Zeitarbeit in München

Begonnen von Carmen, 19:10:20 Do. 08.April 2004

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Carmen

Hi,
ich weiss aus eigener leidvoller Erfahrung, wie ätzend Zeitarbeit ist, habe ich Mitte der 90er mal gemacht und mir damals geschworen: NIE WIEDER! Doch die Zeiten haben sich bekanntlich geändert. Wie sehen Eure Erfahrungen gegenwärtig mit Zeitarbeit aus? Ich weiss, dass man selbst für einen Zeitarbeitsjob heute schon dankbar sein muss. Aber bei welchen Firmen in München heisst es: Finger weg! und lieber zum AA marschieren? Stehe gerade vor dieser Entscheidung und ich weiss nicht, vor welchem Weg mir mehr graut.

Kennt jemand von Euch eine seriöse Zeitarbeitsfirma in München??????

Herzlichen Dank für Eure Hilfe.
Anna

Basti

Hi Carmen,

ich war schon bei einigen Zeitarbeitfirmen in München beschäftigt und hatte noch nie bei einer solchen Firma den Eindruck das es sich um ein seriöses Unternehmen handelt.
Wenn du  Mitte der 90er bei so einer  Firma gearbeitet hast musst du dich eh darauf einstellen das sich einiges zum schlechten verändert hat ( Gehalt, Fahrkostenerstattung, Arbeitsbedingungen beim Kunden etc. ).
Ich persönlich habe mir fest vorgenommen lieber am Hungertuch zu nagen als noch mal meine Arbeitskraft und meine Seele solchen Scharlatanen zu verkaufen. Ich würde an deiner Stelle lieber selber schauen wegen befristeten Stellen, da bist du wenigstens deine eigene Chefin dabei. Die Zeitarbeitsfirmen kündigen dich ja heutzutage auch schneller wie du schauen kannst wenn sie keinen Einsatz für dich haben
oder sie schicken dich eiskalt jeden Tag  durch halb Bayern. Wenn du dich an solche "seriösen" Unternehmen verkaufst dann rechne mit dem schlimmsten.  Ich behaupte wie gesagt das es keine seriösen Zeitarbeitsfirmen gibt. Das ganze Gewerbe gehört unbedingt abgeschafft und das sollen diese Firmen auch spüren.

Gruss,
Basti

PS. Einige ZA-Firmen scheuen mittlerweile nicht mehr davor zurück dem Arbeitsamt zu melden wenn jemand sich beim Bewerbungsgespräch nicht
so verhält wie die das gerne möchten.
Z.B. du gehst dich bei der Firma Kündfix Personaldienstleistungen vorstellen. Sie bieten dir tatsächlich auf die Schnelle eine Arbeit in 80 km
Entfernung zu 6 EUR in der Stunde an worauf du empört ablehnst da ja dann noch weniger Geld über bleibt als vom Arbeitsamt und du auch noch stundenlang am Tag unterwegs bist. Wenn du Pech hast hat das Arbeitsamt noch am gleichen Tag die Info das du "nicht arbeitswillig" bist
und du hast wenig später den Brief mit der Sperre im Postkasten. Sobald  du mit diesen Unternehmen zu tun hast langst du mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit in die Scheisse, selbst wenn du noch nicht mal da arbeitest.  :roll:

anna

Hi Basti,
hab Dank für Deine ausführliche Antwort, so etwas Ähnliches hatte ich mir bereits gedacht, aber gut, es nochmal aus berufenem Munde bestätigt zu bekommen.   :(  Ich will hier niemanden entmutigen, aber es gibt momentan keine Jobs, weder unbefristete noch befristete, egal wie qualifiziert Du bist, egal wieviele Arme und Beine Du Dir ausreisst, egal wie gross die Abstriche sind, die Du bereit bist zu machen. Selbst wenn Du top qualifiziert und eine eierlegende Wollmilchsau bist, vor nicht allzu langer Zeit noch heissbegehrt warst bei Arbeitgebern, brauchst Du gegenwärtig eine Riesenportion Glück und exzellente Beziehungen, damit Du überhaupt den Funken einer Chance hast, einen einigermassen vernünftigen Job zu finden. Und Beziehungen nützen Dir auch nur dann etwas, wenn Dein Profil von der Qualifikation her 100%ig auf die ausgeschriebene Position passt und Du auch über alle anderen gewünschten Attribute verfügst, Du zum Unternehmen passt, die Chemie stimmt, sich gehaltlich eine Einigung erzielen lässt und Du in der Lage bist, einem potenziellen Arbeitgeber glaubhaft zu vermitteln, dass Du Dir genau diese Position zu exakt diesem Witzgehalt schon immer erträumt hast und Du aus diesen Gründen genau die richtige Besetzung bist und perfekt zu diesem grössenwahnsinnigen Idiotenhaufen passt!

Dass Du lieber am Hungertuch nagst als für eine Zeitarbeitsfirma zu arbeiten kann ich nachvollziehen. Das habe ich auch jahrelang gesagt, einmal und nie wieder. Doch wie heisst es so schön: say never never! Jetzt stehe ich vor der Wahl Zeitarbeit oder Arbeitsamt und wie wir alle wissen ist letzteres auch kein Spaziergang. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist man zwar auch fremdbestimmt, hat aber wenigstens das Heft noch ein bißchen mehr in der Hand als wenn man beim AA der Willkür der Berater ausgesetzt ist.
Schickt das Arbeitsamt einen wirklich zu "arbeitsamt-unabhängigen" Zeitarbeitsfirmen und will dann den Nachweis sehen? Das war mir bis dato nicht bekannt, wusste nur von den PSAs. Wenn das so ist, dann kann ich ja auch gleich zu einer Zeitarbeitsfirma gehen und mir den Kampf mit dem AA sparen!? Wenn die Zeitarbeitsfirmen einen, wie Du schreibst, durch ganz Bayern jagen können, dann hat man dort wahrscheinlich eh keine Chance, wenn man nicht motorisiert ist, oder?
Viele Grüsse und Dir viel Glück!
Anna

Basti

Hi Anna,

es schaut wahrlich nicht rosig aus zur Zeit aber es gibt sehr wohl ab und zu befristete Stellen die garantiert nicht schlechter sind als so mancher Zeitarbeitsjob. Schau doch öfter mal zur Jobbörse in die Tumblingerstr. ( wennst vom Götheplatz kommst die Strasse vorm Arbeitsamt rechts rein, nach 50 m. auf der linken Seite ). Wenn du denen ein Foto bringst kannst du auch dann jeden Tag telefonisch nachfragen ob es was gibt. Bei deinem Gedanken mit Zeitarbeit denkst du wahrscheinlich hauptsächlich an eine längere Absicherung ( Gehalt, Krankenversicherung usw. ). Vor ein paar Jahren ging das auch noch über Zeitarbeit aber mittlerweile ist das auch nicht mehr gegeben da diese Firmen ein brutales "hire & fire" System an den Tag legen. Es ist natürlich jedem selbst überlassen ob es ihm was ausmacht 3 Monate für ein Witzgehalt rumkomandiert zu werden und dann wegen fehlendem Folgeauftrag gekündigt zu werden oder ob es ihm lieber ist für 3 Monate selber bei einer Münchner Firma ( Z.b. Versicherung ) anzuheuern und ohne Druck einfach die 3 Monate arbeiten zu können.
Ich persönlich habe einfach mittlerweile zu viele schlechte Erfahrungen mit diesen ZA-Firmen gemacht als das ich noch mal freiwillig meinen Fuss
über der ihre Türschwellen setzen würde. Von ausbleibendem Gehalt, Urkundenfälschung, Einsätze mit mehren Stunden Anfahrt, bis zu absichtlichen Schikanen um MA zur eigenen Kündigung zu bewegen habe ich so ziemlich alles schon erlebt bei den Firmen. Mit mir auf jeden Fall nicht mehr. Mir ist mein Überleben zwar wichtig aber "auf den Strich" geh
ich für nichts und niemanden mehr in meinem Leben das hab ich mir geschworen.
Wenn jemand bei einer solchen Firma anfangen möchte  kann ich nur raten sehr vorsichtig bei Bewerbungsgesprächen zu sein ( s.o. ), am besten vorher schon einige plausible Ausreden einfallen lassen für den Fall das die einem z.b. weit entfernte Einsätze oder Nachtschichtarbeit usw.
geben wollen. Zumutbar ist ja fast alles heutzutage  :!:

Muss jeder selber wissen, kann nur davon abraten Zeitarbeit zu machen, lieber selbst aktiv werden und den Markt nach Aushilfsstellen durchforsten, ich hab bis jetzt immer was gefunden.

Gruss,
Basti

PS. Solange du von selber regelmässig Bewerbungen ( an normale Firmen ) schreibst und die auch vorlegen kannst und jeden Tag deinen Briefkasten leerst und den Einladungen nachkommst kann dir das Arbeitsamt eigentlich nicht viel. Du musst halt wirklich darauf achten auf die Briefe die sie dir schicken. Immer dahinter bleiben und sofort persönlich hinfahren und reklamieren wenn was ist. Es ist sowieso nicht schlecht zu den Sachbearbeitern einen persönlichen Kontakt zu halten.

anna

Hi Basti,
vielen Dank für den Tipp mit der Tumlinger Strasse, werde ich gleich Dienstag früh in Angriff nehmen. Klingt gut und natürlich besser als Zeitarbeit, ist aber wahrscheinlich eher etwas für Leute, deren Sicherheitsbedürfnis nicht so gross ist und die damit leben können, mal ein paar Tage oder sogar Wochen ohne KV zu sein, oder wie läuft das bei denen? Das würde mich sehr interessieren!

Zeitarbeit sehe ich trotz aller Schreckensmeldungen als Alternative zum AA, denn auch beim AA sind die Zeiten vorbei, in denen man sein ALG bekam, was einem ja auch zusteht, und zu Hause sitzen und seine Bewerbungen schreiben konnte. Hast Du den Artikel in der SZ gelesen vor ein paar Wochen? "Vermitteln oder vergraulen" oder so ähnlich. Auch beim AA kann es Dir passieren, dass sie Dich herumkommandieren und schlecht behandeln. Bin beim AA nie negativ aufgefallen, habe mich absolut wohlgefällig verhalten, und hatte ein ausgezeichnetes Verhältnis zu meinem Berater, der mir ob meiner Bemühungen sehr wohlgesonnen war und deshalb auch nie auf die Idee gekommen wäre, mich in einen low-level-job hineinzuzwingen. Dann gabs leider eine Reorganisation und ich bin bei einem Berater gelandet, der mich vom ersten Moment an auf übelste Art und Weise traktiert hat. Klarer Fall schlechter Chemie, da war leider auch mit Charme, Höflichkeit und wohlgefälligem Verhalten nichts zu machen. Die Tür ging auf und die Sache war klar. Von privat finanzierten Anzeigen, diversen Headhuntern bis hin zu einem aus eigener Tasche bezahlten Coaching, Kalt-Akquise, Ausschöpfen aller privaten Kontakte, Profil in Online-Jobbörsen stellen, zig Bewerbungen - nichts habe ich unversucht gelassen, also wirklich genügend Eigeninitiative gezeigt. Und trotzdem musste ich mir anhören, ich sollte unbedingt sofort nach dem Gespräch! bei der Zeitarbeit vorbeischauen, das würde der Gesetzgeber eh vorschreiben. Und auch auf einen Umzug sollte ich mich schon mal einstellen. Und ich wäre eh gezwungen, jeden Job zu machen, den ich mit meinen Fähigkeiten ausüben könnte. All das nach gerade mal einem halben Jahr Arbeitslosigkeit. Tja, Pech, wenn man als Akademikerin so hoch qualifiziert ist, da gibts ja auf einen Schlag zig Jobs, die man machen könnte, auch das klang deutlich an. Der Alte schien es richtig zu geniessen, am längeren Hebel zu sitzen und seine Machtspielchen zu betreiben. Pure Schikane, weil er sich auf seinem öden Sachbearbeiterstuhl tagaus tagein frusten muss! Da macht es doch richtig Freude, den Akademikern mal gescheit ans Bein zu pissen, gelle?
Es ist Zeit vergangen, ich hatte wieder einen Job, wenn auch befristet. Leider sitzt der Alte immer noch auf seinem Posten und wird sich bestimmt die Hände reiben, wenn er mich wiedersieht. Wenn ein Berater Dich, aus welchem Grund auch immer, wirklich traktieren will, dann hat er genug Möglichkeiten. PSA, low-level-job-Positionen, Kopierjobs in Wanne-Eickel und auch die Zusendung vakanter Stellen bei "arbeitsamtsunabhängigen" Zeitarbeitsfirmen, alles natürlich unter Androhung einer Sperre, wenn Du Dich querstellst. Ganz zu schweigen von unsinnigen Trainingsmassnahmen, Coachings etc. Ich kenne genug Leute in MUC, die traktiert werden und mit den Nerven am Ende sind. Ich bin absolut Deiner Meinung, dass Zeitarbeit auch sehr sehr übel ist, aber ich denke mal, es ist in meinem Fall immer noch das geringere Übel. Zumindest bleibt mir im Falle Zeitarbeit die Hoffnung, einen einigermassen erträglichen Job zu kriegen. Wenn ich zum AA gehe, bin ich gleich dran und dass mit Beschwerden nichts zu erreichen ist, wenn die Brüder sich an die Paragraphen halten, ist auch klar. Trotzdem schöne Ostern.
Viele Grüsse aus Giesing - Anna

ManOfConstantSorrow

Es ist sicherlich Einzelnen geholfen, wenn man sich austauscht über die verschiedenen Unternehmen in der verkackten Zeitarbeitsbranche. So kann man sich vielleicht das kleinere Übel auswählen.

Das kratzt an dem Gesamtübel jedoch überhaupt nicht. Diese ekelige Branche weitet sich immer weiter aus und man muß schon extremes Glück haben um noch einen Job an den Sklavenhändlern vorbei zu finden.

Vereinzelt werden wir diese Entwicklung jedenfalls nicht stoppen, geschweige denn den Sklavenhändlern das Handwerk legen.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

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