Vormundschaftsrichter: Dreieinhalb Jahre Haft wegen Rechtsbeugung

Begonnen von Kater, 16:45:38 Fr. 14.November 2008

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Kater

ZitatDreieinhalb Jahre Haft für Richter wegen Rechtsbeugung

Stuttgart (AP) Ein früherer Vormundschaftsrichter muss ins Gefängnis, weil er das Festbinden von Pflegeheimbewohnern in ihren Betten ohne die vorgeschriebene Anhörung genehmigte. Wegen Rechtsbeugung hat das Stuttgarter Landgericht am Freitag den 45-Jährigen zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. «Der Angeklagte hat sich in hohem Maße über gesetzliche Vorschriften hinweggesetzt», sagte die Richterin Helga Müller. Zum Motiv erklärte sie, er habe sich Zeit sparen wollen.

Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre Gefängnis gefordert, die Verteidigung Freispruch. Der Richter wurde wegen der Vorwürfe vom Dienst suspendiert.

Die illegalen Genehmigungen für das Anbringen von Bauchgurten oder Bettgitter waren herausgekommen, weil diese auch für mehrere bereits gestorbene Patienten erteilt worden waren. Nach dem Urteil hatte der Richter von März 2003 bis November 2006 zuletzt am Amtsgericht Nürtingen solche freiheitsentziehenden Maßnahmen angeordnet und teilweise nach Aktenlage entschieden oder nur mit dem Personal der verschiedenen Pflegeheime gesprochen. In einem Fall habe er jemanden in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht, ohne das vorgeschriebene Sachverständigengutachten einzuholen.

Richterin Müller sagte, der Angeklagte habe fingierte Protokolle erstellt. Seine Entscheidungen habe er oftmals in einem «stereotypen Wortlaut» formuliert ohne einen Zusatz, der auf einen bestimmten Fall hingewiesen habe.

Haftbefehl außer Vollzug

«Auf eine Anhörung kann nicht verzichtet werden», sagte Müller. Sie sei gesetzlich vorgeschrieben. Auf sie könne nur verzichtet werden, wenn der Gesundheitszustand des Betroffenen sie nicht zuließe. Aber darüber müsse sich ein Vormundschaftsrichter vor Ort vergewissern.

Zu den Motiven des 45-Jährigen sagte Müller, der Angeklagte habe sich die Arbeit erleichtern und mehr freie Zeit für sich und seine Familie herausholen wollen. In seiner Freizeit hielt er ausgerechnet Vorträge über das Betreuungsrecht.

Der Haftbefehl gegen den Ex-Richter blieb weiterhin außer Vollzug. Nach der Urteilsverkündung verließ er den Gerichtssaal fluchtartig. Der Rechtsanwalt des Angeklagten kündigte Revision gegen das Urteil an. Wenn der Bundesgerichtshof den Schuldspruch bestätigt, verliert der Mann seinen Beamtenstatus. Damit entfielen die Ansprüche auf seine Bezüge. Auch bei den Versorgungsansprüchen hätte der ausgeschiedene Richter mit deutlichen Einbußen zu rechnen.

http://de.news.yahoo.com/1/20081114/twl-dreieinhalb-jahre-haft-fr-richter-we-1be00ca.html

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