Undercover bei Belogen und Betrogen

Begonnen von Onkel Tom, 23:29:34 Do. 15.Oktober 2009

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Onkel Tom

Wie verprochen, werde ich hier jetzt einfach posten, wie mein erster Ein Euro Job
abgegangen ist.

Vorwort

Wie wars noch, vom Sommer 2004 bis Sommer 2005 ?
Die Regierung war mit den Änderungen des Sozialsystem beschäftigt.
Viel verbale Unruhen machten sich unter Erwerbsose und Erwerbsabhängigen
breit. Es entstanden Montagsdemos, die Montagabend durch die Straßen
gegen Hartz 4 und dem damit verbundenen Sozialabbau zogen.

September 2004 wurde das vierte Gesetz zu modernen Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt verabschiedet. Sofort lud ich mir aus dem Internet die
verabschiedete Fassung herunter und erst nach dem 2.ten Mal lesen
verstand ich, das dies ein Deaster zum Nachteil der Merheit, die
Erwerbsabhängige Bevölkerung ist.
Meiner Erkenntnis, wie kann mann das Volk nur so auf spottbillig an die
Wirtschaftsinteressen verscheuern ? Geschockt und fassungslos steckte
ich meine Nase tiefer in diesem Hartz-4-Gesetz, um auch verdeckte
Möglichkeiten zu erkennen und Gefahrenbereiche für Betroffene zu
lokalisieren. Das Wort Ermessensspielraum machte die Recherche mühsam.
Nach zwei Monaten mit Infos selbstversorgt, hörte ich im TV vom Schröder
"Wir können doch nicht jede Woche eine neue Sau um Hartz-4 duch das Dorf
jagen". Es ging auf Weihnachten zu und das damals sogar Sparschweine von
Kindern angerechnet werden, sorgte für Protest und der Investition an
die Medien, die dafür sorgen, das es nur noch Schönfärbereien rund um
Hartz 4 verbreitet werden.

Viel Zeit damit beschäftigt, was mir in der Zukunft noch alles
unter dieser Gesetzgebung blühen könnte und wie ich dazu beitragen
kann, Hartz-4 zu begegnen.

Zwei Wochen vor Weihnachten wurde mir klar, ich bin aus dem Dornrößien-
schlaf erwacht. In meiner Jugend gegen Missstände in der Heimerziehung
gekämpft, lernte ich vieles wieder kennen, was mich an damals erinnert.
Was kann ich nun tun ?.. Ja, warum sollte ich mich nicht in das Geschehen
der Umsetzungen zu Hartz 4 zwecks Aufklärung eintauchen ?
Genau so oder ähnlich, wie ich mich früher als Heimzögling in die
dreckigsten Erziehungsheime, unterstützt von einer Selbsthilfegruppe
einschleusen lies, kann das bei einem Beschäftigungsträger nicht so
schwer sein..

Latschdemos hin und her, großes Getöse gegen den Sozialabbau. Im Januar
05 zur Aktion Agenturschluss. Ich fand mich bei einem Tätigkeitsfeld
wieder, wo ich alles nach dem Motto Auffrischungsübungen ausprobieren
konnte. Ich machte in der Pressegruppe mit und verspürte was Sinnvolles
zu tun. Das ich zum Jahreswechsel zur Gesetzgebung schon soweit aufgeklärt
war, konnte ich eine spontane Radiosendung zum Agenturschluss zum Abend
begleiten zu können. Lampenfieber ließ sich gut mit Wissen bekämpfen.

Meine Erzählung formuliere ich so, das eine Identifikation von Beteiligten
so schwer wie möglich macht. Es macht jedoch keinen Sinn, die Erzählung
soweit zu verwaschen, das LeserInnen, die selbst dabei waren, sich nicht
mehr darin wiedererkennen können.

M.f.G Tom


Rein, in die gute Stube.


3 Monate Erkenntnisse zu Hartz 4 und der düstersten Gerüchte, die
damals bei Hartz-4-GegnerInnen kursierten, bewegten mich neugierig
zum Arbeitsamt, um mir einen Ein-Euro-Job zu holen.
Auf Test wollte ich selbst erfahren, was es sich mit einer Arbeits-
gelegenheit auf sich hat. Auf die Frage meiner SB, warum ich mich als
Tischler dazu bewerbe, bekam ich nach dem Gespräch " Ich möchte meine
beruflichen Fähigkeiten testen und überprüfen" eine Trägerliste und
es bedurfte wenig Zeit, mich bei einem Träger vorzustellen und den
Papierkram der Zuweisung zu erledigen.

Der Berater machte mir schmackhaft, das Ein-Euro-Jobber mit Berufsab-
schluss gute Chancen bei Belogen und Betrogen (Trägername geändert)
haben und Tischler dort vielseitige Tätigkeiten nachgehen können.

Ok, alles notwendige zwecks Antritt des Ein-Euro-Jobs erledigt, ging
es für mich schon im Januar 2005 los.
Auf einem Gewerbegelände angesidelt eine große Metallwerkstatt, eine
Tischlerei, Verwaltung und ein Materiallager, wurden ca. 80 Ein-Euro-
Jobber gehalten. Ja, ich meine das "gehalten" auch so. Belogen und
Betrogen betreibt hier Handwerk für gemeinnützige Einrichtungen und
nennen diese Abteilung etwas hochtragend Zofftec (Abt.-Name chemich
gereinigt). Da dort gewerkschaftsähnliches Interessenkämpfe stattfanden,
passt der Name Zofftec ganz gut.

Morgens um acht erst vorbei, an das kleine Eingangsbüro, wo 4 Jobber
Verwaltung und die Registration von pünklichkeit der Jobber machten.
Dann weiter, durch die Metallwerkstatt zur Umkleide und anschließend
dahinter zur Tischlerei.
Es gab ein kleines Lager von gebrauchten Arbeitsklamotten, wo ich auf
dem ersten Arbeitstag Anprobe machte. Latzhose entweder so weit, das
ich zwei mal reinpasste und Arbeitsschuhe, die zwar desinfiziert
wurden, aber anhand abgelatschter Hakken etc. das Geverhalten negativ
beeinträchtigten.
Ach ja, die Einkleidung mit neuer Arbeitskleidung war dem Träger zu
teuer und löste das Problem halt mit Gebrauchten Klamotten.

Dazu sollte ich auch noch eine Empfangsbestätigung unterzeichnen, doch
ich entschied mich dazu, meine eigene Arbeitskluft zu tragen.
Mein erster Tag war mit viel Kennenlernen von Vorgesetzten, Ein-Euro-
kollegen und Hausregeln begleitet.
Meinen künftigen Arbeitsplatz bekam ich auch zu Gesicht. Etwas caotisch,
was Handwerkzeug anging, aber was will man erwarten, wenn von ca. 12
Ein-Euro-Jobbern gerade inklusiver Anleiterin vier Fachleute vertreten
sind.

Nächsten Tag trat ich meiner Arbeit in eigenen Arbeitsklamotten an.
Halt so, wie Tischler ebend zu erkennen sind.
Ich testete mich selber an, was ich so als Holzwurm noch kann, da ich
schon länger keine Tischlerei mehr von innen gesehen habe.
Es dauerte nur wenige Tage, bis ich in meinem beruflichen Element
zurecht fand und anhand des offenen Umgang unter Ein-Euro-Kollegen,
war es leicht, Infos an die Sonne zu bekommen.

Schon nach einer Woche wurde mir klar, hier in einem Wespennest gelandet
zu sein. meine Kollegen, die einen Monat zuvor noch als ABM-Kräfte dort
tätig waren, wurden zum Januar einfach auf 1 Euro-Verhältnis umgestellt.
Das die, die erst im November als ABM-Kräfte eingestellten ganz schön
sauer darüber waren, setzte ein Schleudergang der Gerüchtetrommel im
Gang, die mich mit ersten Infos versorgte.
Abgleiche von Erzählungen anderer Leidensgenossen machten es mir leichter,
Wahrheiten von der Spreu, bestehend beladener Emmotionen zu trennen.

Die nächsten 4 Wochen damit beschäftigt, die Strukturen vor der Fassade
und in den auch produzierenden Betrieb kennen zu lernen.
Alles lief noch sehr caotisch, bis auf das Gesülze der Anleiterschaft, wie
chancenhaft Hartz 4 wäre. Haben die ein Buch von Schröder gefressen, was
den Titel "Verkaufsstrategien Hartz 4" tragen könnte ?

Hmm.. eine Betriebsathmosphäre richtung "Streicheln und Verbalpeitsche".
Die nun schlechter bezahlten und zudem völlig Entrechteten mittels veräppeln
bei Arbeitslaune halten. Wem das zu wieder war, kann ja auch nach dem von
Anleitern gern besagten Spruch "Sie können ja auch gehen, wenn Ihnen das
nicht passt. Sie zwingt keiner, hier zu bleiben."

Näxtes Kapitel folgt..
Lass Dich nicht verhartzen !

Vincent_Vega

habs gelesen. bei uns is von den rahmenbedingungen her ähnlich. in welcher stadt bist du?
In Deutschland wird nicht die Arbeitslosigkeit, sondern der Arbeitslose bekämpft.

Onkel Tom

Mittendrin

Unsere Holzwurmgruppe war mit Erwerbslosen ab den 25.zigsten bis zum
61.zigsten Lebensjahr besetzt. Davon zwei weitere Tischlergesellen und eine
Anleiterin, die als Tischlerin fest eingestellt und demnach meine Vorgesetzte
war.

Die Anleiterin, hier Frau Vormach genannt, lud mich anfänglich zu Gesprächs-
runden ein, wo es noch Papiere zu meinen beruflichen Fähigkeiten auszufüllen
galt. Sie unterbreitete unter vorgehaltener Hand " Nur Ihr könnt was an
dieser Situation ändern. Mir gefällt es auch nicht, das ihr hier jetzt für
so wenig Geld arbeiten sollt. Ich kann Euch leider nicht dabei helfen, aber
wir können darüber reden.."

Nach weiteren Gesprächen unter Leidensgenossen, wurde ich darüber gewarnt,
das Frau Vormach je nach Laune uns gefährlich werden könnte. Sie zeigte
zwar Verständnis über unsere Lage, aber wenn Boss was sagte, sprang sie.

Nun gab es auch eine sogenannte Teilnehmer-Gesprächs-Runde, die im Betrieb
und auf Wunsch auch ohne Anwesenheit von Anleitern etc. geführt wurde.
Die anwesende Teilnehmersprecherin, die nun in einem Praktikum gehen
soll, musste ihr Ehrenamt abgeben. Aktueller Stand der Dinge, sowie Neuwahl
des Teilnehmersprechers, begleiteten auch die nächste Teilnehmerrunde.

Diskussion zur Erhöhung der Mehraufwandsentschädigung von 1,20 auf 1,50
Euronen. Ich taufte diesen Punkt "Drei Groschen Streit". Wir wollten genauso
viel haben, wie andere Träger zahlten. Es machte sich auch schnell bekannt,
das die Stadt ca. 1,45 für jeden zahlt, jedoch Belogen und Betrogen wie im
Vermittlungsgeschäft 25 Cent pro Arbeitsstunde abzog.

Inzwischen wurde ich zum neuen Teilnehmersprecher gewählt. Damit bekam ich
die Möglichkeit, weiter in die Tiefen zu gehen.. Schwierig, aber auch spannend.
Ich schaute zunächst, wie Leidensgenossen drauf sind und in wieweit weitere
Dinge, wie z.B. der Drei Groschen Streit bewältigt werden kann.

Ich stand auch nicht lange allein da. Ein weiterer Kollege wurde Stell-
Vertreter, ein gewerkschaftsnaher Fahrer und mit einer außen stehenden
Mitstreiterin waren wir zu viert.
Klar, wir mussten erstmal auf Sammeltour möglicher Missstände im Betrieb
gehen. Es fand sich auch genügend. Angefangen von schlechtem Angebot von
Bewerbungsmöglichkeiten, über mangelnder Einhaltung von Unfallverhütungs-
vorschriften, bis hin zur Videoüberwachungsmöglichkeit im Betrieb.

Gerade der Fahrer, der Gewerkschaftliches Interesse im Herzen trug, möchte
ich mich nicht nur bedanken, sondern auch Antwort darüber geben, warum am
Ende unsere Unstimmigkeiten unnötig im Streit und Zersplitterung ausarteten.
Er trug eimal ein T-Schirt mit dem Aufdruck "Notarzt". Deswegen nenne ich
ihn hier Notarzt.

Fast jeden Tag begaben Notarzt und ich gemeinsamen Arbeitsweg, um über die
nächsten Schritte gegen den Träger aus zu tüfteln. Er auf dem Trip,
"Wir müssen sofort was dagegen unternehmen" und ich auf "Ja, aber den Fall
noch genauer unter der Lupe nehmen und geduldig an die Öffentlichkeitsarbeit
gehen."
Kurzentschlossen setzen wir Prioritäten an Problemen und waren uns einig,
eine erneute Teilnehmersitzung zu veranstalten.

Ich meldete die nächste Sitzung an, wobei mich der Bereichsleiter nach dem
Grund fragte. Ich gab ihn Antworten, womit er nix anfangen konnte.
Diese Sitzung hatte es in sich.
Ca. 40 Leidensgenossen im Bespechungsraum. Ich führte zur Eröffnung die
Schwerpunkte an. Um weitere Diskussionen im Raum in Emotionsausbrüchen
zu vermeiden, war es herausfordernd für mich, die Sitzung auf rein Sachlich
zu halten.

Die Themen bezogen sich auf den Drei Groschen Streit, Bewerbungsrechner,
Arbeitsklamotten und "Echter" Qualifizierung. Ja, diese Sitzung hatte es in
sich.

Eine Teilnehmerin kam auf dem frischen Wind in der Sitzung nicht zurecht.
Alles Gesichter, denen unsere Vorschläge schmeckten, dafür stimmten.
Doch diese Teilnehmerin stand nicht im Boot. Ganz im Gegenteil bekundete sie,
das wir keine weiteren Briefe an die Leitung schicken sollen, ,,der Leiter
will nicht mehr mit Bittstellerbriefen belästigt werden".

Notarzt und ich saßen uns schockiert gegenüber, eine Teilnehmerin anhand
ihrem Kontragequatsche des "Maulwurfdasein" verdächtig zu machen.
Die Sitzung musste spontan auf das wesentliche gekürzt werden und der
Verdacht bestätigte sich, wie diese Teilnehmerin, genannt Frau Petze in die
Gemeinschaftsküche einen Kaffee kocht, einen Apfel schält und mit ihrem
schön servierten Tablett ins Büro des Bereichsleiters verschwand.
Sie tat dies sofort nach der Sitzung, so wie es sich einer Obrigkeitshörigen
Caraktere halt sofortige Pflicht ist, den Bereichsleiter zu unterrichten.

Notarzt und ich waren an dem Tag ganz schön fertig. Mit der Erkenntnis, einen
Maulwurf unter den Leidensgenossen zu haben, saßen wir mit nem Bier nach
Feierabend zusammen und standen vor der großen Frage, wie alles weitergehen
kann. gut ne Stunde später stießen wir darauf an, das in Zukunft nur noch
außerhalb des Betrieb über strategische Punkte zur Sache gesprochen werden
kann. Angelika, die außenstehende Mitstreiterin wurde auch darüber informiert,
was bei Zofftec so los ist. Sie kümmerte sich um Bereiche, die als außen stehend
besser zu machen sind.
Weitere Teilnehmersprechersitzungen im Laden liefen mit Frau Petze, aber sie
durfte zwar alles essen aber nicht alles wissen.
Angelika recherchierte draußen, was Gepflogenheiten und Kriterien von Ein-
Euro-Jobs angehen und Notarzt und ich weiter mit sammeln von Beweisen
beschäftigt. Als Fahrer konnte er einschätzen, wo welche Arbeiten verrichtet
werden sollen und ich schon mit Kalkulationen zu Aufträgen vertraut.

Wegen Frau Petze war das Betriebsklima gespannt. Unsere Anleiterin Frau
Vormach ging in einem längeren Urlaub. Der Bereichsleiter holte alle
Leidensgenossen, die ein Gesellenbrief haben nacheinander ins Büro.
Sein Anliegen, ob wir vorübergehend die Tischlerei selbst am Laufen halten
können."Es könnte daraus ein Job werden". Ich bat um ein Tag Bedenkzeit.
Nächsten Tag nahm ich das Angebot an, mit der Bedingung, das ich nicht den
Antreiber meiner Kollegen machen muss.
Nun schmissen drei Ein-Euro-Jobber die Tischlerei selbst. Nach einer kleinen
Besprechung wurden wir uns einig, das Willi ein Augenmerk auf die Sicherheit
an den Maschinen hält, Manne gern auf Baustelle will und ich mich mit
Planung und Auftragsvorbereitungen befasse.

Bis zu diesem Stand vergingen gerade mal 5 Wochen. Ratzfatz der Hoffnungen
näher zu kommen, Strukturen besser durchleuchten zu können, artete dies auch
oft in einem Spagat aus, das Vertrauen zu Leidensgenossen nicht zu verlieren.
Die meisten haben die Vorgehensweise auch verstanden und unterstützten uns.

Es gab aber auch Leidensgenossen, die von Recherchen im Hintergrund nicht
viel verstanden. Eine Leidensgenossin fragte mich dazu "Bin ich hier jetzt in
einem falschen Film, wo man keinem mehr vertrauen darf ?!"
Ja, leider. Private Dinge und alles was künftige Versammlungen angeht, sollten
wir hier nicht austauschen.

Fortsetzung folgt  ;)
Lass Dich nicht verhartzen !

Onkel Tom

Undercover erste Runde

Zeit verstrich, Beweise sammeln, nach Feierabend weiteres bequatschen..
Zofftec, gefördert vom Europäischen Sozialfond, betreibt Metall- und
Holzhandwerk für öffentliche Einrichtungen.
Wie es zu dem Kriterium der Zusätzlichkeit von Ein-Euro-Jobs steht und
damit umzugehen ist, hat Zofftec sich eine elegante Vertragslösung
ausgedacht.
Möchte eine öffentliche Einrichtung Aufträge von Zofftec erledigt haben,
haften sie auch dafür, falls es Probleme im Bezug der Zusätzlichkeit gibt.
Soso, die Kunden, die über Zusätzlichkeit zu entscheiden haben, um
preisgünstige Aufträge erledigen zu lassen.
Schranken gab es von Zofftec nur dann, wenn offensichtlich, also ohne Umwege
die Zusätzlichkeit und für den Gemeinnutz verletzt wurde.

Ein Geselle und ich wurden nun in die Planungssitzungen zu den Aufträgen
einbezogen. Dort wurde mit den festen Mitarbeitern besprochen, wo, wie und
was an Aufträgen zu machen ist.

Notarzt hatte weiter durch seine Fahrdienste im Blick, wer mit wem Aufträge
bewältigt. Wir saßen nun ganz nah an der Fassade, mit mehr oder weniger
Köttel in der Hose. Ständige Anstrengungen, Vorgehensweisen, Gewissen,
Geduld und Frustrationen unter einem gemeinsamen Hut zu bekommen.
Oft wurde das Treffen nach Feierabend aufreibender, wie die Arbeitszeit
selbst.

Es stellte sich auch heraus, das jedem Ein-Euro-Jobber eine Fortbildungs-
pauschale bis zu 500 Euro zur Verfügung steht. Bei Anfragen bei der
Anleiterschaft kam entweder ,,Weiß ich nix drüber" oder ,,sowas gibt es hier
nicht" heraus.
Weitere Untersuchungen über diese Fördermöglichkeit ergaben, das dem
Laden Belogen und Betrogen diese Förderung sehr wohl bekannt ist und
Teilnehmer gerne zu einem 2 Tägigem Kurs schicken. Es sind sogenannte
Kooperationspartner. Kursinhalt war die Feststellung Handwerklicher
Fähigkeiten und schöpfte von diesen 500 Euro Fortbildungsgeld 160 Euro
ab. Dieser Kurs kostete jedoch 120 Euro für jedermann, der von woanders
kam.
Mich wollten sie auch dahin schicken, was ich jedoch ablehnte. Völlig unsinnig,
als Geselle mit einer Pfeile einen Fisch aus einem Stück Holz feilen zu sollen.

Ich dachte darüber nach, wie ich die 500 Euro Förderung dazu nutzen
könnte, wo ich auch wirklich was von habe. Es entstand nun meine Idee
einen Ausbilderschein zu machen. Als Zusatzqualifikation passte dies vom
Preis und einem Sinn gut.
Bei Gesprächen mit der Anleiterschaft, fanden mein Vorschlag zwar ok,
waren jedoch überfordert oder wichen aus und ab.
Anbei bekam ich heraus, das eine Person in der Zentrale mitbestimmend
für solche Dinge ist. Diese Frau war furchtbar. Ich nervte sie damit, das
ich ein Ausbilderschein machen will. Sie wies mich mit aller Kunst ab.

Geht weiter, ist noch nicht fertig..
Lass Dich nicht verhartzen !

unkraut

Noch Fragen Hauser ? Ja Kienzle , wer ist eigentlich Unkraut ?

Wir wagen es nicht weil es schwierig ist sondern es ist schwierig weil wir es nicht wagen .

Mein Buchtip als Gastautor :  Fleißig , billig , schutzlos - Leiharbeiter in Deutschland  > ISBN-10: 3771643945

Onkel Tom

Pläne und Punkte wurden immer mehr

Notarzt erzählte mir, das er Materialien für typische Malerarbeiten abholen
musste und sein Transporter reichlich Mängel aufweist.
Ich erzählte ihm, das in der Werkstatt Videoüberwachung möglich sei, weil
sich ein Teilnehmer mit ,,aber ich habe das doch über die Kamera gesehen"
versprochen hat. Zudem kam ich nicht darauf klar, das zur jeder Auftrags-
kalkulation nach Nettokosten 20 % aufgeschlagen wird.
Es gab da also genügend zu überprüfen, was seine Richtigkeit hätte.

Ungereimtheiten, die klar waren, wie z.B. Wir brauchen einen zuverlässig
laufenden Rechner, wo jeder seine Bewerbungen machen kann, wurden in
weiteren Teilnehmersitzungen erörtert und beschlossen.

Dinge, wie z.B. die Videoüberwachungsmöglichkeit wurden nur extern und
Vertraulich behandelt. Wir nahmen uns das Alarmsystem bei Zofftec mal genauer
unter die Lupe. Die Kabel sammelten sich an dem Rechner des Bereichsleiters.
Theoretisch ist es also möglich, das der Boss uns über kleine Kameras
beobachten könnte.
Klarer Fall, das Ding in der Tischlerei wurde durch eine lange Holzbohle
abgedeckt. Parallel gab es dazu eine Anfrage bei der Gewerkschaft.

Es dauerte nicht lange, folgte eine niederschmetternde Antwort, das wegen
Diebstahl Kameraüberwachung erlaubt sei.
Inzwischen haben Anleiterschaft auch darüber Lunte gerochen, das wir
die Dinger nicht mögen. Ihr Standpunkt war, es wurde mal geklaut und die
Kameras sind zur Nachtüberwachung mit einem Wachservice verbunden.
Am Tage würden sie nicht laufen.

So vergingen Tage und Wochen. Hören und sehen, darüber Notizen
machen und auswerten. Der Malauftrag rückte auch immer näher.
Eine ideale Chance, den Träger damit in Erklärungsnot zu bekommen ?
Normaldenkender Mensch denkt sofort an Verstößen, wenn es darum
geht, ein Gebäude mit Fassadenfarbe zu streichen.

Das Material steht schon eine Weile rum. Notarzt und ich wurden nervös,
warum der Auftrag sich immer wieder verschiebt. Wir dachten, wenn sie im
vollen Gange sind, der Gewerkschaft einen Tipp, zwecks unerwünschten besuch
zu geben.

Einen Fachmann von der Gewerkschaft, der auch was bewegen kann, habe ich
auch schon kontaktiert. Er lud mich auf ein Kaffee ein. Notarzt freute dies
auch sehr und sein Transporter wurde mittlerweile auch gewartet.

Die offiziellen Probleme minderten sich, die Kamerageschichte löste sich in
Spekulation auf und in der Tischlerei traute sich keiner, die Kamera wieder
frei zu machen. Der Drei Groschen Streit wechselte von Forderungen und
falschen Hoffnungen machen. Frau Petze war immer die erste und letzte
Teilnehmerin von uns im Laden. Nun ist schon April. Frau Petze krank,
Malauftrag weiter verschoben und mein Besuch beim Fachmann der Gewerkschaft
stand bevor.

Während meines Ein-Euro-Job ging ich auch zu anderen Versammlungen von
Leuten, die was gegen Hartz-4 machen, um mich zu informieren und beraten
zu lassen. Doch das mit Beratung artete leider oft nur darauf aus, wie ein
Wilder Öffentlichkeitsarbeit machen zu sollen. Vor diesem Schritt hatte ich
Angst. Angelika und ich diskutierten oft darüber, mit was alles zu rechnen
ist, um sich nicht zu weit aus dem Fenster hängen zu müssen.
Lass Dich nicht verhartzen !

Workless

ZitatDoch das mit Beratung artete leider oft nur darauf aus, wie ein
Wilder Öffentlichkeitsarbeit machen zu sollen.
Darauf muss es aber hinaus laufen. Woher sonst sollte die breite Öffentlichkeit von derartigen Missständen erfahren? Und das dürfte wohl die einzige Möglichkeit sein, auf Träger, Verantwortliche und Politiker genügend Druck auszuüben. Sonst ändert sich ja nix.

Onkel Tom

So, wie es aussieht interesieren sich Medien wenig darüber und wenn
doch, ist es immer damit verbunden, das Informannten für das haften
sollen, was die Presse darüber von sich gibt.. Ich heiße nicht Enrico, der
eigendlich was korektes machen wollte und später von Bild und
Politik veräppelt wurde. Ändern konnte ich trotzdem.. Aber dazu später..
Lass Dich nicht verhartzen !

Onkel Tom

Gewerkschaftscaffee

Endlich Feierabend. Notizen sortiert und ab zur Gewerkschaft, wo mich der
Fachmann schon erwartete. Viele Punkte zur Klärung standen auf dem Plan.
Nach gut zwei Stunden war ich soweit informiert, dass die vertragliche
Weitergabe der Haftung zur Zusätzlichkeit an den Auftraggeber sittenwidrig
ist. Die Mehreinnahmen des Beschäftigungsträger sind auch umstritten.
Gewinne und Verleihprovisionen dürfen bei gemeinnützigen Einrichtungen
nicht gemacht werden. Neben den Materialkosten darf nur geringfügig
Zusatzaufwand wie z.B. Benzinkosten etc. berechnet werden.

Die entgeltliche weitervergabe von Ein-Euro-Jobbern zu Kooperationspartnern
oder Auftraggebern ist auch nicht legitim.
Der Gewerkschafter begrüßte es sehr, das bei Zofftec von den Ein-Euro-Jobbern
Gewerkschaftsähnlicher Interessenkampf gemacht wird und beendet das Gespräch
mit den Worten ,,mal sehen, was ich tun kann und werde es weiterleiten.
Gleich am nächsten Morgen kam Notarzt zu mir und fragte, wie mein Besuch
beim Gewerkschafter gewesen ist. Erfolgversprechend, der Gewerkschafter prüft
und dann dürfte hier einiges abgehen.

Nach einer Woche kamen zwei Herren, die sich für die Kameras interessierten.
Der Bereichsleiter, leicht rot im Gesicht erklärte den Herren, wo und warum
Kameras installiert sind.
Die Atmosphäre änderte sich für uns im positiven Sinne, das die Anleiterschaft
sich nicht mehr so auf ihre Ausweichmanöver bei Kritiken setzen konnten.

Mein Kampf um den Ausbilderschein war jedoch im ersten Schritt, die Befürwortung
über den Beschäftigungsträger festgefahren. ,,Hier gibt es nur Förderung bei
Vermittlung in Arbeit", so hieß es. Über den Träger erreiche ich also nichts
und vereinbarte mit meinem SB von der ARGE einen Termin, um mich dort um
Qualifizierungsmöglichkeiten beraten zu lassen.

Weitere Recherchen bei Zofftec ergaben, das hin und wieder bei Arbeitseinsätzen
bei Kooperationspartnern eine Pauschale für die reine Arbeitszeit von Ein-Euro-
Jobbern berechnet werden. Der Stundensatz variiert zwischen 1,50 bis 4,20
Euro die Stunde pro Ein-Euro-Jobber.

Nun nahm ich den Termin bei meinem ARGE-SB wahr. Ich schilderte, was ich
Bei Zofftec mache und überzeugte meinen SB davon, ein Ausbilderschein
eine sinnvolle Fortbildung ist. Tatsächlich, 500 Euro stehen dazu zur
Verfügung und falls es mehr kostet, müsste ich alles über 500 Euro selber
tragen.
Der Lehrgang dazu kostete rund 800 Euro und mein SB gab Einverständnis,
rief bei Belogen und Betrogen an, wie es weitergehen kann.

Kaum wieder zurück bei Zofftec, wurde ich von der sonst so versperrten Frau,
von der ich immer eine Empfehlung zur Fortschulung regelrecht überfallen und
meinte ,,Ok, dann werden wir mal was passendes raus suchen.
Ich hatte alles an Daten zusammen, die für meine Fortschulung von Belang
sind. Ihre Mühen, sich für ihre Tätigkeiten bei der ARGE behaupten zu wollen,
wurden überflüssig. Ich bekam anbei ein Schreiben, das es eine schöne Sache sei,
mich bei einer Fortbildung unterstützen zu wollen.
Schön verlogen, aber lieber nicht darüber aufregen und weiter mein Ziel, einer
echten Fortbildung nachgehen.

Es wurde spürbar, irgendwas tut sich hinter den Kulissen von Belogen und
Betrogen. Der Geschäftsführer trat vor kurzem noch in die Öffentlichkeit, um
der Stadt Ein-Euro-Jobber als Straßenfeger im Ortsteil St.Pauli anzubiedern.
Plötzlich ist es auf ein Mal ganz ruhig. Nun will keiner mehr was verlautet haben.

Angelika und ich stehen kurz vor dem ersten Mai in voller Vorbereitung, um
Zofftec einen Besuch des Protest zu bereiten. Viele Treffen und auch bei anderen
Gruppen. Eine Aktion bei Zofftec musste jedoch wegen Mitstreitermangel
abgeblasen werden. Wäre schön gewesen, brachte jedoch in der Vorbereitung
nach außen leider keine Überzeugung mit zu machen
Lass Dich nicht verhartzen !

Onkel Tom

Talfahrt

Kurz vor dem Monatsende Mai hatte ich bereits schon weitere Anfragen
zum Fachmann der Gewerkschaft gesendet. Doch er meldet sich nicht.
Keinerlei Feedback darüber, wie es weitergehen könnte.
Notarzt war auch darüber sauer, das keine weitere Zusammenarbeit mit
der Gewerkschaft möglich sei. Nach dem Motto Infos abliefern und dann
wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen zu werden, zweifelten wir an
deren Unterstützung.

Was der Fachmann von der Gewerkschaft mit den Infos anstellte, entzieht
sich unserer Kenntnis. Unter Zusammenarbeit verstanden wir etwas
anderes. Wir dachten, weiter Infos zu sammeln und diese an außenstehende
zu übermitteln, die mehr Einfluss in der Erwerbslosenindustrie ausüben
können als wir.
Es war sehr enttäuschend. Wir standen also wieder ganz allein vor den
Problemen.
Zwei Wochen völliger Tiefstimmung. Der Dreigroschenstreit schien fest
gefahren, weil viele Leidensgenossen zwar dafür waren, doch kaum einer
für dessen Kampf Risiko wagen wollte.

Die Einnahmen des Trägers durch unsinnige Kurzseminare bei Kooperations-
partnern und den Verleih von Ein-Euro-Jobbern gegen Entgelt sorgte in Anti -
Hartz - 4 - Kreisen zu Aufregung.
Doch meine Hoffnungen, Unterstützung zu bekommen mit der notwendigen
Vertraulichkeit, nicht gleich auf zu fliegen, schwanden.
Entweder hatte ich die Anliegen nicht richtig vermittelt oder es fehlte von
außen her das notwendige Fingerspitzengefühl. Ich kam damit nicht zurecht.

Wir haben einiges heraus bekommen, doch es zu beweisen, war schwierig.
Doku, die die Missstände belegen, waren einfach zu rar.
Inzwischen sprach sich auch rum, das dem Träger schwer zu kommen ist,
da er im schlechtesten Fall sich immer noch damit entschuldigen kann
"Hierbei handelt es sich um einen bedauerlichen Einzelfall".
Mit einem einzelnem Vergehen, wie der Malauftrag, konnten wir also nichts
erreichen.

Die Anleiterin hatte Recht, wir können uns also nur selbst helfen.
Alles, was noch nicht fertig recherchiert ist, blieb weiter nur Thema der
Außensitzung. Dazu trafen wir uns nach Feierabend auf einer Wiese
einer Kirche, die nah, aber weit genug vom Betrieb entfernt war.
Ein harter Kern von ca. 10 Leuten traf sich dort, um über weitere Vorgehens-
weisen zu beraten. Das Bild von Missständen wurde konkreter.
Es wird immer deutlicher, dass wir es mit Leuten zu tun haben, die sich in
ihrem Job soweit spezialisiert haben, mittels Arbeitspädagogik und indirekter
Menschenverachtung im Vorteil zu sein.

Ein Anleiter lässt seiner Laune Luft "Die taugen doch sowieso alle nichts".
Klar, das wir nur lebendes Kopfgeld sind, die bei Laune zu halten sind.

Daher wir keine Arbeitnehmerrechte aber volle Arbeitnehmerpflichten ausgesetzt
sind, konnten wir uns auch nur nach den Protestformen richten, was regulär
Beschäftigte machen würden.
Wie üblich, sind Unternehmen am Portmonee empfindlich und da entsteht ein
neuer Ansatz des Protest.

Morgens um 10 Uhr in der Frühstückspause fiel das Wort Massivholzauftrag.
Um ca. 11 Uhr, fiel nach der dritten Holzbohle die Abrichtbank aus. Qualmende
Buche war einfach zu viel für die Sicherungen. Wie der Zufall es will, stellte
sich heraus, das diese Maschine 14 Tage Pause hat, bis die neuen aus Italien
da sind.
Hin und wieder fielen auch Leute aus, die gerade an dem Tag am meisten
gebraucht werden. Eine Form, die nicht unbemerkt blieb, aber genauso schwer
zu beweisen sind, wie das Gekungel vom Beschäftigungsträger.


Vergessenes neu aufgelegt.

Die Tischlerei lief weiter unter der Regie von drei Tischlergesellen. Ende Mai
wurde es richtig rasant.
Einem Leidensgenossen und mir wurden a la Überraschung die Einstellung
angeboten. Wie mit der Pistole auf die Brust gesetzt, sollten wir uns gleich
entscheiden.
Uns wurde mitgeteilt, das die Anleiterstelle in der Tischlerei zum 1. Juni
wieder besetzt werden muss und wir für die Stelle in Frage kämen.
Wir hatten damit nicht mehr gerechnet, da nun 4 Monate damit verstrichen sind,
uns nur bei Laune zu halten, den Laden selbständig zu schmeißen.
Was ist geschehen ? Hat da der Fachmann der Gewerkschaft was in Bewegung
gesetzt oder war die schlechte Auftragserledigung der Auslöser ?

Wir wurden nacheinander ins Büro des Bereichsleiters gerufen.
Etwas paralysiert konnte ich das Angebot nicht ganz glauben und mir
schwirrten Gedanken zur Vergangenheit im Kopf. Ich antwortete dem
Bereichsleiter, das ich darüber erst mal eine Nacht schlafen möchte, um
mich zu entscheiden.

Kaum hat der andere Kandidat das Gespräch mit ähnlicher Antwort beendet, kam
er auf mich zu. Wir gingen eine Raucherpause machen, tauschten uns darüber
aus. Andere Kollegen bekamen das nach und nach auch raus, was im Büro
des Bereichsleiters los war. Viele meinten, wir sollten das Angebot annehmen
aber uns war es anders zu Mute.

Wir trafen uns nach Feierabend an einem See. Schönes Wetter, den Enten zuschauen
und 2 Flaschen Bier.
Hans hat nicht den Mut, diesen Job zu machen. Er hat Angst vor dem Papierkram
,die Verantwortung und will sich lieber nur auf der Baustelle auslassen.
Ich will den Job nicht, weil mein Gewissen quält, in die Seite zu wechseln, wo
Menschenverachtung angesagt ist.

Wir diskutierten fast 2 Stunden, um eine Lösung zu finden. Würden wir beide
absagen, stand noch ein dritter Kandidat auf der Liste, mit dem andere
Ein-Euro-Jobber schon übelste Erfahrungen gemacht haben.
Gebrülle und fliegende Profilfräsköpfe haben wohl Eindruck hinterlassen.

Klar, wir konnten das nicht dulden. Was nun machen ? Der erste, der rein gerufen
wird gleich Ja oder Nein sagen ? Wir redeten uns einen heißen Reifen um ein Los,
das keiner haben will. Zum Ende waren wir uns nur darüber einig, das der dritte
Kandidat raus geekelt werden müsste, falls er das Angebot annimmt.

Gedanken ließen mich an dem Abend schlecht einschlafen.. Nächsten Morgen,
mit einem mulmigen  Gefühl im Bauch bewegte ich mich zur Umkleide.
Nun Hans, der eigentlich pünktlich ist, kommt später. Nach einer halben Stunde
war er immer noch nicht da und der Bereichsleiter rief mich ins Büro.

Nanu, da saß ja noch einer. Der war mir zwar vom Angesicht zwar bekannt
aber ich dachte, das er nur für Aktenkram zuständig sei.
Er ist auch ein Leiter. Nachdem mir der schon bekannte Bereichsleiter
das Angebot nochmal unterbreitete, meldete sich der andere Bereichsleiter
zu Wort. "Wenn Sie jetzt auf unser Boot steigen, haben sich aber Ihre
Tätigkeiten als Teilnehmersprecher erledigt". Sein Kommentar sagte alles.
Ich lief innerlich an und beendete das Gespräch mit einem Nein.

Ich ging zurück zur Werkstatt. Hans war mittlerweile auch anwesend. Nach
der Frage was los sei, antwortete ich "Ich habe die Einstellung abgelehnt".
Bei einer Raucherpause unterhielte ich mich mit Notarzt, der dann meinte
Ich hätte den Job zwecks weiter zu schnüffeln annehmen sollen.

Nun wurde Hans ins Büro geholt. Er nahm den Job an, mit der Hoffnung, das
wir ihn unterstützen. Wir einigten uns auf eine Außensitzung, zu der wir uns
zwei Tage später trafen.
Nur der Kern von aktiven Teilnehmern nahm am konspirativen Treffen teil.
Austausch bestätigte, das wir eigentlich schon über das wissen, wie der
Hase bei Zofftec so läuft.
Anhand vertraglicher Daumenschrauben ist Hans nun gezwungen, abstand
von subversiven Unternehmngen zu nehmen. Er wünschte uns aber viel
Glück darin, am richtigem Ball zu bleiben. "Da tut sich was".
Wir sprachen ihn Unterstützung zu, solange er nicht vergisst, selbst ein
Ein-Euro-Jobber gewesen zu sein.
Lass Dich nicht verhartzen !

Onkel Tom

Neue Hoffnungen.

Ein paar Tage später rief Hans, der nun unser Anleiter war in der Werk-
statt zusammen. Er befragte uns nach Verbesserungsvorschlägen und teilte
uns mit, das zum folgenden Freitag eine Verhandlung zum Dreigroschenstreit
anberaumt ist und die Ein-Euro-Sätze auf Leistung umgestellt werden sollen.

Ein Rahmen zwischen 1,25 bis 1,97 Euro steht bevor ?  Effektiv und raffiniert,
auf diese Weise Konkurrenzdenken und Denunzianten unter Leidensgenossen
zu fördern dachte ich.
In einer weiteren Außensitzung waren wir uns schnell darüber einig, gleiche
Höhe der Mehraufwandsentschädigung zu fordern.
1,50 oder 1,75 standen in Diskussion. Hat ein Ein-Euro-Jobber mehr wie 210 Euro
an Arbeitszeit monatlich zusammen, wird dies von der Wirtschaftsbehörde, die
auch sich um Ausschreibungen an Öffentlichen Aufträgen kümmern, nicht bezahlt.
Bei 1,75 Euro war also die Grenze und also kein Wunder, wie das mit der
Reduzierung öffentlicher Aufträge funktioniert..

Kritiken, die bei außen stehenden Hartz 4 GegnerInnen kreisten bestätigen sich,
nur beweisen lässt sich kaum was.

Die Stimmung bei Zofftec stieg. Die Produktivität stieg, bis auf den Freitag.
Schon am Morgen gut gelaunt, an der Versammlung später teil zu nehmen.
Um ca. 11:00 Uhr kam Hans zu uns und teilte uns kurz angebunden mit
" Die Sitzung ist von oberster Stelle abgesagt. Es ändert sich vorerst nichts.
Warum, weiß ich auch nicht".

So wie ein Schlag ins Gesicht, lief der Betrieb an dem Tag anders weiter. Es
wurde nicht gearbeitet. Wie im Streik, machte keiner mehr ein Finger krumm.
Die Anleiterschaft haben sich wohl auf so eine Situation eingestellt und
versuchten nichts dagegen zu unternehmen.

Diesen Freitag vergesse ich nicht. Ein-Euro-Jobber diskutierten über ihre
Situation etc. Hätte es Randale gegeben, wenn ein Anleiter auf dem
Arbeitstreiber gesetzt hätte ? Ich weiß es nicht. Wie an der Büchse der
Pandorra, traute sich kein Anleiter, diese zu öffnen.

Nun stand für mich die Erledigung von Behördengängen auf dem Plan, um
meine Fortbildung zum Ausbilder zu bekommen. Ich nutzte rund eine
Woche Urlaub dazu, den Weg zur Ausbildung frei zu machen.

Nach dieser Woche wurde vom SB alles abgesegnet und konnte davon
ausgehen, das ich in drei Wochen zum nächsten Kurs bei der Handwerks-
kammer dabei sein kann.

Ich trat wieder den Ein-Euro-Job an. An der Betriebsatmosphäre hat sich
nichts geändert. Hans war irgendwie anders. Er schraubte, machte und
tat. Er machte mir den Eindruck, das er sich mittels Arbeit von anderen
Dingen ablenkte. Was ihn dazu trieb, konnte ich nur vermuten. Versuche,
von ihm etwas heraus zu bekommen scheiterten.

Während der Arbeitszeit rief er mich in einem Besprechungszimmer und
fragte mich, ob ich gegen ihn agiere. Nein, aber ich muss mich nun darum
kümmern, das ich meinen Ausbilderschein machen kann.

Er bat mich weiter um Unterstützung, was die Erledigung von Aufträgen angeht.
Als ich ihn dazu fragte, ob er den Zeitbedarf dazu etwas strecken könne, sagte
er nur Das liegt nicht in seiner Entscheidung. Die Bereichsleiter würden dies
diktieren. Als ich ihn befragte, ob sich der Dreigroschenstreit weiter Sinn machen
würde, erwiderte er, das bei Zofftec Betriebspolitik nach dem Motto " Bei Laune
halten und alles, was nicht funktioniert fliegt raus" betrieben wird.

Ich ging weiter meine Arbeit nach. Wir Gesellen arbeiteten hauptsächlich an
den Maschinen und andere mit Handwerkszeug. Ich wurde auch öfter dazu
eingeteilt, beim Holzhändler Ware zu kaufen. Bei der ehemaligen Anleiterin
konnte es auch mal passieren, Material von schlechter Qualität zu bekommen,
was sich für die Herstellung von Möbeln etc. als ungeeignet entpuppte.

Ich bin bei Holzeinkäufen direkt zum Händler gefahren und habe die Materialien
selbst ausgesucht. Dies machte sich bei der Fertigung positiv bemerkbar.

Nun stand auch wieder eine externe Versammlung an. Auf dieser ein böses Erwachen.
Es waren nur noch wenige, die das Interesse an Verbesserungen verfolgten und
die meisten davon beenden ihre Maßnahme in kürze.
Anbei kam die Vermutung auf, das Frau Petze in ihrer Tätigkeit nicht alleine
war. Ätzend, wenn man weiß, das sich Maulwürfe tummeln, aber nicht
herausfinden kann, wer solche Spiele mitmacht.

Als Teilnehmersprecher konzentrierte ich mich auf die Probleme, die mir
Vereinzelte zugetragen haben. Diplomatisch ließen sich die meisten Probleme
lösen und Zofftec ließ es mittlerweile zu, das sich Ein-Euro-Jobber über die
500 Euro Förderpauschale fortbilden wollen und können.

Zudem wurde von der Anleiterschaft daran gearbeitet, Arbeitsproben zu
machen, weil die ARGE in Form einer Beurteilung wissen wollen, wie die
Fähigkeiten von Ein-Euro-Jobbern im Tischlerhandwerk aussehen.

Nun stand für mich die Fortbildung bei der Handwerksakademie auf dem
Plan. Wie ins kalte Wasser gesprungen, zwei Wochen Crashkurs zum Ausbilder.

Neue Sichtweisen

Die zwei Wochen waren sehr hart für mich. Ich habe immer vor Arbeitspsychologie
und Pädagogik einen großen Bogen gemacht. Lag wohl daran, das ich in meiner
Heimzeit schlechte Erfahrungen gemacht habe. Schließlich hatte ich diese Er-
fahrungen soweit verdrängt, das sie mich gegenwärtig nicht mehr belasteten.
Doch im Unterricht rissen diesbezüglich alte Wunden bei mir auf.
Inhaltlich kamen bei mir immer wieder Aha-Effekte auf, die auch dazu führten,
das Verdrängtes nun nach Verarbeitung quälte.

Nach 10 Tagen war ich soweit fertig, das ich einen Bekannten besucht und sein
Rat suchte. Ich befürchtete, das ich die Fortschulung nicht packen könnte,
weil mich meine Vergangenheit einholt und nervt.
Er sagte dazu "Halte einfach durch. Du wirst dadurch auch ein ganz anderer
Mensch". Wie ich ihn fragte, wie er das meint, erwiderte er, das ich für viele
Dinge, gerade was lernendes Denken angeht einen weiteren Horizont bekomme.
Neuen Mutes und wie es im Status eines Naiven abgeht, habe ich alles über mich
ergehen lassen und die Ausbildereignungsprüfung bestanden.

In der Tat, mein Blickfeld erweiterte sich tatsächlich, was Pädagogik angeht.
Was mich jedoch stört, das mit solchem Wissen viel Mist gemacht werden kann.
Im Sinne der Erfinder liegt eher die Kunst darin Auszubildende mit individuell
angepasster Didaktik (Lernmethodik) zum Berufsabschluss zu fördern.
Eigentlich eine gute Sache, andere damit zum Erfolg zu unterstützen.
Ich setzte hierbei gleich für mich fest, das ich das wissen nur im positiver Form
nutze.

Nun als frisch gebackener Ausbilder wieder antreten bei Zofftec.
Hans hat sich sehr verändert. Er war nicht mehr so gelassen wie früher und leicht
reizbar.
Ich ging weiter meine Arbeit nach, allerdings mit der Neugierde, das Geschehen
im Betrieb zu beobachten, wie die Anleiter mit meinen Leidensgenossen umgingen,
um sie bei Arbeitslaune zu halten. Oft kam mir der Gedanke auf "Wenn der
Leidensgenosse gerade blicken würde, wie er pädagogisch verarscht wird, würden
Fäuste fliegen".
Im alleinigem Interesse des Anleiter teils verständlich, aber trotzdem ganz schön
abgewichst. Ich konnte einschätzen, welcher Anleiter mit mehr oder weniger Mühe
und Verantwortungsgefühl seiner Tätigkeit ausübte.

Zwei Wochen vergingen und bis auf einem jüngeren Anleiter waren die anderen
Anleiter nur an pflegeleichten Ein-Euro-Jobbern und möglichst wenig Selbstaufwand
interessiert.
Bei einer Mittagspause diskutierte ich mit einem Anleiter darüber, das Unfälle an
der Kreissäge ohne dem Nachweis eines Maschinenschein von der Berufsgenossenschaft
nicht versichert sind. Nach seiner Argumentation "Wieso, ich zeige denen, was sie
tun sollen und wenn was passiert, wer hat denen dann gesagt, er soll an die
Kreissäge gehen ?" konnte ich mich nur durch geballte Faust in meiner Hosentasche
beherrschen. So eine Drecksau dachte ich.

Plötzlich eines Morgens war in der Werkstatt an der Wand ein Hakenkreuz und
der Satz Ihr verdammten Nazis gekritzelt. Hans, unser Anleiter, der kein Ausbilder
war, fiel ab diesem Tage aus. Ein Tag später traf ich ihn nach Feierabend und er
sagte zu mir "Ich halte das nervlich nicht mehr stand, das sind echte Verbrecher."
Ich fragte warum, was ist denn da los ? Er antwortete "Darüber darf ich nicht reden,
aber das meiste weißt du ja schon." Ich verabschiedete mich damit, dann will ich
hoffen, das die jetzt mich nicht einstellen wollen. Wer den Spruch an die Wand
gekritzelt hat, wurde zwar nach gesucht, aber nicht gefunden.

Ich machte mir viel Gedanken darüber, was ich mit Hans und Zofftec in letzter Zeit
so erlebt habe. Notarzt blieb auch weiter am Ball aber wurde ungeduldiger.
Für viele Ein-Euro-Jobber und Notarzt endet die Maßnahme in Kürze.

Es ist Ende August. Gewerkschaftsähnliche Tätigkeiten sind mittlerweile zum
Erliegen gekommen. Weder Unterstützung von außen, noch Durchhaltevermögen
von innen konnte ich erwarten. Nun sind viele neue Ein-Euro-Jobber bei Zofftec,
die kein Interesse daran haben.
Ich dachte, zieh Deine Restzeit von noch 2 Monaten durch oder wenn nichts mehr
geht, mache krank. Mit der Entlassung der alten Garde verschwand auch der
Zusammenhalt. Ich war derzeit der einzige Geselle in der Tischlerei und wurde
gleich wieder als Anleiter eingespannt.

Wenige Tage später wurde mir wieder die Einstellung angeboten. Ich zog mich
zur Beratung und kam zum Schluss, den Job an zu nehmen.
Oh, wie soll ich damit klar kommen ? Einerseits stieg ich ins Boot der Ausbeuter
und entging damit dem Anschiss beim Arbeitsamt, ein Zustandekommen eines
Arbeitsverhältnis zu vereiteln.
Andererseits dachte ich, alles anders zu machen und richtig hinter den Kulissen
zu schauen. Schade, das Hans Stillschweigen bewahrt hatte. Seine Entwicklung
machte mich umso neugieriger, was unter den fest eingestellten abgehen könnte.

Das Einstellungsverfahren ging sehr schnell. Ab zur Zentrale von Belogen und
Betrogen, Arbeitsvertrag unterzeichnen und schon war es um mich geschehen.
Ich ging ein befristetes Arbeitsverhältnis bis Jahresende ein. Zweieinhalb Monate
dürfte das doch durchzuhalten sein dachte ich.

Gleich zum ersten Arbeitstag als Anleiter bekam ich die Breitseite der Verlogenheit
zu spüren.

Fortsetzung folgt, kann jedoch noch was dauern, da ich anderweitig viel um die
Ohren habe und weitere Formulierungen wegen das Eingemachte schwieriger ist.
Lass Dich nicht verhartzen !

Onkel Tom

Nachdem ich bei Zofftec eingestellt wurde und drei Monate dort tätig war,
bestätigten sich die Missstände.

Weiter mit großen Augen und Ohren übte ich den Spagat, den Ein-Euro-Jobbern
nicht auf dem Keks zu gehen und nutzte jede Möglichkeit, Erwerbslose vor üblen
Folgen zu bewahren.

Leider kann ich nicht mehr in Deteils gehen, da mich "Betriebsgeheimnis" in den Nacken
beißt und das Gras, was über die Operation Bratfisch gewachsen ist, wegbrennen
würde. Zofftec wurde danach geschlossen  ;D

Ich hoffe hiermit, das andere Ein-Euro-JobberInnen was aus meiner Erzählung
in ihrer Ein-Euro-Klitsche nutzen können und Motivation darin bekommen,
Forderungen zu stellen und kämpfen  ;)
Lass Dich nicht verhartzen !

Irrlichtprojektor

Zitat von: Onkel Tom am 17:41:46 Sa. 06.Februar 2010
Zofftec wurde danach geschlossen  ;D

Ich hoffe hiermit, das andere Ein-Euro-JobberInnen was aus meiner Erzählung
in ihrer Ein-Euro-Klitsche nutzen können und Motivation darin bekommen,
Forderungen zu stellen und kämpfen  ;)

Echt cooles Ding!
Streik - Strike!  ;D

Onkel Tom

Opration Bratfisch (Steine in die korrupten Machnschaften von Belogen und Betrogen
zu schaffen) hat nichts mit dem Prozess am 21.05.10 zu tun, aber aus meiner Erzählung
hier spiegeln sich ähnliche Zustände in der Fa. die den Prozess ausgelöst hat, wieder.

Die Möglichkeit, das Anleiter soo eine lockere Handschrift bei der Beurteilung von erwrbslosen
anlegen zu können, ohne dafür haften zu müssen, machte die Operation Bratfisch zur
Herausforderung..

Der Name "Operation Bratfisch" deswegen, weil das Ziel zu setzen galt, den Hauptver-
antwortlichen auch mal von beiden Seiten zu brützeln, wie er es mit den erwerbslosen
tat und leider wieder macht..

Schööön zu hören, das da wieder eine Strafanzeige gegen die und weiteren EEJ-Klitschen
in HH anhängig ist..

Muhahaha.. Der Anwalt, der die Anzeige rechtlich vertritt, ist echt ein Hammer, den sich
jeder erwrbslose wünschen kann..

;D ;D ;D
Lass Dich nicht verhartzen !

  • Chefduzen Spendenbutton