Sozialgericht: Jede dritte Klage wegen Hartz IV

Begonnen von Kater, 19:17:00 Do. 29.September 2005

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Kater

ZitatSozialgericht: Jede dritte Klage wegen Hartz IV
Mehr als 4 000 Erwerbslose wehren sich juristisch / Richter rechnen mit weiterem Ansturm
Marlies Emmerich

Das Sozialgericht Berlin hat mit einer Klageflut von Erwerbslosen zu kämpfen. Allein im Juni und Juli haben 1 309 Langzeitarbeitslose sich an das Gericht gewandt. Insgesamt muss sich das Gericht seit Jahresbeginn mit 4 053 solchen Eilanträgen oder Hauptverfahren auseinander setzen. "Inzwischen bezieht sich jede dritte Klage, die bei uns eintrifft, auf die Arbeitsmarktreform", sagte Sprecher Michael Kanert der Berliner Zeitung. Die Tendenz sei weiter steigend.

Ein Vergleich mit der Halbjahresbilanz macht den Anstieg besonders deutlich: Ende Juni gab es erst 2 736 eingereichte Klagen oder Eilanträge. Das Sozialgericht ist das größte in Deutschland. 65 Richter beschäftigen sich neben der Arbeitsmarktreform unter anderem mit Klagen etwa zu Krankenversicherungen und Krankengeld, zu Renten oder auch mit Anträgen zum normalen Arbeitslosengeld I. Entschieden wird zudem über die Entschädigung der Opfer von Straftätern. "Alle diese Menschen müssen jetzt länger warten", sagte Kanert. Obwohl das Gericht intern bereits umstrukturiert hat, ist der Arbeitsanfall kaum zu schaffen.

Wie Kanert sagte, werden nämlich die zusätzlich abgestellten Juristen - ursprünglich sechs, mittlerweile zwölf - aus anderen Rechtsgebieten abgezogen. Es sei nicht mehr zu verantworten gewesen, nachdem das Arbeitspensum der Richter um das Dreifache angestiegen sei. "Es gibt vorerst keine zusätzlichen Stellen. Wir mussten einfach handeln", sagte Kanert. Zuletzt hätten sich die Juristen mit 300 Verfahren statt wie üblich mit hundert beschäftigen müssen. Das Präsidium des Sozialgerichtes kann nur bei einer "außergewöhnlichen Änderung der Arbeitsbelastung" während des Jahres eine Änderung der Geschäftsverteilung beschließen, betonte Kanert. Normalerweise gesche dies zum Jahreswechsel.

Insgesamt liegen beim Sozialgericht deutlich mehr als 20 000 Verfahren - allein 14 065 aus diesem Jahr. Allein im Juli meldeten sich 622 Hartz IV-Empfänger beim Gericht, im August noch einmal 687. "Die wirklich große Welle kommt, wenn es im nächsten Jahr um die zulässige Größe von Wohnraum geht", sagte Kanert. Wie es dann personell weitergehe, werde kurzfristig und nach Bedarf beraten.

Nur etwas weniger Erwerbslose

Der DGB unterstützt die Arbeitslosen. "Weder sich nicht wehrt, lebt verkehrt", sagte Sprecher Dieter Pienkny. Die Gewerkschaft empört auch, dass nach neuesten Plänen aus dem Wirtschaftsministerium die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von Erwerbstätigen gesenkt werden sollen. "Das ist einfach ein Unding", sagte Pienkny. Keine der vorgesehen Fördermaßnahmen würde richtig greifen und dadurch die Zahl der Hartz-IV-Empfänger weiter in die Höhe treiben. In Berlin ist aber im Spetember die Zahl der Erwerbslosen leicht gesunken. Von den rund 312 000 Arbeitslosen bekommen 230 000 Unterstützung durch Hartz IV. Vom Arbeitsplatzabbau am stärksten betroffen waren die Bauwirtschaft und das verarbeitende Gewerbe.

 
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/487759.html

Carsten König

Das mag man mit einer gewissen Genugtuung sehen, dass der Rechtsstaat eben noch nicht geschliffen wurde. Der Anlaß freilich ist höchst traurig.

Wilddieb Stuelpner

Was ist das für eine stümperhafte Schwachsinnslösung, Richter aus anderen juristischen Bereichen zur Entlastung in das Sozialrecht abzustellen.

Das ist ja so, als ob man unterstellt, ein Richter und seine Beisitzer aus Erbrechts- und Wirtschaftsstrafrechtsangelegenheiten sind bestens fürs Sozialrecht gewappnet.

Wie lautet eine Redewendung?

"Schuster bleib bei Deinen Leisten?"

Warum bildet man nicht langfristig mehr Juristen in den jeweiligen Fachgebieten aus, wo man schon seit Jahren an Reformen in der Politik rumdocktert?

Die Vorlaufzeit ist ja da, betrachtet man sich die Zeit zum Ausbrüten neuer Rechtsvorschriften im Deutschen Bundestag.

Hier sind man eben, daß Planwirtschaft schon seinen Sinn hat. Ohne vorausschauendes Handeln herrscht ansonsten Chaos und Kopflosigkeit, was diese Meldung beweist.

Kater

ZitatHartz IV bringt Gericht ans Limit
Ein Drittel aller Sozialverfahren wegen der Arbeitsmarktreform - 2006 steigt die Zahl der Richterstellen von 10 auf 17
Von Stefan Schulz
Berlins Sozialgericht arbeitet wegen Hartz IV am Limit. Bis Ende November sind rund 6000 Verfahren eingegangen. Im gesamten Jahr 2005 werden es wohl 7000 werden. Das ist etwa ein Drittel aller neuen Verfahren, teilte der Sprecher des Sozialgerichts Berlin, Michael Kanert, mit. Im ersten Halbjahr 2005 waren es noch 2700 der insgesamt 10 000 Verfahren.

"Das ist eine hohe Arbeitsbelastung. Im neuen Jahr kommen aber neue Planstellen hinzu, was eine enorme Hilfe ist", so Gerichtssprecher Kanert. Bislang sind 10 der 64,5 Sozialrichterstellen für Hartz-IV-Verfahren zuständig. Von Januar 2006 an werden es 17 der dann 68,5 Stellen sein. Das liegt daran, daß zum einen Planstellen zusätzlich bewilligt, aber auch im eigenen Haus Sozialrichter für die Bearbeitung von Hartz IV abgestellt werden. Mögliche Folge: Alle anderen Verfahren, die sich nicht um die Arbeitsmarktreform drehen, müssen dann länger warten. Dazu gehören etwa Klagen zu Krankenversicherungen und Krankengeld, zu Renten oder Anträgen zum normalen Arbeitslosengeld.

Grund für den enormen Anstieg der Hartz-IV-Verfahren sind nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) "schlampige und unbefriedigende Bearbeitungen" der Bescheide. 40 000 Widersprüche sollen in Berlin nach DGB-Informationen eingereicht worden sein, sagte Gewerkschaftssprecher Dieter Pienkny. Der DGB rät jedem, der sich benachteiligt fühlt, sich zu wehren. Wie berichtet, leben in der Hauptstadt insgesamt 314 000 Haushalte von Arbeitslosengeld II.

Nach Angaben von Gerichtssprecher Kanert herrscht bei vielen Verfahrensbeteiligten noch eine große Rechtsunsicherheit. "Die Behörden und Rechtsanwälte müssen sich einarbeiten. Diese Phase ist noch nicht abgeschlossen." Aufgabe des Gerichts sei es, Rechtssicherheit herzustellen. In den Verfahren geht es im Prinzip um mehrere Komplexe: um die grundsätzliche Höhe von Arbeitslosengeld II, die Berechnung bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften, die Rechtmäßigkeit der Zuweisung eines Ein-Euro-Jobs und die Anrechnung von Vermögen. So war am Dienstag vor Gericht unter anderem eine eingetragene Lebensgemeinschaft zweier Männer verhandelt worden, bei der es um die Frage ging, ob das Paar von dem Verdienst eines der beiden leben kann. In einem anderen Verfahren mußte geklärt werden, ob ein Schüler - Sohn einer Arbeitslosengeld-II-Empfängerin - Anspruch darauf hat, daß die Schulfahrt extra bezahlt wird. In einem dritten Fall versuchte das Gericht zu ermitteln, inwieweit ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger ein Sommergrundstück eventuell behalten darf oder verkaufen muß, bevor er staatliche Unterstützung erhält.

Die richtige Klagewelle, so befürchten die Sozialrichter, wird aber im kommenden Jahr erwartet. Dann geht es voraussichtlich vor allem um die zulässige Größe von Wohnraum, angemessenes Wohnen oder einen drohenden Umzug.

http://morgenpost.berlin1.de/content/2005/12/15/berlin/798697.html

Kater

ZitatSamstag, 14. Januar 2006      
     
Hartz IV: Auf Gerichte kommt Klagewelle zu
In Berlin haben sich die Beschwerden in sechs Monaten mehr als verdoppelt / Richter überlastet
Marlies Emmerich

Die seit Anfang vergangenen Jahres geltenden Hartz-IV-Gesetze haben die bisher größte Klagewelle bei den Sozialgerichten in der Region ausgelöst. Allein beim Berliner Sozialgericht ist die Zahl der einstweiligen Verfügungen und Klagen innerhalb der letzten sechs Monate um deutlich mehr als die Hälfte angestiegen. Wie Gerichtssprecher Michael Kanert am Freitag der Berliner Zeitung sagte, haben bis zum Jahresende 6 995 Arbeitslose gegen ihre Bescheide geklagt. Ende Juni waren es 2 736. "30 Prozent aller Klagen und Beschwerden beziehen sich auf Hartz IV", sagte Kanert.

Nach Auskunft von Kanert geht es bei den Verfahren meistens um die umstrittene Anrechnung von Partnereinkommen und um das anzurechnende Vermögen auf das Arbeitslosengeld II. Etwa ein Drittel der Erwerbslosen hat in Berlin zumindest in der ersten Instanz Erfolg, beim Potsdamer Sozialgericht sind es sogar bis zu 50 Prozent. Knapp 4 000 Eilverfahren hat das Berliner Sozialgericht bisher abgeschlossen, 1 100 Beschlüsse zu Hartz IV gefasst. Wie Kanert dazu sagte, ging es bei insgesamt schätzungsweise 1 300 Verfahren darum, die Jobcenter nach langer Untätigkeit überhaupt zur Bearbeitung eines Hartz-IV-Antrages zu zwingen. 17 Richter beschäftigen sich mit der Arbeitsmarktreform. Dafür bleiben Klagen über Renten, Kranken- oder Pflegeversicherungen schon einmal länger liegen.

Auch die Richter des erst vor einem halben Jahr gegründeten, gemeinsamen Landessozialgericht Berlin-Brandenburg stöhnen über den fortdauernden Ansturm. Wie Präsident Jürgen Blaesing in Potsdam sagte, seien die 47 Richter seiner Behörde - darunter 34 aus Berlin - total überlastet. Seit der Zusammenlegung der Landessozialgerichte von Berlin und Brandenburg gebe es bereits etwa 2 200 Eingänge beim Gericht. Jeder Richter müsse deutlich mehr als die vorgesehenen 66 Fälle pro Jahr bearbeiten. Allein die Zahl der Berufungen gegen Entscheide aus den Sozialgerichten der Vorinstanzen in Berlin, Potsdam, Cottbus, Frankfurt/Oder habe sich versechsfacht. "Da kommt noch eine Welle von Verfahren auf uns zu", sagte Blaesing auch mit Blick auf die nächsten Monate. Die Arbeitsmarktreform sei aus rechtlicher Sicht "handwerklich nicht sauber" gestaltet worden und teilweise "zu Recht umstritten". Es stelle sich die Frage, ob die Arbeitsmarktreform überhaupt verfassungsgemäß sei, so Blaesing. Dabei spiele auch die Höhe der ausgezahlten Beträge eine Rolle. In erster Instanz sei die Verfassungsmäßigkeit bereits angezweifelt worden.

Dass sich die Zahl der Beschwerden und Berufungen beim Landessozialgericht im unteren dreistelligen Bereich bewegen, liegt nach Auskunft von Juristen daran, dass sich der Weg durch die Instanzen über lange Zeit hinzieht. "Das Gebiet ist zu neu. Es gibt zu wenig Grundsatzurteile", sagte Kanert. Und vom Widerspruch des Erwerbslosen beim Jobcenter über das Sozialgericht bis hin zum Landessozialgericht dauere es Monate.

Unterschiedliche Software

Ein neues Problem schilderte der Präsident des Landessozialgerichtes: die künftige Arbeitssoftware des gemeinsamen Gerichts. Das bisherige Programm müsse aus organisatorischen Gründen ersetzt werden. Es zeichne sich aber ab, dass das Sozialgericht Berlin sich für ein anderes System entscheide als die Gerichte in Brandenburg. Das würde die tägliche Arbeit erschweren, warnte Blaesing. Der Richter hat bereits an das brandenburgische Justizministerium appelliert, ein einheitliches Programm in beiden Ländern zu ermöglichen.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/517350.html

ZitatZahl der Klagen und Anträge steigt weiter
Sozialgericht Berlin: 6 995 Klagen und Anträge auf Rechtsschutz wurden von Hartz-IV-Empfängern bis Ende 2005 eingereicht. Im Juni 2005 waren es noch 2 736 gewesen.

Landessozialgericht: Das seit einem halben Jahr bestehende Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ist die nächst höhere Instanz. Es hat bisher 2 200 Verfahren verzeichnet. Die Zahl der Berufungen bei Hartz-IV-Verfahren stiegen seit 1. Juli 2005 von 10 auf 60, die Rechtsschutzverfahren von 36 auf 176, die Beschwerden von sieben auf 119 (siehe Grafik). Wegen des langen Rechtsweges - Widerspruch gegen Bescheide, dann Rechtsschutz und Klagen beim Sozialgericht - rechnet das Landessozialgericht mit noch mehr Klagen.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/517351.html?2006-01-14

Kater

ZitatGericht rät Hartz-IV-Empfängern zum Weiterklagen
Trotz sozialer Härte: Regelsätze unauslegbar festgeschrieben
Marlies Emmerich

Das Arbeitslosengeld II ist auch dann verfassungskonform, wenn einem älteren Erwerbslosen in früheren Jahren eine weit höhere Arbeitslosenhilfe bis zur Rente zugesagt worden war. Das hat in dieser Woche das Landessozialgericht erstmals in einem Grundsatzurteil entschieden. Der Richter empfahl dem 61-jährigen Kläger Tarik Mete aus Tempelhof-Schöneberg aber eindringlich, in jedem Fall das Bundessozialgericht einzuschalten.

Der Mann hatte mit 58 Jahren das damals gültige Gesetz genutzt, bis zur Rente Arbeitslosenhilfe beziehen zu können - konkret 1 300 Euro monatlich. Seit dem Wegfall dieser so genannten 58er-Regelung und der neuen Hartz-IV-Gesetze erhält Mete nur noch insgesamt 867 Euro. "Das ist sehr bitter", sagte der 61-Jährige. Man fühle sich wie "weggeschmissen", könne den Enkeln nicht einmal mehr ein Geschenk kaufen. Mete machte geltend, dass das Arbeitslosengeld II generell zu niedrig sei. "Der Regelsatz ist unauslegbar im Gesetz festgeschrieben", sagte der Richter. Er verwies auf die zugelassene Revision und die letzte Möglichkeit, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Das Gericht appellierte dringend, dass bei ähnlichen Streitfällen nicht nur der Arbeitslose, sondern auch der Lebenspartner aus der Bedarfsgemeinschaft Klage einreicht. Frau Metes hat einen Minijob mit Einkünften von 250 Euro brutto.

In einem anderen Verfahren ging es um ein 90 Quadratmeter großes, noch nicht abbezahltes Eigenheim eines Erwerbslosen, der nach langem Hin und Her statt der monatlichen Aufwendungen von zirka 800 Euro schließlich nur noch knapp 400 Euro ersetzt bekam. Die Kosten müssten "angemessen" sein, argumentierte die Verwaltung aus dem brandenburgischen Rangsdorf. Der Richter sprach aber von einer "völlig unklaren Gesetzeslage". Nirgends sei definiert, was "angemessen" sei. Er schlug "in einem Hauch von Diskussionsbeitrag" den Rangsdorfern mehrere Berechnungsvarianten vor. In jedem Falle, so sein Rat, sollte sich mit der Frage der Berechnung der Eigenheimkosten ebenfalls das Bundessozialgericht auseinander setzen. Bis dahin bekommt der Kläger alle tatsächlichen Nebenkosten für das Eigenheim voll zurück. An Stelle der monatlich anfallenden Zinsen wird nur eine Netto-Kaltmiete einer vergleichbaren Mietwohnung erstattet.

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Tausende Klagen

Das Landessozialgericht hat seinen Sitz seit einem Jahr in Babelsberg - neben den Filmstudios. Zuvor war das Gericht, das für Berlin und Brandenburg zuständig ist, in der Invalidenstraße in Mitte angesiedelt.

Berufungen: Das Landessozialgericht ist die letzte Instanz in der Region, um über Klagen gegen die Arbeitsmarktreform zu entscheiden. Zuvor müssen Erwerbslose zunächst Widerspruch gegen ihren Arbeitslosen- geld-II-Bescheid bei der Arbeitsagentur einlegen, dann den Rechtsschutz beantragen, dann noch einmal die Klage im Hauptverfahren vor dem Sozialgericht abwarten.

Verfahren: Nach der letzten Statistik von Ende 2005 liegen beim Landessozialgericht rund 2 200 Verfahren. Wegen des langen Rechtsweges waren es zu diesem Zeitpunkt 60 Berufungsverfahren zu Hartz IV, etwa 200 Rechtsschutzverfahren und mehr als hundert Beschwerden.

Sozialgericht: In der ersten Instanz waren rund 7 000 Klagen und Anträge auf Rechtsschutz wegen Hartz IV angefallen.

Berliner Zeitung, 11.05.2006

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/549451.html

Kater

ZitatSozialgericht Berlin
Berliner Sozialgericht rügt immer wieder Fehler bei Sanktionen nach Hartz-IV

(mitgeteilt von //www.jurion.de)

Mehrfacher Arbeitsverweigerer vor Gericht

Verschärfte Leistungskürzung aufgehoben

,,Hartz-IV-Quote" bei neuen Gerichtsverfahren liegt inzwischen bei 40 Prozent

Bereits die aktuelle Rechtslage sieht drastische Sanktionen vor, wenn Hartz-IV-Empfänger eine Arbeit verweigern. Bei der Umsetzung des Gesetzes unterlaufen den Job-Centern jedoch immer wieder Fehler. Darauf hat das Berliner Sozialgericht heute aus Anlass einer aktuellen Gerichtsentscheidung hingewiesen. Nach aktuellem Recht wird das Arbeitslosengeld II um 30 Prozent gekürzt, wenn der Arbeitslose eine zumutbare Arbeit verweigert oder andere gesetzliche Pflichten verletzt. Bei wiederholter Pflichtverletzung wird das Arbeitslosengeld um jeweils weitere 30 Prozent gekürzt (§ 31 Sozialgesetzbuch – Zweites Buch). Allein in diesem Jahr musste das Sozialgericht jedoch mehrere Entscheidungen der Berliner Job-Center aufheben, weil beispielsweise wichtige Verfahrensgrundsätze verletzt waren. Es folgen drei Beispiele.

Die Zahl der Rechtsstreitigkeiten um die Anwendung von Hartz IV (Arbeitslosengeld II bzw. Sozialhilfe) ist inzwischen weiter gestiegen. Allein im ersten Quartal 2006 gingen beim Berliner Sozialgericht zu diesem Rechtsgebiet über 2.500 neue Klagen und Eil-Anträge ein. Insgesamt gingen 6.300 neue Verfahren ein. Das bedeutet: Inzwischen betreffen 40 Prozent aller neuen Verfahren den Bereich Hartz IV (im vorigen Quartal lag die ,,Hartz-IV-Quote" bei 33 Prozent).

Beispiele zur Leistungskürzung:
Kürzung nur stufenweise zulässig: Ein 45-jähriger Berliner brach im Januar 2006 ein Training für Langzeitarbeitslose ab, weil er sich ,,minderbeschäftigt" fühlte. Kurz darauf weigerte er sich, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben und lehnte außerdem ein Arbeitsangebot ab. Im Anschluss kürzte das Job-Center das Arbeitslosengeld II um 60 Prozent. Nach Auffassung des Sozialgerichts war nur eine Kürzung um 30 Prozent erlaubt. Zwar hatte der Arbeitslose mehrfach seine Pflichten verletzt. Nach dem Gesetz sind Leistungskürzungen jedoch nur nach einem strengen Stufensystem zulässig. Die erste 30-Prozent-Kürzung besitzt eine Warn-Funktion. Erst wenn der Betroffene nach Bekanntgabe der ersten Sanktion erneut seine Pflichten verletzt, ist eine verschärfte Kürzung zulässig. Im vorliegenden Fall hatte der Betroffene sämtliche Pflichtverletzungen begangen, bevor er den ersten Sanktions-Bescheid erhalten hatte, (Beschluss vom 12. April 2006, Aktenzeichen: S 102 AS 2564/06 ER).

Beweise nicht dokumentiert: Das Job-Center kürzte seine Zahlungen an einen 20-jährigen Berliner auf die reinen Mietkosten. Begründung: Der Arbeitslose habe seine Eingliederungsvereinbarung verletzt und nicht genügend Bewerbungen vorgelegt. Das Gericht rügte, dass der Betroffene vor Erlass des Bescheides nicht ordnungsgemäß angehört worden war. Außerdem waren die Einzelheiten der Eingliederungsvereinbarung gar nicht ausreichend in der Akte dokumentiert, (Beschluss vom 27. März 2006, S 104 AS 2272/06).

 Zu spät reagiert: Die Job-Center müssen schnell reagieren, damit die Leistungskürzung ihre ,,erzieherische Funktion" behält. Das Sozialgericht setzte daher einen Bescheid außer Kraft, der erst ein halbes Jahr nach einer Arbeitsverweigerung erlassen wurde, (Beschluss vom 9. März 2006, S 53 AS 1305/06).

http://www.marktplatz-recht.de/nachrichten/24933.html

Regenwurm

Wikipedia sagt zum Suchbegriff -Eingliederungsvereinbarung-:
"Der Begriff Verfolgungsbetreuung ist eine umstrittene Wortschöpfung von Kritikern einer neuen Richtlinie der Bundesagentur für Arbeit, die im Zusammenhang der Hartz IV-Gesetze erlassen wurde. Sie kritisieren mit dieser Begriffswahl, dass die Betreuung von Arbeitslosen mit dem Ziel ihrer Eingliederung in den Arbeitsmarkt seit 2003 mit einer verschärften Kontrolle ihrer Berechtigung für Sozialleistungen einhergehe. Der Begriff soll auf mögliche Behördenwillkür mit dem Ziel der Einschüchterung von Arbeitslosen und statistischen Reduzierung der Leistungsempfänger aufmerksam machen.

Zitatvon Kater : ",,erzieherische Funktion"
ZitatMehrfacher Arbeitsverweigerer

klingt so nach "Umerziehungslager"....
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler.

Troll

ZitatBundesrat bringt Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag ein   

Der Bundesrat hat heute erneut einen Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag eingebracht, mit dem die grundsätzliche Kostenfreiheit sozialgerichtlicher Verfahren abgeschafft werden soll. Ein in der 15. Legislaturperiode eingebrachter gleichlautender Entwurf ist der Diskontinuität unterfallen.

Um der Flut aussichtsloser Gerichtsverfahren entgegenzuwirken, sollen nun von allen Rechtssuchenden sozialverträgliche Gerichtsgebühren in pauschalierter Form erhoben werden. Vorgesehen ist eine allgemeine Verfahrensgebühr von 75 € vor den Sozialgerichten, von 150 € vor den Landessozialgerichten und von 225 € vor dem Bundessozialgericht. Verfahren in Angelegenheiten der Sozialhilfe, die am 1. Januar 2005 von der Verwaltungs- auf die Sozialgerichtsbarkeit übergegangen sind, bleiben weiterhin gerichtskostenfrei. Zusätzlich zu der allgemeinen Verfahrensgebühr soll von den Prozessparteien, soweit es sich nicht um Versicherte, Leistungsempfänger und Behinderte handelt, eine besondere Verfahrensgebühr erhoben werden. Diese beläuft sich auf 150 € vor den Sozialgerichten, 225 € vor den Landessozialgerichten und 300 € vor dem Bundessozialgericht.

Die allgemeine Verfahrensgebühr soll grundsätzlich im Voraus entrichtet werden. Die Klage soll im Fall einer nicht fristgerechten Zahlung als zurückgenommen gelten. Die Gerichte können die Gebühren bis zur Hälfte ermäßigen, wenn der Rechtsstreit anders als durch Urteil erledigt wird.

Der Gesetzentwurf wird nunmehr der Bundesregierung zugeleitet, die ihn innerhalb von sechs Wochen an den Deutschen Bundestag weiterleiten muss. Dabei soll sie ihre Auffassung darlegen.

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

Drucksache 45/06 (Beschluss) Bundesrat


Drucksache 45/06 PDF

Bundesrat 663/03 Gesetzentwurf PDF

"...sozialverträgliche Gerichtsgebühren..." 75€ sind etwa 29% von 345€
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

LinksDenker

Sie Sorgen entgültig dafür, das Gewalt wieder eine Lösung wird...


Wie war das alte Kampflied aus den 30er... Triller .."  Wochenend und Sonnenschein, Schlag dem Parteibonzen mal den Schädel ein..."

Oder so ähnlich, den genauen Text hab ich nicht mehr gefunden...

Kater

ZitatKlagewelle gegen «Hartz IV» hält an
Donnerstag 6. Juli 2006, 18:42 Uhr
 
Berlin (ddp-bln). Die Klagewelle gegen «Hartz IV» hält an. Von den im ersten Halbjahr beim Berliner Sozialgericht eingegangenen rund 12 000 neuen Verfahren beträfen mehr als 5100 die Arbeitsmarktreformgesetze, sagte am Donnerstag ein Gerichtssprecher. Das sei ein Anteil von 43 Prozent und ein neuer Rekord. Das hauptstädtische Sozialgericht ist mit 70 Richtern das größte bundesweit.

Auch die Fußball-Weltmeisterschaft habe die Klageflut nicht eingedämmt, sagte der Sprecher. Im Juni seien sogar 20 Prozent mehr Verfahren eingegangen als im Vormonat. In den meisten Streitfällen gehe es um die Anrechnung des Einkommens oder des Vermögens auf das Arbeitslosengeld II. Hinzu gekommen seien 2006 auch Klagen von Langzeitarbeitslosen gegen Sanktionen durch die Arbeitsämter, die wegen angeblich ungenügender Bemühungen der Betroffenen um einen Job deren Zuwendungen gekürzt hätten, sagte der Sprecher.

Wegen des hohen Arbeitspensums wurde das Personal für die «Hartz-IV-»-Verfahren nach Angaben des Gerichts deutlich aufgestockt. Die Zahl der Richterstellen sei im Vergleich zum Inkrafttreten des Gesetzes Anfang 2005 auf 18 mehr als verdreifacht worden. Ein Teil habe aus anderen Rechtsgebieten abgezogen werden müssen. Dadurch müsse beispielsweise bei Rechtsstreitigkeiten mit der Kranken-, Renten-, Unfall- oder Pflegeversicherung mit längeren Verfahren gerechnet werden.

http://de.news.yahoo.com/06072006/336/klagewelle-laquo-hartz-iv-raquo-haelt.html

Kater

ZitatZeitung: Jeder zweite Eilantrag bei «Hartz IV» hat in Berlin Erfolg
Sonntag 16. Juli 2006, 17:29 Uhr
 
Berlin (ddp-bln). Fast jeder zweite Eilantrag in «Hartz-IV»-Verfahren hat in Berlin Erfolg. Die hohe Quote sei hauptsächlich darin begründet, dass die Jobcenter zu lange bräuchten, um eine Entscheidung zu treffen«, sagte der Sprecher des Berliner Sozialgerichts, Michael Kanert, dem «Tagesspiegel» (Montagausgabe). Ein Drittel aller «Hartz-IV»-Fälle, mit denen sich das Gericht beschäftigen müsse, seien Eilverfahren. Ein Eilbedürfnis liegt vor, wenn der Betroffene sonst kein Geld für den Lebensunterhalt hat.

http://de.news.yahoo.com/16072006/336/zeitung-jeder-zweite-eilantrag-laquo-hartz-iv-raquo-berlin-erfolg.html

Kater

ZitatSozialgericht: Klageflut wegen Hartz IV

Beim Sozialgericht Berlin sind in den ersten sieben Monaten dieses Jahres rund 2 000 Verfahren mehr eingegangen als im Vorjahreszeitraum - allein durch Klagen und Beschwerden wegen Hartz IV. Das Gericht meldet insgesamt mehr als 14 200 Verfahren. Davon beziehen sich 6 140 Verfahren allein auf Hartz I V. Dies entspricht einem Anteil von 43 Prozent. Noch vor sieben Monaten lag der Anteil bei rund 40 Prozent. Beim Sozialgericht wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/582957.html

Kater

ZitatMonatlich mehr als 1 000 Verfahren wegen Hartz-IV
Sabine Deckwerth

Die Anzahl der Hartz-IV-Verfahren beim Berliner Sozialgericht steigt weiter. Im Monat August seien beim größten deutschen Sozialgericht erstmals mehr als 1 000 neue Verfahren pro Monat eingegangen, teilte ein Sprecher des Gerichts gestern mit. Die exakt 1 007 Klagen und Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz richteten sich gegen das Arbeitslosengeld II und die Sozialhilfe. Seit Jahresbeginn gingen laut Gericht 7 148 neue Verfahren aus dem Bereich Hartz IV bei den Sozialrichtern ein. Damit stamme fast jedes zweite neue Verfahren aus dem Bereich der Arbeitsmarktreformen Hartz IV, hieß es. (sd.)

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/590969.html

Kater

ZitatZahl der Hartz-IV-Richter verdreifacht
Lange Bearbeitungszeiten in Berliner Jobcentern lösen Klageflut am Sozialgericht aus
Von Gabi Zylla
Das Berliner Sozialgericht verzeichnete für August erstmals mehr als 1000 neue Hartz IV-Verfahren pro Monat. "Es gab 1007 Klagen von Arbeitslosengeld II-Empfängern", so Pressesprecher Michael Kanert. Ein hoher Anteil der neuen Hartz-IV-Verfahren - nämlich 36 Prozent - entfällt auf den "einstweiligen Rechtsschutz". Das Verfahren ist für Sozialversicherte gerichtskostenfrei, wenn sie in dieser Eigenschaft klagen.

Die Antragsteller rügen häufig, dass die Behörden nicht tätig werden. Dem Gericht gegenüber erklären die Jobcenter das zumeist mit einer Klageflut, die wegen ungenügender personeller Ausstattung nicht schnell genug abgearbeitet werden kann. Insgesamt gab es in diesem Jahr bis Ende August 7148 neue Gerichtsverfahren aus dem Hartz-IV-Bereich.

Im Neuköllner Jobcenter an der Sonnenallee dauert die Bearbeitung von Widersprüchen gegen Leistungsablehnungen extrem lange. Der Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht Gerd Schwonburg vertritt in der Gropiusstadt "mehrere hundert" Klienten gegen das Jobcenter.

Besonders hart traf es eine 19-Jährige, die 15 Monate warten musste: Trotz einer Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter beim Sozialgericht kam kein Bescheid auf ihren Widerspruch. "Die Untätigkeitsklage haben wir im Januar 2006, sechs Monate nach dem Widerspruch, veranlasst. Trotz weiterer Mahnungen des Richters kam bis Ende September nichts", so der Anwalt. Erst nach einer Verhandlung beim Sozialgericht sei nun die Ablehnung des Widerspruchs eingetroffen. "Jetzt klagen wir beim Sozialgericht gegen den Bescheid", so Schwonburg. Das werde sicher ein Jahr dauern.

Das Problem ist Jobcenter-Geschäftsführer Dietmar Jarkow bekannt: "2006 gab es bei uns bis Ende August 6124 Widersprüche." Die Widerspruchsmenge habe die Mitarbeiter überrollt. Dazu sei es vorgekommen, dass Bearbeiter trotz Qualifizierung vor komplizierten Fällen zurückschreckten. Natürlich dürfe so eine lange Bearbeitungszeit nicht vorkommen, die 15 Monate seien jedoch ein Einzelfall. Nun sei das Team, das die Widersprüche bearbeite, von sechs auf 15 Mitarbeiter aufgestockt worden.

Die Widerspruchs- und Klagefreudigkeit der Hartz IV-Empfänger spüren alle Berliner Jobcenter. So gab es in Marzahn-Hellersdorf bis Ende August 5734 Widersprüche. "Allerdings vermeiden wir es möglichst, über das Sozialgericht gehen zu müssen", so Geschäftsführer Reinhard Müller. Und die Pressesprecherin der Arbeitsagentur Nord, Ellen Queisser, weiß, dass für die Bereiche Reinickendorf, Spandau, Pankow und Charlottenburg-Wilmersdorf im Schnitt mit einer Wartezeit von sechs bis sieben Monaten zu rechnen ist.

Wegen der großen Klageflut musste auch beim Sozialgericht die Zahl der Hartz-IV-Richter massiv verstärkt werden. Die ursprünglich 5,5 Planstellen wurden auf 18 erhöht. Die Richter kommen zum Teil aus Bereichen der Kranken-, Renten-, Unfall- und Pflegeversicherung - nun ist dort mit einer längeren Verfahrensdauer zu rechnen.

http://www.morgenpost.de/content/2006/10/04/berlin/857716.html

Kater

ZitatNeuer Rekord bei Hartz-IV-Verfahren
Viel Arbeit im Sozialgericht
Allein im Oktober sind beim Berliner Sozialgericht 1 243 Klagen und Anträge auf Rechtsschutz wegen Hartz IV eingegangen - ein neuer Spitzenwert. Wie das Gericht gestern mitteilte, hat jedes zweite Verfahren mit Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe zu tun. Seit Jahresbeginn habe sich die Zahl der neuen Hartz- IV-Verfahren auf 9 435 summiert. Im vergangenen Vierteljahr seien jeden Monat rund tausend Anträge eingegangen. Ein Gerichtssprecher beklagte, dass es zu wenig Richter gebe. Dadurch würden sich Verfahren verzögern.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/601689.html

Kater

Ein Tag am Berliner Sozialgericht:

ZitatEine Frage des Prinzips
Am Berliner Sozialgericht gehen jeden Monat hunderte Hartz-IV-Klagen ein. Die Menschen haben das Gefühl, Opfer eines ungerechten Systems zu sein
Sabine Deckwerth

BERLIN. Berlins Sozialgericht ist gesichert wie kaum ein anderes Gerichtsgebäude in Berlin: Wer hinein will, muss sich zuerst an der Pförtnerloge melden, bevor die Tür zum Treppenhaus mit einem Summen aufgeht. Dahinter kommt dann eine Sicherheitsschleuse, wie man sie vom Flughafen kennt. Ein Wachtmeister fordert Besucher auf, Jacken und Taschen aufs Band zu legen, damit alles durchleuchtet werden kann. Man weiß ja nie, was die Leute so mit sich herumtragen. Spektakulär sind die Fälle zwar nicht, die jeden Tag an der Invalidenstraße in Mitte verhandelt werden, aber der Stoff ist hochexplosiv. Zum Beispiel, wenn es um die Hartz-IV-Reformen geht.

Fünf Fälle werden an jenem Dienstag in Saal 4 verhandelt, einem schlichten weißen Raum mit grellem Neonlicht. Drei Richter sitzen vorn am Tisch, Berufsrichter Marcus Howe, 37 Jahre alt, und zwei ehrenamtliche Richter. Wenn sie aus dem Fenster schauen, können sie den Lehrter Bahnhof sehen. Und das Kanzleramt, in dem der damalige VW-Manager Peter Hartz im August 2002 seinem wahlkämpfenden Freund Gerhard Schröder die Vorschläge zum Umbau des Arbeitsmarktes überreichte, ist auch nur einen Katzensprung entfernt.

Inzwischen stöhnen die 72 Berufsrichter des Sozialgerichts über eine Klageflut zu den Problemen mit Hartz IV. Immerhin leben derzeit in Berlin 17,1 Prozent der Bevölkerung von den Leistungen, die dieses Gesetz zusichert. Die meisten von ihnen, 431 931 Menschen, sind laut Oktober-Statistik der Bundesagentur für Arbeit erwerbsfähig.

Ihnen zahlt der Staat monatlich einen Regelsatz von 345 Euro plus Warmmiete für Alleinstehende und 622 Euro für Paare. Sie hätten früher Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe bekommen. Durch Hartz IV sind sie unterschiedslos abgestiegen auf die Ebene von Arbeitslosengeld II.

Allein von Januar bis Oktober diesen Jahres sind beim Berliner Sozialgericht, dem größten in Deutschland, 9 435 Klagen gegen die Reformgesetze eingegangen. Tendenz steigend: Inzwischen kommen pro Monat mehr als 1 000 Verfahren auf die Richtertische, allein im Oktober waren es 1 243. Inzwischen betreffe jedes zweite neue Gerichtsverfahren den Bereich Hartz IV, sagt Sprecher Michael Kanert, selbst Richter am Sozialgericht. Meist geht es um die Berechnungen der Job-Center, darum, ob Vermögen, Erbschaft oder Einkommen des Partners tatsächlich zu hoch sind und deshalb die staatlichen Zuwendungen gekürzt werden durften. Zum Start der Hartz-IV-Reform waren gerade mal fünfeinhalb Richterstellen für Hartz-Klagen eingeplant. Inzwischen befassen sich 20 Richter ausschließlich mit diesen Fällen.

Was treibt die Menschen, in Scharen vor Gericht zu ziehen? "Viele fühlen sich als Opfer eines Systems, das sie als ungerecht empfinden", sagt Richter Kanert. Hinzu käme eine große Hilflosigkeit. Bescheide seien zu kompliziert und nur schwer verständlich.

Rainer Schneider*, 58 Jahre alt, nimmt im frischgebügelten weißen Hemd neben seinem Anwalt Platz und schaut, als hätte sich die ganze Welt gegen ihn verschworen. Er hat schon viele Anträge auf staatliche Hilfe gestellt. Immer, wenn das Job-Center einen ablehnte, weil die Ehefrau zu viel verdiente, füllte er ein neues Formular aus und packte neue Belege dazu. Alles zu prüfen, dauert, sagt Richter Howe, ohne Taschenrechner komme er da nicht aus. Der liegt ohnehin immer griffbereit auf seinem Tisch.

Howe muss Beträge vom Einkommen der Ehefrau abziehen. Begriffe und Zahlen schwirren durch den Saal, dass einem der Kopf brummt. Von einer Versicherungspauschale ist die Rede, von Freistellungen, Freibeträgen und Kilometerpauschalen. Da wird addiert und subtrahiert und man wundert sich, dass überhaupt noch einer durchsieht. Die junge Mitarbeiterin, die das Job-Center schickte, ist offensichtlich überfordert. Sie trägt Jeans, ihren Rucksack hat sie neben ihrem Stuhl abgestellt. Unentwegt blättert sie in den Akten vor sich auf dem Tisch. Trotzdem kann sie nicht erklären, wie die Berechnungen im Fall Schneider zustande kamen, ihre Unterlagen sind nicht komplett. Den letzten Bescheid, um den es geht, muss ihr der Richter kopieren. Das ist ein großes Problem, sagt Richter Howe. "Wir laufen hier auf, weil sie Null Ahnung von Ihren eigenen Zahlungsberechnungen haben."

Rainer Schneider starrt derweil schweigend vor sich hin. Er hat viele Posten zur Begründung für seine Hilfsbedürftigkeit aufgelistet, die jährliche Pacht für den Kleingarten etwa und Rückzahlungsraten eines Darlehnens für ein Auto. Darüber müsse man gar nicht erst reden, das stehe nicht zur Debatte, sagt der Richter. Aber seine Ausgaben für eine Umweltkarte könnten übersehen worden sein. Das Jobcenter soll "Klarheit in seinen Berechnungen schaffen", sagt der Richter, und setzt eine Frist von einem Monat.

Viele Job-Center sind mit Hartz IV überfordert, was ein weiterer Grund für die hohe Zahl der Klagen ist. "Entscheidungen dauern viel zu lange", sagt Gerichtssprecher Kanert. "Und bei den Berechnungen selbst unterlaufen den Job-Centern immer wieder Fehler." Deshalb hat fast jeder zweite Kläger vor Gericht zumindest teilweise Erfolg.

Wie Christine Gerstner*. Sie nimmt neben ihrer Anwältin Platz und verfolgt angespannt das Verfahren, bereit, jederzeit zu erklären, was sie an ihrem Bescheid so stört. Das mit den Heizkosten zum Beispiel. So sparsam sei sie gewesen, erklärt sie dem Richter, dass ihr der Vermieter am Jahresende 453 Euro an vorausbezahlten Betriebskosten zurückzahlte. Das Job-Center betrachtete die Summe als Einkommen - und zog sie im Dezember 2005 von der monatlichen Hilfe ab. Christine Gerstner fühlt sich fürs Sparen bestraft. "Der Gesetzgeber sieht die Sache so wie das Job-Center", belehrt sie der Richter. Dann redet er von einer Versicherungspauschale, die berücksichtigt werden müssen. Sein Vorschlag zur Güte: Die Klägerin bekommt 30 Euro vom Job-Center zurück.

Die Job-Center haben es allerdings auch nicht leicht. In aller Eile wurden die Sachbearbeiter zusammengesucht. Die wenigsten haben Erfahrungen auf diesem speziellem Gebiet. So mancher etwa hat vorher in einer Kita oder bei der Telekom gearbeitet und wurde notdürftig umgeschult. Und das bei einem Gesetz, das inzwischen das Steuerrecht an Kompliziertheit eingeholt hat, wie Kanert sagt. Es umfasst zwar nur 69 Paragrafen, aber die wurden ständig geändert und ergänzt. In kaum einem anderen Bereich hat es in so kurzer Zeit so viele Veränderungen gegeben. Erst im August sind wieder Dutzende Änderungen in Kraft getreten. Und trotzdem gibt es noch immer Gesetzeslücken, die jeder auslege, wie er will, wie Richter Howe sagt.

Wie zum Beispiel im Fall von Helga und Markus Geißler*. Bei ihnen geht es um Zuschläge, die einem Arbeitnehmer, der jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, für die Dauer von zwei Jahren zustehen. Geregelt ist allerdings nicht, wie hoch diese Zuschläge ausfallen, wenn Ehemann und Ehefrau gleichzeitig arbeitslos sind. "Das Gesetz schweigt zu dieser entscheidenden Frage", sagt Richter Howe. Das Job-Center Lichtenberg hat eigene Berechnungen vorgenommen - laut Howe mit "krummen Zahlen, für die man keine logische Erklärung findet". Er gibt dem Ehepaar Recht. Seine Begründung: "Wir denken, dass das Gesetz dahingehend verstanden werden muss, dass beide einen Anspruch auf den vollen Zuschlag haben."

Bei Martina Richter* geht es um die Bestimmungen zur "eheähnlichen Gemeinschaft". Gemeint ist, dass ein berufstätiger Partner für einen Arbeitslosen aufkommen muss, wenn die zwei zusammen leben. Die 42-jährige Sozialpädagogin lebt in ihrer 66 Quadratmeter großen Wohnung in Reinickendorf zusammen mit ihrem Freund und ihrer minderjährigen Tochter. Energisch rückt sie ihren Stuhl zurecht, bevor sie sich setzt. Sie sagt, "ich glaube, dass ich Recht habe, aber ich bekomme nicht Recht."

Als sie zehn Monate arbeitslos war, hat ihr das Job-Center nur gekürzte Hilfen bewilligt, weil ihr Freund ein regelmäßiges Einkommen hat. Von den 736 Euro monatlich, sagt sie, "kann man nicht leben". Ihr Partner hat damals die Stromrechnung alleine bezahlt und ihr jede Woche 50 Euro zum Einkaufen gegeben. Sie sagt, bei der Klage gehe es ihr ums Prinzip: "Seit meinem 18. Lebensjahr habe ich immer für mich selbst gesorgt und war nie abhängig von einem Mann. Dann ändert ein Land plötzlich die Gesetze und ich habe keine eigenständige Existenzgrundlage mehr."

Für's Prinzip nimmt sie die intimsten Fragen in Kauf. Ihr Freund, mit dem sie seit sieben Jahren zusammen lebt, hat Multiple Sklerose. "Würden sie ihn pflegen, wenn er eines Tages im Rollstuhl sitzt", wird sie vom Vertreter des Job-Centers gefragt. Sie traut sich nicht "ja" zu sagen, weil das ein Eingeständnis wäre, dass sie für ihn da wäre in schlimmen Zeiten. Und damit wären sie laut Gesetz ein eheähnliches Paar. Ein "Nein" bringt sie nicht über die Lippen. Also sagt sie einen Satz, der nicht viel besser als ein "Nein" klingt: "Was ich für ihn tun würde, würde ich für jeden Menschen tun, vielleicht ein bisschen mehr. Aber ich kenne meine persönlichen Grenzen." Ihre Klage wird abgewiesen. Weil etwas anderes vom Gesetz nicht gedeckt wäre, wie der Richter sagt.

Der letzte ist Steffen Seifert*. Er erscheint ohne Anwalt, dafür nimmt seine Mutter auf dem Anwaltsstuhl Platz. Er sieht nicht aus wie einer, der sein Leben nicht in den Griff bekommt. Konzentriert sitzt er da, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, als würde er gleich vor Kommilitonen ein Referat halten. Er ist Anfang 20, trägt Jeans und einen lustigen Spitzbart. Man kann ihn sich wesentlich besser beim Debattieren am Tisch einer Szenekneipe vorstellen als in diesem nüchternen Gerichtssaal. Seine Mutter ist bei einer Arbeitsagentur beschäftigt. Steffen Seifert hat sich im Januar 2005 einen Antrag auf die Auszahlung von Arbeitslosengeld II beim Job-Center abgeholt. Erst im April brachte er ihn ausgefüllt zurück, ab Mai bezog er staatliche Hilfen. Er moniert, dass ihm die Unterstützung aber bereits seit Januar zustehe. Sein Argument ist verblüffend schlicht: "Mir hat nie jemand gesagt, wann ich den Antrag wieder abgeben muss."

Die Mutter hätte dem Sohn doch aber beim Ausfüllen des Antrags behilflich sein können, sagt die Vertreterin des Job-Centers. Immerhin habe sie Sonderkenntnisse durch ihren Job bei der Arbeitsagentur. "Aber nicht mit dem Arbeitslosengeld II", zischt die Mutter. Die Klage wird abgewiesen. Grußlos verlassen Mutter und Sohn den Saal.

Was kann man tun gegen diese Flut von Klagen? Werden sie eines Tages weniger oder werden es immer mehr? "Schwer zu sagen", sagt Gerichtssprecher Michael Kanert. "So lange es Millionen Arbeitslose gibt, was wollen Sie da machen?"

*Name von der Redaktion geändert

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/seite_3/603668.html

Aragorn

Ich sag mal wie ich`s als Steuerzahler (und auch mal betroffener) sehe:

Die Beamte werden von Bürgern bezahlt und nicht dafür sich eigene Gesetzte auszudenken sondern die bestehenden Gesetzte korrekt umzusetzen und die Bürger die zu ihnen kommen nicht wie Schei..e zu behandeln.
Es ist absurd das die Ämter ununterbrochen gegen geltendes Recht verstoßen können oder zumindest konnten (Sozialamt) ohne das es jemals für sie Konsequenzen gibt/gab - außer das sie das geltende Recht doch umsetzen müssen.

Beamte sind Angestellte der steuerzahlenden Bürger. An sich sollten die Beamten ihren Arbeitgebern Rechenschaft für gesetzwidriges Verhalten abgeben müssen.
Und nicht nur wenn gerade mal wieder ein Jugendamtbetreutes Kind verstirbt.

Also, normal - wenn jemand auf Arbeit vier Versuche braucht bis er eine Aufgabe richtig berechnet... schon beim ersten Fehler kassiert er u.U. eine Abmahnung und beim vierten mal ist er draußen. Genau das hatte aber zumindest beim Sozialamt in Kombination mit Arbeit (unterstützende Sozialhilfe) System. Mit jeder Einkommensänderung wird ja eine neue Berechnung fällig und durch arbeitsbedingtem Umzug haben wir auch verschiedene Ämter kennengelernt. Es war absolut System gegen geltende Gesetze zu verstoßen und falsch zu berechnen. Bei dreimal kann man noch sagen, versehen, aber irgendwann hört der Spaß echt auf.  

Andererseits sind Propagandamedien wie die BILD oder einige Fernsehbeiträge auch nicht gerade förderliche, da wird nur das Volk aufeinandergehetzt.
Wenn zwei sich streiten freut sich der dritte - es profitieren sicher viele davon wenn Reich gegen arm kämpft, aber wenn wir - Deutschland mit all seinen Bürgern gleich welcher Herkunft - etwas erreichen wollen, dann muss das Volk zusammenhalten und nur dann besteht die Möglichkeit das das Volk auch Einfluss auf die Wirtschaft, Politik und Medien hat.

mel2384

Ich weiss von einer Freundin die beim Kreis arbeitet,das Sie oft darauf warten verklagt zu werden,da sie nicht wissen wie sie Rechtmässig mit dem "Kunden" umgehen sollen,da es kein passendes Gesetz dazu gibt.

Und da man als H4 Empfänger eh kostenfrei zum SoziGericht gehen kann,wird vielen auch von den Beamten dazu geraten die jeweilge Stadt/Gemiende/Kreis zu verklagen...

Soweit mein Wissen .....
,,Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0.
Und das nennen sie ihren Standpunkt."

Kater

ZitatBerlin: 10 000 Verfahren wegen Hartz IV vor Gericht
Meistens geht es um Untätigkeit der Behörden

Mit mehr als 10 000 Verfahren rund um Hartz IV hat gestern das Sozialgericht einen neuen Rekord seit Jahresbeginn gemeldet. Allein im November sind nach Auskunft von Sprecher Michael Kanert 1 272 neue Verfahren hinzu gekommen. Und monatlich steigt der Anteil der Beschwerden wegen Hartz IV weiter an. Inzwischen drehen sich 45 Prozent aller Rechtsstreitigkeiten, die sich auf rund 23 800 angehäuft haben, um die Auswirkungen der Arbeitsmarktreform. Bei den restlichen Auseinandersetzungen geht es überwiegend um Krankenversicherungen oder um Rentenzahlungen.

Vor allem die im Vorfeld einer Hartz-IV-Klage möglichen "Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz" belasten die Richter: Allein diese Anträge machen mehr als die Hälfte der Verfahren aus. Besonders häufig rügen dabei Erwerbslose, dass die Behörden überhaupt keine Entscheidungen in ihrem Fall getroffen hätten. Wie Kanert sagte, würden Arbeitslose bei solchen Untätigkeitsanträgen immer wieder Erfolge vor dem Sozialgericht erzielen. Jobcenter und Arbeitsagenturen hätten ihrerseits wiederholt ausgesagt, dass sie personell und technisch nicht ausreichend ausgestattet seien und es deshalb zu Verzögerungen kommen würde. Bei den anderen Hartz-IV-Verfahren geht es laut Kanert unter anderem darum, in welcher Höhe Nebeneinkommen bei Hartz IV möglich sind oder wann und wie angespartes Vermögen verrechnet wird. Seit einigen Monaten müssen sich die Richter zunehmend mit Sanktionen gegen Arbeitslose auseinander setzen.

Die Datenschutzbeauftragten von Berlin und Brandenburg, Alexander Dix und Dagmar Hartge, haben gestern einen Ratgeber für Fragen zum Datenschutz rund um Hartz IV erstellt. Erwerbslose werden über ihre Rechte aufgeklärt. Aber auch Beschäftigte in Jobcentern und Arbeitsagenturen können nachschlagen, wie sie aus Sicht des Datenschutzes mit Anträgen und personenbezogenen Daten umgehen sollen. Das Heft kann telefonisch bestellt werden unter 030 - 13 889 0 oder 033 20 33 56 00. (mm.)

Informationen im Internet:

//www.datenschutz-berlin.de

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/610606.html

ZitatHartz IV schafft Arbeit im Gericht
MARLIES EMMERICH

freut sich über neue Jobs für Richter

Die Geschichten, die Erwerbslose über ihre Erfahrungen in Jobcentern erzählen, ähnlich sich auf verblüffende Weise: Da ist ein Sachbearbeiter, der offensichtlich die Unterstützung für eine Familie falsch berechnet hat. Danach ist der Mann monatelang nicht zu sprechen. Eltern und Kinder kommen mit dem zugestandenen Geld kaum über die Runden. Eine Vertretung im Jobcenter will sich die Argumente gegen die Berechnung gar nicht erst anhören. Der Widerspruch gegen den Hartz-IV-Bescheid sei ja erst ein Vierteljahr alt. Andere Erwerbslose berichten von verschwundenen Anträgen und anderen Wunderlichkeiten.

Natürlich behandeln nicht alle Beschäftigten in den Jobcentern die 211 000 Bezieher von Arbeitslosengeld II so schlecht. Und viel zu tun gibt es in den Jobcentern schließlich auch. Doch wenn sich im Sozialgericht inzwischen mehr als 10 000 Klagen und Einsprüche rund um Hartz IV stapeln, die Zahl der Beschwerdeführer monatlich ansteigt, dann ist es nicht mit einem müden Schulterzucken über den ein oder anderen übellaunigen Sachbearbeiter getan. Auch die Vertreter der Jobcenter geben vor Gericht unumwunden zu, dass es an Personal und an Technik fehlt, dass sie sich bei manchen Entscheidungen mehr als unsicher sind. Schließlich steht nirgendwo in den Gesetzen zur Arbeitsmarktreform genau, was etwa ein angemessener Wohnraum für einen Arbeitslosen beutet. Mit anderen Worten: Das ganze System ist möglicherweise falsch und drängt hunderttausende Menschen in die Armut.

Die Unzufriedenheit der Erwerbslosen und die Unsicherheit in den Jobcentern müssen aber nicht die Politiker ausbaden, sondern die Sozialgerichte. Dort ist das von der Politik gesteckte Ziel erreicht: Hartz IV schafft Arbeit. Nach knapp zwei Jahren Hartz-IV-Gesetzen hat sich die Zahl der Sozialrichter mehr als verdreifacht. Das ist doch endlich ein messbarer Erfolg.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/610591.html

Kater

ZitatSieben neue Richter wegen Hartz-IV-Klagen
In diesem Jahr waren 12 000 Fälle zu bearbeiten

Auf diese eine Meldung war 2006 Verlass, Monat für Monat. ,,Schon wieder ein Hartz-Rekord beim Sozialgericht", hieß es regelmäßig aus der Invalidenstraße. Bereits im November hatte sich das Gericht in Sachen Hartz-IV-Verfahren zum achten Mal selbst übertroffen, nun war die 10 000er-Grenze geknackt. Nach einer vorläufigen Bilanz des Sozialgerichts gingen 2006 etwa 26 000 Klagen ein, davon betrafen rund 12 000 Hartz-IV-Regelungen – Tendenz steigend.

Um die Klageflut bewältigen zu können, sollen 2007 am Sozialgericht sieben Richter eingestellt werden. Posten werden dafür aber nicht geschaffen. ,,Die sieben Richter kommen aus anderen Bereichen", sagt Justizsprecherin Juliane Baer-Henney. Da beispielsweise am Verwaltungsgericht die Eingänge leicht zurückgegangen seien, habe man einige Kollegen abgeben können.

Von den dann insgesamt 80 Juristen am Sozialgericht werden etwa 50 überwiegend mit den Hartz-IV-Klagen beschäftigt sein. ,,Auffällig sind in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler der Behörden", sagt Michael Kanert, Richter am Sozialgericht. In kaum einem anderen Bereich hat es in so kurzer Zeit so viele Veränderungen gegeben wie bei Hartz IV. Dies führt bei den Jobcenter-Mitarbeitern offenbar zu fehlender Übersicht und falschen Bescheiden. Laut Sozialgericht streiten sich die Beteiligten meistens um die Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes, also um Berechnungsfragen: In welcher Höhe darf das Einkommen aus einem Nebenjob auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden? Muss das angesparte Vermögen aufgebraucht werden, bevor ein Anspruch entsteht?

Anders als im Jahr 2005, wird laut Gericht nun auch um Sanktionen gegen Arbeitslose gestritten. Denn in den Ämtern hat sich der Trend durchgesetzt, Leistungen zu kürzen, wenn sich der Kandidat anscheinend zu wenig bemüht hat, seine Arbeitslosigkeit zu beenden – weil der Betroffene zu wenige Bewerbungen nachgewiesen oder Arbeitsangebote grundlos abgelehnt hat. Die Zahlen für Dezember stehen noch aus, doch im Sozialgericht rechnen alle mit einem weiteren Anstieg der Fieberkurve.

Stark zugenommen haben laut Kanert auch die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz; sie machen mittlerweile mehr als die Hälfte der Hartz-IV-Verfahren aus. Die Leidtragenden sind nicht nur die Arbeitslosen: Weil die Hartz-Klagen oft besonders eilig seien, müssten Verfahren zur Pflege- oder Rentenversicherung oft zurückgestellt werden.

Kanert und seine Kollegen kennen die Beschwerden der Parteien inzwischen zur Genüge: Immer wieder klagen Arbeitslose, weil die Behörden über Wochen überhaupt keine Entscheidung in ihrem Fall getroffen hätten. Was die Jobcenter-Vertreter auch vor Gericht dann damit erklären, dass sie personell und technisch nicht ausreichend ausgestattet seien, um alle Anträge rechtzeitig zu bearbeiten. Kein Wunder also, dass die Chancen der Arbeitslosen vor Gericht zumindest statistisch recht gut stehen: Knapp die Hälfte der Klagen sind erfolgreich. Und sogar 80 Prozent der Verfahren können mit einer Einigung ohne Urteil erledigt werden.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/archiv/28.12.2006/2988001.asp

Kater

ZitatWIDERSPRÜCHE - Erfolgsquote von 40 Prozent
mm.

Die Jobcenter in den zwölf Bezirken müssen sich auch zwei Jahre nach der Einführung der Arbeitsmarktreform-Gesetze täglich mit Widersprüchen von Erwerbslosen gegen die Hartz-IV-Bescheide auseinandersetzen. Dabei sind rund 40 Prozent der eingereichten Widersprüche erfolgreich, antwortete Sozialstaatssekretärin Kerstin Liebich auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Politikers Gregor Hoffmann. Nach Angaben Liebichs ist allein im vergangenen Jahr die Zahl der Widersprüche weiter um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Wie hoch die genaue Zahl der Beschwerdeführer unter den rund 210 900 Berliner Arbeitslosengeld-II-Empfängern ist, konnte die Staatssekretärin nicht sagen.

Eine von der Sozialbehörde durchgeführte Umfrage ergab, dass die Beschwerdeführer oft lange warten müssen, bis über ihren Widerspruch entschieden wird und so lange auch nicht mehr Geld als zugewiesen bekommen. In Spandau und Lichtenberg dauert die Bearbeitung durchschnittlich bis zu zehn Monate, in Charlottenburg-Wilmersdorf und Treptow-Köpenick zwischen fünf und sechs Monate und in Tempelhof-Schöneberg etwas mehr als vier Monate. In Neukölln sollen mehr als zwei Drittel der Widersprüche auch nach einem Vierteljahr noch nicht entschieden sein. Nur Steglitz-Zehlendorf und Marzahn-Hellersdorf arbeiten schneller: nach vier Wochen beziehungsweise nach acht bis zwölf Wochen dürfen Erwerbslose mit einer Antwort rechnen. In den Jobcentern werden eine Reihe von Gründen aufgeführt, warum eine hohe Zahl der Erwerbslosen mit ihren Beschwerden erfolgreich sind: komplexe Rechtsmaterie, Softwaremängel, intransparente Bescheide, häufige Gesetzesänderungen. Oft würden Fehler durch zu wenig oder nicht ausreichend qualifizierte Mitarbeiter entstehen.

Störanfällige Software

Der Sprecher des Sozialgerichtes, Michael Kanert, nannte gestern weitere Gründe - wie Formfehler und schlechte Beweislage der Jobcenter. Dabei bleibt es wohl: "Die Software ist nach wie vor störungsanfällig", so Kerstin Liebich. Nach Einschätzung der Beschäftigten der Jobcenter sei eine Verbesserung der Lage bisher nicht erreicht worden.

Wer mit seinem Widerspruch scheitert, kann vor dem Sozialgericht klagen. Das nutzen 16,5 Prozent der betroffenen Erwerbslosen. "Die Zeitbombe tickt, die Einsprüche gegen Hartz IV steigen und steigen", sagte Richter Kanert. Um der Verfahren Herr zu werden, sollen in diesem Jahr sieben neue Richter eingestellt werden. "Solange sich nichts an der Massenarbeitslosigkeit ändert, wird es Klagen gegen die Arbeitsmarktreformen geben", so Kanert.

Vergangenes Jahr gingen rund 26 000 neue Verfahren ein, davon allein rund 12 000 Klagen zu Hartz IV - so viele wie noch nie zuvor. (mm.)

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/618833.html

Kater

ZitatSozialgericht schneller als Jobcenter
Hartz IV: Erwerbslosen wird der Weg durch die Instanzen empfohlen
23.01.2007
Marlies Emmerich

Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die sich bei Jobcentern falsch, schlecht oder nicht schnell genug beraten fühlen, sollten auf jeden Fall vor das Sozialgericht ziehen. In einem internen Schreiben, das der Berliner Zeitung vorliegt, schreiben die Sozialrichter, dass sich die Tätigkeit der Jobcenter deutlich verbessert, "so bald ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren anhängig" sei. Dies würden mittlerweile auch Antragsteller und Anwälte wissen.

"Nicht nur in Einzelfällen" würden selbst Jobcenter-Beschäftigte auf das Sozialgericht verweisen. Nur so könne eine "beschleunigte Sachbearbeitung" erreicht werden, heißt es in dem bereits Anfang November vergangenen Jahres verfassten Brief. Die Sachbearbeitung würde dann praktisch vor Gericht beginnen. Die Richter wiederholen ihre Kritik an den Jobcentern. Demnach fehle es dort an qualifiziertem Personal, die Beschäftigten seien überlastet. "Bei persönlichen Vorsprachen gibt es lange Wartezeiten - der Weg in die Rechtsantragsstelle der Sozialgerichte ist deutlich effektiver", so die Richter. Beklagt wird auch, dass sie "ihre klar gefassten Beschlüsse" wegen mangelndem Rechtswissen im Nachhinein den Jobcenter-Beschäftigten erläutern müssten. Manchmal komme es dazu, dass gerichtliche Entscheidungen ignoriert würden.

Justizstaatssekretär Christoph Flügge hat diesen Bericht an die Senatssozial- und Wirtschaftsbehörde weitergeleitet. "Damit die Bescheid wissen", wie Justizsprecherin Juliane Baer-Henney sagte. In der für die Richter zuständigen Justizbehörde seien die Vorwürfe längst bekannt.

Michael Kanert, Sprecher des Sozialgerichtes, will sich zwar zu internen Briefen nicht äußern. Doch er sagte zugleich: "Wir haben öffentlich oft genug auf strukturelle Probleme der Jobcenter hingewiesen." Es sei bekannt, wie es aus Sicht des Gerichtes in den Jobcentern zu gehe. Wegen der kritischen Lage sei die Zahl der Richter seit der Einführung von Hartz IV vor rund zwei Jahren auf inzwischen 50 Richter vervierfacht worden.

Justizstaatssekretär Flügge spricht im Brief von der "außergewöhnlichen und dramatisch gestiegenen Belastungssituation" am Sozialgericht. Deshalb habe sich die Justizbehörde von den Sozialrichtern detailliert berichten lassen. Besondere Sorgen macht sich Flügge um interne Weisungen der Jobcenter an ihre Prozessvertreter, die wegen fälliger Rücksprachen mit der Leistungsstelle nur mit begrenzter Kompetenz handeln dürften. "Auch wenn die Eindrücke nicht ohne weiteres verallgemeinerungsfähig sind, halte ich diese Praxis für jedenfalls misslich", so Flügge. Noch schärfer reagiert er darauf, dass sich offenbar in einigen Jobcentern Beschäftigte aus Leistungsstellen weigern, von der Widerspruchsstelle bestätigte Einsprüche umzusetzen. Dies sei "rechtlich außerordentlich bedenklich". Die Richter sprachen von dadurch eigentlich überflüssigen Anträgen an das Gericht.

Die Wahlalternative soziale Gerechtigkeit (WASG), der das Schreiben ebenfalls zugespielt worden war, forderte einen runden Tisch aller Beteiligten. Vorstandsmitglied Michael Prütz sagte, alle Missstände müssten offen gelegt werden. Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) kündigte an, im März einen Sozialrichter zur üblichen Besprechung mit Sozialstadträten und den Jobcenter einzuladen. "Wegen der Eigenständigkeit der Jobcenter können wir sonst keinen Einfluss nehmen", sagte ihre Sprecherin Roswitha Steinbrenner.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2007/0123/lokales/0027/index.html

Kater

ZitatKnake-Werner: «Geburtsfehler» von «Hartz IV» wirken nach
Donnerstag 5. April 2007, 06:16 Uhr
 
Berlin (ddp-bln). Berlins Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei.PDS) hält die langen Wartezeiten bei der Bearbeitung von Widersprüchen gegen «Hartz IV»-Bescheide in den Jobcentern für nicht akzeptabel. Die Lage dürfe «nicht schön geredet werden», sagte Knake-Werner in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp. Den von der Opposition an ihre Adresse erhobenen Vorwurf der Untätigkeit wies sie jedoch nachdrücklich zurück.

Laut einer internen Statistik der Regionaldirektion für Arbeit dauert die Bearbeitung von Einsprüchen im Durchschnitt sieben Monate. In Einzelfällen vergingen bis zu zwei Jahre. Der Gesetzgeber hält sechs Monate für zulässig. Zugleich sind nach Angaben des Sozialgerichts rund 40 Prozent der angefochtenen Bescheide tatsächlich falsch. In Berlin beziehen rund 300 000 Menschen Arbeitslosengeld II.
Die Arbeitsverwaltung, die Jobcenter und die Regionaldirektion seien sich der Probleme durchaus bewusst und bemühten sich um Lösungen, sagte Knake-Werner. So werde in den kommenden Wochen eine weitere Qualifizierungsoffensive für die mehr als 4000 Mitarbeiter gestartet, um die Fehlerquote in den Bescheiden zu senken. Dabei sollen unter anderem Kenntnisse im Verwaltungsverfahrensrecht vermittelt werden.

Bei der Personalausstattung der Jobcenter sind Berlin nach Darstellung der Senatorin jedoch weitgehend «die Hände gebunden». Erst jetzt seien rund 90 Prozent der geplanten Stellen, für die vorrangig die Bundesagentur zuständig sei, besetzt. Sie habe sich zudem an Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) gewandt, damit zahlreiche befristete in dauerhafte Arbeitsverträge umgewandelt würden, sagte Knake-Werner. Dagegen erfülle Berlin seinen Landesanteil beim Personal von 12,6 Prozent und stelle auch zusätzliche Beschäftigte aus dem Stellenpool bereit, von denen jedoch nicht jeder für die Aufgabe geeignet sei.

Die «Geburtsfehler» des Anfang 2005 in Kraft getretenen Gesetzes wirkten bis heute nach, sagte Knake-Werner. Es sei in kurzer Zeit «gestrickt» und beschlossen worden. Als Folge habe es viele gesetzliche Änderungen gegeben. Auch die Rechtsprechung sei widersprüchlich. Zudem sei ein Großteil des Personals für die Jobcenter von der Bundesagentur aus ganz unterschiedlichen Bereichen rekrutiert worden, die nichts mit dem Sozialwesen zu tun hätten.

http://de.biz.yahoo.com/05042007/336/knake-werner-laquo-geburtsfehler-raquo-laquo-hartz-iv-raquo-wirken.html

Wilddieb Stuelpner

Warum stellt man die erhöhten Gerichts- Anwalts- und Personalkosten der Sozialgerichte nicht den Verfassern (z.B. der Bertelsmann-Stiftung, Unternehmensberatungen, INSM und Co.), den Bundestagsabgeordneten, die ihr Händchen für die Verabschiedung der Hartz-IV-Gesetze hoben und dem verantwortlichem Bundesminister für Arbeit und Asozialordnung samt seiner Beamtenbrut in Rechnung. Dann wäre die Kostenverteilung nach dem Verursacherprinzip für Murks-Gesetze, Murks-Verwaltungsordnungen und Murks-Sozialgerichtspraxis erfüllt.

So aber setzt man Klassenjustiz und ausbeuterisches Unternehmerrecht durch, denn in diesen Diensten stehen die Gerichte im Kapitalismus und beschneidet vorsätzlich Persönlichkeits- und Entscheidungsrechte sozial Schwacher.

Wie die Klinkenputzpraxisgebühr im Krankenversicherungsrecht werden die Klinkenputzgerichtsgebühren

a) eine sinnlose Zusatzbelastung und
b) eine gewollte Rechtsverhinderungspraxis

für rechtssuchende Arbeitslose werden. Der sozial schwache Mensch wird zur Ware, wie ein Stück Vieh behandelt.

Und da schwadroniert man in besoffener Weise im Bundestag, auf den Regierungsbänken und in den Selbstbeweihräucherungstalksendungen a la Sabine Christiansen von der Menschenwürde und vom freiheitlich-demokratischem Rechtsstaat.

Es stellen sich immer die Fragen:

Aus welchen sozialen Klassen und Schichten kommen die Parlamentarier und für wen verabschieden sie Gesetze?
Wer übt die ökonomische, politische, militärische und juristische Macht aus?

Aus der Klasse der Arbeiter, Angestellten und Bauern und aus der sozialen Schicht der Handwerker kommen die wenigsten Parlamentarier. Also ist der größte Teil der Bevölkerung mit seinen Interessen nicht vertreten und von der Machtausübung einer echten Volksdemokratie ausgeschlossen.

Nach Art. 14 GG ist das Privateigentum an Produktionsmitteln und damit die ökonomische Rechtsgrundlage der Machtausübung wie Ausbeutung durch die Großbourgeoisie ausdrücklich geschützt. Und das sind im Bundestag die Herren und Damen aus den Unternehmen, den Unternehmens- und Lobbyverbänden, den ihnen zu Diensten stehenden Berufsbeasmten und -juristen.

Also kann man weder von einer Volksdemokratie und noch weniger von Freiheit und Rechtsstaat sprechen. Es bleibt eine Diktatur des Kapitals, wo Politik gegen das Volk gemacht wird und es systematisch belogen, bestrogen, bestohlen und enteignet wird.

Wilddieb Stuelpner

ZitatAm Berliner Sozialgericht gehen jeden Monat hunderte Hartz-IV-Klagen ein. Die Menschen haben das Gefühl, Opfer eines ungerechten Systems zu sein
Sie haben nicht nur dieses Gefühl, sondern sie erhalten die Gewißheit, daß sie ausgebeutet und geschunden werden, genauso das sich rechtlich für unmündig erklärt werden. Es fängt schon in der Formulierung der Gesetze und Urteile an, die in Kanzleisprache verfaßt werden, wo der Normalbürger nur Bahnhof versteht.

Das erinnert mich an die Geheimsprache der Unternehmer beim Verfassen von Beurteilungen ihrer Mitarbeiter. So ein Umgang mit dem Menschen ist verlogen, hinterhältig, großkotzig und zynisch.

Man braucht nur mal im Arbeits- oder Sozialrecht zu klagen und sammelt seine Erfahrungen wie man um sein Recht gebracht wird, auch mit Hilfe der Gerichte. Da werden Verhandlungen grundlos vertagt und verschleppt mit dem Ziel, daß Ausschluß- und Verjährungsfristen einsetzen oder sich der Unternehmer in die Firmeninsolvenz flüchten kann, nachdem er die Firma an Frau, Verwandte oder Strohmänner verteilt hatte. Abgesetzen davon, daß man sich als Unternehmer von Haftungsansprüchen bei arbeitsvertraglichen Verletzungen weitestgehend freisprechen kann.

Was sind Insolvenzverwalter?

Eine andere Form von Bestatter, die Leichenfledderei an Firmen begehen und möglichst viel Rechnungen gegen die Insolvenzmasse legen, damit die Gläubiger möglichst wenig oder nichts von ihren ausstehenden Ansprüchen erhalten

Warum wohl können solche Leute zwischen AG, GmbH, GbR, OHG, AGa.A., KG etc. wählen?

Um Kunden und Belegschaft bestmöglich zu bescheißen und sich möglichst schnell redlich oder unredlich zu bereichern!

Wilddieb Stuelpner

Hartz IV ist die beste, lebenslange Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Beamte und Angestellte in der Arbeitslosenverwaltung und an den Gerichten.

Das wäre sehr schnell anders, wenn Unternehmer für Kündigungen in Haftung genommen würden, wenn sie verpflichtet wären, den Lebensunterhalt ihrer entlassenen Mitarbeiter bis zur Wiederaufnahme einer tariflich bezahlten Arbeit zu finanzieren. Unternehmer sind die Verursacher von Arbeitslosigkeit und schädigen existentiell ihre Entlassenen aus purer Profitgier.

Sie verstoßen ständig gegen ihr eigenes, erklärtes Verfassungsrecht Art. 14 Abs. 2 GG, wenn sie entlassen.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Deshalb gehören Produktionsmittel, Betriebe etc. in die Hände des Volkes.

Kater

ZitatHartz IV: Ende der Klagewelle nicht absehbar
Oft geht es im Sozialgericht um Untätigkeit der Jobcenter
18.07.2007

Von Monat zu Monat klettert beim Sozialgericht die Zahl der Erwerbslosen, die gegen die Jobcenter klagen, weiter nach oben. Mit 1 405 neu eingereichten Klagen ist im Juni 2007 ein neuer Negativrekord erreicht worden - es sind fast doppelt so viel Klagen wie vor eineinhalb Jahren Anfang Januar 2006. Kein anderes Sozialgericht in der Bundesrepublik muss sich mit so vielen Fällen auseinandersetzen wie das Gericht in Berlin und das benachbarte Sozialgericht in Potsdam. "Ein trauriger Umstand. Darin zeigt sich auch die große Rechtsunsicherheit", sagte gestern Sozialrichter Michael Kanert. Alle Fragen rund um Hartz IV seien so kompliziert wie das Steuerrecht. Gestern beispielsweise ging es um einen Erwerbslosen, dessen sechsjährige Tochter mit ihrer Mutter in Köln lebt. Das Jobcenter hatte zunächst nur ein einziges Mal eine Besuchsfahrt des Vaters kurzfristig bewilligt, später einen regelmäßigen Zuschuss für solche Reisen verweigert. Mitarbeiter des Jobcenters argumentierten, dass alle Auslagen mit der monatlichen Pauschale von 347 Euro abgegolten seien. Doch der Richter verwies auf ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichtes von Ende vergangenen Jahres. Demnach muss das Umgangsrecht eines Erziehungsberechtigten berücksichtigt werden und in diesem Falle das zuständige Bezirksamt Pankow mit eingeschaltet werden. Auch ohne Urteil konnten sich die Parteien einigen: Das Bezirksamt zahlt. Über die Höhe des Zuschusses wollen sich die Beteiligten außergerichtlich einigen - 83 Prozent aller Streitigkeiten enden mit ähnlichen Vergleichen. Oft geht es um Untätigkeit oder lange Bearbeitungszeit in den Jobcentern. In vielen anderen Fällen gibt es Streit um die von den Jobcentern zugebilligten Mietzuschüsse bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern. Unter 25-Jährige ohne Job dürfen normalerweise nicht aus der Wohnung ihrer Eltern ausziehen und sich eine eigene Wohnung mieten. Ein 20-Jähriger aber konnte sich vor Gericht durchsetzen, weil sein Vater Alkoholiker ist. Klassenfahrten werden bezahlt Eine 20-Jährige, die ebenfalls eine eigene Wohnung bezahlt haben wollte, verlor dagegen. Dem Argument, in der elterlichen kleinen Drei-Zimmer-Wohnung würde sie sich dauernd mit ihrer Schwester streiten, mochte das Gericht nicht folgen. Dank einem Urteil des Sozialgerichtes ist inzwischen aber klar, dass Behörden bei Kindern von Hartz-IV-Empfängern die Kosten von Klassenfahrten übernehmen müssen. Beim Sozialgericht rechnet keiner der 83 Richter damit, dass die Klagen nachlassen. Im Gegenteil: Bis Jahresende werden vermutlich mehr als 2 000 Verfahren mehr auflaufen als im Vorjahr. Allein 60 Richter beschäftigen sich mit Hartz IV. Die Arbeitsmarktsituation, so Kanert, habe sich bei Langzeitarbeitslosen nicht gebessert. Und die vielen Billigjobs würden geradezu zwangsläufig zu neuen Rechtsstreitigkeiten führen. Eher selten geht es um Beschwerden der Jobcenter - etwa Rückzahlungsforderungen: Kanert: "Es gibt keinen Generalverdacht gegen sozial Schwache."
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Mehr als 14 000 neue Verfahren Arbeitslosengeld II: In Berlin erhalten aktuell rund 215 000 Erwerbslose Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Sie sind länger als ein Jahr ohne Job. Klagen: Beim Sozialgericht sind allein dieses Jahr 14 126 neue Verfahren eingegangen - 7 742 wegen Hartz IV. Damit ist die Quote von Hartz-IV-Klagen seit 2006 von 45 auf 55 Prozent aller Rechtsstreitigkeiten gestiegen. Allein im Juni 2007 gingen 1 405 neue Klagen ein, fast doppelt so viele wie im Januar 2006 mit 748 Klagen. Gründe: Bei schätzungsweise einem Fünftel der Fälle geht es um Untätigkeit der Jobcenter oder um zu lange Bearbeitung. Viele Erwerbslose wollen auch höhere Mietzuschüsse durchsetzen.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2007/0718/lokales/0032/index.html

Kater

Zitat30 000 Beschwerden gegen Hartz IV
Jede zweite Klage beim Sozialgericht ist erfolgreich
Marlies Emmerich

Das Sozialgericht hat sich seit der Einführung von Hartz IV Anfang 2005 mit insgesamt 30 000 Beschwerden, Klagen oder einstweiligen Verfügungen auseinandersetzen müssen. Wie Gerichtssprecher Michael Kanert gestern sagte, hätten dabei die Erwerbslosen und Arbeitslosengeld-II-Empfänger in etwa jedem zweiten Fall zumindest einen Teilerfolg erzielen können.

Im 30 000. Fall hat eine Arbeitslose das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg verklagt. Die Frau will nach der Trennung von ihrem Mann mit ihrer siebenjährigen Tochter eine neue Wohnung beziehen. Die gewünschte Wohnung kostet 466,74 Euro. Für den Zwei-Personen-Haushalt möchte das Jobcenter aber nur eine Brutto-Warmmiete von 444 Euro übernehmen - ein Unterschied von 22,74 Euro. Ob die Erwerbslose ihre Forderung durchsetzen kann, ist offen. Das Gericht erwartet von der Behörde eine Stellungnahme zur Klage. "Das ist normal", sagte Kanert. Es werde etwa ein gutes halbes Jahr dauern, bis das Gericht eine Entscheidung trifft.

Die Verfahren wegen Hartz IV steigen seit 2005 kontinuierlich: Im ersten Jahr meldeten sich 6 950 Menschen, im Jahr darauf 11 894 neue Betroffene. Bis Mitte September dieses Jahres sind es schon mehr als 12 000 neue Verfahren. Meistens wird darüber gestritten, wie hoch eine vom Jobcenter bezahlte Miete sein darf. Beim Einkommen geht es oft um die Berücksichtigung von Frei- und Pauschalbeträgen oder um komplizierte Berechnungen bei Nebeneinkommen.

In Berlin mussten von Januar 2006 bis Ende August 2007 insgesamt 908 Familien oder Alleinstehende sich billigere Wohnungen suchen, weil die Jobcenter die Kosten nicht übernahmen. Davon mussten 492 in diesem Jahr umziehen, hieß es aus der Senatssozialverwaltung. In Berlin gibt es besondere Vorschriften mit gestaffelten Mietpreisen. Anders als bundesweit üblich bestehen zahlreiche Ausnahmeregelungen für Härtefälle.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/689026.html

Kater

Zitat2 000 Hartz-IV-Klagen im Monat
Neuer Höchststand am Sozialgericht / Andere Verfahren verzögern sich
Marlies Emmerich

Die Richter des Berliner Sozialgerichts an der Invalidenstraße müssen sich von Monat zu Monat mit mehr Klagen und Beschwerden zur Arbeitsmarktreform auseinandersetzen. Im vergangenen Monat hat Deutschlands größtes Sozialgericht wieder einen traurigen Rekord erreicht: Mit genau 2 051 neu eingereichten Klagen und Eilanträgen sind mehr Beschwerden als je zuvor in einem Monat gegen Hartz IV abgegeben worden.

Besondere Situation

Dass der Anstieg an Hartz-IV-Anträgen in diesen Herbst- und Wintermonaten so dramatisch ausfällt, führt Gerichtssprecher Michael Kanert vor allem darauf zurück, dass immer mehr Arbeitslosengeld-II-Empfänger sich mit den Jobcentern über die Höhe der Miete streiten. Kanert verwies darauf, dass im Sozialgesetzbuch festgelegt ist, dass die Behörden eine "angemessene Miete" übernehmen und zahlen müssten. Es fehlten jedoch bis heute klare Vorgaben, nach welchen Kriterien diese "Angemessenheit" errechnet werden solle. Über diese ungenauen Vorgaben wird in anderen Bundesländern seit langem juristisch gestritten. Dass das Berliner Sozialgericht sich erst jetzt vermehrt mit Klagen beschäftigen muss, hat vor allem mit der besonderen Berliner Situation zu tun: Anders als bundesweit üblich hatte das Land Berlin Hartz-IV-Empfängern zunächst eine lange Übergangsfrist bis Mitte vergangenen Jahres eingeräumt, um entweder ihre Miete etwa durch Untervermietung zu senken oder sich eine billigere Unterkunft zu suchen. Außerdem bestehen zahlreiche Ausnahmeregelungen für Härtefälle wie Schwerbehinderte und Alleinerziehende. Statt nach Quadratmetern berechnet das Land Berlin gestaffelte Mietpreise je nach Familiengröße.

Die liberale Praxis wirkt sich aus: In Berlin mussten von Januar 2006 bis Ende August 2007 insgesamt 953 Familien oder Alleinstehende sich eine billigere Unterkunft suchen, weil die Jobcenter Kosten nicht übernahmen. 537 sind bis Ende September in diesem Jahr umgezogen. Aktuellere Zahlen hat die Sozialverwaltung nicht.

Neben der Miethöhe führt der Gerichtssprecher weitere Konflikte an, die die Anzahl der Hartz-IV-Klagen steigen lässt. So wollen Arbeitslosengeld-II-Empfänger Sanktionen, die die Jobcenter verhängen, nicht widerspruchslos hinnehmen. Betroffene akzeptieren den Vorwurf nicht, dass sie sich zu wenig um Arbeit kümmerten. Oft geht es bei Gericht darum, ob und in welcher Höhe Mini-Jobs auf Arbeitslosengeld II angerechnet werden.

Die Sozialrichter leiden unter den täglich wachsenden Aktenbergen. Von den insgesamt 80 eingesetzten Richtern setzen sich laut Kanert allein 52 nur mit Fragen rund um Hartz IV auseinander. Diese wiederum beschäftigen sich im Schnitt jeweils mit knapp 400 Fällen. Trotz der Belastung können die Sozialrichter eine gute Bilanz vorweisen: Seit Anfang dieses Jahres sind 11 164 Hartz-IV-Fälle erledigt worden. "Wir sind bundesweit Spitze", sagt dazu Kanert.

Wie der Sprecher sagt, hat die hohe Zahl der Hartz-IV-Verfahren Konsequenzen für andere Arbeitsbereiche des Gerichts. "Rentner oder Unfallopfer, mit deren Klagen sich Sozialgerichte auch beschäftigen, müssen länger warten", so Kanert. Nur Eilanträge würden binnen weniger Tage erledigt.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/701606.html

ZitatGerichtsrekord
Verfahren: Die neuen Verfahren beim Sozialgericht sind im Oktober auf 3 028 angestiegen. Etwa zwei Drittel - 2 051 - beziehen sich auf Hartz IV. Noch nie sind in einem Monat so viele Klagen wegen Hartz IV eingegangen. Von Januar bis Oktober dieses Jahres sind fast 15 000 Klagen und Eilanträge beim Gericht eingegangen.

Dauer: Die Dauer von Hauptverfahren rund um Hartz IV ist laut Gericht von ursprünglich einem halben Jahr auf inzwischen zehn bis zwölf Monate angestiegen.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/701604.html

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