Einschnitte bei jungen Arbeitslosen ab sofort

Begonnen von mausikuss, 14:27:16 Sa. 18.Februar 2006

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mausikuss

Einschnitte bei jungen Arbeitslosen ab sofort

Junge Arbeitslose sollen ab sofort eine Zustimmung benötigen, um aus dem Elternhaus ausziehen zu dürfen. Der Bundestag beschloss zudem bundesweit einheitliche ALG-II-Sätze zum 1. Juli.

Das Arbeitslosengeld II (ALG II) wird in den neuen Bundesländern zum 1. Juli an das Niveau im Westen angeglichen. Das beschloss der Bundestag am Freitag mit den Stimmen der Großen Koalition von Union und SPD. Durch die Angleichung steigt das ALG II im Osten um 14 auf 345 Euro. Die Linkspartei scheitere mit ihrem Antrag, die Angleichung rückwirkend zum 1. Januar 2005 vorzunehmen. Das stieß bei allen anderen Fraktionen auf Ablehnung.

Beschlossen wurde auch, Empfängern von ALG II, die jünger sind als 25 Jahre, den Anspruch auf eine eigene Wohnung zu beschneiden und für sie das ALG II auf 80 Prozent zu reduzieren. Die FDP enthielt sich, gegen das Gesetzespaket stimmten die Abgeordneten der Grünen. Auch die Parlamentarier der Linkspartei lehnten das Vorhaben ab, weil sie die Einschnitte für junge Langzeitarbeitslose nicht mittragen wollten. Der Bundesrat muss den Gesetzesänderungen noch zustimmen.

Wie der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres (SPD), der Zeitung «Neue Presse» in Hannover sagte, sollen junge Arbeitslose bereits ab diesem Freitag nur noch mit Genehmigung der Behörden aus dem elterlichen Heim in eine neue Wohnung ziehen dürfen. Zunächst war die Einschränkung erst ab 1. Juli geplant. Das Hartz-IV-Änderungsgesetz enthalte eine entsprechende Stichtagsregelung, zitierte die Zeitung Andres.

Keine «Zwangsräumung» geplant

Im Bundestag verteidigte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, die Neuregelung. Es könne nicht Aufgabe des Staates sein, ein «Auszugsprogramm für Jugendliche» zu organisieren. Er verwies dazu auf die stark gestiegene Zahl der Ein-Personen- Bedarfsgemeinschaften. Bei ALG II übernimmt der Staat auch Miete und Heizkosten für die Wohnungen der Leistungsempfänger.

Brandner nahm die Betroffenen aber gegen Vorwürfe in Schutz, sie hätten die gesetzlichen Regelungen ausgenutzt. «Der Zustand ist so nicht gewollt gewesen», deswegen habe die Koalition ihn geändert. Es seien nun aber weder «Zwangsfamilie noch Zwangsräumung» angesagt, betonte Brandner.

FDP: Rot-grünes «Flickwerk» fortgesetzt

Für die Union verteidigte der CDU-Abgeordnete Gerald Weiß die Neuregelung. Damit werde das Arbeitslosengeld gerechter. Der Arbeitsmarkt-Experte der FDP, Dirk Niebel, äußerte Detailkritik und warf der Großen Koalition vor, sie setze mit der Gesetzesnovelle rot-grünes «Flickwerk» fort. Die Änderungen seien unsystematisch.

Mit den Einschränkungen der Leistungen für junge Arbeitslose will die Große Koalition 500 Millionen Euro pro Jahr sparen. Weitere Einsparungen in Höhe von zwei Milliarden Euro jährlich sollen durch eine Senkung der Rentenbeiträge für Langzeitarbeitslose von 70 auf 42 Euro im Monat erzielt werden. Außerdem wurde beschlossen, dass Ausländer keine Leistungen mehr erhalten, wenn sie einreisen, um sich arbeitslos zu melden. (nz)

QUELLE
Liebe Grüsse mausikuss :tongue:

Klassenkampf

Schnellerlässe und Kurzschlußentscheidungen, dies ist das Bild der Großen Koalition:

ZitatNeues Tempo der Sozialpolitik

Bemerkenswert, wie schnell die Änderungen in den Hartz-Gesetzen für Langzeitarbeitslose durchs Parlament gewinkt wurden. Selbst die Bundesagentur für Arbeit stöhnte, dass sie angesichts des Tempos mit dem Neuprogrammieren der Software nicht hinterherkäme. Bei einer großen Koalition sind offenbar neue politische Geschwindigkeiten möglich - da es keinen staatstragenden Akteur mehr gibt, der Sozialkürzungen skandalisiert.

Wenn man die Diskussion mit ein paar ressentimentgeladenen Bildern führt, wird es besonders leicht. Es gibt keinerlei aussagekräftige Daten darüber, ob junge Erwerbslose massenhaft von zu Hause auszogen und so den Anteil der Singlehaushalte an den Hartz-IV-Empfängern in die Höhe klettern ließen. Aber die Einzelfälle, von denen jeder irgendwie gehört hat, reichen aus, um keine Empörung über die Kürzungen aufkommen zu lassen. Dabei wird mit den Einschränkungen für junge erwachsene Arbeitslose nun ein Familienzwang eingeführt, den es so nicht mal im alten Sozialhilferecht gab.

Die Absenkung des Rentenversicherungsbeitrages für Langzeiterwerbslose, ebenfalls gestern beschlossen, betrifft zwar Millionen Hartz-IV-Empfänger - jedoch erst in deren Zukunft. Sie hat zur Folge, dass Menschen mit Phasen der Erwerbslosigkeit Gefahr laufen, im Alter nur noch Kleinstrenten zu bekommen. Das Gesetz fördert also die Altersarmut, aber eben später, deswegen gibt es darüber jetzt kaum ein öffentliches Murren.

Ressentiments, Einzelfälle, zeitliche Verschiebungen - mit dieser Mechanik kann eine schwarz-rote Koalition ganz neue politische Geschwindigkeiten erreichen, zumal sie nicht mehr mit dem Widerstand des Bundesrats rechnen muss. Das Tempo zeigte sich schon im blitzartigen Vorziehen der Altersgrenzen für die neue Rente mit 67. Und das lässt nichts Gutes ahnen für die Behandlung künftiger Themen wie der Gesundheitsreform. Politische Geschwindigkeiten spiegeln auch Machtverhältnisse wider. Und da geht es bei der großen Koalition vor allem darum, was an Kürzungen bei einer Minderheit noch von der Mehrheit akzeptiert wird. Vielleicht wird das künftig sogar noch mehr sein, als wir heute glauben.

Es mag ironisch klingen, doch dieses Handeln zeigt es auf: Als einst die Sozialdemokraten kürzten und die Union murrte, glaubte die Öffentlichkeit gutmütig, dies ist das Tagwerk einer Opposition. Nein, es war verletzter Stolz: Da kürzen die Sozialdemokraten und wir müssen zugucken!
Wie ähnlich sich die beiden "Erzfeinde" doch sind: Der behäbige Staatsapparat ist gar nicht so elefantös...zumindest nicht in diesen Dingen.

Altersrente: Was interessieren uns die Sorgen von Morgen? So oder ähnlich denkt somancher. Doch dies ist nicht die einzige Zuungunsten-Entscheidung dahiner: Damit hat man ein Druckmittel mehr auf private Rentenversorgung zu drängen. Man verweise in einiger Zeit auf die Altersarmut derer, die nicht 45 oder mehr Jahre arbeiten konnten und die Masse wird hinter der Entscheidung stehen, Riester-Rente auszubauen und nebenher die staatliche Umlagefinanzierung peu a peu abzutragen.

Legislative und Exekutive sind eins: Gewaltenteilung 2006, systemimmanent zwar, doch deswegen nicht minder undemokratisch. Ist das Demokratie? Die Diktatur des Volkes? Die Diktatur der Vertreter des Volkes?

Quelle
,,Diese Verhältnisse sind nicht die von Individuum zu Individuum, sondern die von Arbeiter zu Kapitalist... Streicht diese Verhältnisse, und ihr habt die ganze Gesellschaft aufgehoben."
--- Karl Marx, "Das Elend der Philosophie" ---


klaus72

Vielleicht kommt der Antwort auf die Verkürzung des ALG II :

"Pariser Wochen"


Siehe unter Volksprotest.de !

Kuddel

also bei dem Namen "Volksprotest" klingelten bei mir schonmal die Alarmglocken. Und als mit die Seite angeschaut habe, fand ich folgenden Beitrag:

ZitatMillionen Osteuropäer wollen unsere Arbeitsplätze

Weder SPD/Grüne noch CDU/CSU/FDP haben ihren Wählern offenbart, wie sie mit der Flut von Arbeitnehmern aus Osteuropa umgehen wollen. Alle Parteien schweigen dieses Problem schlichtweg Tod. Schon heute wird der deutsche Markt von Angeboten aus Osteuropa überschwemmt. Unsere Handwerker haben es immer schwerer ihre Produkte auf den deutschen Markt zu verkaufen. Millionen Arbeitsplätze sind vom Ansturm von Arbeitnehmern aus den neuen EU-Beitrittsländern hochgradig gefährdet. Aber keine Partei will sich dazu offen erklären.

 X( X( X(

ManOfConstantSorrow

dpa/ecoline vom 18.02.2006 15:16

Wirtschaftsforscher hält ALG-II-Kürzungen für Junge für unrechtmäßig

Halle (dpa) - Die Kürzung beim Arbeitslosengeld II (ALG II) für Jugendliche unter 25 Jahren könnte nach Ansicht des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) mit dem Grundgesetz kollidieren. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies rechtlich machbar ist", sagte IWH-Arbeitsmarktexperte Herbert Buscher in einem dpa-Gespräch.


"Wer volljährig ist, kann heiraten und Kredite aufnehmen, dann kann er auch hinziehen, wo er will." Der Bundestag hatte am Freitag beschlossen, dass Arbeitslose unter 25 Jahren vom 1. April an keinen Regel-Anspruch mehr auf eine eigene Wohnung haben. Jugendliche ohne Ausbildung, die im elterlichen Haushalt wohnen, erhalten ALG II nur noch zu 80 Prozent.

Grundlage der Arbeitsmarktreform Hartz IV sei aber nicht die Familie, sondern die so genannte Bedarfsgemeinschaft, kritisierte Buscher. Diese könne auch aus einer einzigen Person bestehen. Damit könne es innerhalb einer Familie mehrere Bedarfsgemeinschaften geben, die Anspruch auf Unterstützung hätten. Mit der 20-prozentigen Kürzung würden langzeitarbeitslose Jugendliche gegenüber anderen jungen Erwerbslosen diskriminiert.

Es gebe zwar Fälle von Missbrauch. "Aber wir dürfen nicht automatisch alle arbeitslosen Jugendlichen unter den Generalverdacht stellen, sie hätten eine Bedarfsgemeinschaft zum Schein gebildet, um Leistungen des Staates zu erschleichen", sagte Buscher. Vielen bleibe angesichts des wenigen Geldes und geringer Chancen auf Arbeit keine andere Möglichkeit, als Zuhause zu wohnen.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

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