Zwangsvereinigung wird hiermit bewiesen

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 22:24:48 Sa. 01.Oktober 2005

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Wilddieb Stuelpner

Es gab keine Wiedervereinigung und keine erste freie und geheimen Wahlen, sondern einen Zwangsanschluß der DDR, nach USAs, CDUs, Kohls und der Konzerne Willen. Hier wird deutlich, daß Kohl ein größenwahnsinniger kalter Krieger war und ist. Er gehört nicht auf den Geschichtssockel des geeinten Deutschlands. Er ist ein Reaktionär und Demagoge.

junge welt: Rrrevolution von Bushs Gnaden

01.10.2005 Werner Röhr

Epochenumbruch 1989. Rückwende in der DDR vor 15 Jahren (Serie / XVIII). »Wiedervereinigung« als Eroberungsprogramm (Teil 1)

Am 23. August 1990 beschloß die letzte Volkskammer der DDR den Beitritt zur BRD zum 3. Oktober. Der Termin war politisch bestimmt, es sollte keinen 41. Jahrestag der DDR mehr geben. Noch am 8. August hatte die Kammermehrheit für einen Beitritt zum 14. Oktober gestimmt. Aber auch am 23. waren die Beratungen über den Wortlaut des Vertrages und seiner zahlreichen Anlagen noch gar nicht abgeschlossen. Keine Rede davon, daß die meisten Abgeordneten wenigstens den ausgearbeiteten Text kannten. (Meine Anmerkung: Wie bei der EU-Verfassung - Abgeordnete beschließen Dinge, von denen sie keine Kenntnis keine Ahnung noch Verstand haben.) Dennoch wurde der Staatsvertrag »über die Herstellung der Einheit Deutschlands« am 31. August von Wolfgang Schäuble und Günther Krause unterzeichnet und am 20. September von der Volkskammer in zweiter Lesung mit Zweidrittelmehrheit ratifiziert. Die Fraktion der PDS und Vertreter von Bündnis 90/Grüne stimmten dagegen.

Daß manche Vertragsbestimmungen nicht wenigen der erst jüngst von derselben Volkskammer beschlossenen Gesetze widersprachen und andere für den Vertragstext verabschiedete Gesetze nicht aufgenommen wurden, kümmerte die Mehrheit dieser Kammer nicht. Ihr Desinteresse an den vertraglichen Regelungen in einem künftigen Deutschland hatte sie am 8. August 1990 unüberbietbar demonstriert, als die PDS-Fraktion beantragt hatte, die Regierung möge die Kammer über den »Stand ihrer Verhandlungen und zu den aufgetretenen Problemen in den Verhandlungen mit der Bundesregierung zum Einigungsvertrag, insbesondere über die uns nicht bekannten Anlagen« informieren. Das Parlament solle nicht wie beim Staatsvertrag Nummer eins erst nach der Paraphierung in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Der Antrag erreichte nicht die erforderliche Mehrheit. Die meisten Abgeordneten wollten gar nicht informiert sein.

Aber sie wußten sehr wohl, was sie taten, sie gaben die Interessen ihrer Wähler preis. War schon den »Herbstrevolutionären« nichts anderes eingefallen als »freie Wahlen«, so bot – bei allem Respekt für jene Abgeordneten, die mit dieser Volkskammer die DDR reformieren und nicht beseitigen wollten – die Mehrzahl jener frischgebackenen Parlamentarier in ihrem antisozialistischen Haß und Fanatismus das Bild eines Narrenhauses.

Die politischen Kräfte, die Deutschland mit der separaten Währungsreform 1948 wirtschaftlich und mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 staatlich gespalten hatten, beriefen sich immer auf die »Einheit Deutschlands« als Ziel. Die »Wiedervereinigung Deutschlands« war Bestandteil eines Programms, das die Bundesrepublik seit ihrer Gründung verfolgte. Politisch und wirtschaftlich ging es um die Revision der Resultate des Zweiten Weltkriegs und neue Grundlagen für deutsche Vormachtpolitik. »Wiedervereinigung« war ein Eroberungsprogramm. Der Anschluß fand nicht um der Einheit des deutschen Volkes willen statt, dessen »Selbstbestimmung« war nur die politische Formel für eigenen Machtanspruch.

Die Bundesrepublik hatte es stets vermieden, die DDR mit allen Konsequenzen völkerrechtlich anzuerkennen. In keiner Frage ist dies deutlicher geworden als in jener der Staatsbürgerschaft. Wie »alle Deutschen« galten in der Staatsräson der Bundesrepublik und ihrer Gesetze die Bürger der DDR als der Jurisdiktion der Bundesrepublik unterstellt, auch wenn sie im Grundlagenvertrag vom 21. Dezember 1972 die souveräne Gleichheit der DDR, die Achtung ihrer Unabhängigkeit, Selbständigkeit und territorialen Integrität auf der Grundlage der UNO-Charta anerkannt hatte.

US-Strategiewechsel

Als George Bush senior seinerzeit Direktor der CIA war, leitete General Vernon A. Walters als sein Stellvertreter deren Operativabteilung. Walters Rolle bei der Konterrevolution in Chile 1973 ist bekannt, doch das war nur eine von vielen derartigen Operationen. Wo immer eine Revolution oder eine Regierung gegen »amerikanische Interessen« verstieß, wurde sie durch von der CIA organisierte Aktionen gestürzt, und immer agierte Walters als Drahtzieher: 1953 im Iran, 1973 in Chile, 1974 in Portugal, 1983 in Nikaragua. 1989 war dieses »Schlachtroß des Kalten Krieges« 72 Jahre alt und im Ruhestand. Bush entsandte ihn im April 1989 als Botschafter nach Bonn, weil es hier »um das Ganze« ginge.

Was aber war »das Ganze«? Kurz nach ihrem Antritt änderte die Bush-Administration die US-Strategie gegenüber der Sowjetunion und Osteuropa. Bush kassierte die negative CIA-Bewertung von Gorbatschows Perestroika und erkannte: Die Politik Gorbatschows liegt im Interesse der USA. Gorbatschows Erklärungen über das »Selbstbestimmungsrecht« der Völker könnten zur Auflösung des sozialistischen Lagers genutzt werden, wobei dessen Absicht, eine europäische Sicherheitskonstruktion, ein »gemeinsames europäisches Haus«, zu schaffen, zu unterlaufen sei. Der US-Regierung war im Frühsommer 1989 klar, daß Gorbatschows Perestroika gescheitert war und er zu prinzipiellen Zugeständnissen an die US-Strategie bereit sein müßte.

Bushs Vorgänger Ronald Reagan hatte zum Kampf gegen das »Reich des Bösen« aufgerufen und den Rüstungswettlauf verschärft, um die UdSSR totzurüsten. Ungeachtet dessen ließ er die Verhandlungen zur Rüstungskontrolle mit ihr fortsetzen. Bushs Berater gingen davon aus, die Rüstungskontrollverhandlungen mit der Sowjetunion hätten nur deren Status quo gefestigt. Nunmehr sollte die UdSSR mit Hilfe der atomaren Abschreckung zur »Demilitarisierung ihrer Außenpolitik« gezwungen werden. Künftig sei ihr in keiner Frage mehr entgegenzukommen, sondern sie sei von den USA systematisch herauszufordern. Um ihr den Todesstoß zu versetzen, sollten zunächst die sozialistischen Staaten Europas ihrem Einfluß entzogen werden. Integraler Bestandteil der neuen US-amerikanischen Europapolitik zur Überwindung der »Teilung des Kontinents« und zur »Durchsetzung gemeinsamer Werte« war die »Wiedervereinigung Deutschlands und Berlins«. Als ersten Dominostein ihrer »großen Strategie« sahen die USA das Herausbrechen Polens aus dem sozialistischen Lager an, die »deutsche Wiedervereinigung« sollte erst der Schlußstein ihrer auf Osteuropa gerichteten Strategie der »Überwindung der Teilung« sein.

Die neue Strategie der USA einerseits, die Kapitulationspolitik Gorbatschows andererseits und die auf beiden beruhende forcierte Politik der Bonner Regierung zur Destabilisierung und inneren Zerstörung der DDR formierten die Grundlage und den Handlungsrahmen, innerhalb dessen sich die organisierte Massenfluchtbewegung aus der DDR, die Welle von Gründungen oppositioneller politischer Organisationen, die Straßendemonstrationen und andere Elemente der Rückwende in der DDR vollzogen, völlig gleichgültig, was die verschiedenen Akteure von diesen Bedingungen wußten oder nicht, welche Illusionen sie sich über die von diesen Rahmenbedingungen geschaffenen Perspektiven machten und welche Ziele sie verfolgen.

Als Bush 1989 seine politische Offensive begann und die Regierung Kohl 1989 zur systematischen Destabilisierung der DDR überging, befand sich die DDR seit Jahren in einer Außenwirtschafts- und Zahlungsbilanzkrise und die sie regierende Staatspartei SED in einer akuten politischen Krise. Die Bukarester RGW-Tagung im Mai 1989 offenbarte den Bankrott des RGW. Und nach dem Staatsbesuch Gorbatschows in der Bundesrepublik im Juni 1989 geriet die DDR vollends in die politische Isolierung.

Ihre Führung verfügte weder über ein Konzept zur Krisenüberwindung noch über die Fähigkeit zum Krisenmanagement; sie war zeitweise nicht einmal fähig, überhaupt auf die vor sich gehenden Prozesse zu reagieren, weil ihre autokratische Führungsstruktur zur Selbstblockade führte, zumal als der erste Mann durch Krankheit ausfiel. Vor allem aber war sie sich jener weltpolitischen Voraussetzungen, innerhalb derer die Destabilisierung betrieben wurde, nicht bewußt.

Vor der »Schlußbilanz«

Um so genauer war die Bundesregierung informiert. Die Forschungsstelle für gesamtdeutsche wirtschaftliche und soziale Fragen, Nachfolgerin des berüchtigten Forschungsbeirats für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands, lieferte exakte Situationsanalysen. Auf der Jahrestagung 1988 rechnete sie mit der Wirtschaftspolitik der Ära Honecker ab und sah das Ende der DDR voraus. Nachdem die DDR 1982 in eine hochdramatische Außenwirtschaftskrise gestürzt war, gelang ihr Mitte der 80er Jahre eine relative Stabilisierung. Doch diese wurde vom Verfall der Weltölpreise und des Dollarkurses untergraben. Die DDR zahlte nun für ihr Erdöl aus der UdSSR das Doppelte des Weltmarktpreises, durch laufende Dollarentwertung verlor sie ihre Absatzmärkte in Südostasien. Ihre Weltmarktoption war gescheitert, sie befand sich in einer schweren Zahlungsbilanzkrise und verschleuderte ihre Ressourcen im Außenhandel. Auf der Basis ihrer Krisendiagnose kam die Forschungsstelle zu dem Schluß, nunmehr mit wirtschaftspolitischen Mitteln jene Liquidation der DDR zu vollbringen, die auf politischer Ebene nicht geglückt war. Man müsse »zum geeigneten Zeitpunkt die Schlußbilanz aufstellen ... können.«

Die Bundesregierung nutzte nicht bloß »die Gunst der Stunde«, sondern sie hatte sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zielstrebig mit herbeigeführt. In genauer Kenntnis der Situation konnte sie die Zuspitzung der Krise in der DDR kalkulieren und mit offenem politischem Eingreifen jeweils den geeigneten Zeitpunkt abwarten. Die Koordinationsstelle, in der sowohl die Planungs- als auch die Entscheidungsabläufe zusammengeführt und von wo aus die Handlungsabläufe gesteuert wurden, war das Bundeskanzleramt und später dessen Ausschuß »Deutsche Einheit«. Dabei sollte in der Öffentlichkeit unbedingt der Eindruck vermieden werden, daß es eine solche zentrale Regulierungsinstanz überhaupt gab.

Operation Massenflucht

Die von Bundeskanzler Kohl im Einklang mit Bush betriebene Politik zur Destabilisierung der DDR verlief auf vielen Kanälen gleichzeitig, von der diskreten Einflußnahme, um der DDR Außenmärkte wegzunehmen, über die diplomatische Isolierung der DDR, von der »Operation Massenflucht« über die Stimulierung einer antisozialistischen Opposition bis zu Massenkundgebungen auf der Straße. Gestützt auf die genaue Krisendiagnose sollte die DDR-Ökonomie an ihren verwundbarsten Stellen destabilisiert werden, in der Außenwirtschaft. Waren diese Bemühungen weitgehend der Öffentlichkeit entzogen, so vollzogen sich die Flüchtlings- und Abwanderungsbewegung aus der DDR in einer medial vermittelten Öffentlichkeit. Die BRD hatte niemals die Staatsbürgerschaft der DDR rechtlich anerkannt, jeder aus der DDR geflohene DDR-Bürger konnte in der BRD oder jeder ihrer Botschaften grundsätzlich seinen Anspruch geltend machen, Bürger der BRD zu sein. So wurde die massenhafte Besetzung von BRD-Botschaften in den Nachbarländern der DDR zum Auslöser der offenen politischen Krise.

Es gibt in der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit sehr verschiedene Flüchtlingsströme. Menschen fliehen vor Krieg, Bombardierung oder Todesgefahr, vor Folter, Terror und Unterdrückung, aus materieller Not, um des Überlebens willen. Die Inszenierung von Flüchtlingsströmen gehört zum ABC des deutschen Imperialismus, sei es im September 1938 vor der Annexion der sudetendeutschen Grenzgebiete oder im Juli/August 1939 vor dem Überfall auf Polen, sei es im Sommer 1961 oder 1999 im Kosovo. Für die politische Funktion solcher Aktionen ist es gleichgültig, aus welchen Ursachen, mit welcher Motivation und Zielstellung die Menschen fliehen, ob »spontan« angezogen von verlockenden Versprechungen oder unter psychologischem oder gar physischem Druck und organisiert wie 1938. Entscheidend ist, daß solche inszenierten Flüchtlingsströme ihre politische Wirkung in der Öffentlichkeit über die mediale Präsentation zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllen.

US-Präsident Bush hatte im Juli 1989 Ungarn besucht, anschließend startete von hier aus die Fluchtwelle von DDR-Urlaubern über die Grenze zu Österreich. Die elektronischen Medien »informierten« täglich, westdeutsche Fernsehteams wurden an Ort und Stelle entsandt. Ihre Bildberichte erfüllten im psychologischen Krieg nicht so sehr eine Informationsfunktion, sie dienten vielmehr als Resonanzverstärker und praktische Organisatoren. Nachdem sich Ungarns Regierung für 500 Millionen DM Kredit von der Bundesregierung hatte kaufen lassen, konnte bei Sopron der mediengerecht inszenierte Massenübertritt erfolgen. Voraussetzung aller Fluchten aber war, daß DDR-Bürger in der BRD automatisch das Bürgerrecht erhielten. Die einmal in Gang gesetzte Massenmigration war nach der Grenzöffnung am 9. November nicht zu stoppen, obwohl die Bundesregierung das gern getan hätte, als deren politische Funktion erschöpft war. Jeden Tag wanderten nun Tausende Menschen ab, 1989 insgesamt 384854 Personen und im ersten Halbjahr 1990 weitere 238384.

»Plattformfieber«?

Neben der »Operation Massenflucht« wurde ein zweiter Kanal der politischen Destabilisierung wirksam, die antisozialistische Opposition in der DDR. Dies war zugleich eine Alternative zur »Operation Massenflucht«: Statt der DDR den Rücken zu kehren, diese demokratisch zu verändern. Die Oppositionsgruppen hatten mit wenigen Ausnahmen bisher unter dem Dach der Kirche Zuflucht gesucht. Ab September 1989 traten sie aus dem Schutz der Kirche heraus in die Öffentlichkeit und versuchten, schrittweise legale Organisationsformen aufzubauen. Die Sicherheitsorgane der DDR hatten geglaubt, diese Gruppen kontrollieren zu können, bis zu einem Drittel ihrer Mitglieder hatten sie dorthin entsandt. Sie hatten sogar Reservekandidaten für die Führung solcher Organisationen aufgebaut, erinnert sei nur an Ibrahim Böhme oder Wolfgang Schnur. Doch diese Hoffnungen auf Steuerung erwiesen sich als Illusion, Schnur z.B. drückte den Demokratischen Aufbruch bald nach rechts. Ein anderes Drittel, so grobe Schätzungen, dieser DDR-Oppositionellen lief an der langen Leine des BND oder anderer westlicher Dienste, die bei der politischen Etablierung logistische Hilfe leisteten. Die Vertreter von sieben Oppositionsgruppen bildeten am 6. Oktober 1989 eine »Kontaktgruppe«, die wöchentlich tagte und den Widerstand gegen die Führung der SED organisierte. Zu den 16 Mitgliedern gehörten Marianne Birthler, Rainer Eppelmann, Wolfgang Ullmann und Martin Gutzeit. Die Kontaktgruppe initiierte Kundgebungen und Demonstrationen, sie gab Losungen aus wie »Keine Gewalt« oder »Wir sind das Volk«.

Die SED-Führung reagierte hilflos und führte nicht einmal die politische Auseinandersetzung mit den sich formierenden Oppositionsgruppen, die sich zunächst nicht antisozialistisch gaben. Ihre entscheidenden Forderungen nach Abschaffung der führenden Rolle der Partei der Arbeiterklasse – ohne die Gründe für diesen Führungsanspruch überhaupt zu thematisieren – und bald nach »freien« Wahlen für ein bürgerliches Parlament führten dazu, daß spätestens Mitte Januar 1990 mit Ausnahme der Vereinigten Linken alle diese neugegründeten Gruppen und Parteien für den Übergang zur »Marktwirtschaft« und für die »deutsche Einheit« eintraten, als letzte war das Neue Forum eingeschwenkt.

Der dritte und entscheidende Kanal zur politischen Destabilisierung der DDR war die Organisation von großen öffentlichen Massendemonstrationen, beginnend am 6. und 7. Oktober in Leipzig und ab 9. Oktober jeden Montag in Leipzig. Die größte dieser Demonstrationen fand am 4. November 1989 in Berlin statt. Der, medial vermittelte, »Druck der Straße« sollte den Druck der Abwanderungsbewegung verstärken. Die montags auf den Straßen Leipzigs verteilten Handzettel mit den jeweils aktuellen Losungen trugen einen Bonner Druckvermerk.

Die Bedingungen diktiert

Zweifellos entstanden auf der Basis der tiefen politischen Krise des SED-Regimes im Herbst 1989 Elemente einer revolutionären Krise: Die Herrschenden konnten so nicht weiterregieren, und große Teile der Bevölkerung wollten so nicht weiter regiert werden. So artikulierte sich die Unzufriedenheit in Protestbewegungen, Kundgebungen und Massendemonstrationen. Doch Protest und Rebellion sind keine Revolution. Zu einer politischen Revolution gehört mehr, vor allem ein zielbewußtes politisches Subjekt und eine politische Massenmobilisierung, die Errichtung einer neuen politischen Herrschaft auf revolutionärer Grundlage. Der Anspruch, dieses Subjekt 1989 gewesen zu sein, wird von vielen Akteuren erhoben, von den Mitgliedern der Oppositionsgruppierungen, von den sogenannten Reformsozialisten in der SED, Teilnehmern an Kundgebungen und Demonstrationen. Die allermeisten von ihnen hatten von den weltpolitischen Rahmenbedingungen, die ihre Proteste als Reaktion auf die Krise hervorriefen und ihre Bestrebungen überhaupt erst ermöglichten, weder Kenntnis noch Begriff. Für sie spielte sich die »Revolution« scheinbar im politischen Vakuum ab. Dabei war spätestens nach der Grenzöffnung am 9. November 1989 die Regierung Kohl mit ihrer Anschlußpolitik das entscheidende Subjekt.

Die Leipziger Montagsdemonstrationen mutierten zum nationalen Ereignis. Der DDR-Bevölkerung sollten die Flausen von einem »reformierten, demokratischen Sozialismus« oder von einem »Dritten Weg« ausgetrieben und sie auf einen direkten Anschluß an die BRD eingestimmt werden. Dies passierte mit den von Kohl am 28. November 1989 proklamierten Zehn Thesen zur deutschen Einheit, die die von Hans Modrow angestrebte Vertragsgemeinschaft beider deutscher Staaten vereiteln sollte und einen Stufenplan zur staatlichen Einheit vorstellten. Kaum hatte Kohl sie bekanntgegeben, skandierten 200 000 Menschen in Leipzig: »Deutschland einig Vaterland!«

Alle bundesdeutschen Parteien suchten sich in der DDR ihre politischen Partner und dominierten sie bald. Parteiinstitutionen und -stiftungen schufen schnell eine Schicht kollaborierender politischer Funktionäre. Die West-Parteien mischten sich nicht nur in den Wahlkampf zur Volkskammer am 18. März 1990 ein, sie dominierten ihn bald. Der bundesdeutsche Groß- und Einzelhandel überschwemmte die DDR-Märkte, durch ihr Kaufverhalten trugen die DDR-Bürger massenhaft dazu bei, sowohl den eigenen DDR-Handel niederzukonkurrieren als auch die entsprechenden Produktionsbetriebe für die Versorgung der Bevölkerung. Die »Rück-Wende« war begleitet vom Massenopportunismus der DDR-Bürger.

Wie die DDR sich nach dem Sturz Honeckers entwickelte, wurde nicht mehr von der SED-Führung unter Krenz und auch nicht von der Regierung Modrow bestimmt, weder von den »Herbstrevolutionären« noch von den regulierten Straßendemonstranten, sondern zunehmend direkter in Bonn und Washington. Einen Tag vor der Grenzöffnung bestimmte Kohl im Bundestag erpresserisch die Bedingungen für einen »Reformprozeß« in der DDR: Grundlegende Veränderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse, Verzicht auf das Machtmonopol der SED, freie Wahlen und Rückkehr zur marktwirtschaftlichen Ordnung.

* Teil 2 am Dienstag: Die Zurichtung der DDR zur Anschlußzone

geishapunk

ZitatOriginal von joachimkuehnel
 Hier wird deutlich, daß Kohl ein größenwahnsinniger kalter Krieger war und ist. Er gehört nicht auf den Geschichtssockel des geeinten Deutschlands. Er ist ein Reaktionär und Demagoge.

Stimmt, das ist Kohl durchaus! Aber leider trifft das ebenso auf Dich zu!

Carsten König

Die ganze Geschichte hatte aber auch etwas mit dem technologischen Rückstand der RGW-Staaten zu tun. Beispiele gefällig?



16 KByte, erweiterbar auf 64 KByte



Taktfrequenz:    1,77 MHz
RAM:    128 KByte (davon 64 KByte Bildspeicher)   
ROM:    20 KByte
eingebauter Piezosummer, interner Speicher abschalt- und schreibschützbar, mehrere Module gleichen Typs gleichzeitig nutzbar, Adreßraum über Bankswitching bis zu 4 MByte (!), mit Erweiterungen bis zu 14 (8) Modulports verfügbar, frei programmierbare Funktionstasten, V.24-Routinen im ROM

Wilddieb Stuelpner

Da hast Du mit dem KC 84/ 85/1 und KC 87 die Konsumgüterproduktion erwischt. Siehe auch Robotron-Net. Da fehlen noch der MC 80 vom Robotronwerk Zella-Mehlis oder der Mikrorechnerbausatz Z 1013 vom VEB Robotron-Elektronik Riesa. Die liefen alle unter Basic.

Auf der Startseite im Bild hast Du den schwarzen MC 80 links unten mit Bildschirm und Kassettenlaufwerk, rechts unten ist ein KC.

Wenn Du mal die Gelegenheit bekommst ins Heinz-Nixdorf-Museum in Paderborn zu kommen, dann findest Du auch in der chronologischen Reihenfolge Exemplare vom russischen MINSK 32, den Roboton R 300, den Rechner der cellatron-Serie, die Bürocomputer A 5110, 5120, 5130, den PC 1715, den AC 7100 und 7150, den K 1834. Für Rechnerzentren der sozialistischen Staaten wurden die Großrechner aus der ESER-Serie, z.B. der 1055, produziert (ESER = Einheitliches System elektronischer Rechner in Baukastenbauweise).

Die Betriebs- und Vertriebsstandorte vom Kombinat Robotron, Stammwerk Dresden:



Standorte - Nähere Details zur Technik, Software etc. unter http://www.robotrontechnik.de/
Ein Sammelsurium zu mehreren Kombinaten der DDR-Mikroelektronik und nicht nur zu Robotron, inkl. Spezialisten aus der Privatwirtschaft.
Links zu DDR-Computer im Netz: http://www.robotron-net.de/links.html

lu.gal

Zitat"Vorwärts immer, rückwärts nimmer!"

Erich Honecker

ZitatEvolution, die: allmählich fortschreitende Entwicklung im Geschichtsablauf

Duden, Fremdwörterbuch

ZitatEuer Murren ist nicht wider uns, sondern wider den HERRN

Bibel, 2. Mose, Kap 16,8

Erich sagt es, der Duden sagt es, Gott sagt es und ich sage es:

"Laß es gut sein!"

}:-]
Auferstanden aus Ruinen...jetzt mit noch mehr FrogPower!

besorgter bürger

konsumgüter? muahhhaahh - der war gut, muss ich mir merken.

übrigens fehlt noch einer: der p8000

Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.

Wilddieb Stuelpner

Den AC 7100/7150 oder PC 1715 gabs nicht über die Ladentheke, zumal die guten Stücke mit 25.000 DDR-Mark-Einzelpreis in der DDR-Wirtschaft gehandelt wurden, für die mindestens pro Jahr 2,5 Vollbeschäftigteneinheiten für andere betriebliche Aufgaben freigesetzt, nicht entlassen, werden mußten. Ein feiner Unterschied zur gegenwärtigen Praxis.

Die KCs konnte man dagegen in Geschäften mit elektronischen Bastlerbedarf kaufen. Also waren letztere Konsumgüter.

Den P 8000 findest Du auf der Seite http://www.robotrontechnik.de/ wieder. Der wurde vom EAW Berlin-Treptow hergestellt, nur nicht für den Konsumgütermarkt.

Der Hersteller Elektroapparatewerk Berlin-Treptow beschäftigte sich hauptsächlich mit der Produktion von Geräten im elektrotechnischen Bereich. Jedoch wurden Mitte der 1980er Jahre auch Rechner produziert: GDS6000, P8000 und P8000 Compact. Außerdem gab es Entwicklungen im Prozessrechnerbereich: die Steuerrechner URSADAT 5000 sowie die URSALOG-Serie.

Näheres zum Rechner hier.

Wilddieb Stuelpner

Ich werde nicht aufhören, mich zu wehren, wenn Besserwessis DDR-Bürgern absprechen, daß sie nicht mal fähig waren, sich die Ärmel hochzukrempeln. Was anderes wird doch in dem Beitrag von Carsten König nicht ausgedrückt.

Außerdem unterschlägt er mehrere Fakten:

- Reparationsleistungen der DDR, auch für die BRD an die Sowjetunion
- Rohstoffarmes Land
- Embargopolitik des Westens gegen sozialistische Staaten bei gleichzeitigem Segen des Marshallplans

Wenn das keine Ursachen für den entstandenen wissenschaftlich-technischen Abstand sind.

Nur Wessis haben offensichtlich das Arbeiten erfunden und sind die Krone der Schöpfung. Von Teilnehmern in diesem Forum sollte man einen breiteren Horizont erwarten dürfen als unterschwellige Arroganz wie wir es von Westpolitikern und Westmanagern gewohnt sind.

Carsten König

ZitatOriginal von joachimkuehnel
Ich werde nicht aufhören, mich zu wehren, wenn Besserwessis DDR-Bürgern absprechen, daß sie nicht mal fähig waren, sich die Ärmel hochzukrempeln. Was anderes wird doch in dem Beitrag von Carsten König nicht ausgedrückt.

Außerdem unterschlägt er mehrere Fakten:

- Reparationsleistungen der DDR, auch für die BRD an die Sowjetunion
- Rohstoffarmes Land
- Embargopolitik des Westens gegen sozialistische Staaten bei gleichzeitigem Segen des Marshallplans

Ich habe nicht unterschlagen, sondern nicht erwähnt. Das macht schon einen Unterschied.
Zum anderen: Sie sitzen doch auch an mindestens einem Pentium I-Rechner. Mit den antiquierten DDR-Funzeln wäre man sicher nicht ins Internet ( //www.republik.ddr ??? ) gekommen.
Damit habe ich nicht - explizit unterstrichen - den Menschen ihre individuelle Leistungsfähigkeit, Kreativität und ihren Fleiß abgesprochen.
Es war nur so, dass aufgrund der welthistorischen Konstellation ein Sozialismus im nationalen Rahmen niemals gelingen kann. Zu diesem Theme, Herr Kühnel, werden Sie auch bei Lenin entsprechende Überlegungen finden, vgl. Staat und Revolution.
Lenin und der von Ihnen wenig geschätzte Trotzki hätten zu Versuchen, den Sozialismus im beschränkten bürgerlichen Rahmen des Nationalsstaates zu errichten, lediglich bitterste Polemiken übrig gehabt, und das zu Recht.

Wer über Sozialismus sprechen will, ist verdammt dazu, den Nationalstaat zu überwinden. Davon war die DDR sehr, sehr weit entfernt. Damit ist gleichwohl nicht verbunden die Aufgabe jeder Form eines Gemeinwesens. Ganz im Gegenteil. Im Wort Kommunismus schwingt die Kommune mit - das ist die Zukunft des sittlichen Gemeinwesens freier Bürger.

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