Berliner Zeitung Verkauf: Lieber Alfred Neven-Portfolio oder ausländische "Heuschrecken"?

Begonnen von Kater, 01:47:08 Do. 20.Oktober 2005

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Kater

ZitatLieber Alfred Neven-Portfolio oder usländische "Heuschrecken"?
Wer nicht kämpft, hat nur die Qual der Wahl
Von Peter Kleinert

Für den SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs aus dem eher rechten Seeheimer Kreis wäre der Verkauf an ein nicht-deutsches "Heuschrecken-Konsortium" ein "Beispiel für Raubtier-Kapitalismus der schlimmsten Art", erfuhren die Leser des "Kölner Stadt-Anzeiger" am Samstag von dessen Redakteurin Angelika Rausch. Beide, sie und er, meinten damit Pläne des Stuttgarter Medienkonzerns Holtzbrinck, den "Berliner Verlag" für 150 bis180 Millionen Euro an ein britisch-amerikanisches Spekulanten-Konsortium zu verkaufen. Erst danach meldete sich Alfred Neven DuMont aus dem Hintergrund, aus Mallorca öffentlich zu Wort. Ihn erfülle die Perspektive, dass die "Berliner Zeitung" künftig von ausländischen Beteiligungsgesellschaften gehalten werden könne, mit "Sorge" teilte er seinen und den SPIEGEL-Lesern ein paar Stunden später via Internet mit. Denn, so ließ er sich zitieren: Es gehe dabei schließlich "um eine achtsame Stimme in der deutschen Presselandschaft, die man mit Würde behandeln sollte". Was er damit konkret meinte, rutschte Neven in der Aufregung allerdings auch noch raus: "Für uns wäre das eine schöne Ergänzung unseres Portfolios."

"Portfolio", ursprünglich mal "portefeuille", ist für studierte Konzernbosse mit Ehrenprofessur wie Neven der feinere Ausdruck für "Bestand an Wertpapieren", "Brieftasche" - oder etwas weniger vornehm ausgedrückt: "Geldsack". Diesen Satz hatte der für Medienbetriebe zuständige stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke wohl noch nicht mitbekommen, als er - wiederum ein paar Stunden später, am Montag - Betriebsrat und KollegInnen des "Berliner Verlags" in einer Pressemitteilung "bei Protest und Widerstand gegen das Vorgehen von Holtzbrinck...die Unterstützung durch ver.di" versprach. Die Kollegen hatten nämlich bereits mit einer Unterschriftensammlung gegen den Verkauf von "Berliner Zeitung", "Berliner Kurier" und "Tip" an die Finanzinvestoren vor den Toren protestiert und die Holtzbrinck-Gruppe aufgefordert, den Verlag einem Interessenten "mit echten verlegerischen Erfahrungen und Engagement zu verkaufen". Nur so könnten langfristig Arbeitsplätze und publizistische Qualität erhalten werden. Laut BZ-Chefredakteur Uwe Vorkötter und BK-Chefredakteur Hans-Peter Buschheuer soll es dafür eher eine Chance bei Alfred Neven als unter dem britischen Investor David Montgomery geben.

Vor allem der 2002 nach einer skandalösen "Klau-Kids"-Hetze per Abfindung abgeschobene ehemalige EXPRESS-Chefredakteur Buschheuer müsste es besser wissen. Abgesehen von seinem - nach massivem öffentlichem Druck des Kölner Rom e.V., der Grünen und der Obdachlosenzeitung QUERKOPF - durchgesetzten Abgang aus Köln sieht es ja mit publizistischer Qualität, echtem verlegerischen Engagement und langfristiger Erhaltung von Arbeitsplätzen im Verlag M.DuMont Schauberg eher mau aus.

Informations- und Meinungsfreiheit können MDS-Redakteure seit gut 30 Jahren im Ernstfall nur noch dann wahrnehmen, wenn sie das, was Neven und vor allem seinen Anzeigenkunden aus den Konzernen nicht in den Kram passt, unter Pseudonym in anderen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichen. Rutscht ein kritischer Beitrag mal aus Versehen durch, wird der verantwortliche Redakteur gekündigt. Äußert sich ein Redakteur im Fernsehen kritisch über Pressefreiheit nach Art des Hauses, fliegt er sowieso. Liefern freie Mitarbeiter Artikel mit unbequemen Wahrheiten über skandalöse Vorgänge im Stadt-Kölner Untergrund, werden die von der Redaktion ins Gegenteil verfälscht und dann so - ohne Wissen der entsetzten Autoren, aber unter ihren Namen - veröffentlicht. Erfährt die Wirtschaftsredaktion Fakten über Insidergeschäfte eines Oberstadtdirektors, schweigt sie die so lange tot, bis sie von einer konzernunabhängigen Wochenzeitung ans Tageslicht gebracht werden...

Auch im Hinblick auf ihre Arbeitsplätze unter Alfred Neven-Portfolio müssen die Kollegen des "Berliner Verlags" von vergleichbaren Erfahrungen ausgehen. In den Zeitschriften der Gewerkschaft ver.di, PUBLIK und "Menschen machen Medien", wurde darüber in der Vergangenheit immer mal wieder berichtet. Bevor sie sich also, ohne zu wissen, was eigentlich tatsächlich dahinter steckt, dagegen mit allen Mitteln wehren, sollten sie sich das "Heuschrecken-Konsortium" des Hamburger Wingolfsbündlers und Reserveoffiziers Johannes Kahrs erst einmal genauer anschauen. Auch unter den Investoren gibt es - wie bei den Verlegern, wie bei allen Kapitalisten - solche und solche. Entscheidend wäre doch, ob ein Kaufinteressent nachweist, wie er den Spagat zwischen Rendite auf der einen und publizistischer Qualität und Arbeitsplatzsicherung auf der anderen Seite zu schaffen gedenkt.

Nachweisen könnte er das erstens durch ein von den offenbar zum Widerstand bereiten Berliner Kollegen durchgesetztes Redaktionsstatut, das - zum Thema Informations- und Meinungsfreiheit - beim "Kölner Stadt-Anzeiger" 1970, nach der - vom Kölner Unternehmer-"Klüngel" durchgesetzten Kündigung des liberalen Chefredakteurs Joachim Besser - auf Druck der damals gewerkschaftlich aktiven Redakteure mit Unterstützung der Vertrauensleute und des Betriebsrats durchgesetzt wurde. Inzwischen hat Neven das Statut allerdings längst in den Papierkorb werfen können. Nachweisen könnte der Investor seinen guten Willen zweitens durch eine per innerbetriebliche Mitbestimmung abgesicherte Arbeitsplatzgarantie.

Sollte der offenbar von Holtzbrinck zur Zeit favorisierte Investor Montgomery dazu nicht bereit sein, müssten die Berliner Kollegen es halt doch mit Neven-Portfolio oder mit dem noch konzentrationsfreudigeren WAZ-Konzern oder dem offenbar auch interessierten norwegischen Medienkonzern Orkla versuchen. Durch einen Erfolg bei der Abwehr der einen dann als solche tatsächlich entlarvten "Heuschrecke" gestärkt, könnten die Berliner dann vielleicht sogar erreichen, dass das Portfolio der Kölner Verlegerfamilie nicht endgültig über die Milliardengrenze anschwillt.

http://www.nrhz.de/archiv%5F14/glosse1.php

Kater

ZitatHeftige Proteste
"Berliner Zeitung" kämpft gegen neuen Eigentümer

 Heuschrecken sind gefräßige Tiere und lassen den Ort, an dem sie gehaust haben, in der Regel verwüstet zurück - eine schöne Analogie zum rein Profit orientierten Kapitalismus. Opfer einer "Heuschreckenplage" zu werden - dagegen stemmen sich zur Zeit die Mitarbeiter der "Berliner Zeitung" mit allen Kräften. Der aus Irland stammende Investor David Montgomery, für viele der Inbegriff der Heuschrecke, steht dabei im Zentrum der Kritik. Sollte er zusammen mit seinem Konsortium die Zeitung übernehmen, bliebe von der Qualitätszeitung in Zukunft nicht mehr viel übrig, so befürchten die Redakteure. Unter anderem mit leidenschaftlichen Artikeln im eigenen Blatt wehren sie sich daher gegen die Übernahme. Zapp über den Kampf um die "Berliner Zeitung".

Der Kampf gegen die Heuschrecke. Er treibt die Mitarbeiter des Berliner Verlages auf die Straße. Auch heute wieder: Wut und Angst. Ein Mitarbeiter: "Wir wollen zeigen, dass wir nicht jemandem gehören wollen, dem es nur ums Geld geht." Eine Mitarbeiterin: "Wir haben Angst, dass in unsere Arbeit eingegriffen wird, dass wir nichts mehr machen können." Eine weitere Mitarbeiterin: "Wir befürchten, dass eben unsere Leser darunter leiden müssen. Wenn die Kürzungen kommen bei den Beschäftigten, wird auch die Qualität schlechter sein." Und deshalb gehen sie auf die Straße.

Die Heuschrecken kommen
Alles begann vor zehn Tagen: Die "Heuschrecke im Anflug" enthüllt der "Spiegel" (10.10.2005): Der bisherige Eigentümer Holtzbrinck wolle den Berliner Verlag verkaufen an diesen Mann: David Montgomery. Ein knallharter Sanierer aus Großbritannien. Marcel Rosenbach, "Spiegel"-Redakteur: "Was man sicherlich festhalten kann, ist, dass Herr Montgomery ein Ruf vorauseilt wie Donnerhall. Insbesondere in Großbritanien, in Irland. Seine ehemaligen Kollegen reden nicht viel Gutes über ihn."

Das ist einer der ehemaligen Kollegen: Nick Cohen, in England ein berühmter Journalist. Nick Cohen, britischer Journalist: "Montgomery war nie beliebt. Alle sagen das Gleiche: Wann immer er in den Raum tritt, sinkt die Temperatur um 10 Grad." Montgomerys neues Objekt der Begierde: Der Berliner Verlag. Dessen Flaggschiff: Die "Berliner Zeitung". Das ehemalige SED-Blatt entwickelte sich nach der Wende sehr erfolgreich, schreibt schwarze Zahlen auch dank einer hohen Auflage. Die Journalisten im Berliner Verlag fürchten nun um ihren Job. Und dass die Qualität der Zeitung unter dem neuen Besitzer leidet. Hendrik Rauch, Foto-Redakteur "Berliner Zeitung: "Im Prinzip wussten wir relativ schnell wer dahinter steckt. Na, da ist uns schon mulmig geworden. Wir haben uns Sorgen gemacht und das tun wir nach wie vor." Petra Wache, Wirtschaftredakteurin "Berliner Zeitung": "Das wäre sehr traurig, dass man aus unserer Sicht ohne Not so ein gut laufendes Unternehmen auf Maximalrendite trimmt. Und das würde einiges bedeuten und das überlebt ein Unternehmen nicht so ohne weiteres."

Öffentlicher Protest
Deshalb kämpfen sie jetzt für das Überleben ihrer Zeitung. Gegen die Heuschrecke als neuen Eigentümer. Jederzeit spektakulär und öffentlichkeitswirksam. Immer wieder Betriebsversammlungen, um sich zu informieren und neue Aktionen zu planen. Thomas Götz, Nachrichtenredakteur "Berliner Zeitung": "Ich habe die Redaktion noch nie so geschlossen erlebt, entschlossen, sich zu wehren gegen diese Übernahme, die wir für katastrophal halten für die Entwicklung unserer Zeitung." Und sie dokumentieren ihren Protest auch in den eigenen Blättern. "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" titeln mit dem neuen Asterix gegen die Heuschrecke. Und im ebenfalls zum Verlag gehörenden "Tip" wird die Heuschrecke filetiert. Vor zwei Tagen schreibt der Chefredakteur der "Berliner Zeitung" eine ganze Seite gegen Montgomery. Und auf den Kopf stellt der "Berliner Kurier" seinen möglichen neuen Chef. Hans-Peter Buschheuer, Chefredakteur "Berliner Kurier": "You are not welcome, Mr. Montgomery und das haben wir kürzer und schlagzeilenträchtiger zusammengefasst eben zu ´No Sir´. Und wir haben ihm auch erklärt, selbst wenn er sich auf den Kopf stellt - deswegen ist er auf den Kopf gestellt -, dass er den Verlag, diese Redaktion nicht bekommen soll."

Was will der alte Eigentümer?
Hier beim Holtzbrinck Verlag in Stuttgart fällt die Entscheidung über die Zukunft der "Berliner Zeitung". Zu dem Verlag gehören auch angesehene Blätter wie "Zeit" und "Handelsblatt". Nicht nur Stuttgarter Journalisten wundern sich jetzt über den Verlag. Josef-Otto Freudenreich, Chefreporter "Stuttgarter Zeitung": "Wenn jetzt dieses Unternehmen mit diesen Investoren, die wir seit Müntefering alle Heuschrecken nennen, in einem Boot sitzen, dann, finde ich, ist das ein bedenkliches Zeichen für die Tageszeitungen hier im Lande."

Das ist Stefan von Holtzbrinck, der Verleger. 170 Millionen Euro hat er vor drei Jahren für die "Berliner Zeitung" gezahlt, doch da er bereits den "Tagesspiegel" in Berlin besitzt, legte das Kartellamt Veto ein. Michael Grabner: Der Holtzbrinck- Manager hat den Deal durchgezogen. Und ging damals davon aus, dass das Kartellamt sein Okay geben würde. Ein fataler Fehler. Josef-Otto Freudenreich: "Grabner, der diesen Deal ja gemacht hat, hat damals sehr, sehr risikoreich - man könnte es auch fahrlässig nennen - gehandelt. Er hat sich keine Rücktrittsklausel in den Vertrag schreiben lassen. Jetzt hat er den Schlamassel." Der Schlamassel: Von einem der beiden Berliner Blätter muss sich Holtzbrinck jetzt trennen. Das Ergebnis war überraschend. Es trifft ausgerechnet die wirtschaftlich erfolgreiche "Berliner Zeitung". Der defizitäre "Tagesspiegel" bleibt bei Holtzbrinck. Josef-Otto Freudenreich: "Die Berliner Zeitung schreibt schwarze Zahlen. Dadurch ist wird sie für eine Heuschrecke interessanter. Da ist mehr zu holen."

Hier in der "Berliner Zeitung" müssen sie jetzt nicht nur um ihre Arbeitsplätze fürchten, obwohl sie wirtschaftlich und journalistisch erfolgreich waren. Ihr Unmut richtet sich deshalb auch gegen den bisherigen Eigentümer Holtzbrinck. Petra Wache: "Sie haben unwahrscheinlich hoch gepokert und haben verloren. Bloß: Wer das ausbaden muss, das sind wir. Und vor allem ohne Not. Nur weil die den Rachen nicht voll genug kriegen konnten. Erst mal die ´Berliner Zeitung´ sichern wollten und jetzt aber, nachdem sie nicht ans Ziel gekommen sind, unbedingt das Geld brauchen und wir jetzt an irgendjemanden - und ich betone irgendjemanden - verkauft werden. Es gab ja auch noch andere Interessenten." Denn auch die Waz-Gruppe aus Essen und der Kölner Du Mont Schauberg Verlag hatten Interesse bekundet. Doch Holtzbrinck verhandelte lieber mit David Montgomery. Nick Cohen: "Sein Management-Stil ist ziemlich simpel und langfristig ziemlich dumm. Was er gemacht hat, als er große Blätter wie den ´Daily Mirror´ und den ´Independent´ übernommen hat, ist die Kosten zu reduzieren, reduzieren, reduzieren. Das schafft kurzfristig Profite. Aber mittelfristig leidet nicht nur die journalistische Qualität."

Genau das fürchten auch die Chefredakteure von "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier". In diesem Hotel suchten sie letzte Woche das Gespräch mit Montgomery.
Das Ergebnis nach drei Stunden: Hans-Peter Buschheuer: "Die entscheidenden Fragen, die wir gestellt haben, konnte oder wollte er nicht beantworten. Nämlich: ´Was erwarten Sie an Rendite aus dem Berliner Verlag?´ Deswegen war es ein verbindliches Geplaudere von seiner Seite. Und von unserer Seite war es ein sehr frustrierendes Erlebnis."

Geteilte Meinung bei den Beteiligten
Vorgestern Abend. Endlich stellt sich Holtzbrinck-Manager Michael Grabner den Fragen der Belegschaft. Protest vor der Tür, viel Wut drinnen. Nach dem Treffen ist nur der Manager guter Dinge. Michael Grabner, Geschäftsführer Holtzbrinck-Verlag: "Wir haben unsere Argumente gebracht. Die Damen und Herren des Berliner Verlages haben ihre Argumente gebracht. Natürlich sind wir nicht bei allen Dingen auf einen gleichen Nenner gekommen, aber es war eine sehr disziplinierte Versammlung und dafür möchte ich mich auf diesem Wege bedanken." Doch die Mitarbeiter haben dieses Treffen ganz anders erlebt. Eine Mitarbeiterin: "Wir haben ihm viele Fragen gestellt, wo er beleidigt drauf reagiert hat. Einmal hat er sogar gesagt: ´Dann können wir abbrechen, wenn mir nicht geglaubt wird.´ Das war das, was er gesagt hat." Eine andere Mitarbeiterin: "Stimmungsmäßig sehr gedrückt. Bei den meisten war es so: Das Ding ist gegessen." Ein weiterer Mitarbeiter: "Das Ergebnis ist rausgekommen: Wir sind verkauft."

Und in der Tat: Der Deal um die "Berliner Zeitung" scheint längst gelaufen. Zapp-Reporter: "Geht es nur noch um das Wie oder auch noch um das Ob überhaupt? " Michaeln Grabner: "Dazu möchte ich keine Stellungnahme abgeben." Er geht. Zurück bleiben wütende Mitarbeiter, die aber weiter um ihre Zeitung kämpfen wollen.

http://www3.ndr.de/ndrtv_pages_std/0,3147,OID1915904_REF2488,00.html

Kater

Zitat"BERLINER ZEITUNG" - Jeder dritte Redaktionsjob soll weg

Kahlschlag bei der "Berliner Zeitung": Die Deutsche Mediengruppe, zu der die Zeitung gehört, will nach Angaben des Betriebsrats massiv Personal kürzen. Allein in der Redaktion des Berliner Blattes soll die Stellenzahl von 130 auf 90 reduziert werden.

Berlin - Unsicherheit in der Belegschaft: Chefredakteur und Geschäftsführer Josef Depenbrock habe sich am Montag den Fragen der Mitarbeiter gestellt, aber keine konkreten Angaben gemacht, sagte die Betriebsratsvorsitzende Renate Gensch. Depenbrock wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Den Arbeitnehmervertretern habe Depenbrock aber angekündigt, die Deutsche Mediengruppe - zu der die "Berliner Zeitung" und die "Hamburger Morgenpost" gehören - wolle 150 der 930 Stellen abbauen. Allein in der Redaktion der "Berliner Zeitung" sollen demnach 40 von 130 Stellen wegfallen.

"Wir fordern die Geschäftsführungen auf, die Pläne zurückzunehmen und in die Produkte zu investieren", sagte Gensch auf Anfrage der Nachrichtenagentur ddp. Die Gruppe hat den Angaben zufolge derzeit 930 Mitarbeiter. Zum Berliner Verlag gehören neben der "Berliner Zeitung" auch der "Berliner Kurier" und das Stadtmagazin "Tip", bei dem laut Betriebsrat 17 Mitarbeiter von dem insgesamt geplanten Stellenabbau betroffen sein sollen.

Die Redaktion lehnt die Pläne ab. Im Redaktionsstatut sei die "Berliner Zeitung" als Qualitäts- und Autorenzeitung festgeschrieben worden. Dieses Ziel ließe sich mit den Streichungen in der Redaktion nicht aufrechterhalten, sagte der Sprecher des Redaktionsausschusses, Thomas Rogalla. Das Vorgehen des Verlags zeige, dass nie etwas auf die Beteuerungen der Vergangenheit, die journalistische Qualität der "Berliner Zeitung" erhalten zu wollen, zu geben war.

Anfang Juli beschäftigt sich das Arbeitsgericht in Berlin mit einer Klage der Redaktion gegen Depenbrock. Nach Auffassung von Rogalla verstößt Depenbrock gegen das Redaktionsstatut, weil er Geschäftsführer und Chefredakteur in einer Person ist. Dadurch würden die kommerziellen Interessen der Investoren ungebremst in die Redaktion getragen, argumentiert der Redaktionsausschuss.

Der britische Medieninvestor David Montgomery war 2005 mit seiner Firma Mecom durch den Kauf des Berliner Verlags in den deutschen Zeitungsmarkt eingestiegen. Das Unternehmen hatte dann die BV Deutsche Zeitungsholding - eine Tochter der Mediengruppe - gegründet und später den Hamburger Morgenpost Verlag und das Internetnachrichtenportal "Netzeitung" dazugekauft. Die beim Einstieg von Montgomery bekannt gewordenen Eckdaten der Investoren zu Umsatz- und Renditezielen hatten bei der Arbeitnehmervertretung des Berliner Verlags von Anfang an Befürchtungen über einen größeren Stellenabbau ausgelöst.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,561548,00.html

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