Zur Angemessenheit von Beiträgen zu einer Familienhaftpflich

Begonnen von Hajo, 15:47:20 Mi. 28.April 2004

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Hajo

§§ 12, 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG

Zur Angemessenheit von Beiträgen zu einer Familienhaftpflichtversicherung im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. 12.2001-12 A 5824/00


1.   Kosten   für   eine   private   Haftpflichtversicherung
zählen nicht zum notwendigen Lebensunterhalt im
Sinne des § 12 BSHG.

2.   Eine Prämie für eine Familienhaftpflichtversiche
rung ist jedoch ein dem Grunde nach angemessener
Beitrag zur privaten Versicherung im Sinne des § 76
Abs. 2 Nr. 3 BSHG.

3.   Dies gilt auch, wenn die Versicherung erst während
des Bezugs von Sozialhilfe abgeschlossen wurde.

Aus den Gründen:

Den Berufungsklägern steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung weiterer laufender Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 5. 9. 1996 bis zum 31. 7. 1997 unter anteiliger Berücksichtigung des Jahresbetrages von 120,80 DM für die Haftpflichtversicherung bei der H. zu.

Das VG hat zutreffend die Kosten einer privaten Haftpflichtversicherung nicht als notwendigen Lebensunterhalt im Sinne von § 12 BSHG angesehen (L). Die Berufungskläger haben jedoch deshalb einen Anspruch auf die Gewährung weiterer laufender Hilfe zum Lebensunterhalt, weil die Prämie für die streitbefangene Haftpflichtversicherung nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG von dem Einkommen des Klägers zu 2. und'der Klägerin zu 1. abzusetzen war (II.).

I. Der erkennende Senat schließt sich der vom VG angeführten gefestigten Rechtsprechung an, wonach die Kos- ten einer privaten Haftpflichtversicherung nicht zum notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des § 12 BSHG gehören.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24.1.1991 - 24 A 1316/99 -und vom 28.4. 1999 - 24 A 482/97 -; Mergler/Zink, BSHG, 4. Aufl., Stand März 2001, § 12 BSHG Rdnr. 30 a m. w. N.

Angesichts detaillierter Regelungen zur Übernahme von Kranken-und Pflegeversicherungsbeiträgen (vgl. § 13 BSHG) sowie von Kosten zur Erfüllung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine angemessene Alterssicherung oder auf ein angemessenes Sterbegeld (vgl. § 14 BSHG) bedürfte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, um Anderes annehmen zu können.

II. Die Berufungskläger können sich mit Erfolg auf § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG berufen. Die danach vorzunehmende Absetzung des Beitrags zu einer privaten Versicherung von dem Einkommen scheidet nicht von vornherein dann aus, wenn die Versicherung erst während laufender Sozialhilfeleistungen abgeschlossen wird (L).

A.A. OVG NRW, Urteile vom 24. 6. 1991 - 24 A 1316/89 -
und vom 28.4.1999 - 24 A 482/97 -.

Die Prämie für die streitbefangene Haftpflichtversicherung ist ein dem Grund und der Höhe nach angemessener Beitrag zu einer privaten Versicherung im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG (2.).

1.   Das vorliegende Verfahren bietet keinen Anhaltspunkt,
etwas  Anderes  anzunehmen,  als  der erkennende  Senat
bereits in seiner Entscheidung vom 11.7.2001 - 12 A
2727/00 -, ZFSH/SGB 2001, 658, ausgeführt hat. Danach
lässt es sich aus dem Wortlaut und aus der Entstehungs
geschichte des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG nicht ableiten und
scheidet nach der inneren Systematik des Bundessozialhil-
fegesetzes endgültig die Möglichkeit aus, Beiträge für eine
erst während des Bezugs von Sozialhilfe abgeschlossene
Versicherung als nicht angemessen zu bezeichnen und al
lein schon deshalb von der Absetzung vom Einkommen
auszunehmen.

2.   Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom
11.7.2001 - 12 A 2727/00 -, a.a.O., ferner ausgeführt,
dass mangels Möglichkeit,  ausschließlich auf den Zeit
punkt des Abschlusses einer Versicherung abzustellen, der
klärungsbedürftige Begriff der Angemessenheit im Sinne
von § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG aus der inneren Systema
tik des § 76 BSHG sowie aus dem Sinn und Zweck der
Vorschrift unter Berücksichtigung der dem Sozialhilferecht
insgesamt innewohnenden, namentlich in § l BSHG näher
bestimmten Zielsetzungen zu entwickeln ist. Er hat sich da
bei die Ausführungen des früher für das Sozialhilferecht
zuständigen 8. Senats des Gerichts zu eigen gemacht.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.2.1998 - 8 A 2498/94 -, Juris.

So ist zu fragen, ob die Versicherung auch unabhängig vor ihren Kosten einen vernünftigen oder jedenfalls nachvollziehbaren Zweck verfolgt (a). Weiter erscheint es als sach gerecht, den Begriff der Angemessenheit dem Grunde nach auf Vorsorgemaßnahmen zu begrenzen, die zumindest unter dem Blickwinkel der Daseinsvorsorge von einem vernünftig und vorausschauend planenden Bürger, der kein überzogenes Sicherheitsbedürfnis hat, als ratsam eingestuft werden (b). Dem Zweck, das in § 2 Abs. l BSHG formulierte grundlegende Prinzip des Nachrangs der Sozialhilfe zu konkretisieren, entspricht grundsätzlich eine Beschränkung des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG, soweit es um nicht gesetzlich vorgeschriebene Versicherungsbeiträge geht, auf Vorsorgeaufwendungen, die - wie etwa betriebliche Unfall- oder Invaliditätsversicherungen - eine der gesetzlichen Sozialversicherung vergleichbare Bedeutung für die grundlegende Daseinsvorsorge haben, einen engen Bezug zur Erwerbstätigkeit und den damit einhergehenden erhöhten Risiken aufweisen und einen bescheidenen Rahmen nicht überschreiten. Ausnahmsweise - insoweit sind die Kriterien zu § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG aus Anlass des vorliegenden Verfahrens weiter zu konkretisieren - ist der enge Bezug zur Erwerbstätigkeit dann entbehrlich, wenn mit der streitbefangenen Versicherung Risiken abgedeckt werden, die nach Art und Bedeutung gleich zu achten sind (c). Speziell im Hinblick auf freiwillige Versicherungen bedeutet der Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze des Sozialhilferechts schließlich, dass die bezweckte Sicherung ein nennenswerter Beitrag zur Erlangung und Beibehaltung einer eigenständigen, vom dauerhaften Sozialhilfebezug unabhängigen wirtschaftlichen Stellung sein muss (d) und dass sie auch nach der Höhe (allenfalls) dem entspricht, was ein in bescheidenen Verhältnissen lebender, aber nicht sozialhilfebedürftiger Bürger in einer ansonsten vergleichbaren Lage für sinnvoll und tragbar erachten würde (e). Dabei geben die individuellen Verhältnisse des Hilfe Suchenden und nicht in erster Linie verallgemeinernde Sichtweisen den Ausschlag (f).

Danach erweist sich die hier streitbefangene Prämie als nach Grund und Höhe angemessen im Sinne von § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG.

a)   Bei zwei minderjährigen Kindern eine Familienhaft
pflichtversicherung abzuschließen, bedeutet, einen nach
vollziehbaren, vernünftigen Zweck zu verfolgen. Es ist
offensichtlich - und bedarf deshalb keiner weiteren Erläute
rungen - vernünftig, für den Ersatz von Schäden, die ins
besondere durch mangelnde Vorsicht beim Spielen von
Kindern oder Jugendlichen oder durch Unachtsamkeit im
Verkehr verschuldet werden, durch den Abschluss einer
Haftpflichtversicherung vorzusorgen.

b)   Der Abschluss einer Familienhaftpflichtversicherung, in
die zwei minderjährige Kinder einbezogen sind, stellt sich
auch als eine Vorsorgemaßnahme dar, die unter dem Blick
winkel der Daseinsvorsorge von einem vernünftig und vor
ausschauend planenden Bürger, der kein überzogenes Si
cherheitsbedürfnis hat, als ratsam eingestuft wird.
Hierbei sind keine Erhebungen über die Zahl und die Umstände abgeschlossener Haftpflichtversicherungsverträge heranzuziehen. Vielmehr ist auf ein objektives Verständnis des »vernünftig und vorausschauend planenden Bürgers, der kein überzogenes Sicherheitsbedürfnis hat« abzustellen Durch den Abschluss einer Versicherung Vorkehrungen gegen Schulden aus Haftpflichtschäden zu treffen, d. h. gegen Schulden, für die der Schuldner keinen Gegenwert erlangt und die bereits bei nur geringer Unachtsamkeit oder lediglich für kürzeste Zeit fehlender Vorsicht entstehen können, liegt nicht außerhalb der Daseinsvorsorge des nach den genannten Kriterien vorgehenden Bürgers. In der heutigen Zeit können sog. »ruinöse« Schäden, d. h. Schäden, die nicht mehr oder nur über einen langen Zeitraum hin aus eigenen Mitteln zu ersetzen sind, bereits auf Grund kleinster Ursachen entstehen.

Vgl. BGH, Urteil vom 4. 6. 1980 - IVb ZR 514/80 -, BGHZ
77, 224 (228).

Bei diesem Verständnis des »ruinösen« Schadens, den gleichwohl auszugleichen insbesondere dann ein Bedürfnis ist, wenn ihn Personen aus dem unmittelbaren sozialen Umfeld erleiden (etwa aus der Verwandtschaft, Nachbarschaft, in der Schule, auf der Arbeitsstelle), fällt der Abschluss der Haftpflichtversicherung aus der Daseinsvorsorge nicht bereits deshalb heraus, weil Schadenssummen in sprichwörtlich »schwindelerregender« Höhe glücklicherweise - wie sich schon an der vergleichsweise geringen Höhe der Beiträge für eine Familienhaftpflichtversicherung ablesen lässt - noch immer (versicherungsmathematisch gesehen) eher selten anfallen. Selbst um geringere Schadenshöhen nicht aus eigenen Mitteln tragen zu müssen, wird ein vernünftig und vorausschauend planender Bürger vorsorglich eine Haftpflichtversicherung abschließen, ohne dass ihm deshalb ein überzogenes Sicherheitsbedürfnis vorzuhalten wäre. Auch einen nur geringen Schaden zu ersetzen bedeutete eine Belastung des Familienlebens. Der für den Schaden aufzubringende Betrag fehlte nämlich in der Haushaltskasse, so dass der Schaden mittelbar jedes Familienmitglied träfe, was bereits bei durchschnittlichem, erst recht aber bei geringerem Einkommen den Familienfrieden stören könnte.
Schließlich gereicht den Berufungsklägern auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge der Abschluss der Versicherung erst während des laufenden Sozialhilfebezugs zum Nachteil. Die Versicherung ist für Familien wie die des Klägers zu 2. grundsätzlich besonders ratsam, weil die Wahrscheinlichkeit, einen Schaden zu verursachen, bei einer mehrköpfigen Familie mit insbesondere noch minderjährigen Kindern grundsätzlich höher ist als z. B. bei einem Erwachsenen. Besteht in einer solchen Konstellation gleichwohl kein Versicherungsschutz, würde ein vernünftiger und vorausschauend planender Bürger jedenfalls dann die Versicherung abschließen, wenn er sich seines Risikos durch besondere Ereignisse bewusst wird. Solche besonderen Ereignisse sind vorliegend in Gestalt der vom Beklagten nicht bestrittenen Vorfälle betreffend die Kläger zu 3. und 4. eingetreten, die - vom Beklagten ebenfalls nicht bezweifelt -den Kläger zu 2. veranlassten, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.

c) Der Absetzbarkeit der Beiträge steht nicht entgegen, dass die gesetzliche Haftpflicht einer Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebs, Berufes, Dienstes oder Amtes (auch Ehrenamtes), (vgl. die hier geltenden Versicherungsbedingungen der
Haftpflichtversicherung, ...), versichert ist und diese Versicherung gerade keinen engen Bezug zur Erwerbstätigkeit und den damit einhergehenden erhöhten Risiken aufweist. Die Absetzbarkeit nur bei engen Bezügen zur Erwerbstätigkeit rechtfertigt sich aus rechtssystematischen Gründen, um ein zu weitgehendes »Herausfallen« der freiwillig entrichteten Versicherungsbeiträge aus dem Zusammenhang der übrigen durch § 76 Abs. 2 BSHG geschonten Aufwendungen zu vermeiden. Denn nach § 76 Abs. 2 Nrn. l, 2 und 4 BSHG sind allein mehr oder weniger unausweichliche finanzielle Belastungen von Erwerbstätigen absetzbar (vgl. Nr. 1: auf das Einkommen entrichtete Steuern / Nr. 2: Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung /Nr. 4: die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben).

Auch ohne den engen Bezug zur Erwerbstätigkeit fällt die Familienhaftpflichtversicherung nicht zu weit aus dem Zusammenhang der übrigen durch § 76 Abs. 2 BSHG berücksichtigten Risiken heraus. Sie hat nämlich zumindest bei Familien mit minderjährigen Kindern nach Art und Bedeutung des versicherten Risikos eine vergleichbare Bedeutung für die grundlegende Daseinsvorsorge. Schulden zu vermeiden gehört im Rahmen der Vermögenssorge zu der in § 1626 Abs. l BGB geregelten Pflicht der Eltern, für das minderjährige Kind zu sorgen.

Vgl. BHG, Urteil vom 4. 6. 1980 - IVb ZR 514/80 - a. a. O. (227); Diederichsen in Palandt, BGB, 61. Aufl. 2001, § 1626 Rdnr.21.
d) Die mit dem Abschluss einer Familienhaftpflichtversicherung bezweckte Sicherung ist auch ein nennenswerter Beitrag zur Erlangung und Beibehaltung einer eigenständigen, vom dauerhaften Sozialhilfebezug unabhängigen wirtschaftlichen Stellung.

Aus der Begrenzung des Zwecks jeglicher Sozialhilfegewährung auf die Ermöglichung eines der Würde des Menschen entsprechenden Lebens (vgl. § l Abs. 2 Satz l BSHG), aus dem grundsätzlichen Anliegen, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben (vgl. § l Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. BSHG), und schließlich aus der Verpflichtung des Hilfe Suchenden zu der ihm individuell möglichen Mitwirkung bei dieser Selbsthilfe (vgl. § l Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. und § 2 Abs. l BSHG), folgt, dass solche Aufwendungen im Rahmen der Einkommensanrechnung nach § 76 BSHG frei zu bleiben haben, die einerseits dem Streben nach einer möglichst weitgehenden Unabhängigkeit von Sozialhilfe zu dienen bestimmt und geeignet sind, ohne auf der anderen Seite über das Ziel einer elementaren Hilfe in der Not hinauszuweisen. Der Beitrag für die Familienhaftpflichtversicherung der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen.

Allerdings würde der Beklagte als Sozialhilfeträger bei einem Schadensfall voraussichtlich konkret messbar nur in ganz geringem Umfang hinsichtlich der Berufungsklä,ger entlastet, wenn eine Familienhaftpflichtversicherung einträte. Die Schadensersatzansprüche, denen sich der nicht haftpflichtversicherte Schuldner in vollem Umfang ausgesetzt sähe, müsste der Sozialhilfeträger nicht übernehmen. Bestünde also ohne Versicherung keine Belastung, könn-
te der Abschluss einer Versicherung schon deshalb keine Entlastung versprechen.

Die Berufungskläger stünden bei einem Schadensfall voraussichtlich auch nicht in der Gefahr, schuldenfreies Eigentum an einem angemessenen Hausgrundstück im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG zu verlieren. Eine solche Immobilie unterläge bei der Beitreibung der Schadensersatzforderung nicht einem Vollstreckungsschutz, weshalb bei Eintritt einer Haftpflichtversicherung für den Schaden der Sozialhilfeträger davon verschont bliebe, deutlich höhere Unterkunftskosten aufbringen zu müssen. Ausgehend von den jetzigen Lebensumständen der Kläger besteht indes keine größere Wahrscheinlichkeit für den Erwerb schuldenfreien Eigentums an einem angemessenen Hausgrundstück.
Über das Verbot der sog. »Kahlpfändung« ist ferner gesetzlich sichergestellt, dass der sozialhilferechtliche Bedarf eines Schuldners, d. h. hier auch der Berufungskläger, trotz Pfändung gedeckt ist. Eine ganz geringe Entlastung des Sozialhilfeträgers käme lediglich dann in Betracht, wenn er bei einem Bedarf an einmaligen Leistungen zunächst darlehensweise Sozialhilfe zu gewähren hätte, bevor über eine entsprechende Anhebung des pfändungsfreien Betrages die sukzessive Ablösung der Hilfeleistung erfolgte (vgl. § 850 f ZPO).

Der erkennende Senat lässt schließlich für den geforderten nennenswerten Beitrag zur Erlangung und Beibehaltung einer eigenständigen, vom dauerhaften Sozialhilfebezug unabhängigen wirtschaftlichen Stellung nicht die Aussicht genügen, mit Abschluss der Haftpflichtversicherung in Fällen »ruinöser« Schäden regelmäßig den Geschädigten aus der Gefahr zu ziehen, Sozialhilfeleistungen beanspruchen zu müssen, wenn die Schulden mangels Leistungsfähigkeit des Schuldners nicht beitreibbar sind.

Als nennenswerter Beitrag zur Erlangung und Beibehaltung einer eigenständigen, vom dauerhaften Sozialhilfebezug unabhängigen wirtschaftlichen Stellung genügt es aber, wenn mit dem Abschluss einer Familienhaftpflichtversicherung für die Familienangehörigen die Möglichkeit weitestgehend ausgeschlossen wird, den Weg in ein von der Sozialhilfe unabhängiges Leben durch den Eintritt eines »ruinösen« Schadens langfristig, wenn nicht lebenslang zu versperren. Im Falle eines »ruinösen« Schadens würden insbesondere die Kläger zu 3. und 4. in der Sozialhilfe »festgehalten«. Bei einer allenfalls in geringer Höhe möglichen Tilgung der Schulden und in Ansehung der deshalb anfallenden Zinsen könnten die Kläger zu 3. und 4. von Beginn ihrer beruflichen Entwicklung an noch nicht einmal über einen geringen Betrag ihres Einkommens frei verfügen, weshalb ihr - gerade wegen des jugendlichen Alters noch besonders zu förderndes - Selbsthilfestreben eine empfindliche Einbuße erlitte, wenn nicht sogar gänzlich erlahmte. In Ansehung »ruinöser« Schulden verstärkt aufkommende Schuldzuweisungen gefährdeten den Zusammenhalt der Familie, deren Kräfte zur Selbsthilfe anzuregen sind (vgl. § 7 BSHG).

e) Der Beitrag für die Familienhaftpflichtversicherung entspricht auch nach der Höhe dem, was ein in bescheidenen Verhältnissen lebender, aber nicht sozialhilfebedürftiger Bürger in einer ansonsten vergleichbaren Lage für sinnvoll und tragbar erachten würde. Dabei kommt es erneut nicht darauf an, wie sich die Vergleichsgruppe tatsächlich verhält. Entscheidend ist allein, ob der Beitrag objektiv sinnvoll und tragbar ist. In Ansehung des zur Versicherung von vier Personen lediglich aufzubringenden Betrags von 120,80DM jährlich, d. h. von ca. 2,50 DM pro Person und Monat sind hinsichtlich der Tragbarkeit des Betrages Bedenken weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. In Ansehung der mitversicherten zwei minderjährigen Kinder und der Pflegebedürftigkeit ihres Vaters, die jedenfalls abstrakt geeignet ist, die Aufsicht über die Kinder nachhaltig zu erschweren, würde ein nicht sozialhilfebedürftiger Bürger in einer ansonsten vergleichbaren Lage den Abschluss der Familienhaftpflichtversicherung auch als sinnvoll erachten.

f) Schließlich ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die streitbefangene Prämie wegen der individuellen Verhältnisse der Berufungskläger nicht angemessen ist.

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