Gremliza über Antisemitismus

Begonnen von Carsten König, 20:55:12 Do. 31.August 2006

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Carsten König

ZitatDaß die Welt ein antisemitischer Ort ist, liegt, sagt der Antisemit, an den Juden. Und was er da ausnahmsweise hat, ist: recht. Tatsächlich resultiert sein allgegenwärtiger Haß aus der erlebten Überlegenheit seines durch Jahrtausende unfreiwilliger Welterfahrung zur geistigen und materiellen Elite erwachsenen Feindes.

weiter hier: http://oam.antifa.net/postnuke/html/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=131&mode=thread&order=0&thold=0

Bemerkenswerter Text

Pyroskop

Keine Ahnung. Habe ihn (den Text) zweimal gelesen. Für mich bleibt Krieg halt Krieg. Besser wäre es, er hätte überhaupt gar nicht angefangen.

Ich bin für Frieden auf beiden Seiten. Das setzt aber Akzeptanz, Toleranz und Achtung des Gegenüber als Menschen, voraus. Es braucht doch nicht mehr, als Nächstenliebe beider Seiten, oder?

Ich glaube, dass dies in der Auseinandersetzung verlorenging. Irgendwelche Schuldzuweisungen kann man sich als Außenstehender sparen, jedoch bin ich dafür, dass wenn jemand "Krieg", man selbst das Recht hat "Frieden" zu schreien.

Gruß

Pyro
* Gegen Zeitarbeit !*

Kater

ZitatOriginal von Carsten König

Bemerkenswerter Text

Bemerkenswerter Text?

O-Ton Gremliza (am Ende seines Artikels):

ZitatDieser Krieg, der lange dauern und mit sehr wechselndem Einsatz geführt werden kann, endet entweder und im besten Fall mit der vollständigen Entwaffnung von Hamas, Djihad, AlAksaBrigaden und Hisbollah, bis zu welcher die Räumung der Westbank aufgeschoben wird, oder mit einem ganz anderen Krieg, in dem Israel jene Staaten, die eine zweite »Endlösung der Judenfrage« betreiben, Syrien und den Iran allen voran, mit jeder Waffe angriffe, die ihm zu Gebote steht.
In der Tat bemerkenswert, denn hier wird von Gremliza offen mit dem Ersteinsatz von Atomwaffen geliebäugelt...

Das Thema gab´s hier aber schon mal:

http://www.chefduzen.de/thread.php?threadid=6734&hilight=Gremliza

und:

http://www.jungewelt.de/2006/08-02/003.php

besorgter bürger

ZitatSyrien und den Iran allen voran, mit jeder Waffe angriffe, die ihm zu Gebote steht.

irgendwas läuft zur zeit total falsch. wenn sogar spd gutmenschen beschuldigt werden den antisemitismus zu fördern nur weil sie es gewagt haben ein ganz klein wenig gegen die bombardierung von wohngebieten zu haben...

also bringe ich mal ein zitat vom das knoblauch:

ZitatDie deutsche Regierung ist unter politischem und militärischem Zugzwang.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,434132,00.html

damit ist dann wohl alles gesagt

Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.

Kater

Hintergrund:

ZitatHeftige Kritik an Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul: Nach Meinung von Charlotte Knobloch, Vorsitzende des Zentralrats der Juden, fördere Wieczorek-Zeul eine "Anti-Stimmung gegen Juden in Deutschland."

Neue Differenzen über das israelische Vorgehen im Libanon haben das Zerwürfnis zwischen dem Zentralrat der Juden und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) vertieft.

Vor einer Begegnung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) griff der Zentralrat am Mittwoch die Ministerin persönlich an, weil diese eine UN-Untersuchung zum angeblichen Einsatz von Streubomben durch die israelische Armee im Libanon gefordert hatte. Zentralrats-Vizepräsident Salomon Korn sagte der "Frankfurter Rundschau": "Die Forderung nach dieser UN-Untersuchung zeigt einmal mehr, dass die Ministerin in Bezug auf Israel reflexhaft reagiert."
 
Unter dem Eindruck ihrer Libanon-Reise am vergangenen Wochenende hatte die Ministerin die UN aufgefordert, den angeblichen Streubomben-Einsatz der israelischen Luftwaffe zu untersuchen. Merkel ging anschließend auf Distanz zu Wieczorek-Zeul. Die Bundeskanzlerin sprach am Dienstag von einer eigenen Position der SPD-Politikerin, die sie sich "jetzt" nicht zu Eigen machen werde.

http://www.stern.de/politik/deutschland/:Untersuchung-Streubomben-Zentralrat-Juden-Ministerin/568907.html

ZitatUN kritisieren Einsatz von Streubomben im Libanon als ,,unmoralisch"
Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, hat den Einsatz von Streubomben durch Israel in den letzten drei Kriegstagen im Libanon als ,,unmoralisch" kritisiert. Er warnte davor, dass bis zu 100.000 Schrapnelle aus diesen Bomben noch nicht explodiert seien und im Südlibanon Menschen bedrohten.

Besonders ,,schockierend" und ,,absolut unmoralisch" sei, dass die israelische Luftwaffe 90 Prozent der Streubomben in den letzten 72 Stunden des Konflikts abgeworfen habe, kritisierte Egeland am Mittwoch (Ortszeit) in New York.

Zu dem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass eine UN-Resolution vorliege und dass die kriegerischen Auseinandersetzungen beendet würden. Die Streubomben seien nun auf ein großes Gebiet verteilt, und würden noch ,,viele Monate, vielleicht sogar Jahre" die Menschen gefährden, sagte Egeland. ,,Täglich werden Menschen versehrt, verwundet und durch diese Waffen getötet, es hätte nicht passieren dürfen."

Neben den Streubomben gebe es auch andere gefährliche Überreste der kriegerischen Auseinandersetzungen, die die Hauptbedrohung für die zurückkehrenden libanesischen Flüchtlinge darstellten. Etwa 200©000 Flüchtlinge könnten nach UN-Einschätzung nicht in ihre Häuser zurückkehren, weil sie zerstört oder wegen Blindgängern unbewohnbar seien, sagte Egeland.

http://www.dolomiten.it/nachrichten/artikel.asp?KatId=f&ArtId=81548

Carsten König

ZitatOriginal von Kater

ZitatDieser Krieg, der lange dauern und mit sehr wechselndem Einsatz geführt werden kann, endet entweder und im besten Fall mit der vollständigen Entwaffnung von Hamas, Djihad, AlAksaBrigaden und Hisbollah, bis zu welcher die Räumung der Westbank aufgeschoben wird, oder mit einem ganz anderen Krieg, in dem Israel jene Staaten, die eine zweite »Endlösung der Judenfrage« betreiben, Syrien und den Iran allen voran, mit jeder Waffe angriffe, die ihm zu Gebote steht.
In der Tat bemerkenswert, denn hier wird von Gremliza offen mit dem Ersteinsatz von Atomwaffen geliebäugelt...
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Sicher, aber er spricht nur den Umgang der Israelis mit einer Drohung ihrer Vernichtung aus. Einen zweiten Holocaust wird es nicht geben, diesmal werden die Israelis ihren Feinden die Waffen aus den Händen schlagen.

Wenn im zweiten Weltkrieg ein Jude seinen Verfolger erschlug, ermordete, bevor er Opfer des Holocausts werden konnte, wer kann ihn moralisch schelten?

Vielleicht hat er sogar Mitbetroffene gerettet? Dann wäre seine Tat sogar ehrenwert.



Das ist freilich kein Plädoyer für einen Präventivkrieg, aber die Welt ist einmal SO.

Carsten König

Aber warum nicht zugeben, dass Gremliza durchaus Recht hat?

ZitatTatsächlich sind gestern allein 43 Libanesen ums Leben gekommen, an einem Tag, an dem muslimische Gotteskrieger in dem irakischen Flecken Mahmudija 56 muslimische Marktbesucher ermordet haben. Tage zuvor hatten in Bombay andere muslimische Kämpfer in einer Minute 182 Menschen getötet Taten, von denen die Regierungen in Paris, Berlin und Moskau so wenig Aufhebens machen, daß man meinen könnte, sie hielten die Opfer nicht für Menschen.

Quelle: http://oam.antifa.net/postnuke/html/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=131&mode=thread&order=0&thold=0

Damit wird doch etwas Richtiges formuliert. Hier wird in den Medien einseitig israelfeindliche Stimmung gemacht. Und die Entwicklungshilfeministerin ist nicht gerade für Objektivität bekannt.

Ragnarök

Der Konflikt im nahen Osten hat seine Wurzeln in der ehemaligen Kolonialpolitik Englands und Frankreich auch die des ehemalige Osmanischen Reiches (heute Türkei) hat viel mit den heutigen Konflikten zu tun.

Vergessen wir nicht wie gerade die Europäer und ihr Handlanger mit den Arabern (oder Indern etc.) umgegangen sind.

Dann kam die Gier nach Erdöl hinzu, der zweite Weltkrieg mit seinen Millionen und aber Millionen an Flüchtlingen die keiner wollte, in erster Linie die Juden.

Wer Geld oder Ansehen hatte als Jude konnte in die USA auswandern der Rest war froh dem Schrecken und der Verfolgung entkommen zu sein.

Nur waren die Araber ja auch unterdrückt von den Türken, Engländern und Franzosen.  Warum man nach 1945 in England und Frankreich mit Unterstützung der USA und Russlands gerade Palästina (das heutige Israel) als Flüchtlingslager ausgesucht hatte wird wohl nie geklärt werden können.

Mein rein persönliches Fazit ist:

Hängt oder erschießt all die alten Männer, all die uneinsichtigen Hetzer egal ob Juden, Christen oder Moslems, erschlagt all jene die nur Hass kennen und nur Hass und Gewalt säen ohne Gnade. Ersäuft die gierigen und Machtgeilen alten Männer, dann wird Ruhe und Frieden einkehren.

Denn ich bin mir sicher dass die Mehrheit der Menschheit zusammen in Frieden leben will auch im Nahen Osten.

Nachtrag:

Wer Streubomben wie jetzt im Libanon abwirft gehört an den Pranger (besser an die Wand) gestellt wie die, die 1945 Dresden oder 1939 Rotterdam dem Erdboden gleich gemacht haben. Streubomben zielen auf Kinder, Helfer und Zivilpersonen ab.

Und die Regierung in Israel ist genauso verlogen, korrupt und Machtgeil wie die in Berlin, London, Paris oder Washington.

Und wenn ich jetzt ein Antisemit bin, ist es mir SCHEISSEGAL.
,,Wer den Mindestlohn für die Zeitarbeit ablehnt, will nicht Arbeit sondern Armut vermehren."

http://www.geldcrash.de/

http://www.attac.de/  8)

Lichtkämpfer

Mich würde eines mal Interessieren:
Angenommen Hitler und seine Schergen hätten die Juden nicht verfolgt.
Ich weiß nicht ob diese dann so überzeugte Antifaschisten wären.
Eigenartigerweise hört man nur von der eigenen Klientel etwas. Was mit Kommunisten, Gewerkschaftern, kritischen Kirchenleuten und Andersdenkenden geschah ist nicht so wichtig. Ich habe den Verdacht daß diese Schreckliche Vergangenheit dazu Instrumentalisiert wird um von den eigenen Fehlverhalten abzulenken. Ich denke mal an die dubiose ROlle die Bubis spielte. nach diesem In Frankfurt noch eine Brücke zu benennen ist, natürlich bestes Futter für die Rechte.
Vorallem dann wenn berechtigte Kritik insbesondere ander Politk des Staates Israel oder am Zentralrat der Juden geäussert wird idt sofort von Antisemitismus die Rede. Ich bin kein Antisemit und ich werde mir Kritik erlauben wenn etwas stinkt. Sollt mich jemand deshalb als Antsemit bezeichen sehe ich ihn vor Gericht wieder.X(
Als Erwerbsloser kannst du in diesem Staat nur ein Dissident sein.

Carsten König

ZitatOriginal von Lichtkämpfer

Angenommen Hitler und seine Schergen hätten die Juden nicht verfolgt.
Ich weiß nicht ob diese dann so überzeugte Antifaschisten wären.


Das ist doch hanebüchene Spekulation ohne jeden Erkenntniswert. Genug böswillige Zeitgenossen, die behaupten, die Juden wärens selbst schuld, gibts ja trotz Dresden immer noch.

ManOfConstantSorrow

Wenn Carsten König wieder mit seinem Gremliza daherkommt sollte man die Beiden geflissentlich ignorieren. Das schont die Nerven und verhindert ein Magengeschwür.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Carsten König

ZitatOriginal von ManOfConstantSorrow
Wenn Carsten König wieder mit seinem Gremliza daherkommt sollte man die Beiden geflissentlich ignorieren. Das schont die Nerven und verhindert ein Magengeschwür.

Aber inhaltlich keine Aussage...

ZitatWenn im zweiten Weltkrieg ein Jude seinen Verfolger erschlug, ermordete, bevor er Opfer des Holocausts werden konnte, wer kann ihn moralisch schelten?

Vielleicht hat er sogar Mitbetroffene gerettet? Dann wäre seine Tat sogar ehrenwert.

Gilt das nur für Einzelpersonen? Die Frage, ob dem Iran die nukes aus der Pranke geschlagen werden können/ sollen, ist eben nicht eindimensional zu sehen, obgleich ich kein Freund von Präventivkriegen bin.

besorgter bürger

ZitatHecht-Galinski: Weil es für mich besonders unerträglich ist und auch für viele meiner jüdischen Mitstreiter, dass sich der Zentralrat zum wiederholten Male als Sprachrohr der israelischen Regierung in Deutschland versteht, anstatt sich um die sozialen Belange der Gemeindemitglieder in den jüdischen Gemeinden in Deutschland zu kümmern. Das ist die eigentliche Aufgabe. Ich möchte nicht von einem Zentralrat vertreten werden, der nur die israelische Politik vertritt. Jetzt kommen heute wieder in den Zeitungen die Antisemitismusvorwürfe von Frau Knobloch und Herrn Korn. Nicht diejenigen, die Israels Politik kritisieren, fördern den Antisemitismus, sondern diejenigen, die schweigen und damit zulassen, dass das Bild von hässlichen Israeli und inzwischen auch von hässlichen Juden, was ja nicht gleich ist, weil Jude gleich Israeli, das muss einmal ganz scharf getrennt werden, das wird leider vom Zentralrat alles kaputt gemacht.

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/537976/
Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.

Carsten König

Habe das Interview selbst gehört: Die Hecht-Galinski scheint sich eher bloß selbst in ihrer Organisation profilieren zu wollen, denn eine einigermassen angemessene Würdigung der Gefahren Israels kam in dem Interview nicht vor.

Kater

ZitatAllein mit seiner Atombombe
Warum Israel auf seine Nuklearwaffen verzichten sollte
Adriano Sofri

In der Heiligen Schrift wendet sich der Herr manchmal an Israel und spricht es mit Du an. Auch uns, die allergeringsten unter den Sterblichen, ergreift das Verlangen, Israel zu hören und mit ihm zu sprechen, als handele es sich um eine einzige Person. Mit anderen Ländern passiert uns das nicht. Israel ist eben eine Ausnahme und weckt Gefühle in uns wie kein anderer Staat. Ich möchte jetzt zu folgender Frage Israel hören und zu ihm sprechen: Bedeutet der Besitz der Atombombe heute für Israel die Sicherheit der Abschreckung oder ist er eine tödliche Versuchung? Ich möchte meinen Gemütszustand erklären. Vor vier Jahren veröffentlichte ich in "La Repubblica" einen Artikel, der die merkwürdige und vielsagende Überschrift erhielt: "Die Pflicht, den Staat Israel zu lieben".

Ich könnte ihn heute genau so wieder schreiben: "Wir können Europa nicht vertrauen und noch weniger können wir es lieben, wenn wir nicht den Staat Israel lieben (allerdings würde ich in keinem andern Falle sagen, dass ich einen Staat liebte) und sein buntgemischtes, mutiges, aufgeschrecktes Volk. Eine abwegige Verdrehung ist es, von den europäischen Juden eine besondere moralische Verantwortung zu erwarten. Ich spreche von der besonderen Pflicht, die uns, den nicht-jüdischen Europäern auferlegt ist, Israel zu lieben. Wer vorübergehend waffentechnisch überlegen ist, darf nicht auf die Waffen vertrauen. Niemals war Israel - der Staat Israel, das Land Israel - so schwach und verletzlich wie heute, da es die vernichtendste und verhassteste militärische Überlegenheit entfaltet, ohne in der Lage zu sein, sich dessen klar und dessen Herr zu werden, wie ein brutaler Goliath gegen den palästinensischen David."

Mehr als je ist es wichtig, Israel gerne zu haben. Von Regierungen kann man Gutes, Schlechtes oder Schlechtestes annehmen. Aber bei keinem anderen Land werden Staat und Regierung so sehr verwechselt. Nur diesem Land wird - mal leise, mal laut - erklärt, es werde von der Landkarte gestrichen werden. Man muss Israel lieben, nicht indem man seine Fehler und seine schuldhaften Verfehlungen verschweigt - das wäre eine schäbige Liebe -, sondern muss sie sehen, auf sie hinweisen - sozusagen in dem Gefühl, selbst dafür verantwortlich zu sein. Es gibt keine dümmere Forderung als den Protest gegen das Schuldgefühl, das dazu diene, uns zu erpressen. Wir sollten dieses Schuldgefühl behalten. Es kostet uns nicht viel. Das war und das bleibt mein Gefühl gegenüber Israel. Vielleicht ist es heute noch stärker.

Israel war auch für seine Pioniere und für uns, die sie beobachteten, das Versprechen einer solidarischeren, großherzigeren Gemeinschaft, das Versprechen eines hingebungsvollen Sozialismus' der Selbstliebe, auch auf Kosten des anderen Volkes, das zurückgewiesen wurde. Israel war auch die Ausrufung eines Ortes, an dem von nun an verfolgte Juden eine Zuflucht fänden. Das ist nicht mehr so. Von der leidenschaftlichen Gemeinschaft ist nur wenig übrig geblieben, und dieses wenige ist noch stärker als am Anfang verseucht von der Nicht-Anerkennung des anderen Volkes. Was Israel als Zufluchtsort für Juden angeht, so wurde schon bitter bemerkt, Israel sei heute der für Juden gefährlichste Platz. Ich sehe die Idee auftauchen - nicht auftauchen: langsam herankriechen - dass man nach allem wirklich nicht weiß, was man in diesem Land der anderen mit einem Eindringling wie Israel machen soll, der in einem so beißenden Widerspruch zur Umgebung steht, ein abgewiesener Pfröpfling, der jetzt zum Wohle der Welt auch mal wieder die Koffer packen könnte, wie Ahmadinedschad es so liebenswürdig formuliert - umziehen, ausziehen.

Es genügt ein Meeresarm, der Abstand von ein paar Kilometern, um die akustische Wirkung der islamistischen Bedrohung radikal zu ändern. Gäbe es Israel nicht, für uns wären die Flammenreden Ahmadinedschads kaum mehr als unterdurchschnittliche Rhetorik, eine Demagogie, derer man mit der Peitsche dieser oder jener Sanktion und dem Zuckerbrot der einen oder anderen Konzession beikäme. Aber Israel liegt dazwischen. Von dort aus hört sich der tägliche Singsang des Iran, Israel sei zu zerstören, und der Iran müsse eine Atommacht werden, anders an. Welche Antwort von dort wäre "unverhältnismäßig"? Und tatsächlich scheint Israel ja nicht nur im Nahen Osten dazwischen zu liegen, sondern überall auf der Welt.

Es gibt eine Frage, die jeder in Europa sich ganz persönlich stellen sollte: Was tun gegen jemanden, der droht, Israel auszulöschen und gleichzeitig um jeden Preis Nuklearmacht werden möchte? Sich die Frage zu stellen heißt nicht, eine Antwort zu finden. Aber es ist ein Anfang. Ich lade dazu ein, noch einmal über die israelische Bombardierung des irakischen Reaktors von Osiraq nachzudenken. Eine rundum geglückte Sache, wie ein chirurgischer Eingriff, aber völlig illegal. Legal waren die Lieferungen aus Frankreich und wer weiß von welchen anderen Geschäftemachern noch. Hätte Saddam Hussein die Atomwaffe gehabt, wie wäre die Geschichte dieser Region, der Welt verlaufen? Was also wird sein, wenn der Iran die Atombombe haben wird?

Der halbe Artikel, den ich bis hierhin geschrieben habe, ist nur das Vorwort zu dem, was ich sagen möchte. Es ist kein Zufall, dass ich so herumkreise. In Israel, so heißt es, gebe es einen Masada-Komplex. Es gibt, das ist zu sehen, eine große Einsamkeit. Sie scheint sich zu übersetzen in eine entschlossene Verdrängung der Zukunft, in eine unbeugsame Einseitigkeit. Sharon, ein von Schlag auf Schlag, von Verlängerung zu Verlängerung des Ausnahmezustandes wachsender Champion der Entwertung der Zukunft, schien von der Notwendigkeit überzeugt zu sein, angesichts der demografischen Entwicklung und vielleicht auch im langen Schatten des Iran, ganz allein eine Partie gegen die Zeit spielen zu müssen. Seine Nachfolger scheinen jetzt mit dem Libanon alles wieder auf Null gestellt zu haben. Sie verbinden verhasste und Hass schürende Luftbombardements mit einem unglaublich späten und teuren Vorrücken zu Lande. Hinter dieser unumgänglichen, gleichwohl unbesonnenen Aktion war die Möglichkeit zu erkennen, dass Israel tatsächlich ganz allein einem kriegerischen Feind gegenüberstehen könnte. Mit einem Europa, das allenfalls zu einer Hilfsaktion zur See bereit wäre - das ist die Realität, die ein wenig von der möglichen Einigung über einen Libanoneinsatz verstopft wird -, und einem Amerika, das seinerseits ganz damit beschäftigt ist, mit sich selbst ins Reine zu kommen.

Israel könnte eines Tages wirklich ganz allein dastehen - allein mit seiner Atombombe. Ich glaube, es gibt nur einen einzigen Weg zu verhindern, dass Israel eines Tages ganz allein dasteht mit seiner Atombombe: der Verzicht auf die Atombombe.

Das ist der Gedanke, um den ich herumkreiste, aus Angst, zu Pinocchios sprechender Grille zu werden. Es ist mir klar, es klingt wie ein verblüffen sollender Einfall eines Schöngeists oder wie die Provokation eines Idioten. Aber Israel hat, ohne es jemals offiziell zugegeben zu haben, die Atombombe. Man geht davon aus, dass es ein paar hundert hat, und dass es Trägerraketen hat mit einer Reichweite, die sie jedes Ziel im Nahen und Mittleren Osten erreichen lassen. Es wird von Gelegenheiten erzählt, bei denen die israelischen Regierungen sich gefragt haben, ob es nicht opportun sei, Atomwaffen einzusetzen - zum Beispiel 1973 in der Küche von Golda Meir. Von der Kuba-Krise abgesehen war das der Moment, an dem wir einem Atomkrieg am nächsten waren. Vielleicht hat das Gleichgewicht des Schreckens einen dritten Weltkrieg verhindert. Vielleicht hat Israels Atomwaffenarsenal die geschworenen Feinde des Landes gestoppt, jene Reihe von Tyrannen und Banden, in deren Programm die Zerstörung des Zionistenstaates ganz oben steht, vielleicht. Aber welchen Schutz kann die Atombombe heute bieten, wenn sie, eingesetzt, nichts anderes als den Selbstmord Israels bedeutete und seine Zerschmetterung unter der Verantwortung für eine nukleare Apokalypse? Welchen Schutz kann sie bieten, wenn der benachbarte iranische Apokalyptiker dabei ist, sein eigenes atomares Magazin zu füllen - und so den Weg freimacht zu einer Verbreitung der Atomwaffen, von denen dann keine arabische (und nicht-arabische, man denke an die Türkei) Nation mehr ausgeschlossen sein möchte? Außerdem trägt die israelische Atombombe dazu bei, das Atomtabu aufzubrechen und die Atomwaffen den konventionellen in Form von "taktischen Atomwaffen" - und wie die beschönigenden Bezeichnungen lauten - an die Seite zu stellen.

Israel hat, wenigstens symbolisch, einen verhängnisvollen Schritt getan, als es eine internationale Streitmacht an seinen Grenzen akzeptierte. Welches taktische Kalkül - inklusive des Rechnens mit einem Scheitern - auch immer die Autoren bewegt haben mag, die Entscheidung bedeutet, dass Israel seine Sicherheit nicht länger nur seiner unilateralen Militärkraft anvertraut, sondern der internationalen Gemeinschaft. Wenn Israel darauf verzichtete, eine Nuklearmacht zu sein, ginge es diese Straße zu Ende: Seine Entwaffnung würde den Einsatz der anderen - vor allem Europas und der USA - auf den Plan rufen. Aber auch den der ganzen Welt. Denn eine solche Geste würde mit einem Schlag das Unverständnis und das Desinteresse, die zwischen Israel und große Teile der Welt einen Graben gelegt haben, beenden. Auch diese Geste wäre einseitig, aber von einer sehr gewinnenden Einseitigkeit. Sie würde die atomare Aufrüstung von Israels Gegnern, allen voran des Iran, antizipieren, und sie böte das beste Argument gegen den nuklearen Anspruch des Iran und aller anderen. Es wäre ein Signal, das überall die atomare Aufrüstung in Frage stellte.

Ich muss den Technikern glauben, die erklären, dass ein Schlag wie gegen die Anlage von Osiraq heute weder Israel noch den USA möglich wäre. Mein Eindruck ist, dass der Verzicht auf die Atombombe - Israel würde erstmals zugeben, dass es Atomwaffen besäße und im selben Atemzug erklären, dass es sie ohne Gegenleistung vernichten würde -, die kriminellen iranischen Planungen vernichtender schlagen würde als jedes Bombardement. Eine solche Erklärung würde unschuldige Leben bewahren und die nationalistische Schnur zerschneiden, die die nuklearen Ambitionen zwischen den Mullahs und dem Iran der freien Menschen gebunden haben. Ich kenne Israel nicht gut genug, um zu wissen, ob die Frage der Atombombe tatsächlich ein Tabu ist.

Heute haben wir die Situation, um aus ihr, ganz unabhängig von prinzipiellen, pazifistischen, abrüstungstechnischen Überlegungen, eine drängende politische, moralische, ja militärische Frage zu machen: Denn die Atombombe bietet keine wirkliche Abschreckung mehr. Man kann sich auch nicht mehr dem Masada-Mythos ausliefern, wenn einem der mit einem Atomgürtel bewehrte Kamikaze-Mythos entgegentritt.

Ich habe diesen Gedanken mit vernünftigen und starken Argumenten vorgetragen. Aber sein Ursprung - ein Traum mit offenen Augen - ist doch kenntlich geblieben. Ein Dialog - von Du zu Du - mit Israel: ein Stündchen wie beim lieben Gott. Träume werden nicht wahr. Sie werden nicht einmal ernst genommen. Nicht einmal ein Vorschlag wie der, Israel aufzunehmen in die Europäische Union, ein vernünftiger, nahezu unumgänglicher Entschluss, jetzt wieder vorgetragen von Marco Panella, hat auch nur die geringste Chance, bei den Autoritäten Gehör zu finden. Sie klammern sich jetzt an die Libanonmission, nennen sie verspätet, denn jetzt kommt es darauf an, Äquidistanz zu zeigen. Gerade so, als wäre es ein Zeichen von Feindschaft gegenüber seinen Nachbarn, wenn man Israel europäisch nennte. Stellen wir uns also den Verzicht auf die Atombombe vor. Es gibt Ideen, die so schön sind und so einfach, dass sie auch in die abgebrühtesten Herzen, ja vielleicht sogar in eine aufgeschreckte und aufgeklärte Regierung eindringen können.

Adriano Sofri, geboren 1942, war in den 60er- und 70er-Jahren einer der bekanntesten italienischen Linksradikalen. Danach arbeitete er als Journalist. Er wurde in sehr umstrittenen Verfahren mehrfach wegen angeblicher Anstiftung zur Ermordung des Polizeikommissars Calabresi im Jahre 1972 zu Gefängnis verurteilt. Im November 2005 erkrankte er schwer. Er lebt zurzeit in Freiheit in Rekonvaleszenz
.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/magazin/583141.html

Lichtkämpfer

ZitatOriginal von Carsten König
ZitatOriginal von Lichtkämpfer

Angenommen Hitler und seine Schergen hätten die Juden nicht verfolgt.
Ich weiß nicht ob diese dann so überzeugte Antifaschisten wären.


Das ist doch hanebüchene Spekulation ohne jeden Erkenntniswert. Genug böswillige Zeitgenossen, die behaupten, die Juden wärens selbst schuld, gibts ja trotz Dresden immer noch.

Hallo Carsten, zunächstmal eine Klarstellung. ich bin nicht der Meinung daß dieJuden selbst Schuld seien. ich setzte mich vielmehr mir den Aussagen der "Offiziellen" auseinander, und da reiht sich ein Widerspruch nach dem anderen.
Ich empfehle dir die Bücher von Emil Carlebach zu lesen. Dieser Mann war Jude und Kommunist, er hatte Dachau und Buchenwald überlebt. Sehr informativ
ist sein Buch "Tote auf Urlaub". Da stehen einige Wahrheiten drin. Ich hatte das Glück Carlebach noch persönlich zu treffen, dieser Mann war weder ein Lügner noch ein Antisemit.
Als Erwerbsloser kannst du in diesem Staat nur ein Dissident sein.

Kuddel

ZitatNoam Chomsky wurde die Einreise nach Israel verweigert

Eine offizielle Begründung für das Einreiseverbot wurde nicht gegeben, die Meinung des linken US-Intellektuellen scheint der rechten Regierung nicht zu gefallen


Israels rechte Regierung liebt Kritiker nicht, auch wenn es sich um Juden handelt. Gestern durfte der Linguist Noam Chomsky, einer der wenigen Linken in den USA, nicht nach Israel und in das Westjordanland einreisen. Chomsky sollte an der Universität Bir Zeit im Westjordanland einen Vortrag halten, wurde aber von israelischen Sicherheitskräften für drei Stunden festgehalten, als er von Jordanien kommend einreisen wollte. Schließlich verweigerte man ihm die Einreise, er musste nach Amman zurück.

Chomsky berichtet, die Sicherheitskräfte an der Grenze hätten ihm gesagt, der Grund für das Einreiseverbot würde der US-Botschaft schriftlich zugesandt werden. Diejenigen, die ihn verhört hatten, hätten erklärt, er habe Dinge geschrieben, die die Regierung nicht mag. In einem Interview sagte Chomsky, er habe darauf geantwortet, dass man wohl kaum eine Regierung auf der Welt finden werde, die es mag, was er sagt. Überdies seien die israelischen Sicherheitskräfte nicht davon angetan gewesen, dass er nur im Westjordanland, aber nicht in Israel einen Vortrag halten will.

Chomsky ist ein scharfer Kritiker der aggressiven Politik der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern. Er spricht von einer "Apartheidspolitik" Israels. Von Bürgerrechtsorganisationen wurde das Einreiseverbot des bekannten Intellektuellen als undemokratisch und als Verletzung der Meinungsfreiheit gegeißelt. Das Innenministerium sucht sich aus der Schusslinie zu ziehen und verweist auf andere Instanzen. Von dort wird allerdings gesagt, dass der Innenminister die Anweisung gegeben hat. Der Schaden ist allerdings angerichtet.
http://www.heise.de/tp/blogs/6/147637

Hedgegina

Wahnsinn. Chomsky ist ein großer Name - der hat mich an der Uni begleitet bis ich fast glaubte, ihn persönlich zu kennen...

...wenn der mal nach Kiel kommen will, werde ich ihm bestimmt nicht die Einreise verweigern. Von solch einem klugen Kopf kann man doch eigentlich nur profitieren....

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