Die pseudoWissenschaften des Herrn Un-Sinn

Begonnen von Paradiesvogel, 09:17:27 Di. 29.März 2011

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Paradiesvogel

"Ist Deutschland noch zu retten." Ist das abartige menschenfeindliche Machwerk des Herrn UnSinn aus München, publiziert und vermarktet soll es einen wissenschaftlichen und seriösen Charakter vermitteln....doch so leicht ist es nicht....

eine entsprechende sehr gute Antwort findet sich hier:

1. Sinn verbreitet billigste Polemik und schlimmen Alarmismus. So konfrontiert er die Leser z.B. im Eingangskapitel mit einem Titel, der schlimme Zukunftsängste produzieren soll: "Schlusslicht Deutschland". Sinn versucht sich hier als Chronist eines deutschen Abstiegs: "Vom Wirtschaftswunderland zum kranken Mann Europas". Allein: Für diese Grundthese fehlen die Belege! Deutschlands Wirtschaft erarbeitet sich nach wie vor extreme Exportüberschüsse. Die Wirtschaft ist bis heute (2010) außerordentlich wettbewersfähig. Auch der Umstand, dass Deutschland relativ gut aus der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise gekommen ist, zeigt den Wettbewerbsvorteil. Richtig ist, dass es weitreichender Reformen bedarf, um diese Wettbewerbsfähigkeit für die mittlere Zukunft zu erhalten. Diese Reformen liegen aber in ganz anderen Bereichen, als Sinn vermutet.

2. Sinn arbeitet mit zutreffenden Ausgangsthesen, führt sie aber keinen zukunftstauglichen Lösungen zu. So schreibt er z.B. ein Kapitel über "Die Flucht der Mittelständler nach Osteuropa". Im Ausgangspunkt kann niemand bestreiten, dass bestimmte Arbeitsplätze verlagert werden. Aber entscheidend ist doch, worin die Lösung dieses Problems besteht. Sinn versteht schlechterdings nicht, dass sich eine solche Flucht in billigere Produktionsstandorte in einer globalisierten Weltwirtschaft nicht verhindern lässt, indem man die Gewerkschaften hier abschafft und die Arbeitskosten senkt. Es wird immer Konkurrenten in Gestalt von Entwicklungs- und Schwellenländern geben, die bestimmte Arbeiten zu geringeren Kosten verrichten; wenn wir mit den billigsten mithalten wollten, müssten wir unser Gemeinwesen aufgeben. Wir sollten daher über Qualitätsarbeit und Innovation diskutieren, statt über das in einem Globalisierungsprozess völlig normale Abwandern bestimmter Arbeitsplätze zu lamentieren. Wir sollten mehr über innovative Branchen nachdenken, Forschung und Entwicklung, Dienstleistungen am Menschen, insbesondere im Bildungsbereich.

3. Sinn ist blinder Ideologie ausgeliefert. Wie sonst ist ein Kapitel "Arbeitsmarkt im Würgegriff der Gewerkschaften" zu erklären? Sinn würde es wohl heute, wo man die Gewerkschaften wieder allenthalben schätzt und für gemäßigte Tarifverhandlungen und ihre sozial befriedende Funktion (z.B. auch in der Wirtschaftskrise) lobt, nicht mehr schreiben. Nun aber steht es in diesem Buch, und es liest sich, als wären die Gewerkschaften ein böses Monstrum, welches Millionen von Arbeitsplätzen in seinem riesigen Schlund verschwinden lässt. Der Flächentarifvertrag gilt Sinn als "Kartellvereinbarung"; er fordert mehr Autonomie für die Betriebe, weniger Kündigungsschutz. Es werden nur mögliche Kosten gewerkschaftlicher Organisation und kollektiver Interessenvertretung in den Blick genommen, der Nutzen der Institution Gewerkschaft wird aber völlig ignoriert. Wollen wir wirklich zeitraubende Lohnverhandlungen in jedem Betrieb? Wollen wir wirklich ständig Auseinandersetzungen in Betrieben? Wollen wir, dass der Arbeitskampf zunimmt? Ich denke, das ist kein guter Ansatz.

4. Sinn offenbart eine Attitüde, die erschreckend undemokratisch ist. Den Sozialstaat, der funktionell mit dem demokratischen Gedanken aufs Engste verwoben ist, diffamiert er als "mächtigsten Konkurrenten der Wirtschaft". Wieder gibt die Ideologie den Takt vor, und die Realität hat Sendepause. Erstens: Sinn hat Art. 20 GG nicht verstanden und gießt Hohn und Spott über die Väter und Mütter des Grundgesetzes, die sich beim Sozialstaatsprinzip etwas gedacht haben; sie hatten die Idee einer humanen Gesellschaft. Für Sinn sind Lohnersatzeinkommen, die sich nach der st. Rspr. des BVerfG aus Art. 1 (Menschenwürde!) ergeben, lediglich "Jobkiller". Man stelle sich mal das Sinn'sche Deutschland vor: Eine Sozialhilfe der heutigen Fassung gäbe es nicht, Menschen müssten arbeiten oder sprichwörtlich verhungern; jede Arbeit zu jedem Preis würde gemacht werden. Sinn sieht darin den Nutzen sinkender Lohnkosten und sinkender Sozialausgaben. Die Kosten aber sind Gefahren für den sozialen Zusammenhalt, die sich immer dann ergeben, wenn Menschen ihres SELBSTBESTIMMUNGSRECHTS und ihrer WÜRDE beraubt werden. Stabile soziale Verhältnisse sind - auch bei nur wirtschaftlicher Betrachtung - ein Vorteil: Sie garantieren, dass langfristiges Wirtschaften in einer Nationalökonomie überhaupt möglich ist und das Gemeinwesen nicht der Anarchie anheim fällt. Zudem kann der Gedanke, auch beim Fehlschlag (z.B. einer Unternehmensgründung; eines Jobwechsels etc.) durch die Solidargemeinschaft angemessen (!) aufgefangen und abgesichert zu werden, Menschen auch mutig und innovativ machen. Das ist der Kern des Gedanken des sozialen Marktwirtschaft: Kraft, Mut und Innovation durch Solidarität. Ein guter Gedanke, um den uns gerade in der Wirtschaftskrise wieder viele beneidet haben!

5. So weit, so schlecht. Was Sinn dann aber wirklich gefährlich macht, ist die Verknüpfung seiner Forderungen nach dem Abbau grundrechtlicher und sozialstaatlicher Rechtspositionen mit staatlichen Eingriffen, die er unter Überschriften wie "Warum wir eine aktive Bevölkerungspolitik brauchen" zusammenfasst. Der Staat soll also gefälligst auch die Geburtenrate steigern, oder anders gewendet: er soll durch Mechanismen der Belohnung und Sanktion auf privateste Entscheidungen der menschlichen Existenz "durchgreifen". Kinderlose Menschen sollen in vielfältiger Hinsicht benachteiligt werden. Hinzu kommt, dass Sinn auch noch die Würde von Menschen angreift, die älter sind. Alte Menschen sind nach der Überzeugung des Autors etwas, was dem wirtschaftlichen Erfolg im Wege steht, so warnt Sinn dann allen Ernstes: "Der Weg in die Gerontokratie: die Herrschaft der Alten". "Die Altern" sind selbstverständlich zu generationengerechtem Denken und Handeln nicht fähig, weshalb man vor ihrer "Herrschaft" warnen muss. Es ist doch offensichtlich, dass Sinn hier Generationenkonflikte schürt, statt sie mit aufklärerischer Gewissenhaftigkeit zu vermeiden. Ein gefährliches gedankliches Gebräu, welches hier zusammengerührt wird.

Daher: Thumbs down!

Quelle: http://www.amazon.de/Ist-Deutschland-noch-zu-retten/dp/3430185335

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