin-janina-muetze-vereinbarkeit-unternehmensleitung-2

Kuddel

Zitat Umfrage zu Depression
Jeder Dritte leidet psychisch im Homeoffice
Weniger soziale Kontakte, schlechte Arbeitsplätze: Einer Umfrage zufolge leidet ein Drittel aller Beschäftigten unter dem Homeoffice, jeder Zehnte sogar stark.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/homeoffice-jeder-dritte-leidet-psychisch-a-46be4ae2-5bc0-403b-ad10-17a31c07d8a9

Nikita

Ich kenne praktisch nur Menschen, die Homeoffice als erhebliche Verbesserung wahrnehmen. Trotzdem gehen sie mehrfach wöchentlich ins Büro, um die Kollegen zu sehen. Für mich eine der besten Verbesserungen der Arbeitsform überhaupt. Der Präsentismus auf Arbeit mit ständigen Störungen erlaubt kein entspanntes Arbeiten. Der Arbeitsplatz müsste schon gehoben sein, damit man sich dort wohl fühlt und ähnlichen Komfort wie zuhause hat. Natürlich musste erst eine Katastrophe passieren, damit sich in der Arbeitswelt etwas ändert.
Dort, wo Unternehmen Homeoffice aufheben, wird dies schlecht angenommen. Einige Unternehmen nutzen das, um die Belegschaft zu reduzieren.

Studien zeigen nach meiner Wahrnehmung überwiegend einen positiven Effekt. Der Rest hat die Möglichkeit ins Büro zu gehen.
Videokonferenzen haben gezeigt, dass man nicht für jedes Meeting quer durch die Welt fliegen muss. Im Inland sind 2/3 aller Flüge geschäftlich.

counselor

In den USA überwachen Arbeitgeber Arbeitnehmer im Homeoffice mit Programmen, die die Anschläge auf der Tastatur messen.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Nikita

und noch viel mehr ... genauso wie im Office. Fürs Homeoffice gibts nette Gadgets, die das umgehen, wie auch bei Mausbewegungen. In der EU ist es verboten.

Zitat von: counselor am 14:44:21 Fr. 05.Juli 2024In den USA überwachen Arbeitgeber Arbeitnehmer im Homeoffice mit Programmen, die die Anschläge auf der Tastatur messen.

ManOfConstantSorrow

ZitatHome Office

Call-Center-Mitarbeiterin ruft 100 Mal ihr eigenes Handy an, um weniger arbeiten zu müssen, doch am Ende arbeitet sie gar nicht mehr


Sie selbst gibt an, dass die Anrufe immer nur kurz waren, ihre Kündigung wurde aber dennoch von zwei spanischen Gerichten bestätigt.
https://www.gamestar.de/artikel/home-office-spanien-selbst-angerufen,3417747.html

Och schade. Überall gibt es Kreativität gegen Arbeit und Arbeitsdruck. Manchmal mit Erfolg, manchmal nicht.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Nikita

Homeoffice ist für mich ein wesentlicher Fortschritt hin zu besseren Arbeitsbedingungen. Allerdings gibt es wohl kaum Niedriglohnjobs, in denen das möglich ist. Durch Corona wurden soweit möglich zwangsweise Infrastruktur und Möglichkeiten dazu geschaffen. Die Homeoffice-Quote liegt stabil bei 25 %. Homeoffice sollte eine Möglichkeit sein, kein Zwang. Der eine Mensch braucht Homeoffice, um Familie oder Pflege unter einen Hut mit der Arbeit zu bringen, der andere braucht es nicht und ist lieber im Büro.
Teils missbrauchen große Firmen den Bürozwang dazu, Menschen zur freiwilligen Kündigung zu bringen. Ich persönlich würde nicht für Firmen arbeiten, die es nicht anbieten. Es gibt immer wieder politische oder mediale Kampagnen gegen das Homeoffice. Inhaltlich kommt dort nicht viel außer Neiddebatten darüber, dass Mitarbeiter nicht vertrauenswürdig oder von Natur aus faul seien.
Ein Artikel der SZ dazu:

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/homeoffice-return-to-office-bueropflicht-li.3251773?reduced=true
ohne Paywall:
https://archive.is/JE50h

Kuddel

Ich halte Homeoffice für eine recht zwiespältige Sache. Ich habe 2 Jahre einen Job in Homeoffice gehabt. Ich fand das gut. Fand es 1000x besser als in ein Büro gehen zu müssen. Aber es war ein Projekt, das fertiggestellt werden mußte. Je näher die zwei Jahre ihrem Ende entgegen gingen, desto mehr geriet ich in Panik, das Projekt nicht vernünftig abschließen zu können. Ich arbeitete immer länger. Ich fing auch an, an Wochenenden zu arbeiten. Ich habe mehr und mehr Überstunden gemacht, die allesamt nicht bezahlt wurden.

Ein guter Freund von mir hat sein ganzes Leben bei der Bank gearbeitet (im Büro, nicht im Kundenverkehr) und mußte während der Pandemie in Homeoffice arbeiten. Sobald der Zwang zum Homeoffice vorbei war, war er wieder im Büro. Er wollte auf keinen Fall sein Zuhaus mit Arbeit zusammenbringen. Feierabend ist Feierabend und Privatleben ist Privatleben. Er wollte nicht, daß die Grenzen fallen.

Die polnische Gewerkschaft Inicjatywa Pracownicza (IP) machte eine Umfrage unter ihren Mitgliedern. Das Ergebnis war uneindeutig und widersprüchlich. Viele sehen darin persönliche Vorteile. Doch gerade bei Alleinerziehenden wird es problematisch. Man arbeitet und kümmert sich gleichzeitig um die Kinder. Beitrag #6 in diesem Thread beschreibt das treffend. Es gibt keine Grenze mehr zwischen Arbeit und Privatleben.

Viele Callcenter verlegen den Arbeitsort in die Wohnungen der Mitarbeiter. Das spart. Miete, Heizung, Reinigung, alles nicht mehr notwendig.

Und einen Gedanken sollten wir auch nicht vergessen: Wenn wir eine bessere Gesellschaft wollen, reichen weder Wahlen noch Demonstrationen. Wir müssen das Ausbeutungssystem von innen her angreifen. Der Arbeitsplatz ist ein Kampffeld. Doch man kann nur kollektiv wirksam kämpfen. Doch wie soll das gehen, wenn wir eine totale Vereinzelung haben und jeder bei sich allein zuhaus fruststriert ist? Selbst das Gespräch am Kaffeeautomaten schafft ein wenig Gemeischaft und Austausch...

Nikita

Ich habe noch nicht ernsthaft erlebt, dass Widerstand sich direkt am Arbeitsplatz entwickelt. Genörgel im Pausenraum vielleicht. Es passierte auf Stammtischen von Beschäftigten, beim Treffen von Arbeitern zuhause oder auch bei Treffen mit Gewerkschaften. Homeoffice heißt gewöhnlich auch nicht, dass man nie ins Büro geht, sondern eben nicht jeden Tag. Komplett Zuhause arbeiten halte ich für schwierig. Da entfremdet man und es fehlt der direkte Austausch. Ich höre eher, dass man aus Geselligkeit ins Büro geht und Zuhause bleibt, wenn effektiv gearbeitet werden soll, weil es weniger Störungen gibt.
Ich erlebe eher Präsentismus: Menschen, die sich krank zur Arbeit schleppen und mich anstecken oder Wettkämpfe darum, wer am längsten im Büro bleibt und im Internet daddelt.
Ich denke, wer keine Grenzen zwischen Arbeit und Zuhause ziehen kann oder Stunden kloppt ohne Rücksicht auf sich selbst, wird es auch im Büro machen. Da liegt der Fehler nicht im Homeoffice. Rechner runterfahren und gut ist. Sonst hocke ich nach dem Büro auch Zuhause am Arbeits-Handy oder Arbeits-Laptop. Die Arbeit ist auch ohne Homeoffice längst zuhause angekommen.
Immer unter dem Vorbehalt, dass es eh viele Berufe gibt, bei denen Homeoffice nicht möglich ist. Homeoffice sollte auch immer eine Option, keine Pflicht sein.

Kuddel

Wenn man einander nicht kennt, wird man nur schwer ein Bedürfnis entwickeln, einander zu treffen. Man wird sich dann kaum in einem Gewerkschaftshaus zusammenfinden oder unabhängig.

Es gab ja immer wieder Streiks in Callcentern von der Lufthansa oder irgendwelchen Banken. Da hatte Verdi eine bessere Grundlage, die Beschäftigten zum gemeinsamen Handeln zu bewegen.

Besonders interessant finde ich die Proteste und Streiks von Spieleentwicklern. Die haben sich oft jenseits traditioneller gewerkschaftlicher Strukturen entwickelt.

Ich bin ja nicht grundsätzlich gegen Homeoffice, halte diese Arbeitsform jedoch für verzwackter und widersprüchlicher, auch wenn die Betroffenen sie positiv sehen.

Diese Gesellschaft krankt an Vereinsamung und Vereinzelung. Das hat auch mit der Veränderung der Arbeitswelt zu tun. Das sollten wir nicht ausblenden.

ManOfConstantSorrow

ZitatAusbeutung in der Tech-Branche
Giga-Geschäft außer Kontrolle

Unternehmen wie Google brauchen billige Arbeitskräfte, die ihre KI-Programme trainieren. Im Netz hat sich dafür ein riesiger Schwarzmarkt gebildet.


Gigworker in den USA oder Europa beauftragen Menschen aus dem Globalen Süden damit, ihre Arbeit zu erledigen
https://taz.de/Ausbeutung-in-der-Tech-Branche/!6088209/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

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