BA-Vorstand will Zweiklassensystem bei Hartz IV

Begonnen von Kater, 16:24:46 So. 12.Juli 2009

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Kater

ZitatBA-Vorstand will Zweiklassensystem bei Hartz IV

Die Zahl der Arbeitslosen wird dieses Jahr noch kräftig ansteigen. Bürger aus der Mittelschicht wird es diesmal mit voller Wucht treffen. Sie haben jahrelang in die Sozialkassen eingezahlt und sollten daher dauerhaft gegenüber denen privilegiert werden, die ihr Leben lang nur von Transferleistungen gelebt haben.

Angesichts der zu erwartenden Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt plädiert Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, dafür, manche Hartz-IV-Empfänger zu privilegieren. ,,Ich befürchte, dass im kommenden Jahr die Zahl derer steigt, die in die Sozialkassen eingezahlt haben und dennoch in das Hartz IV System übergehen", sagte Alt dem Nachrichtenportal WELT ONLINE.

Das führe ,,aus Sicht der Betroffenen zu einem Gerechtigkeitsproblem, ihre Lebensleistung sollte anerkannt werden. Sie sollten im System in irgendeiner Form dauerhaft privilegiert werden gegenüber denjenigen, die ihr Leben lang Transferleistungen bezogen haben", fordert Alt. Bisher bekommen Arbeitslose, die aus der Arbeitslosenversicherung in Hartz IV wechseln, nur zwei Jahre lang einen Zuschlag.

Noch ist der Arbeitsmarkt weitestgehend verschont geblieben von der Krise, weil die Unternehmen massiv Kurzarbeit in Anspruch nehmen. 1,4 Millionen Beschäftigte arbeiten laut Schätzungen der BA derzeit kurz. Doch Experten rechnen damit, dass spätestens im Herbst die Arbeitslosenzahlen steigen werden.

Wenn diese Arbeitslosengeld-II-Empfänger nach zwölf Monaten keinen Job gefunden haben, werden sie in das Hartz-IV-System abrutschen. Die Bundesagentur erwartet im kommenden Jahr insgesamt 750.000 neue Arbeitslose im Jahresdurchschnitt – 450.000 davon sollen dann auf Hartz IV angewiesen sein.

Betroffen sein werden dann auch viele, die gut qualifiziert sind und oft lange Jahre kräftig in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, weil sie etwa als Facharbeiter in der Metallindustrie verhältnismäßig gut verdient haben.

Es sind nun auch diese Mitglieder der Mittelschicht, die sich in den kommenden Monaten Sorgen um den Arbeitsplatz machen und oft erstmals sich mit dem Gedanken vertraut machen müssen, zum Hartz-IV-Empfänger zu werden. Bisher betreut die Grundsicherung vor allem Unqualifizierte aus eher niedrigen Einkommensschichten. Experten sehen die Reformvorschläge kritisch. Mit einem Zweiklassensystem bei Hartz IV ,,drehe man die Hartz-Reformen zurück", sagt Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

,,Damit würde dem Vorruhestand wieder Tür und Angel geöffnet", sagt der Experte, denn es entspreche schlicht der Verlängerung des Arbeitslosengeldes I, für manche ehemalige Versicherungskunden den Hartz-IV-Regelsatz aufzustocken. ,,Die Arbeitsanreize werden dann falsch gesetzt". Zudem sieht er eine ,,völlige Aushöhlung des derzeitigen Versicherungsgedankens". Es handele sich bei der Arbeitslosenversicherung um eine Versicherung, die im Schadensfall ,,wie eine Feuerwehr einspringt", und nicht eine Kapitalversicherung, die sich nach der Höhe der Einzahlung richte. Die Kosten würden beträchtlich sein, warnt Brenke.

Im Wahlkampf werden die zu erwartenden neuen Arbeitslosen, die oft auch über gut ausgestattete Sparbücher verfügen dürften, bereits umworben. SPD und Union haben in ihr Wahlprogramm die Erhöhung der Schonvermögen aufgenommen, also der Summe, die bei der Berechnung der Hartz-IV-Leistungen unangetastet bleibt. BA-Vorstand Alt findet das richtig: ,,Die Schonvermögen anzuheben, ist eine richtige Idee, um Altersarmut zu vermeiden", sagt er.

Auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) kommt Unterstützung: Es sei ,,notwendig, die Hartz IV-Regelungen zu entschärfen", sagt Annelie Buntenbach, Vorsitzende des Verwaltungsrates der BA und DGB-Vorstandsmitglied dem Nachrichtenportal WELT ONLINE. Die Regelungen zum Schonvermögen müssten verbessert werden. ,,Der Freibetrag von 150 Euro pro Lebensjahr ist viel zu niedrig. Auch bei den Älteren sollte der Freibetrag von 520 Euro pro Jahr generell für alle ab 60 Jahren gelten". Bisher ist die Ausnahmeregelung nur für die Jahrgänge gültig, die vor 1949 geboren wurden. Es müsse sichergestellt sein, dass die ,,Älteren in Würde in Rente gehen können, auch wenn sie vorher arbeitslos werden", sagte Buntenbach.

BA-Vorstandsmitglied Alt sieht aber auch Reformbedarf, mit dem man Kosten sparen könnte: Er würde gerne die Anreizstrukturen bei den Wohnkosten verändern. ,,Wir beobachten, dass sich die Wohnkosten in Richtung der Mietobergrenze bewegen. Man könnte die Kosten der Unterkunft pauschalieren, damit jeder Leistungsempfänger einen Anreiz hat, günstig zu wohnen", fordert Alt.

Bisher werden die Wohnkosten bis zu einer Obergrenze übernommen – findet man eine billigere Wohnung, hat man jedoch keinen Vorteil davon. ,,Die Pauschale muss natürlich lokal definiert werden". Alt zufolge würde sich das das auch positiv auf die Integrationschancen in den Arbeitsmarkt auswirken. ,,Wer preiswert wohnt, hat einen höheren Anreiz, auch eine Arbeit mit niedrigerem Lohn anzunehmen", sagt er.

Damit die Hartz-IV-Empfänger gut betreut werden, wenn die Krise sich 2010 stärker auf den Arbeitsmarkt auswirkt, fordert Alt die künftige Bundesregierung dazu auf, die Reform der Arbeitsgemeinschaften schnell anzugehen. ,,Angela Merkel hat kürzlich gesagt, dass sie die Neuorganisation der Arbeitsgemeinschaften noch in diesem Jahr anstrebt. Das ist richtig, da bin ich voll bei der Kanzlerin", sagt Alt. ,,Die Krise wird die Arbeitslosenversicherung, aber auch das gesamte Hartz IV-System im kommenden Jahr besonders stark belasten", sagt auch Annelie Buntenbach.

Das Verfassungsgericht hatte geurteilt, dass die Mischverwaltung bei der gemeinsamen Betreuung der Hartz-IV-Empfänger von BA und Kommunen unzulässig sei – noch konnte sich die Bundesregierung auf keine Reform einigen. Die Fluktuationsquote beim Personal liegt bei 25 Prozent. Das, so DGB-Vorstandsmitglied Buntenbach, liege an der ungeklärten Situation und wirke sich letztlich negativ auf die Perspektiven von Langzeitarbeitslosen aus.

Weder die Leistungsempfänger noch die Arbeitgeber könnten ein dauerhaftes Vertrauensverhältnis zu ihnen aufbauen, bemängelt Alt. Sein Ausblick ist eher pessimistisch:,,In der Krise wird es für die Kunden der Grundsicherung besonders schwierig werden, einen Arbeitsplatz zu finden, das merken wir jetzt schon".

http://www.welt.de/wirtschaft/article4105275/BA-Vorstand-will-Zweiklassensystem-bei-Hartz-IV.html#

Workless

ZitatMan könnte die Kosten der Unterkunft pauschalieren, damit jeder Leistungsempfänger einen Anreiz hat, günstig zu wohnen", fordert Alt.
Arbeit gibt es wie Sand am Meer. Wer arbeiten will, findet auch Arbeit. Und günstige Wohnungen, gerade in der geforderten Größe natürlich auch.
Es liegt also nur am nicht vorhandenen Willen der Arbeitslosen.
Jaja...

ZitatAngesichts der zu erwartenden Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt plädiert Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, dafür, manche Hartz-IV-Empfänger zu privilegieren. ,,Ich befürchte, dass im kommenden Jahr die Zahl derer steigt, die in die Sozialkassen eingezahlt haben und dennoch in das Hartz IV System übergehen", sagte Alt dem Nachrichtenportal WELT ONLINE.

Das führe ,,aus Sicht der Betroffenen zu einem Gerechtigkeitsproblem, ihre Lebensleistung sollte anerkannt werden.

Befürchtet man etwa, dass die Leute, die sonst Beifall geklatscht haben, weil sie ja eh nie von Hartz IV betroffen sein würden, jetzt vielleicht doch dieses menschenunwürdige System erleben dürfen und aufwachen?

Irrlichtprojektor

In meinen Augen ist das von Alt, Volksverhetzung und purer Rassismus! Punkt!

Wilddieb Stuelpner

Zitat von: Irrlichtprojektor am 22:28:23 So. 12.Juli 2009
In meinen Augen ist das von Alt, Volksverhetzung und purer Rassismus! Punkt!

Die gleiche Einstellung und das gleiche Verhalten wie Clement, Gerster, Sarrazin, Thießen, Dr. Lindner, Mißfelder und Co. Es wird taktiert für die Unternehmerparteien max. Wahlkampfstimmen zu kassieren, danach jagd man dieses mittelständische Wahlvieh in Hartz IV.

MizuNoOto


Es war doch schon seit Monaten abzusehen. Ich zitiere mich mal selbst, was nach Eitelkeit aussieht, aber nur Faulheit ist.

chefduzen: Die Zeit: warum HArtz IV nach der Wahl abgeschafft wird.

Zitat
Unabhängig davon, wie Hartz IV weiterreformiert wird (als nächstes könnten die Ein-Euro-Jobs wegfallen). Die HArtz-Reformen haben tiefgreifende Veränderungen ausgelöst, die sich nicht einfach so wieder rückgängig machen lassen. Der Spiegel schreibt: "Mit Hartz IV wollte man zwei Dinge verändern: das System und den Menschen...Wie es aussieht, lässt sich das System leichter verändern". Damit hat er recht, was aber auch bedeutet: Ein Gesetz über eine andere soziale Absicherung läßt sich innerhalb von 6 Wochen verabscheiden. Dann ist es Wirklichkeit. Aber zehn Jahre Hetze gegen Sozialschmarotzer, Unterschichtsdebatten auf allen Kanälen... Tief Internalisierte Werturteile und Ängste vor sozialem Abstieg... Das Schwinden der Freizeit, die gestiegene Bereitschaft ständig zu arbeiten...
Die Medizinisierung der sozialen Frage. Mal wieder. Diesmal nicht sozialhygenisch sondern v. a. psychiatrisch (s. Spiegel, Mobilitätsanforderung löst Ängste aus).
Das alles läßt sich nicht einfach so wieder rückgängig machen. Die Dehumanisierung ist vorangeschritten und wir müssen damit leben.

Deshalb ist, unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl (die Linke wird die absolute Mehrheit wohl nicht errreichen), auch nicht mit einer strukturellen Änderung der Grundsicherung zu rechnen. Bestimmt gibt es Veränderungen, die als hin zu mehr Sozialstaat bejubelt werden. Wahrscheinlich werden die Grundsicherungen, wie die Zeit schreibt, stärker als Sozialversicherungsleistung ausgebaut. "Gute" Arbeitslose, die längere Zeit einen Arbeitsplatz hatten, werden priveligiert. Hartz hat tatsächlich mehr Gleichheit geschaffen. Das wird sich ändern. "Ist es gerecht, dass jemand, der 30 Jahre gearbeitet hat, soviel kriegt wie jemand, der noch nie gearbeitet hat?". Dieser rethorischen Frage werden viele zustimmen. Es mag geboten sein, jemanden nicht nach einem Jahr in Armut zu stürzen. Aber, s. Strombolis Kommentar, Menschen, die früher gleich nach der Ausbildung einen Arbeitsplatz gekriegt haben, verdanken dies der Gnade der früheren Geburt, und keiner charakterlichen Überlegenheit, die in dem Rüttgers/Pispers/Sommer-Zitat mitschwingt.
Wenn es einen Trend hin zu mehr Sozialstaat geben wird, dann nur für die "guten". Langzeitarbeitslose, chronisch Kranke, Behinderte, Asylanten müssen leider draußen bleiben.

Wahlgeschenke gibts eben nur für die Gruppen, die wählen. 6,5 Mio Niedriglöhner, 5 Mio Arbeitslose, 2 Mio Sozialhilfeempfänger, x Mio mit Rente knapp über der Grundsicherung... Aber gewählt wird schwarz-gelb.

Tante Maria

Armutszeugnis Deutschland.Man sollte sich an die Franzosen ein Beispiel nehmen.Die setzen sich zur Wehr.Die kämpfen.Der deutsche aber wartet wohl ,bis der deutsche Staat total am Ende ist. >:(ich schäme mich deutsche zu sein).Man kämpft hier nur alle.Solidarität ist für den deutschen ein Fremdwort.
Es lebe der Franzose.

BakuRock

Zitat von: Tante Maria am 00:29:00 Di. 14.Juli 2009
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Solidarität ist für den deutschen ein Fremdwort.
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Nein - siehe hier: http://prekba.blogsport.de/
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Jürgen67

Zitat von: Tante Maria am 00:29:00 Di. 14.Juli 2009
Armutszeugnis Deutschland.Man sollte sich an die Franzosen ein Beispiel nehmen.Die setzen sich zur Wehr.Die kämpfen.Der deutsche aber wartet wohl ,bis der deutsche Staat total am Ende ist. >:(ich schäme mich deutsche zu sein).Man kämpft hier nur alle.Solidarität ist für den deutschen ein Fremdwort.
Es lebe der Franzose.



Deutsche bekämpfen Ausländer und Sozial schwache lieber als das sie gegen ihre Herren und Ausbeuter kämpfen würden.

Nach unten treten und nach oben buckeln.

So ist eben das Deutsch Pack.

Traurig aber wahr!

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