Leiharbeiter, Fahrtkosten und die Steuererklärung - Interessantes Urteil

Begonnen von dagobert, 12:12:05 So. 22.Januar 2017

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dagobert

ZitatBetrieb des Entleihers keine erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers

Leitsätze:
1. Die Zuweisung des Leiharbeitsgebers, "bis auf Weiteres" in einer betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig zu sein, kann nicht als unbefristet i. S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alt. EStG 2014 angesehen werden (entgegen BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014, IV C 5-S 2353/14/10002, BStBl I 2014, 1412, Tz. 13).

2. Es kann dahinstehen, ob eine Umsetzung/Versetzung eines dauerhaft beschäftigten Arbeitnehmers "bis auf Weiteres" zu einem anderen Betriebsteil, Werk, Zweigstelle etc. seines Arbeitgebers oder Dritten dazu führt, dass dieser dort unbefristet und damit dauerhaft i. S. des § 9 Abs. 4 EStG 2014 tätig ist. Bei Leiharbeitnehmern verbietet sich jedenfalls aufgrund der Befristung des Leiharbeitsverhältnisses und der vertraglich vereinbarten - jederzeitigen - Flexibilität (wie im Streitfall ggf. bundesweit) eine derartige Betrachtung.

3. Eine Zuordnung für die Dauer des Dienstverhältnisses (§ 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alt. EStG 2014) ist bei befristeten Leiharbeitsverhältnissen nur ausnahmsweise für den Fall denkbar, dass die Zuordnung für die gesamte Dauer zu einem bestimmten Betrieb des Entleihers bereits bei Beginn des Leiharbeitsverhältnisses bzw. der jeweiligen Verlängerung - für den Leiharbeitnehmer erkennbar - feststeht.

4. Fehlt es an einer gesetzlich geforderten Dauerhaftigkeit der Zuordnung zu einem Entleihbetrieb i.S. der gesetzlichen Fiktionen des § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG 2014, kommt eine Einordnung als erste Tätigkeitsstätte auch bei Erfüllen der quantitativen Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG 2014 nicht in Betracht.

5. Arbeitsrechtliche Besonderheiten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes: "vorrübergehend") legen nahe, dass bei Leiharbeitsverhältnissen bereits aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht von einer dauerhaften Zuordnung zu einem Entleihbetrieb ausgegangen werden kann. Ist arbeitsrechtlich eine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb gesetzlich untersagt und folgt das Steuerrecht - was diese Zuordnungsfrage betrifft - dem Arbeitsrecht, kann sich auch steuerrechtlich keine dauerhafte Zuordnung ergeben, die zu einer ersten Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers führt.
Volltext: Niedersächsisches Finanzgericht 9. Senat, Urteil vom 30.11.2016, 9 K 130/16

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"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

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