Auch in der Insolvenz kann man streiken

Begonnen von Kuddel, 17:41:22 Di. 22.August 2017

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Kuddel

Zitat"Auch in der Insolvenz kann man streiken"

Für die mehr als 8000 Air-Berlin-Mitarbeiter gibt es genug zu tun in der boomenden Luftfahrtbranche, sagt der Chef der Gewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies. Die Lufthansa solle nicht glauben, sich nun Unternehmensteile zu Billig-Konditionen einverleiben zu können.


Air Berlin ist pleite - doch für die mehr als 8000 Mitarbeiter gibt es genug zu tun in der wachsenden Branche, sagt der Chef der Gewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies, im Gespräch mit n-tv.de. Die Lufthansa solle nicht glauben, sich nun Unternehmensteile zu Billig-Konditionen einverleiben zu können.

Hat Sie die Nachricht vom Insolvenzantrag überrascht?


Nicoley Baublies: Generell musste man damit rechnen, dass Großaktionär Etihad irgendwann die Unterstützung des defizitären Betriebs bei Air Berlin einstellt. Überrascht hat mich aber schon der Zeitpunkt. Es hatte immer geheißen, dass die Mittel für den Sommer reichen würden. Nun wurden offenbar bereits gemachte Zusagen von Etihad wieder zurückgezogen und damit die Insolvenz ausgelöst, bevor die Verhandlungen mit der Lufthansa abgeschlossen werden konnten.

Sie haben sich in der Vergangenheit kritisch zu Plänen für staatliche Finanzspritzen für Air Berlin geäußert. Wie beurteilen Sie nun den Kredit der Bundesregierung über 150 Millionen Euro zum Aufrechterhalten des Flugbetriebs?

Nun sind wir in einer ganz anderen Situation. Was wir abgelehnt haben, waren Pläne, Air Berlin mit Staatshilfen selbstständig weiterwursteln zu lassen. Das ist nun ohnehin nicht mehr möglich. In der jetzigen Situation ist die staatliche Finanzhilfe die einzige Möglichkeit, ein Grounding - die sofortige Einstellung des Flugbetriebs - zu verhindern. Alle Beteiligten auch aus der Politik haben schnell gehandelt und einen guten Job gemacht. Weder Fluggäste noch Mitarbeiter müssen befürchten, irgendwo im Ausland festzusitzen. Zudem wäre eine Airline, wenn sie erst einmal gegroundet ist, nicht mehr zu retten, auch nicht durch eine Übernahme. Im harten Wettbewerb derzeit würden alle entstehenden Lücken sofort durch Konkurrenten wie Ryanair gefüllt.

Was bedeutet die Insolvenz für die Beschäftigten? Das Insolvenzrecht gibt Unternehmen großen Spielraum für den Abbau von Arbeitsplätzen und für andere Einschnitte.

Wie gesagt, dass die Sanierung von Air Berlin über eine Insolvenz laufen würde, war abzusehen. Alle Strukturen müssen auf den Prüfstein. Die Insolvenz zeigt ja, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher. Klar muss jedoch sein: Wenn die Lufthansa glaubt, nun Air Berlin filetieren und sich einige Teile herauspicken zu können, dann werden wir da nicht mitmachen - und ich hoffe, dass die anderen Gewerkschaften das auch so sehen. Die Nachfrage in der Luftfahrtbranche ist da und damit auch ein Bedarf an den gesamten Kapazitäten der Air Berlin.

Sie meinen alle Mitarbeiter sollten ihren Job behalten?

Wir haben in den vergangenen Monaten gesehen, wie alle Air-Berlin-Mitarbeiter unter katastrophalen Bedingungen einen guten Job gemacht haben. Das gilt für die Crews aber auch die Technik und das Bodenpersonal. Wenn das Management nun glaubt, mit der Insolvenz die Lasten aus der Altersversorgung loswerden und die Gehälter dieses leidgeprüften Personals drücken zu können, hat es sich getäuscht. Wir sind bereit zu vernünftigen Gesprächen für eine Lösung auf Augenhöhe. Einen Kahlschlag darf es aber nicht geben. Auch in der Insolvenz können wir zur Not streiken - was sicher nicht im Interesse der Lufthansa wäre.

Das Gespräch führte Max Borowski
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Auch-in-der-Insolvenz-kann-man-streiken-article19985028.html

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