Tauschringe kurzer rechtlicher Überblick

Begonnen von Hajo, 12:39:54 So. 28.März 2004

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Hajo

Das Recht zu tauschen
Stefan Purwin    

Aus: "Ohne Moos geht’s los - Tauschringe in Deutschland", Sept. 1998
Hrsg: Kreuzberger Tauschring, Netzwerk Selbsthilfe

Tauschringe in Deutschland sind neu. Sie sind anders. Da soll auf einmal etwas, was unter Freunden üblich und auf dem Dorf auch heute noch Gang und Gäbe ist, in einer größeren Nachbarschaft möglich werden, der Tausch ohne Geld. Dieser Tausch von Dienstleistungen in Taler, Prinzen, Kreuzer, Peanuts, Tiden u.s.w., basiert auf Vertrauen und kann nicht vor Gericht eingeklagt werden. Wie soll das denn nun in irgendeine Schublade passen, geschweige den in unser Rechtssystem? Unsicherheit macht sich breit, wenn einmal etwas nicht geregelt ist.

Ist es denn nun Schwarzarbeit, wenn ich meinem Nachbarn das Fahrrad repariere? Muß ich den Haarschnitt, den ich meiner Nachbarin verpaßt habe, in meiner Steuererklärung angeben? Wird es mir künftig von der Sozialhilfe abgezogen, wenn ich für jemanden einkaufen gehe? Muß ich mich gar in die Handwerksrolle eintragen lassen, wenn ich das Zimmer eines Nachbarn tapeziere?

Die Debatte im vergangenen Jahr um die rechtliche Einordnung der Tauschringe ist leise geworden, hat aber Spuren der Verunsicherung hinterlassen. Dabei hat es zahlreiche positive Verlautbarungen gegeben. Die hessischen SozialamtsleiterInnen entschieden im November 1996, Tauschleistungen nicht auf den regelmäßigen Sozialhilfebezug anzurechnen. Auch die Berliner Sozialämter und die Sprecherin des Berliner Landesarbeitsamtes fühlen sich vom Tauschhandel nicht berührt, wie eine Nachfrage der Zeitung "Tagesspiegel" ergab. Ebenso ist der Besteuerungsansatz für Tauschleistungen aus den Haushaltsansätzen des Bundes für die Jahre 1997/98 ersatzlos gestrichen. Die Antworten von Regierungsstellen und PolitikerInnen auf die Forderungen in den Wahlprüfsteinen, die die Arbeitsgemeinschaft bundesdeutsche Tauschsysteme aufgestellt hat, sind ebenfalls ermutigend. So folgt die Staatskanzlei in Berlin unserer nachfolgenden rechtlichen Bewertung bezüglich der Verfügbarkeitsregelung (SGB III) und der Steuern.
Entwarnung also? Die Arbeitsgemeinschaft bundesdeutsche Tauschsysteme fordert zur Rechtssicherheit und Verbindlichkeit für alle örtlichen Behörden und zur Verhinderung von zeit- und kostenaufwendigen Einzelprüfungen Verordnungen, daß private Tauschring-TeilnehmerInnen explizit von einer Anrechnung auf Sozialleistungen ausgenommen sind (siehe Kapitel "Politische Forderunen"). So lange dies nicht geschehen ist, wird es weiterhin diese Verunsicherungen und die Abhängigkeit von den jeweiligen SachbearbeiterInnen vor Ort geben und so lange sind die nachstehenden Ausführungen wichtig für eine Lobbyarbeit und eventuellen Rechtfertigungen einzelner Tauschringe oder TeilnehmerInnen gegenüber Behörden.

Ausschlaggebend für die rechtliche Bewertung ist der Unterschied zwischen gewerblichen Tauschaktivitäten im Rahmen eines angemeldeten Gewerbes und Tauschaktivitäten privater Mitglieder als Form der organisierten Nachbarschaftshilfe.

Nachbarschaftshilfe ist keine Schwarzarbeit

Tauschringe sind in der Regel lokal auf die Nachbarschaft, auf einen begrenzten Sozialraum, ausgerichtet. Die räumliche Nähe kann die gleiche Straße, der gleiche Stadtteil, die Gemeinde oder auch eine Region sein. Abgesehen von den praktischen Gründen, daß sich der Tausch über größere Entfernungen wegen der langen Wege schlechter organisieren läßt, liegt die Motivation zu dieser lokalen Beschränkung im ideellen Wert der Nachbarschaftshilfe.

Die Nachbarschaft stellt zusammen mit Familie, Verwandtschaft und Freunden ein soziales Netzwerk dar. Die Förderung der Nachbarschaftshilfe ist eines der Ziele von Tauschringen.
Nachbarschaftshilfe und bürgerschaftliches Engagement ist gesellschaftlich sinnvoll und gewollt, so daß sie grundsätzlich steuer- und versicherungsfrei ist. Schwarzarbeit liegt daher auch nicht vor, wenn es sich um Nachbarschaftshilfe, Gefälligkeiten oder Selbsthilfe im Wohnungsbau handelt (§1 Abs. 3 Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit).

Was Nachbarschaftshilfe ist, wird in diesem Gesetz nicht definiert. Es gibt aber Kriterien dafür, die Herr Dr. Marschall, Ministerialrat im Bundesministerium für Arbeit und Soziales in seinem Buch "Bekämpfung illegaler Beschäftigung" zur Erläuterung dieses Gesetzes beschreibt:
"Nachbarschaftshilfe ist...die gegenseitige Unterstützung zwischen Nachbarn...Dabei sind Nachbarn einmal die Personen, die in räumlich enger Beziehung zueinander wohnen, also Zimmernachbarn, Wohnungsnachbarn, Hausnachbarn, aber auch die innerhalb einer Straße, eines Wohnblocks oder eines überschaubaren kleinen Stadtviertels gemeinsam wohnenden Personen. Über diese "Nachbarn" im engeren Wortsinne hinaus, werden im Rahmen der Auslegung der Vorschriften über die Nachbarschaftshilfe auch die Angehörigen einer gemeinsamen Familie als Nachbarn angesehen, sowie die Angehörigen eines örtlichen Vereins oder einer örtlichen Gesellschaft.

Beispiele:

Der Maler A streicht die Wohnung des Elektrikers B im Nachbarhaus. B repariert dafür elektrische Leitungen in der Wohnung des A.
Der Stukkateur C aus Hamburg bessert die Decke in der Wohnung seines in Frankfurt lebenden Vaters D aus.

E ist Mitglied eines Schützenvereins. Er richtet eine Scheune im Anwesen des Schützenkönigs als Festraum her.

In allen Fällen liegt Nachbarschaftshilfe vor.

Nachbarschaftshilfe wird meistens unentgeltlich geleistet. Wird ein Entgelt gewährt, so liegt es meistens in der Gegenseitigkeit, mit der von dem durch die Nachbarschaftshilfe Begünstigten wiederum Nachbarschaftshilfe geleistet wird. Jedoch gehört Unentgeltlichkeit nicht zwingend zum Begriff der Nachbarschaftshilfe. Auch bei Zahlung eines Entgelts kann Nachbarschaftshilfe vorliegen."

Anrechnung auf Sozialhilfe?

Die Ziele des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und die der Tauschringe überschneiden sich in einem Punkt: Unabhängigkeit von der Sozialhilfe. Tauschringe eröffnen zumindest den Weg in die Richtung, da die erweiterte Handlungskompetenz aktiviert und Selbstverantwortung gefördert wird. Dennoch wurde die Frage aufgeworfen, ob Tauscheinnahmen auf Sozialhilfe angerechnet werden könnten. Die Bundesregierung hat hier auf den Einzelfall verwiesen.
EmpfängerInnen von Sozialhilfe müssen ihr Einkommen zur Bedarfsdeckung einsetzen. Einkommen im Sinne des BSHG sind nur tatsächliche, "alsbald realisierbare Zuflüsse in Geld oder Geldeswert". Als Einkommen werden Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten wie selbständiger und unselbständiger Arbeit, Land- oder Forstwirtschaft berücksichtigt. Einkünfte sind dabei die um die notwendigen Ausgaben bereinigten Netto-Einkommen.

Der Einkommensbegriff im BSHG lehnt sich also weitgehend dem im Einkommensteuerrecht an. Danach müßte auch hier eine Gewinnerzielungsabsicht mit dem Tauschhandel verbunden sein, also die Absicht positive Einkünfte zu erzielen. Tauschringe und deren private TeilnehmerInnen sind aber i.d.R. nicht gewinnorientiert, da sie - besonders bei Zeitorientierung - nicht mehr Verrechnungseinheiten einnehmen als sie einsetzen. Bei Tauscheinnahmen aus einer gewerblichen oder selbständigen Arbeit müßten diese aus einer nachhaltigen Tätigkeit hervorgehen. Die Kriterien dazu werden von den privaten Tauschring-TeilnehmerInnen i.d.R. nicht erfüllt (siehe unten, zu Steuerrecht).

Darüber hinaus sprechen folgende Punkte gegen eine Bewertung von Tauschleistungen als Einkommen im Sinne des BSHG :
·   Die Verrechnungseinheiten der Tauschringe stellen kein universelles Zahlungsmittel dar. Leistungen und Gegenleistungen werden lediglich innerhalb des begrenzten Kreises der Mitglieder eines Tauschringes ausgetauscht.

·   Der Tausch basiert auf Vertrauen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine Gegenleistung. Es ist nicht gewährleistet, daß eine Gegenleistung erfolgt.

·   Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung ist unklar, welche Gegenleistung zu erwarten ist. Soll Einkommen nach dem BSHG angerechnet werden, muß es sog. "Bedarfsidentität" aufweisen. Es kann also nur Einkommen angerechnet werden, daß zu Deckung des ‘Bedarfs’ bestimmt ist.

Sozialhilfe wird gewährt als laufende Hilfe oder einmalige Hilfen zum Lebensunterhalt. Der notwendige Lebensunterhalt umfaßt insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege Hausrat, Heizung, und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Für die laufende Hilfe wird als Regelbedarf ein pauschaler Geldbetrag gewährt (Regelsatz).
Lediglich die erhaltenen Waren und Dienstleistungen, die zu diesem Bedarf gehören, könnten als Einkommen gewertet werden, die eingenommenen Tauscheinheiten selbst nicht. Das Sozialamt müßte dann jede einzelne Tauschaktion dahingehend bewerten, ob eine Bedarfsidentität besteht. Solche Einzelprüfungen werden inzwischen durch weitgehende Pauschalierungen vermieden.

Wird etwas eingetauscht, was über diesen Bedarf hinausgeht (z.B. Mikrowelle oder Massage, Fahrradreparaturen, Gesangs- oder Musikunterricht), darf es nicht als Einkommen angerechnet werden. Die meisten Tauschaktionen dienen aber nicht der Deckung des Bedarfs. Sie zielen auf eine Verbesserung der Lebensqualität.
Hinzu kommt, daß Sachmittel bzw. Materialeinsatz ohnehin in DM verrechnet werden, lediglich die Arbeitszeit wird gegen Verrechnungseinheit eingetauscht. Erhält z.B. ein/e SozialhilfeempfängerIn Renovierungshilfe vom einem anderen Tauschringmitglied, fallen die Materialkosten i.d.R. in DM an, während die Hilfeleistung über die Verrechnungseinheit abgegolten wird. SozialhilfeempfängerInnen müssen ohnehin solche Arbeiten in Selbsthilfe organisieren, sofern sie dazu in der Lage sind. Einmalige Leistungen zum Lebensunterhalt können natürlich beim Sozialamt nicht mehr beantragt werden, wenn sie durch Tauschleistungen bereits abgedeckt wurden (z.B. Hausrat).

·   Die Mitglieder eines Tauschringes können ferner nicht davon ausgehen, im gleichen Zeitraum die entsprechende Gegenleistung zu erhalten, in dem ihnen die Sozialhilfe zufließt. Die Verrechnungseinheiten sind zunächst fiktive Einnahmen und somit kein Einkommen im Sinne des BSHG. "Einkommen im Sinne des § 76 BSHG sind nur tatsächliche Zuflüsse in Geld oder Geldeswert. Nicht alsbald realisierbare Ansprüche sind dagegen kein Einkommen (BVerwG 31,100).

·   Geringwertige Leistungen wie kleine Geschenke oder Dienste im Rahmen der Nachbarschaftshilfe werden nicht als Einkommen im Sinne des BSHG gewertet. Sie müßten einen "finanziellen Marktwert" haben, d.h. sie müßten sonst mit Geld erworben werden. Nicht-professionelle bzw. nicht-gewerbliche Dienstleistungen (z.B. Haarschnitt von Bekannten) wird aber üblicherweise nicht mit Geld vergütet.

·   Bei Tauschringen mit Zeitverrechnung ist die Ermittlung eines Marktwertes sehr schwierig, da sich die Verrechnungseinheit nicht an den Marktpreisen in DM orientiert.

·   Tauschen als neue Form von Freiwilligem Sozialem Engagement:

Bei einer Zielsetzung des Tauschrings zur Verbesserung der Nachbarschaftshilfe, der Kontakte und der Selbsthilfe sind nicht nur die Arbeiten der OrganisatorInnen eines Tauschringes ehrenamtlicher Arbeit gleichzusetzen, sondern auch die aller TeilnehmerInnen. Sie bewirken mit ihrem Tausch eine Verringerung der Isolation und das Knüpfen eines sozialen Netzes. Die erhaltenen Verrechnungseinheiten könnten wegen ihres ideellen Wertes analog den Aufwandsentschädigungen gewertet, die nicht von der Sozialhilfe abgezogen werden können.

·   Getauschte Waren und Dienstleistungen könnten auch als "Zuwendung Dritter" gewertet werden, die nicht angerechnet werden, wenn sie wie in Tauschringen ohne rechtliche oder sittliche Verpflichtung erbracht werden oder eine besondere Härte vorliegt (z.B. wenn die Zuwendung durch Arbeit verdient wurde).

Arbeitsförderung

Jüngste Verlautbarungen aus dem Hause Jagoda ließen Freie Träger und Freiwilligenagenturen aufhorchen. Trotz des neuen SGB III sollen ehrenamtliche Tätigkeiten ein Kriterium für die Verfügbarkeit einer arbeitslosen Person sein. Das würde bedeuten, wer mehr als 15 Stunden pro Woche ehrenamtlich tätig ist oder mit Tauschaktivität verbringt, verliert sämtliche Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder -hilfe.
Von Dr. Alexander Gagel wurden in seinem Gesetzeskommentar bereits zum alten AFG "Tätigkeiten, die nicht unmittelbar Erwerbszwecken, sondern ideellen oder religiösen Zwecken dienen (z.B. die ehrenamtliche Tätigkeit in einem Verein) oder aus Liebhaberei geschehen (Hobbytätigkeiten)" von der Verfügbarkeitsregelung ausgenommen, weil diese "regelmäßig auch von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern in erheblichem Umfang ausgeübt" werden und "der Arbeitslose sie jederzeit einschränken oder ganz aufgeben kann". Die Rechtsprechung hat die Verfügbarkeitsregelung jedoch restriktiv ausgelegt. Zum Zeitpunkt des üblichen Posteinganges hatten alle arbeitslosen Personen zuhause zu sein. Sie mußten täglich die Möglichkeit haben, das Arbeitsamt sofort aufzusuchen. Dies schloß sämtliche Tätigkeiten im Rahmen kultureller, sportlicher, karitativer und sonstiger Interessen aus.

"Diese Rechtsprechung dürfte sich aufgrund der (neuen) Formulierungen in den §§ 118, 119 SGB III nicht mehr aufrecht erhalten lassen", schreibt Thomas Bubek, Richter am Sozialgericht Freiburg. "Der Gesetzgeber hat die bisher geltende strenge Residenzpflicht aufgebenen....Sie können sich jetzt also auch an einem anderen Ort als Ihrem Wohnort aufhalten und beispielsweise eine andere zuverlässige Person beauftragen, täglich ihre Post zu überwachen und Sie erforderlichenfalls (z.B.: telefonisch oder per fax) sofort zu informieren. Ist dies sichergestellt und halten Sie sich in ortsnaher Entfernung auf, die es zuläßt, zeitnah zu reagieren, ist Ihre Verfügbarkeit nicht beeinträchtigt." Die Berliner Staatskanzlei bestätigt für Berlin-Brandenburg, daß private, nachbarschaftliche Tauschaktivitäten nicht in Konflikt stehen mit der sog. "Verfügbarkeitsregelung".

Bestimmte Tätigkeiten, wie die Teilnahme an Trainingsmaßnahmen, Maßnahmen der Berufsfindung oder auch das Erbringen gemeinnütziger Leistungen, schließen die Verfügbarkeit nicht aus. Sie werden im §120 SGB III explizit genannt. Wie die Rechtsprechung dies auslegen wird, bleibt abzuwarten.

Steuern auf Tauschleistungen?

Zur Besteuerung gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die kleine Anfrage der Grünen keine abschließende generelle Bewertung aller Tauschaktionen ab, sondern macht dies jeweils vom Einzelfall abhängig. Sie geht davon aus, daß es sich bei den TauschpartnerInnen in der Regel nicht um Gewerbetreibende handelt, da keine Gewinnerzielungsabsicht vorhanden ist. Tauschaktionen sind keine auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit. Selbst bei minimalem Gewinn würden sie als Bagatelltätigkeiten betrachtet.

Sollten jedoch die Voraussetzungen für ein Gewerbe gegeben sein, "muß den Anforderungen der Gewerbeordnung und der Handwerksordnung Rechnung getragen werden (z.B. Eintragung in die Handwerksrolle). Wegen der Vielzahl denkbarer Ausgestaltungen bleibt dies jedoch einer Einzelfallprüfung der zuständigen Behörden überlassen." Die meisten Verrechnungseinheiten sind als Zeiteinheiten nicht konvertierbar in die Landeswährung. Bei Gewerbebetrieben als Mitglieder in einem Tauschring gilt dann aber immer noch die Kleinunternehmerregelung, nach der der Betrieb umsatzsteuerfrei ist, wenn der Jahresumsatz nicht 32.500 DM übersteigt.

Auch bei der Einkommensteuer hält sich die Bundesregierung zurück. Sie trennt Erwerbssphäre und Privatsphäre. Erwerbseinkünfte sind gekennzeichnet durch "die entgeltliche Verwertung von Leistungen ... am Markt" und durch eine selbständige nachhaltige Betätigung mit dem "Abzielen auf positive Einkünfte durch eine unter eine Einkunftart fallende Leistung" (selbständige Arbeit, nichtselbständige Arbeit, Kapitalvermögen, Gewerbebetrieb etc.).

Kriterien für die Nachhaltigkeit müssen allesamt gleichzeitig erfüllt sein: mehrjährige, auf Wiederholung angelegte Tätigkeit, planmäßiges Handeln, Beteiligung am Markt, Auftreten wie ein Händler, Unterhalten eines Geschäftslokales etc. Sie treffen für die privaten Mitglieder in Tauschringen i.d.R. nicht zu. Tauschringmitglieder gehen demnach weder einer selbständigen noch einer gewerblichen Tätigkeit nach.
Der Besteuerungsansatz für Tauschleistungen wurde folgerichtig aus den Haushaltsansätzen des Bundes für die Jahre 1997/98 ersatzlos gestrichen..

Um die bestehenden Unsicherheiten abzubauen, fordert die Arbeitsgemeinschaft bundesdeutscher Tauschsysteme auch hier eine deklaratorische Ausnahme privater Tauschringmitglieder von Besteuerung sowie eine Steuerfreiheit für Gewerbebetriebe in Tauschringen im Rahmen einer Experimentierphase (z.B.10 Jahre) zur Stärkung der Lokalen Ökonomie und zur Regionalförderung. Sollten Steuern erhoben werden, sind diese in der Verrechnungseinheit lokal und gemeinwesenorientiert einzusetzen. Um das Entwicklungspotential der Tauschringe nutzen und künftig erweitern zu können, sollten Hindernisse vermieden bzw. abgebaut werden.

Haftpflichtversicherung

In den meisten Teilnahmebedingungen ist festgehalten, daß die Tauschenden für die Tauschaktionen selbst verantwortlich sind und der Tauschring keinerlei Haftung übernimmt. Geht bei einer Tauschaktion etwas zu Bruch, zahlt aber auch die private Haftpflichtversicherung in der Regel nicht, da der Tausch meist im Auftrag erledigt wird. Ob die Tauschringzentrale eine Gruppenhaftpflicht oder Gruppenunfallversicherung für alle ihre Mitglieder abschließen kann, ist aufgrund der schwierigen Risikoabwägung durch die Vielfalt unterschiedlicher Tauschaktionen fraglich.

Eine andere Möglichkeit: Die Zeitbörse Werra-Meißner denkt momentan über eine interne Absicherung in ihrer lokalen Verrechnungseinheit nach.

Bankengesetze

Konflikte mit der Bankengesetzgebung sind bei den Tauschringen nicht zu erwarten und werden deshalb nur kurz erwähnt.

Zwischen den Tauschring-TeilnehmerInnen und dem Tauschring können keine schuldrechtlichen Ansprüche geltend gemacht werden, es besteht kein Anspruch auf Auszahlung des Tauschguthabens in DM. Das Kreditwesengesetz bleibt dadurch unberührt.

Auch das Bundesbankgesetz findet keine Anwendung, da die Tauschringe in Deutschland keine Geldscheine oder Noten ausgeben. Die Guthaben werden lediglich auf Konten gebucht. Sollten dennoch Gutscheine ausgegeben werden, müssen sie eindeutig als Gutschein erkennbar und deklariert sein.

Datenschutz

Der Umgang mit den Daten der TeilnehmerInnen ist nicht nur eine rechtliche Frage, sondern berührt ganz entscheidend das Vertrauensverhältnis innerhalb eines Tauschringes.
Viele Tauschringe erheben zur Mitgliederverwaltung und auch als Vertrauensschutzmaßnahme persönliche Daten wie Adresse, Telefonnummer, Geburtstag und -ort. Darüber hinaus veröffentlichen viele Tauschringe den Kontostand und die Anzahl der Tauschaktionen beispielsweise in der Tauschzeitung.

Es sollte auf jeden Fall sichergestellt werden, daß die TeilnehmerInnen davon wissen, damit einverstanden sind und ihre Einwilligung schriftlich, z.B. in der Beitrittserklärung, bekunden. Diese Daten sollten dann auch nur innerhalb des Tauschringes öffentlich sein. Wird eine öffentliche Zeitung zur Verbreitung von Tauschangeboten genutzt, sollten die persönlichen Daten codiert werden.

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