Denken oder Denken lassen

Begonnen von lu.gal, 11:46:23 So. 30.Oktober 2005

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

lu.gal

In diesem Forum wird in letzter Zeit häufig eine Tendenz zu sinnlosem Geschwafel beklagt das nirgendwo hinführe. Deshalb werde ich mal ein grundsätzliches Statement abgeben.

Jeder hier ist mit den herrschenden Verhältnissen auf die eine oder andere Weise unzufrieden. Uneinigkeit besteht lediglich in den geeigneten Methoden, um Besserung herbeizuführen.

Das Problem mit den allseits beschworenen Geistesgrößen der Vergangenheit und deren Thesen ist immer das gleiche, egal ob es sich um Aristoteles, Humes, Kant, Hegel, Marx oder Nietzsche handelt:

Man verharrt auf dem erkenntnistheoretischen Niveau vergangener Tage.

Indem wir lediglich im Archiv der Geschichte kramen werden wir nicht wirklich Neues finden, was doch nur bedeuten kann, daß bereits viele tausend Menschen vor uns im Bemühen um eine bessere Welt gescheitert sind.

Und wer von uns will allen Ernstes von sich behaupten, daß er dies besser könne?

Die Aufgabe zur Lösung der aktuellen gesellschaftlichen Probleme bedarf also völlig neuer Ansätze.

Ich habe es hier bereits mehrfach beschrieben, und werde nicht müde es zu wiederholen: Allein das bisher Undenkbare kann nicht nur die von uns erkannten Probleme angehen; auch und gerade ist es wichtig die Verursacher für die Mißstände zu überraschen.

Denn nur wenn wir die Initiatoren mit unerwarteten Denkmodellen konfrontieren, werden wir ihnen den einen entscheidenen Schritt voraus sein können, was letztlich bedeutet, nicht mehr nur wie in der Vergangenheit auf die Aktionen der Tyrannen zu reagieren, sondern selber zu agieren.

Das macht den wesentlichen Unterschied aus, zwischen Opfer (passiv Behandelter) und Täter (aktiv Handelnder).

Die aktuellen "Modebegriffe" wie Demokratie, Terrorismus, Kapitalismus, Sozialismus, oder meine derzeitige Lieblingsworthülse: "Die normative Kraft des Faktischen" sind im Besitz der Täter, d.h., allein sie bestimmen deren Inhalt und moralische Wertung.

Wenn wir uns also nun in unserem Bemühen darauf beschränken, mit diesen Begriffen zu arbeiten, so haben wir bereits verloren, denn wir akzeptieren damit automatisch auch deren abstrakte Inhalte, ob wir wollen oder nicht.

Was aber geschieht, wenn wir einfach nur neue Begriffe prägen und diese mit eigenen Inhalten füllen? Die Antwort liegt auf der Hand: Es wird gar nicht lange dauern und die "regulativen" Kräfte der Gesellschaft werden sie umwerten und zu ihren eigenen Zwecken einsetzen.

Es mag zunächst schwer nachvollziehbar sein, aber allein mit den Verstandeskräften, d.h. mit Kausalität und Rationalität werden wir nicht weiterkommen, denn die Tyrannen sind auf diesem Gebiet kaum zu überraschen und noch weniger zu schlagen.

Da stellt sich natürlich die Frage: "Was sonst?" und damit kommen wir zum Haken der Sache, denn ein Patentrezept gibt es nicht und kann es nicht geben, denn sonst wären die Unterdrücker ja bereits darauf vorbereitet.

Hier ist jeder einzelne persönlich gefordert um eine Strategie zu entwickeln, die geeignet ist Widerstände zu überwinden und so zur Durchsetzung der eigenen Motive führt.

Dazu ein paar Anregungen:

(Sollte sich beim Lesen der Vorschläge im Innern ein unangenehmes Gefühl regen, wie etwa Beunruhigung, Widerwillen, spontane Ablehnung oder das Empfinden von Lächerlichkeit, so bedeutet dies, daß die angesprochenen Problembereiche in deiner Psyche bereits als Denk-und Verhaltensmuster verankert und zu deinem Nachteil aktiv sind.)

1.) Sei egoistisch!

Der negative Beigeschmack des Egoismus ist nur erzeugt worden, um dir das Recht auf die konsequente Verfolgung der eigenen Motive abzusprechen.

2.) Entscheide grundsätzlich selbst, was du willst und was nicht!

Das setzt natürlich voraus, daß du weißt, was du willst. Und vor allem, was du nicht willst. Lege diese Dinge also zunächst für dich selbst fest und handle danach (Daß es hierbei auch unangenehme Konsequenzen zu tragen gilt ist allerdings nicht zu vermeiden, das nennt man Eigenverantwortung; Freiheit gibt es aber nicht zum Nulltarif).

3.) Folge nie wieder sogenannten "Sachzwängen"!

Das Scheinargument "So ist es nun mal, das kann man nicht ändern" ist ein typischer Ausspruch von Opfern, die nur eine billige Entschuldigung für das eigene Versagen suchen. Wer sich den eigenen Handlungsspielraum von anderen beschränken läßt, kann nicht erwarten, daß dieser den eigenen Bedürfnissen entspricht. Ist doch eigentlich klar, oder?

4.) Breche, verletze und mißachte Tabus!

Das soziologische Instrument des "Tabus" war in früheren Zeiten vielleicht mal sinnvoll; heutzutage sind wir selbstbewußte und eigenverantwortliche Individuen, deren moralisch-ethischen Grundsätze erwachsen genug sind, um keinerlei künstliche Beschränkung von außen mehr nötig zu haben.

5.) Sei in Konflikten unberechenbar!

Überlege dir, was man von dir erwartet und tue das Gegenteil. Wird Unterwerfung verlangt, so verweigere sie. Provoziert man deinen Widerstand, reagierst du nicht darauf. Handle, wenn man dein Stllhalten voraussetzt, und bleibe passiv bei dem, was "üblicherweise zu tun ist". Auf diese Weise provoziert man beim Gegner Fehler, die einem zugute kommen.

6.) Sei grundsätzlich in jeder Beziehung ehrlich und aufrichtig!

Egal, ob dir selbst oder anderen gegenüber, die Lüge schwächt dich immer, ohne Ausnahme. Wer die Wahrheit nicht ertragen kann, belügt sich nur selbst. Und das ist allein seine Sache, denn wir haben genug eigene Probleme und brauchen die der anderen nicht auch noch. Eines gilt immer: Wenn es anfängt nach Scheiße zu riechen, ist man der Wahrheit auf der Spur.

7.) Bezweifle alles und vertraue niemandem!

Jede Behauptung eines anderen ist aus dessen eigennützigen Motiven heraus entstanden. Und das sind nur selten deine eigenen. Man stelle sich also bei allem die berühmten W-Fragen:
Wer, Was, Wann, Warum, Womit, Wozu?

Ziehe also auch die vorgenannten Punkte in Zweifel und stelle deinen eigenen Grundsatzkatalog auf, denn individuelle Eigenverantwortung ist ja der Sinn des Ganzen.

}:-]
Auferstanden aus Ruinen...jetzt mit noch mehr FrogPower!

MichaHB64

Das kapitalistische System ist so flexibel, daß es auch abweichende Meinungen integrieren kann, sich dabei aber nichts am System, an den Herrschaftsverhältnissen (Kapital über Arbeit) ändert.
   
   Entscheidend für mich ist eine Demokratisierung der Wirtschaft. Ohne eine Mitbestimmung des Volkes in der Wirtschaft ist die Demokratie nur eine Scheindemokratie, die dem Monopolkapital hinterherläuft.

In einer richtigen Wirtschaft würden unsere Bedürfnisse entscheiden, was produziert wird.
   
Ziel der kapitalistischen Wirtschaft ist es aber nicht die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, sondern Geld zu vermehren und die Gewinne bis ins Unendliche zu steigern. Die Produktion ist zum Selbstzweck geworden und löscht alles Leben langsam aus.
   Menschen werden zu einem Anhängsel der Wirtschaftsmaschinerie, zu einem Mittel erniedrigt, um immer mehr Profit zu erwirtschaften.
   Das Ideal, das fast alle Menschen verinnerlicht haben, ist das eines jungen, vitalen, leistungsstarken Menschen, dem wir tagtäglich in der Werbung und in TV-Serien begegnen. Ihr Traum ist ein Albtraum: ein funktionierendes Rädchen zu sein.
 
 Es geht nicht einfach "nur" darum, dass ArbeiterInnen ausgebeutet werden - dass wäre zu einfach und eindimensional, wie Marxisten zu recht vorgeworfen wurde. Sondern darum, was die kapitalistische Produktion aus dieser Gesellschaft als Ganzem, aus jedem bzw. jeder von uns macht: die "(un-)freie Marktwirtschaft" ist nicht für uns da, sondern wir für sie - und deshalb kann sie nicht anders als a-sozial, inhuman sein.

Anpassung an diese Welt ist Verrat an der Idee eines schönen, freien Lebens für alle Menschen, welches in dieser Gesellschaft nicht zu verwirklichen ist: Freiheit für den einzelnen Menschen setzte eine Gesellschaft voraus, in der Wirtschaft für uns und unsere Bedürfnisse arbeitete - und nicht umgekehrt.

Gruß Micha

Carsten König

ZitatDas Problem mit den allseits beschworenen Geistesgrößen der Vergangenheit und deren Thesen ist immer das gleiche, egal ob es sich um Aristoteles, Humes, Kant, Hegel, Marx oder Nietzsche handelt:

Ich frage mich bloß warum das Denken und die Einsichten dieser Riesen uns nicht heute noch befruchten lassen sollte? Wenn wir heute weiter sehen als Marx oder Hegel, dann nur, weil wir auf den Schultern dieser Riesen sitzen.

Ich jedenfalls bekenne mich zu den Klassikern des Geistes.

Klassenkampf

ZitatIch frage mich bloß warum das Denken und die Einsichten dieser Riesen uns nicht heute noch befruchten lassen sollte? Wenn wir heute weiter sehen als Marx oder Hegel, dann nur, weil wir auf den Schultern dieser Riesen sitzen.

Den Bemühungen eines Jeden Respekt gezollt, doch zur Erkenntnis eines Mißstandes, zur Analyse und gegebenenfalls zur Staatsutopie, gelangt man nicht alleine durch eigene geistige Ergüße, sondern muß sich ein Fundament zu Eigen machen.
Selbst die Riesen, wie oben genannt, sind Kinder eines Fundamentes, daß direkt oder indirekt auf diese gewirkt hat.

Über den Mißstand ist man sich einig, die Utopie bereitet uns Nöte.
Während die Wenige einen reinen Kommunismus favorisieren, andere einem Sozialismus nachweinen, glauben Dritte wiederum, neue Utopien erschließen zu müssen.
Der Kapitalismus, als Form der Gesellschaft, hat sich als Wolf im Schafspelz erwiesen: Er begünstigt Reich, während er Arm unterdrückt - zwar steht auch Arm der Weg offen, dieser ist aber steinig und oftmals mit Barrieren versperrt.

Der Kapitalismus läßt sich nicht zügeln, lautet eine der Erkenntnisse Marx'. Und tatsächlich: Der Kapitalismus der marxistischen Weitsicht und der Staat als regulierende Kraft des "status quo Marx" konnten keinen Nenner finden.
Staat und Kapitalismus gingen einen gemeinsamen Weg, blutig und ungerecht - aber mit dem Fazit einen regulierenden Kapitalismus zu installieren, der aufgrund ungezügelter Erfahrung beider und als Vergleichsobjekt gen Osten zu dienen hatte.

Eines aber zeigt diese kurze Phase des Kapitalismus: Er ist zügelbar, man kann ihm Grenzen aufzeigen, ihn binden und in den Dienst der Menschen stellen.
Niemand behauptet es wäre einfach, doch der Staat als Vertretung einer Gesellschaft, hat im Sinne eben dieser, nicht zu agieren, sondern zu reagieren. Er hat zu reglementieren, zu beschränken, einzugreifen, zu regulieren, zu sichern und zu behaupten - freie Entfaltung der Märkte, aber keine freien Märkte.

Es ist der Staat als Vertretung, dieses Gebilde des Gesellschaftsvertrages, daß die Wirtschaft - als Produkt diverser Gesellschaftsverträge - für sich einzuvernahmen hat.
Die Wirtschaft ist keine Veranstaltung einiger privater Herren, sondern ein Produkt der Öffentlichkeit, welches zwar Unternehmer belohnen, nicht aber in den Gottesstand versetzen darf.
Oberste Priorität der neuen Utopie: Gerechtigkeit. Diese Grundmaxime des Rawlschen Fair Play muß als Grundfundament der neuen Gesellschaft involviert werden.

Wer zweifelt daran, daß absolute Gleichheit nicht zu vollziehen ist? Der schwindende Sozialstaat heutiger Tage, wird gerne als Produkt der Gleichmacherei bezeichnet, Gleichmacherei liegt ihm aber fern, liegt selbst den größten Utopisten in weiter Ferne.
Ziel ist es nicht, jeden Berufsstand, jeden Menschen gleichzuschalten, sondern denen, die am unteren Ende der Gesellschaft stehen ein gesichertes, finanziell wenig sorgloses Leben zu ermöglichen.
Die Möglichkeit eines sozialen Aufstiegs, allerdings, sollte gewahrt werden - Gleichmacherei würde ein Entkommen aus der (dann erträglichen) Armut nicht ermöglichen, damit Freiheit einschränken.

Nicht also der Kapitalismus ist der Feind, sondern die ungezügelten Kräfte dahinter, die sich gerne der Vision hingeben, dies alles im Sinne der Gesellschaft und damit im Sinne des Volkes, zu tun.

Jedem sei es seiner eigenen Freiheit zuteil, sich über das Wie und Wen zu definieren. Egal ob aus eigenen Antrieb oder durch die weisen Worte der klassischen Riesen. Was zählt ist, sich Gedanken zu machen, nicht seinen Verstand verkümmern zu lassen und ihn nurmehr zum Aufnahmeobjekt einer Indoktrinierung verkommen zu lassen.
Während A zu Taten aufruft, B Revolution fordert, gibt es C's die sich den Worten der Denker unterwerfen, D's bauen dieses Fundament mit in ihr eigenes Weltbild. Letztere zwei sind Kinder des Wortes...Berechtigung dazu ist gegeben, ohne Zweifel - es waren die Freunde des Wortes die Geschichte schrieben und heute noch im Geiste der Menschen immanent sind, die Freunde der Tat allerdings sind oftmals sehr schnell vergessen worden.
Eines haben wir aber E bis Z vorraus: Wir haben es erkannt....
,,Diese Verhältnisse sind nicht die von Individuum zu Individuum, sondern die von Arbeiter zu Kapitalist... Streicht diese Verhältnisse, und ihr habt die ganze Gesellschaft aufgehoben."
--- Karl Marx, "Das Elend der Philosophie" ---

MichaHB64

Einen "menschlichen" Kapitalismus gibt es nicht. Genauso wie der Sozialismus eine historische Notwendigkeit ist, so ist es notwendig den Kapitalismus zu überwinden.
 
 Durch die Schaffung immer neuen Elends schafft der Kapitalismus selber die Basis für seine Überwindung.
   
Es sind bereits alle Möglichkeiten vorhanden um Reichtum für alle zu schaffen, allein die Besitzverhältnisse müssen zugunsten der Masse des Volkes, der Arbeiterklasse, geändert werden.
   
Wenn Wirtschaft und Gesellschaft nicht nur von einer winzigen Elite, sondern kollektiv vom arbeitenden Volk geführt werden, können Armut und Not rasch überwunden werden. Wenn wir die Produktion an den menschlichen Bedürfnissen ausrichten, dann können wir das zerstörerische Auf und Ab der Konjunktur überwinden und die Arbeitszeit für alle radikal senken und Vollbeschäftigung zu menschenwürdigen Bedingungen erreichen

geishapunk

ZitatOriginal von MichaHB64
Einen "menschlichen" Kapitalismus gibt es nicht. Genauso wie der Sozialismus eine historische Notwendigkeit ist, so ist es notwendig den Kapitalismus zu überwinden.

*hust*
Der Sozialismus ist bitte was?
Lies doch bitte noch einmal den Ausgangspost!

Carsten König

ZitatOriginal von geishapunk
*hust*
Der Sozialismus ist bitte was?
Lies doch bitte noch einmal den Ausgangspost!

Wieso diese Polemik? Sein Standpunkt - einen menschlichen Kapitalismus gibt es nicht - ist doch als eigene Meinung zulässig. Die Begründung ist alles andere als dogmatisch. Sie ist zutreffend und in sich schlüssig.

Und um eigenes Denken geht es oben - Ausgangspost. Also das mit dem Lesen gilt auch für: geishapunk

geishapunk

ZitatOriginal von Carsten König
ZitatOriginal von geishapunk
*hust*
Der Sozialismus ist bitte was?
Lies doch bitte noch einmal den Ausgangspost!

Wieso diese Polemik? Sein Standpunkt - einen menschlichen Kapitalismus gibt es nicht - ist doch als eigene Meinung zulässig. Die Begründung ist alles andere als dogmatisch. Sie ist zutreffend und in sich schlüssig.

Und um eigenes Denken geht es oben - Ausgangspost. Also das mit dem Lesen gilt auch für: geishapunk

Ich gebe zu das ich aus Versehen zu wenig gelöscht habe. Der Satz mit dem menschlichen Kapitalismus sollte auch weg. Hättest Du allerdings meinen Post mal gelesen wäre Dir aufgefallen worauf ich mich bezog!

Naja, nun sitzt Du nun zwischen lauter Scherben... ;)

Kater

ZitatOriginal von MichaHB64
Genauso wie der Sozialismus eine historische Notwendigkeit ist,

hier ist wohl die Frage, ob das Wunsch oder Glaube an eine gesetzmäßige gesellschaftliche Entwicklung ist...

Pinnswin

Denken ist manchmal gar nicht so einfach in der heutigen Zeit, deshalb:

§8 - Nimm dir eine ,,Denkhilfe" theoretischer oder praktischer Natur mit, falls dir eine/r dumm kommt.

 :evil:
Das Ende Der Welt brach Anno Domini 1420 doch nicht herein.
Obwohl vieles darauf hin deutete, das es kaeme... A. Sapkowski

lu.gal

ZitatOriginal von MichaHB64
Die Wirtschaft ist für uns da

Falsch. Die Wirtschaft ist für die da, die das Prinzip der Wirtschaft erfunden haben. Und das sind ganz bestimmt nicht wir.


ZitatOriginal von Carsten König
Wenn wir heute weiter sehen als Marx oder Hegel, dann nur, weil wir auf den Schultern dieser Riesen sitzen.

Üblicherweise sitzen nur Kinder auf den Schultern von Erwachsenen (Riesen). Daß Du dieses Bild wählst, läßt tief blicken.

ZitatOriginal von Klassenkampf
Selbst die Riesen, wie oben genannt, sind Kinder eines Fundamentes, daß direkt oder indirekt auf diese gewirkt hat.

Ja, klar, im Falle Hegels war dieses "Fundament" die preußische Staatsregierung, die dessen konservative Rechtsphilosophie mit Gewalt als erste Staatsideologie durchgesetzt hat. Wer allerdings in Kindheit und Jugend darauf geprägt wurde, ihn und seine "Philosophie" auf eine DDR-ideologisch-romantisierende Weise zu betrachten, kapiert das natürlich im Leben nicht!

ZitatNicht also der Kapitalismus ist der Feind, sondern die ungezügelten Kräfte dahinter, die sich gerne der Vision hingeben, dies alles im Sinne der Gesellschaft und damit im Sinne des Volkes, zu tun.

Na wenn Du das schon erkannt hast, wieso beschäftigst Du dich dann immer noch mit den unwichtigen Fassaden, auf denen "Kapitalismus", "Sozialismus" und "Demokratie" gepinselt ist???

Ach, und eins noch: Wieso hoffst Du, daß diese hintergründigen Mächte auch nur im Traume an das Wohl des Volkes denken? Ist dies der Glaube an das Gute im Menschen?!? Puuhaahahaaah, Gott wie naiv...

ZitatOriginal von MichaHB64

...so ist es notwendig den Kapitalismus zu überwinden.
Wenn Du dich auf den "Kapitalismus" als Gegner konzentrierst, schnappst Du nur nach der Karotte, die man dir vorhält. Und das tut dem "Karottenhalter" bestimmt nicht weh.

ZitatOriginal von Carsten König
Wieso diese Polemik?

Bitte mehr Polemik, und zwar ätzend, scharf und schneidend!

ZitatOriginal von Pinnswin
Denken ist manchmal gar nicht so einfach in der heutigen Zeit

Genau! Ich gebe mir aber alle Mühe, auch wenn´s schwer fällt.

}:-]
Auferstanden aus Ruinen...jetzt mit noch mehr FrogPower!

Carsten König

ZitatOriginal von lu.gal
ZitatOriginal von Klassenkampf
Selbst die Riesen, wie oben genannt, sind Kinder eines Fundamentes, daß direkt oder indirekt auf diese gewirkt hat.

Ja, klar, im Falle Hegels war dieses "Fundament" die preußische Staatsregierung, die dessen konservative Rechtsphilosophie mit Gewalt als erste Staatsideologie durchgesetzt hat. Wer allerdings in Kindheit und Jugend darauf geprägt wurde, ihn und seine "Philosophie" auf eine DDR-ideologisch-romantisierende Weise zu betrachten, kapiert das natürlich im Leben nicht!

Deine Meinung, falls Du Dich jedoch mal bemühst Hegel zu lesen, werden andere Punkte ins Auge springen (Abschnitt über die Französische Revolution):

ZitatVorlesungen über die Philosophie der Geschichte:  Im Gedanken des Rechts ist also jetzt eine Verfassung errichtet  worden, und auf diesem Grunde sollte nunmehr alles basiert sein. Solange  die Sonne am Firmamente steht und die Planeten um sie herumkreisen,  war das nicht gesehen worden, daß der Mensch sich auf den  Kopf, d. i. auf den Gedanken stellt und die Wirklichkeit nach diesem  erbaut. Anaxagoras hatte zuerst gesagt, daß der nuos die Welt regiert;  nun aber erst ist der Mensch dazu gekommen, zu erkennen, daß der  Gedanke die geistige Wirklichkeit regieren solle. Es war dieses somit ein  herrlicher Sonnenaufgang. Alle denkenden Wesen haben diese Epoche  mitgefeiert. Eine erhabene Rührung hat in jener Zeit geherrscht, ein  Enthusiasmus des Geistes hat die Welt durchschauert, als sei es zur  wirklichen Versöhnung des Göttlichen mit der Welt nun erst gekommen.  Folgende zwei Momente müssen uns nunmehr beschäftigen: 1. der  Gang der Revolution in Frankreich, 2. wie dieselbe auch welthistorisch  geworden ist.

Aus: Vorlesung über die Philosophie der Geschichte

Ich bitte einmal aufzuzeigen, an welcher Stelle Hegel irgendwie den preußischen Staat glorifiziert.
Das sind unwissenschaftliche, polemische und unbewiesene Behauptungen, die lediglich dazu dienen Geistesgrößen, deren Abwesenheit wir heute besonders bemerken, zu disqualifizieren.
Ergo: Selber lesen macht schlau.

Wenn man was aus dem Studien- und Unileben gelernt haben sollte dann dies: Nichts ist furchtbarer als das Denken der Menschen durch die Fleischwölfe der Sekundärliteratur zu verzerren, zu zermahlmen.

Carpe Noctem

ZitatOriginal von Carsten König
Wenn man was aus dem Studien- und Unileben gelernt haben sollte dann dies: Nichts ist furchtbarer als das Denken der Menschen durch die Fleischwölfe der Sekundärliteratur zu verzerren, zu zermahlmen.

Das mag ja sein, aber wenn Hegel sich darauf beschränkt, angesichts der Frz. Revolution in "einem herrlichen Sonnenaufgang [...] vor erhabener Rührung zu erschauern", dann gehört er in die Romantische Dichtung. Sowas ist als politische Aussage zu sentimental und zu sehr an die Psychologie von Leuten angepasst, die es vorziehen sich fabulierend zu Hause hinterm Ofen zu verschanzen und ihre Babypatschehändchen nicht mit der Realität draussen vor der Tür zu besudeln.

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

lu.gal

ZitatOriginal von Carsten König
Deine Meinung, falls Du Dich jedoch mal bemühst Hegel zu lesen,...

Ich habe ihn gelesen.

ZitatOriginal von Carsten König Ich bitte einmal aufzuzeigen, an welcher Stelle Hegel irgendwie den preußischen Staat glorifiziert.

Dies und noch mehr:

"Napoleon stand vor den Mauern Jenas. Am 13 Oktober 1806 wurde die Stadt eingenommen, und Hegel schrieb an Niethammer am Tage, da Jena von den Franzosen besetzt wurde, und der Kaiser Napoleon in seinen Mauern eintraf, folgende berühmt gewordene, von Hegels Bewunderung vor welthistorischen Individuen zeugende Sätze:
"

"Am 3. November 1817 hatte Friedrich Wilhelm III. ein besonderes Ministerium für die Geistlichen-, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten geschaffen. Zu seiner Leitung bestimmte er den Freiherrn von Altenstein, der unter Minister von Stein ein Memorandum zur Neugestaltung des Erziehungswesens verfaßt hatte (Dieses Memorandum ist bis heute verschollen). Welches Interess er schon in den ersten Wochen nach seiner Amtsübernahme in den Plan legte, Hegel nach Berlin zu ziehen, ist aus der sorgfältigen Abfassung des Berufungsschreibens ersichtlich."

"In seiner Antrittsvorlesung (an der Berliner Universität) am 22. Oktober 1818 wiederholte Hegel mehr oder weniger seine aus gleichem Anlaß in Heidelberg gesprochenen Worte, modifizierte sie aber in Hinblick auf die politische Bedeutung Preußens. < So sehr er früher in Preußen ein Hindernis für die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches gesehen hatte und so hart sein Urteil über den preußischen Staat nach der bei Schlacht Jena und Auerstedt gewesen war, so rückhaltlos bewunderte er jetzt die Art, wie die preußische Regierung in schwerster Zeit den Staat vor dem Untergang bewahrte, die politischen Kräfte zum Wohl des Ganzen mobil gemacht hatte und an die Staatsform herangegangen war, wie Preußen damals zu geschichtlichem Selbstbewußtsein erwachte und sich seiner nationalerzieherischen und kulturellen Sendung bewußt wurde.>"

Bülow, 63

"...die deutsche Nation überhaupt ihre Nationalität, den Grund allen lebendigen Lebens, gerettet hat, so ist dann die Zeit eingetreten, daß in dem Staate neben dem Regiment der wirklichen Welt auch das freie Reich des Gedankens selbständig emporblühte...Und es ist insbesondere dieser Staat, der mich nun in sich aufgenommen hat, welcher durch das geistige Übergewicht sich zu seinem Gewicht der Wirklichkeit und im Politischen emporgehoben, sich an Macht und Selbständigkeit solchen Staaten gleichgestellt hat, welche ihm an äußeren Mitteln überlegen gewesen wären."

Ansprache Hegels an das Auditorium nach seiner Antrittsvorlesung ebenda, Gedenkschrift, 310 ff

"Seine (Hegels) Vorlesungen gehört zu haben, galt als besondere Empfehlung, nicht nur für künftige Dozenten und Lehrstuhlinhaber, sondern auch für preußische Beamte, vor allem für Juristen. So besuchte etwa der Referent für Unterrichtsfragen im Kultusministerium, Dr. Johannes Schulze, regelmäßig Hegels Vorlesungen und erfüllte damit einen Wunsch seines Ministers. Es hatte also damit seine Richtigkeit, wenn Hegel schon nach dem ersten Jahr seiner Berliner Lehrtätigkeit berichten konnte:"

"Der junge Arthur Schopenhauer habilitierte sich in 1820 in Berlin. Als höchst selbstbewußter Dozent bat er darum, seine Stunden so zu legen, daß sie mit Hegels Hauptvorlesung kollidierten, damit sich erweise, zu wem die Studenten kommen werden: zu ihm oder zu Hegel. Die Probe verlief sehr enttäuschend für Schopenhauer. Gereizt und des Wettkampfes überdrüssig, zog er sich zurück: "

Alles aus: Franz Wiedmann, Hegel, Rowohlt Monographie / Max Brahn, Arthur Schopenhauer, Briefwechsel und andere Dokumente. Insel Verlag

}:-]
Auferstanden aus Ruinen...jetzt mit noch mehr FrogPower!

  • Chefduzen Spendenbutton