Kap ohne Hoffnung so muss es sein dass die Leute nachdennken

Begonnen von scalpell, 01:40:06 Di. 19.Februar 2008

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Kap ohne Hoffnung so muss es sein dass die Leute nachdennken
Am Kap ohne Hoffnung Mir ist zum Kotzen d X(

Von Jutta Hoffritz; Bartholomäus Grill
Nach dem Vergleich mit Südafrika geraten die Pharma-Konzerne in die Defensive
Es geschehen noch Zeichen und Wunder im Zeitalter der Globalisierung.
Hier Südafrika, wirtschaftlich ein Wicht, dort die geballte Macht der internationalen Pharmaindustrie. Nord gegen Süd. Reich gegen Arm. Bei diesem Duell drängt sich das biblische Gleichnis auf - und prompt siegt David schriftgetreu, und Goliath liegt im Staube. Die Financial Times sprach nach der Beilegung des Rechtsstreits um die Aids-Patente vom "Vietnam" der Pharmaindustrie. Auch andere Blätter griffen nach der Kapitulation der Multis zu kräftigen Bildern. Kein Entwicklungsland hat nach Ende der Kolonialzeit einen Sieg von größerer wirtschaftlicher Bedeutung errungen.
Den zweiten, weniger heldenhaften Teil der Geschichte aber ließ so mancher euphorisierte Berichterstatter weg: dass nämlich David, also die Regierung Südafrikas, sich nach dem Triumph umgehend selber Schaden zufügte. Der Jubel vor dem Obersten Gericht in Pretoria war noch nicht verklungen, da ließ die ausgebildete Ärztin und Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang verkünden, dass die lang umkämpfte Ausgabe der Aids-Arzneien nun keineswegs erste Priorität habe. Noch wisse man zu wenig über mögliche Nebenwirkungen.
Überdies verfüge Südafrika bereits über adäquate Medikamente gegen Lungenentzündung und andere typische Infektionen, die Aids-Patienten befallen. Im Klartext: So preisgünstig könnt ihr eure Wunderelixiere gar nicht anbieten, dass wir sie haben wollten.
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"Ein Dolchstoß in den Rücken", urteilt Mark Heywood. Für südafrikanische Aids-Aktivisten wie ihn und humanitäre Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder Oxfam ist die Reaktion bitter. Hatten sie doch mit einer internetgestützten Medienkampagne die Aufmerksamkeit der Welt auf die 4,7 Millionen HIV-Infizierten am Kap gelenkt und erreicht, dass die Pharmakonzerne einen Preisnachlass nach dem anderen verkündeten und schließlich ihre Klage zurückzogen.
Bis vergangene Woche waren die Fronten klar: auf der einen Seite die Südafrikaner, die aufrechten Vorkämpfer gegen die globale Apartheid im Gesundheitswesen. Noch unter Nelson Mandela hatten sie ein Gesetz entworfen, das es erlaubt, teure Medikamente zu verbilligen und notfalls Patente zu umgehen. Auf der anderen Seite die profitgierigen Großunternehmen, die dieses Gesetz gerichtlich anfechten, gerade in einer Zeit, in der das arme Land auf billige Nachahmerpräparate angewiesen ist, weil jeder fünfte Erwachsene am Kap mit dem tödlichen Virus infiziert ist.
Seit die Medikamente verfügbar sind, zeigt sich, was Südafrika leider auch ist: Ein engstirniges Entwicklungsland, dem es bei der Gesundheitsversorgung seiner Bürger nicht nur an Geld, sondern auch an Einsicht und Strategie mangelt. "Viermal haben wir der Regierung im vergangenen Jahr unser Medikament angeboten und nie eine Antwort bekommen", beklagt sich Rolf Krebs, Chef des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim. Die Ingelheimer stellen eine Arznei für HIVinfizierte Schwangere her, das die Virenübertragung auf das Ungeborene verhindern kann. Dieses Medikament wird in Ländern wie Uganda und Ruanda schon kostenlos an Wöchnerinnen verteilt. Südafrika wartete bis vergangene Woche, um das Geschenk anzunehmen.
"Wir brauchen eine umfassende Gesundheitspolitik, eine bessere Sexualerziehung, eine gesündere Ernährung", sagt Zethu Zapile, die in einem staatlichen Medikamentendepot in Guguletu bei Kapstadt arbeitet. Noch immer sind Kondome keine Selbstverständlichkeit. Dass Aids durch eine Virus-Infektion verursacht wird, hat sich längst nicht überall herumgesprochen. Verbreitet ist dagegen die Einschätzung, dass es sich um eine Armuts-Krankheit handele, die sich durch regelmäßigen Sexualverkehr - bevorzugt mit Jungfrauen - kurieren lasse. Man kann den Minen-Arbeitern und Lastwagenfahrern Südafrikas diesen folgenschweren Aberglauben nicht zum Vorwurf machen. Selbst ihr Präsident Thabo Mbeki scheint kaum besser informiert.

So leugnete der erste Mann im Staat bis vor kurzem den Zusammenhang zwischen HIV und Aids und bestritt die Wirksamkeit der ausländischen Medikamente. Als der Prozess in Pretoria lief, enthielt er sich solcher Äußerungen. Sicher hätte es die Verhandlungsposition der Südafrikaner geschwächt, die die Wirkung der teuren Orginalarzneien anzweifeln, sich aber Erzeugung und Erwerb billiger Kopien offen halten.
Triumph über die Multis - doch in Afrika wird weiter gestorben
Die Gegenseite war in ihrer Verhandlungsführung allerdings noch ungeschickter. Von Anfang an unterschätzten die Pharma-Manager die Sprengkraft ihrer Klagen. Dass der Protest nicht auf das Land am Kap beschränkt bleiben würde, war absehbar. Wenn sich die Weltöffentlichkeit beim Abwracken ausgedienter Bohrinseln um die Gesundheit der Kleinstlebewesen am Meeresgrund sorgt, wie kann sie ruhig bleiben, wenn Tausende Menschen an Aids sterben, während Gesundheitsunternehmer über Patente streiten. Und so wurde der Pretoria-Prozess für die Pharmaindustrie das, was Brent Spar für die Ölbranche war: ein PR-GAU.
Am Ende hatten Boehringer Ingelheim, Roche, GlaxoSmithKline & Co nicht nur eine Regierung und zahlreiche humanitäre Organisationen gegen sich, sondern die Weltgesundheitsorganisation und fast alle Staaten der Dritten Welt. Sogar die EU entdeckte ihr Herz für die Kranken am Kap. Und UN-Generalsekretär Kofi Annan, von der Industrie als Schlichter angerufen, beschied den Managern, ihr Standpunkt könne partout nicht unterstützt werden. Big Pharma sah sich dem erzürnten Weltgewissen gegenüber.
Die außergerichtliche Übereinkunft kommt einer Kapitulation der Industrie gleich. Denn das Gesetz wird demnächst in unveränderter Form verabschiedet - ein Präzedenzfall, der andere Entwicklungsländer ermutigen dürfte, es Südafrika gleichzutun und ebenfalls Gesetze zur Verbilligung von Medikamenten zu erlassen.
Schon rüsten sich die Hilfsorganisationen für den Kampf auf weiteren Schlachtfeldern. Zuerst Brasilien, wo die internationale Pharmaindustrie gegen nationales Patentrecht kämpft. "Länder wie Argentinien und Indien, die gerade an Gesetzen zum Thema geistiges Eigentum feilen, könnten die nächsten Schauplätze sein", freut sich Michael Bailey von Oxfam in London. Die Philippinen und Russland kämen ebenfalls infrage.
Das Dilemma der Pharmamultis: Die Zugeständnisse, die sie Südafrika machten, können sie anderen armen Staaten kaum verweigern. Je mehr Länder aber Rabatte bekommen, desto mehr gerät das Preisgefüge ins Wanken. Es wächst der Anreiz für Reimporte. Die Gefahr steigt, dass die billigen Arzneien nicht bei armen Aids-Patienten, sondern am Ende auf dem Schwarzmarkt der Industrienationen landen.
Das würde die Kalkulation der Konzerne vollends zunichte machen. Sie haben sich bereit erklärt, Afrika die Arznei billig zu verkaufen. Vereinbart wurden Preise, die möglicherweise die Produktionskosten hereinholen, auf keinen Fall aber die in der Branche notorisch hohen Kosten für Forschung und Entwicklung.
Diese Investitionen müssen die traditionellen Märkte in Amerika und Europa decken.

Doch in reichen Ländern regt sich inzwischen Widerstand. An US-Universitäten werden wieder Protestaktionen im Stil der sechziger Jahre abgehalten. Die Studenten ärgern sich, dass amerikanische Aids-Patienten 6000 Dollar und mehr für die Jahresdosis ihres Medikamentes bezahlen müssen, während das Präparat anderswo für einen Bruchteil zu haben ist. Versicherer und Soziallobbyisten machen dieselbe Rechnung auf und fordern für ihre Klientel ebenfalls Rabatte.
Sie fragen: Sind die Aids-Kranken in den Slums von Los Angeles weniger arm dran als die in den Townships von Johannesburg? Sollen amerikanische HIV-Opfer ihre Leidensgenossen in Afrika subventionieren, obwohl sie mit dem Ausbruch der Krankheit selbst oft Job und Versicherung verlieren? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die Krankenkassen in Deutschland oder anderswo in Europa anfangen zu rechnen. Viel Geld wird in Zukunft mit Aids-Arzneien nicht zu verdienen sein.
"Sollen wir die Medikamente etwa verschenken?", regt sich GlaxoSmithKline-Chef Jean-Pierre Garnier auf. Das Mitleid der Öffentlichkeit mit seinem Unternehmen dürfte sich in Grenzen halten. Schließlich ist der britische Konzern der größte Pharmahersteller der Welt und hat noch ein paar andere Ertragsbringer. Doch die Gefahr ist, dass sich Unternehmen wie Glaxo langfristig auf diese profitableren Gebiete konzentrieren und aus der Aids-Forschung aussteigen. Damit wäre den Patienten in Südafrika und anderswo am wenigsten gedient. Mit den Medikamenten, über die in Pretoria so heftig gerungen wurde, lässt sich der Ausbruch des Leidens nur verzögern und abmildern. Doch Mittel, die Aids heilen oder verhindern, müssen erst noch entwickelt werden. Wer sollte das tun, wenn nicht die Forscher in den Konzernen? Kleine Arzneimittelfabriken wie die indische Cipla, die in Südafrika zum Stein des Anstoßes wurde, können Raubkopien herstellen. Neue Arzneien sind aus ihren Laboren nicht zu erwarten.
Auch die Hilfsorganisationen wissen, dass die Konzerne Kühe sind, die sie nicht schlachten dürfen, wenn sie weiter Milch verteilen wollen. So freuen sich die Oxfam-Aktivisten zwar über jeden Rabatt, den sie den Multis abhandeln können. Aber sie wissen natürlich, dass Forscher für ihre Arbeit bezahlt werden müssen und sammeln Spenden, um den Konzernen die Medikamente abzukaufen. Enteignungen, wie sie in der Debatte um den Prozess in Pretoria gefordert wurden, sieht Oxfam-Aktivist Michael Bailey kritisch. "Patente stimulieren Innovation und haben deshalb eine legitime Berechtigung", urteilt er. Deshalb sei es kontraproduktiv, sich einzelner Patente zu bemächtigen.

Problematisch dagegen findet Bailey, dass das internationale Patentrecht seit 1994 längere Laufzeiten erlaubt. Seit die Welthandelsorganisation WTO mit dem Trips-Abkommen die Fragen des geistigen Eigentums regelte, sind Erfindungen in Mitgliedsstaaten mindestens 20 Jahre geschützt. "Wenn wir etwas für die Dritte Welt tun wollen, müssen wir uns für die Rückkehr zu kürzeren Patentlaufzeiten einsetzen", urteilt er. Für die Konzerne bliebe dann immer noch genug Anreiz zu forschen. Entwicklungsländer aber kämen - ohne Prozessrisiko - früher an Medikamente.
Bis das so weit ist, werden sich David und Goliath wohl noch häufiger auf dem Schlachtfeld begegnen.
Mitarbeit: Harro Albrecht
* Spendenadressen finden Sie unter //www.zeit.de/2001/18/aids
Quelle
http://www.zeit.de/2001/18/Am_Kap_ohne_Hoffnung?page=all
Die Plutokraten haben das Ruder in die Hand genommen
Die "Politiker" sind ihre Stimme

Troll

ZitatSutherlandia frutescens stärkt das Immunsystem

Für den südafrikanischen Biologen Nigel Gericke ist ein anderes Wüstengewächs wie ein Geschenk des Himmels: Sutherlandia frutescens, eine Pflanze aus der Familie der Bohnengewächse, die in den ariden Zonen Südafrikas zu Hause ist, scheint wahre Wunder zu wirken. Seit fünf Jahren behandelt Nigel Gericke mit einigen Helfern rund 700 HIV-infizierte Patienten – und das mit enormem Erfolg. Die Einheimischen nutzen Sutherlandia frutescens schon lange als vielfältig einsetzbares Heilmittel: Die Pflanze, die auch als Cancer-Bush bekannt ist, stärkt das Immunsystem, regt den Stoffwechsel an und sorgt damit für Appetit und Gewichtszunahme.

Nigel Gericke betont allerdings, dass Sutherlandia auf keinen Fall ein Heilmittel gegen AIDS oder Krebs ist, sondern nur die damit einhergehenden Begleiterscheinungen wie Gewichtsverlust und Antriebslosigkeit lindern kann. Alle diese Behandlungen sind nicht nach wissenschaftlich auswertbaren Kriterien dokumentiert worden und können deshalb nicht als nachprüfbarer Beleg für die Wirksamkeit der Pflanze angesehen werden

Pharmaindustrie zeigt bisher kein Interesse


Sie wirkt gegen Depressionen und Magenprobleme und viele andere AIDS-typischen Sekundärerkrankungen. Die Ergebnisse sind sensationell: Menschen, die zu schwach waren, um auch nur den Kopf zu heben, führen heute trotz des Virus ein fast normales Leben. Und da keine teuren Herstellungsverfahren nötig sind, ist Sutherlandia extrem billig. Doch was ein Vorteil scheint, erweist sich auf dem Markt als entscheidendes Hindernis: Mit Sutherlandia ist kein Geschäft zu machen. Aus diesem Grund ist bislang niemand bereit, Geld für medizinische Studien auszugeben. Nicht einmal die südafrikanische Regierung.

Nigel Gericke hat inzwischen ein eigenes kleines Pharmaunternehmen gegründet und baut Sutherlandia auf Feldern selbst an. Ein Team von Wissenschaftlern um den Biologen hat inzwischen auch die Inhaltsstoffe der Pflanze zum Teil analysiert und will eine ganze Reihe von antiviral wirkenden Substanzen darin entdeckt haben: zum Beispiel die Substanz L-Canavanine, die gegen Grippe- und andere Viren wirkt, oder den Wirkstoff Pinitol, der auch eine antidiabetische Wirkung hat.

Die derzeitige Herstellung der Tabletten ist extrem einfach: Der robuste Halbbusch wird einfach komplett kleingehäckselt und zu Tabletten gepresst. Ein Verfahren, dass natürlich in keiner Weise westlichen Standards entspricht. Aufgrund der simplen Verarbeitung ist Sutherlandia extrem billig. Für umgerechnet rund zwei Euro kann man einen Patienten einen ganzen Monat lang versorgen. Aufwand und Kosten der Produktion sind also sehr überschaubar, die Gewinnspanne nicht sehr groß. Nigel Gericke und seine Mitarbeiter sehen darin den Grund, warum die unscheinbare Pflanze bei der internationalen Pharmaindustrie bisher auf kein Interesse gestoßen ist.

Quelle: 3Sat

Weil es zu billig ist, die Menschen spielen nicht die geringste Rolle.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
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