Spiegel lobt RTL als Kampfsender fürs Prekariat

Begonnen von Ratrace, 10:38:15 Do. 03.Januar 2008

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Ratrace

Das Blättchen wird immer peinlicher:

ZitatEr geht dahin, wo es weh tut: in die Realität. "Der Arbeitsbeschaffer" versucht Unterschichtlern einen Job zu verschaffen. Schön anzusehen ist die neue RTL-Doku-Soap nicht, aber sie entlarvt die deutsche Vollkasko-Mentalität: Ihr könnt mich mal, ich muss gar nix!

[...]

Die "Super-Nanny" alias Katharina Saalfrank hat durchaus Lob verdient, trotz aller Serien-Inszenierung und soap-hafter Glättung des wahren Geschehens. Immerhin kämpft sie tapfer an der vordersten Front des sozialpädagogischen Prekariats und ist auf Augenhöhe mit der gesellschaftlichen Desintegration – ganz anders etwa als das ach so kritische linke Kabarett eines Urban Priol oder Hagen Rether, das ressentimentgeladen vor sich hin klimpert.

Auch der neue "Arbeitsbeschaffer" von RTL, der 32-jährige Lars Naundorf, geht nun dahin, wo es weh tut – in die Realität. Auf den ersten Blick sieht sie gar nicht so schlimm aus. Eine nett eingerichtete Wohnung im Hallenser Plattenbau, in der sich die inzwischen auch im Osten üblich gewordene Patchwork-Familie den Tag vertreibt. Das Problem: Niemand hat Arbeit oder einen Ausbildungsplatz. Seit 2001 geht das nun schon so, und vor allem bei Vater Rainer Jahn haben sich jahrelange Kränkung, Passivität und Perspektivlosigkeit tief ins Gesicht eingegraben.

So, wie Rainer im Schlabber-T-Shirt samt Mottenloch zu den Bewerbungsgesprächen erscheint, die er ohne den "Arbeitsbeschaffer" niemals bekommen hätte, signalisiert er nur eines: Ihr könnt mich mal, ich muss gar nix! Empört steht er auf und reißt sich das Mikro vom Schmuddelhemd, als Naundorf ihn auf sein äußeres Auftreten aufmerksam macht. Das muss er, Rainer, sich doch nicht bieten lassen!

Die Frage, warum wir Steuer- und Sozialbeitragszahler uns das von ihm bieten lassen, kommt ihm gewiss nie in den Sinn. Er sieht sich als Opfer, und das gibt ihm alles Recht der bösen Welt. Schuld haben immer nur die anderen, und im Zweifel verharrt er lieber im bekannten Luxuselend als wirklich etwas Neues anzugehen. Ein völlig fremder Gedanke in dieser abgespacten Sphäre: dass das Leben eine ständige Herausforderung sein könnte, dass Individualität und Leistung das Selbstwertgefühl heben, ja, Genuss und Glückserfahrung sein können. Und: dass man dabei durchaus klein anfangen kann.

[...]

Trotz eines Rekordstands von beinahe 40 Millionen Arbeitsverhältnissen wissen viele in Deutschland gar nicht mehr, wie das geht: leben und arbeiten auf eigene Rechnung und Verantwortung.

Antiintellektualismus pur gemischt mit neoliberalem Schwachsinn ("Vollkaskomentalität, Rekordstand der Arbeitsplätze")... vollkommen daneben. Der Rotz steht hier.

Da fragt man sich doch, wie viel die INSM dem Spiegel als Spende geben mußte für so einen jounalistischen Ausfall.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

alfred

Mir geht aktuell das plattformgeben für J. Kerner und E. Hermann auf die Eier. Einen Tag darf Kerner sülzen, der Evarausschmiss war ein Fehler - heute schleimt Eva zrück "Ich verzeihe Kerner".

Ich hoffe dann mal, dass morgen D. Bohlen zu Wort kommen darf...
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

Ratrace

Tja, eben ein Schwatzblättchen, mittlerweile teilweise zwischen "Brigitte" und "BILD" angelangt. Promi-Geschwafel, Mode-Artikelchen, Ernährungs- und Diätratgeber, rechtspopulistischer Scheißdreck, teilweise in blanke Ausländerhetze ausufernd... aber den Artikel, den ich oben erwähnt habe, empfinde ich als das Heftigste seit langer Zeit.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Sung

ZitatDa fragt man sich doch, wie viel die INSM dem Spiegel als Spende geben mußte für so einen jounalistischen Ausfall.

Was ist denn die INSM?

Ratrace

INSM

ZitatDer Medienwissenschaftler Siegfried Weischenberg meint: ,,Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist höchst erfolgreich, weil es ihr gelungen ist, so einen neoliberalen Mainstream in den Medien durchzusetzen. Und das konnte auch leicht gelingen, weil die Medien kostengünstig produzieren müssen. Sie sind sehr darauf angewiesen, dass ihnen zugeliefert wird, hier gibt's eine Lobby, die sehr wohlhabend ist. Das ist natürlich eine sehr, sehr problematische Geschichte, weil die Medien nicht das tun, was sie tun sollen. Die Journalistinnen und Journalisten fallen sozusagen aus der Rolle, weil sie nicht kritisch kontrollieren, weil sie die Interessen nicht transparent machen."

Eine Studie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster von Christian Nuernbergk über die Öffentlichkeitsarbeit der INSM mit Blick auf das Verhältnis von Journalismus und PR [2] kommt zum Fazit, die Medienberichterstattung übernehme weitgehend die INSM-Perspektive, insbesondere wenn exklusive Medienkooperationen geboten werden. Sie mache die Funktion der Initiative als ein strategisches Element in der Interessenvertretung von Arbeitgeberverbänden nur unzureichend transparent. Informationen zur Einordnung der Berichterstattung würden dem Leser vorenthalten. Bei mehr als 50 % der untersuchten Beiträge tauchten INSM-Botschafter auf, aber nicht einmal in jedem sechsten Beitrag wurde die Botschafterrolle für die INSM transparent gemacht.

Bekannt aus Funk und Fernsehen...

 :kotze>
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

schwarzrot

ZitatLuxuselend
Ist ja auch eine sehr bemerkenswerte leistung, für das beschreiben von hartzIV und nicht vorhandene ausblidungsplätze.
Merke, da geht noch was, die sind noch lange nicht am ende mit weiteren kürzungen, sinnlosmassnahmen und arbeitsdienst.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht


alfred

ZitatOriginal von XXX
Spiegel ? Kaufe ich schon lange nicht mehr

Ich lebe mit dem Focus ganz gut, der Chefredakteur gefällt mir auch ganz gut, ist gerne "unbequem"

Ich hoffe einfach mal, dass das Ironie sein soll!  ?(
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)


alfred

Jaja, "Fakten, Fakten, Fakten" - der dicke 'unbequeme' Herr heißt übrigens H. Markwort...  :kotze>
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

Sung

Focus hab ich mal beim Frisör gelesen. Nach der Einleitung hab ich umgeblättert, aber da kam nichts mehr, denn der Artikel war schon zuende. Fand ich verwirrend.

Strombolli

Das Ziehen mit dem "Zeitgeist" habe ich noch nie gemocht.
Ob nun FOCUS, RTL oder SPIEGEL.
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
Permanent angelogen & VERARSCHT IN DEUTSCHLAND! - Ich habe mit Dir fertig

alfred

1. Beim Frisör, in Kosmetikstudios usw. - dort gehört Focus hin

2. Du beschreibst genau meine Erfahrung: es gibt eine Überschrift und viele Bilder, dann schlägt man die Seite um - aber da kommt nichts mehr

3. Welche Skandale hat Focus aufgedeckt?

4. Am schlimmsten war (als ich noch relativ regelmäßig einen Blick in die Illustrierte wagte) die Selbstbeweihräucherung, die der unsägliche Markwort auf Seite 1 (bzw. Seite 3) betrieb
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

Regenwurm

Bertelsmann hilft Bertelsmann, d.h. "der Spiegel" bespricht eine RTL-Sendung.
Wo der allgemeine Propaganda-Terror der Bertelsmannmedien als unaushaltbar erscheint,
 greift der Autor Reinhard Mohr vom neoliberalen Kampfblatt "der Spiegel" zum Mittel der Volksverhetzung.


Quelle und mehr...
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