Boris Vian: "Le Déserteur"

Begonnen von Kater, 11:33:18 Mi. 24.Juni 2009

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Kater

ZitatVor 50 Jahren starb der Chansonsänger Boris Vian

"Herr Präsident, ich werde desertieren"
Er war Schriftsteller, Jazz-Trompeter, Sänger und vor allem ein Provokateur. Mit seinem Chanson "Le Déserteur" sorgte er Anfang der fünfziger Jahre in Frankreich für einen Skandal: Die Regierung ließ das Lied verbieten. Heute vor 50 Jahren starb Boris Vian.

Von Christoph Wöß, BR-Hörfunkkorrespondent Paris

"Herr Präsident, ich schreibe Ihnen einen Brief. Ich habe eben meine Militärpapiere erhalten, um noch vor Mittwochabend in den Krieg zu ziehen. Herr Präsident, ich bin nicht auf der Erde, um arme Leute umzubringen. Mein Entschluss ist gefasst: Ich werde desertieren."

So lautet der Text des Chansons "Le déserteur" - mit diesem Lied ist der Skandal perfekt. Anfang der fünfziger Jahre kämpft Frankreich an zwei Fronten: In Algerien und in Indochina. Ausgerechnet an dem Tag, an dem die Franzosen die entscheidende Schlacht in Dien Bien Phu verlieren, erscheint das Lied, in dem Boris Vian zur Fahnenflucht aufruft. Das Chanson wird augenblicklich verboten, die Schallplatte eingezogen, der staatliche französische Rundfunk boykottiert den Déserteur. Einen Nestbeschmutzer schimpft man Boris Vian, dessen Karriere kurz nach dem Krieg in den Jazzkneipen von Saint Germain begonnen hat.

Sartre spannte ihm die Frau aus
Mit seiner kleinen Taschentrompete tritt Vian schon während der deutschen Besatzung fast jeden Abend auf. Dass die Nazis Jazz verboten haben, schert ihn nicht - im Gegenteil: Er fungiert als französischer Verbindungsmann für Duke Ellington und Miles Davis, schreibt Kritiken für Jazz-Zeitschriften, inspiriert Serge Gainsbourg zum Musikmachen, beeindruckt Jean-Paul Sartre. Und auch Vian ist von dem Existenzialisten fasziniert - allerdings nur, bis der ihm die Frau ausspannt.

Die Liebe und die mit ihr verbundenen Probleme sind neben der Politik das zweite große Thema von Vian - ob als Schauspieler in Roger Vadims "Gefährlichen Liebschaften" neben Jeanne Moreau und Jean-Louis Trintignant, ob als Autor von mehr als 400 Gedichten und elf Romanen. Sein "Ecume des Jours" ("Der Schaum der Tage") wird in den sechziger und siebziger Jahren zum Kultbuch einer Generation.

Musizieren trotz ärztlichen Verbots
Es gibt nur zwei Dinge, schreibt Vian im Vorwort: die Liebe in allen Spielarten - und die Musik von Duke Ellington. Für seinen geliebten Jazz riskiert Vian sogar seine Gesundheit - er spielt weiterhin Trompete, obwohl ihm der Arzt wegen einer Herzschwäche davon abgeraten hat.

Mit 39 Jahren stirbt Vian am 23. Juni 1959. Erst später merken viele Franzosen, was sie an ihm hatten. Pünktlich zu seinem fünfzigsten Todestag zollt ihm die aktuelle französische Musikszene auf einer Doppel-CD Tribut - mit dabei: Jane Birkin und Carla Bruni.

Dem Mann, der vor über einem Vierteljahrhundert mit dem fiktiven Brief eines Deserteurs an den Präsidenten die Vierte Republik erschütterte, huldigt heute die Gattin des Präsidenten. Man wüsste zu gern, was Boris Vian - der das französische Establishment zeitlebens aufs Korn genommen hat - dazu gesagt hätte.

http://www.tagesschau.de/ausland/borisvian100.html

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