chefduzen.de - Forum der Ausgebeuteten

Wat Noch => Theoriebereich => Thema gestartet von: Kuddel am 18:58:15 Mo. 03.Februar 2020

Titel: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 18:58:15 Mo. 03.Februar 2020
Es war phasenweise schon nervig, wie das Forum von Mitgliedern und Unterstützern der Basisgewerkschaften FAU und IWW heimgesucht wurde. Es schien die Lösung all unserer Probleme zu sein und die basisdemokratischen Gewerkschaftsmodelle wurden wie das Evangelium gepriesen. Irgendwann wurde es still um sie. Die optimistischen Postings ließen nach, bis sie ganz ausblieben. Noch nicht einmal das mitgliederstärkste Syndikat in Berlin hält es noch für nötig bei chefduzen seine Veranstaltungen zu veröffentlichen.

In dem Buch "Syndikalismus und neue Klassenpolitik" zieht Torsten Bewernitz nach 20 Jahren Aktivität in der FAU ein vernichtendes Resümee. Warum gibt es keinen Aufschrei der Empörung, keinen Widerspruch von den zuvor noch so Begeisterten? Wo sind sie? Haben sie aufgehört von einer besseren Gesellschaft zu träumen, haben sie aufgehört zu kämpfen? Sind sie heute in völlig anderen Kämpfen eingebunden? Ist das Interesse an den Ausgebeuteten und dem Arbeitsplatz als Ort der Auseinandersetzung verschwunden?

Wer will wie kämpfen? Die Basisgewerkschaften FAU und die in D noch kleinere IWW funktionierten als Durchlauferhitzer. Die Leute traten begeistert ein und die Organisationen konnte die Mitglieder nicht lange halten. Viele Tausend Leute sind da in wenigen Jahren durchmarschiert. Was denken sie heute? Was bedeuten ihre Erfahrungen und Enttäuschungen für sie? Was sollten die politschen Konsequenzen jenseits von Resignation oder "weiter so" sein?
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Ferragus am 11:56:03 So. 19.April 2020
Das Buch von Bewernitz wurde FAU-intern von wenigen Mitgliedern diskutiert und zu recht kritisiert, gegenwärtig scheint das Bedürfnis nach theoretischer Analyse aber nicht im Zentrum zu stehen. Man versucht halt die Gewerkschaftsarbeit, die Aufrechterhaltung und den Ausbau der Organisation und die anfallende Bürokratie zu bewältigen, teilweise sich erst anzueignen und hat damit genug zu tun - es fehlt an Leuten, die sich sich reinknien. Diese trockenen und notwendig etwas langweiligen Tätigkeiten haben auch schon einige aktive Mitglieder verheizt. Andererseits kann man auch sagen, das politische Tätigkeit für die meisten Leute ein Durchgangsphänomen ist, und sie sich mit Anfang 30 und dem Beginn der aktiven Familienplanung eher zurückziehen. Also es ist nicht so einfach - die Stagnation bzw. langwierige Entwicklung der FAU und die Passivität der arbeitenden Klasse beeinflussen sich wechselseitig. Erschwerend: die gebundene, verwaltete Form des heutigen Klassenkampfes, der sich überwiegend vor Gericht und im Verhandlungs-zimmer abzuspielen scheint.
Bewernitz Ungeduld kann ich verstehen, aber sein Rezept von einem linken Flügel in den DGB-Gewerkschaften hat wenig Anziehungskraft und seine Analyse der Misere reicht nicht aus.
Insofern gibt es eben keinen Grund für Optimismus.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 13:15:46 Di. 21.April 2020
Hallo Ferragus,
schön eine Reaktion aus dem FAU Umfeld zu kriegen. Es ist recht still um die FAU geworden. Im Lauf meines Arbeitslebens war ich aus symbolischen Gründen Mitglied in drei verschiedenen sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften, doch ich halte das Konzept der Basisgewerkschaften für das bessere. Ich habe versucht im Rahmen/in Zusammenarbeit von/mit sozialpartnerschaftlichen- und Basis-Gewerkschaften, Beratung zu bekommen oder Protest und Widerstand in der Arbeitswelt anzuschieben. Die Liste der Enttäuschungen ist lang, bei den Basisgewerkschaften noch länger als bei den DGB Gewerkschaften. Das liegt aber wohl daran, daß ich mich nach einer Weile bei den DGB Gewerkschaften weniger bemüht habe, weil ich gesehen hatte, wie wenig Interesse sie an klassenkämpferischen Aktivtäten haben. Umso schmerzlicher war die Erfahrung, daß es bei der sympathischeren Organisation in der Praxis hinten und vorn nicht klappt. Ich kann vielleicht später einige dieser Erfahrungen schildern.

Bei den Auszügen aus der Broschüre von Torsten Bewernitz, die ich zu lesen bekam, war ich von den Socken. Sein ernüchterter Blick auf die FAU entsprach meinen Erfahrungen. Ich habe mir die Broschüre dann bei der Buchhandlung meines Vertrauens bestellt, da wurde ich jedoch enttäuscht. Ich kann seine Schlüsse aus der Enttäuschung und aus der realen Schwäche der FAU nicht nachvollziehen. Den Vorschlag, "Workers Center" zu etablieren, finde ich gut. Aber da hört es schon auf. Auch wenn der bisherige Weg der FAU vielleicht gescheitert sein mag, halte ich das Konzept von Bassisgewerkschaften keineswegs für gescheitert. Das beweisen meiner Meinung nach die IP in Polen, die SUD Solidaires in Frankreich und SI Cobas in Norditalien.

Ich finde seinen Vorschlag zur "Professionalisierung" mit bezahlten Funktionären nicht gut. Ich halte durchaus eine Reformierung der FAU Strukturen für sinnvoll und da sollte man weniger dogmatisch und stattdessen lebensnäher sein. Ich denke schon, daß gewisse Aktivitäten honoriert und finanziell entschädigt werden sollten, denn sonst wäre es z.B. für alleinerziehen Mütter unmöglich auch noch Gewerkschaftsarbeit zu machen. Das ist sonst ein Privieg derjenigen, die ausreichend freie Zeit und eine gute ökonomische Absicherung haben. Ein Funktionärstum wäre keine Lösung, sondern eher der Versuch einen Fehler durch einen anderen zu ersetzen.

Torsten Bewernitz hat scheinbar die FAU ganz aufgegeben. Das halte ich für falsch. Ich denke schon, daß die eigenen Fehler und das Scheitern an vielen Fronten diskutiert werden müßten. Ich sehe durchaus das Potential für eine Erneuerung.

Seine Hoffnungen auf die DGB Gewerkschaften kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin auch hier für einen undogmatischen Umgang und halte es für wichtig, mit den Mitgliedern dieser Gewerkschaften nicht nur Kontakt zu halten, sondern auch zusammenzuarbeiten. Das gilt auch für einzelne Funktionäre, die in Ordnung sind. Man kann hier und da einiges ausrichten innerhalb der DGB Strukuren, doch dieser verkrustete Apparat ist nicht ernsthaft reformierbar, egal wie viele Leute sie aus der Antifa- und linksradikalen Szene als Jugendsekretäre und Organizer rekrutieren mögen. Das ist nur junge, moderne Tünche, weiter nichts.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Ferragus am 13:31:40 Mi. 22.April 2020
Hallo Kuddel,
was Bewernitz angeht: die Workers-center-Strategie hatte ich schon wieder vergessen und ich glaube, er ist noch in der FAU Mannheim, schreibt auch weiterhin für den Express.
Zur Reform der FAU: in Berlin steht sie im Fokus (auch Bezahlung wurde diskutiert, dafür ist Berlin quantitativ aber noch zu klein) und in zwei bis vier größeren Städten im Osten der Republik wird sie sich bald aufdrängen. Es gibt große regionale Unterschiede in der FAU und in einigen Städten kann man noch nicht zur gewerkschaftlichen Arbeit übergehen, muss man erst einmal den Polit-Gruppe-Charakter hinter sich lassen. Diese Reformen stoßen aber auf Schwierigkeiten (welchen Prinzipien soll man folgen?, ich plädiere da für Zweckgebundenheit d.h. Orientierung an den Bedingungen der Kämpfe, größtmögliche Übersichtlichkeit und Durchsichtigkeit, geringe Anstrengung für die Aktiven - es gibt aber eine andere Fraktion, die pedantisch alles mit Satzungen und Richtlinien abdecken will, Stichwort Kontrolle-Fetisch), weil eben nur ein kleiner Kern aktiv die Gestaltung der Strukturen beeinflusst, die Mitglieder einzeln in kleinen betrieben ohne Betriebsgruppen sind(wie die Atomisierung überwinden?), die allein-erziehende Mutter ist sicherlich kaum dabei. Viele Mitglieder bringen auch ihre Vorstellungen von einer Dienstleistungsgewerkschaft mit, bei der man nichts machen muss - ein weiteres Hindernis.
Die demokratische Praxis der Basisgewerkschaften ist der Tat um einiges besser als die starren Apparate, wenn man aber die alten syndikalistischen Vorbilder überflügeln möchte, muss noch einiges mehr dazu kommen als von der Bais gesteuerte Gewerkschaftstätigkeiten, nämlich der Angriff auf die Klassengesellschaft bzw wenigstens ihre Vorbereitung (das war ja ein wichtiger Impuls in Frankreich, keine Arbeitsteilung zwischen Partei und Gewerkschaft). Ein weiteres und damit zusammenhängendes Problem: Viele sehen die  FAU als ein Projekt von Anarchisten, obwohl der Syndikalismus in Deutschland zuerst mit der SPD verknüpft war. Die anarchistischen und syndikalistischen Theorien, die definitiv innerhalb der FAU im Umlauf sind, sind nicht sehr produktiv, haben enge Grenzen und drohen ein Hemmschuh zu werden.
Grüße Ferragus
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 11:35:56 Di. 19.Mai 2020
Zitat von: Ferragus am 13:31:40 Mi. 22.April 2020
Die anarchistischen und syndikalistischen Theorien, die definitiv innerhalb der FAU im Umlauf sind, sind nicht sehr produktiv, haben enge Grenzen und drohen ein Hemmschuh zu werden.

Die polnische Basisgewerkschaft IP (Inicjatywa Pracownicza) begann auf Basis dieser Theorien, doch in ihrer gewerkschaftlichen Praxis verließen die diesen dogmatischen Weg und bezeichnen heute ihre Arbeit als "von Anarchosysndikalistischen Ideen inspiriert".

Ich bin beeindruckt von dem Engagement der FAU im Arbeitskampf am Bornheimer Spargelhof Ritter. Es ist also bei der FAU noch nicht Hopfen und Malz verloren.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 15:02:06 Sa. 23.Mai 2020
ZitatBasisgewerkschaften rufen zu Streik- und Aktionstagen auf

Die Ver­ei­ni­gung der Basis­ge­werk­schaf­ten (USB) hat für den 20., 21. und den heu­ti­gen 22. Mai zu natio­na­len Akti­ons- und Streik­ta­gen auf­ge­ru­fen. Am 20. Mai jähr­te sich der Beschluss des Geset­zes zum Schutz der Arbei­ten­den zum 50. Mal. Am 21. Mai rief USB zu einem lan­des­wei­ten Streik der Ern­te­hel­fer und Land­ar­bei­ter auf, am 22. Mai zu einem Streik im Ver­sor­gungs­sek­tor für den Schutz der Gesund­heit am Arbeits­platz.


Ita­li­en. Am 20. Mai 1970 wur­de in das Gesetz zum Schutz der Arbei­ten­den (sta­tu­to dei lavora­ti) beschlos­sen. Die Ver­ei­ni­gung des Basis­ge­werk­schaf­ten (USB) in Ita­li­en erklär­te, dass Jubi­lä­en wie die­se immer ein Zeug­nis ver­gan­ge­ner Kon­flik­te sind. Das sta­tu­to dei lavora­ti ist eine Moment­auf­nah­me des dama­li­gen Kräf­te­ver­hält­nis­ses im Klas­sen­kampf. USB warnt vor den Debat­ten um ein neu­es sta­tu­to dei lavora­ti im Rah­men eines neu­en Sozi­al­pak­tes, viel­mehr müss­te das bestehen­de als Aus­gangs­punkt für wei­te­re Kämp­fe für die Rech­te, Ein­kom­men, Sicher­heit und Garan­ti­en der arbei­ten­den Men­schen genutzt wer­den.

Die Ver­ei­ni­gung der Basis­ge­werk­schaf­ten rief für den 20. Mai unter der Losung ,,Lasst uns die Rech­te neu bele­ben" zur ita­li­en­wei­ten Mobi­li­sie­rung auf, um den Blick­win­kel auf den soge­nann­ten neu­en Sozi­al­pakt zu ver­än­dern. Zu zei­gen, dass die­ser im Inter­es­se der EU und des ita­lie­ni­schen Arbeit­ge­ber­ver­ban­des (Con­fin­dus­tria) eine ver­stärk­te Aus­beu­tung, eine Sen­kung der Schutz­maß­nah­men, einen schar­fen Wett­be­werb und sozia­le Aus­gren­zung bedeu­tet. Ver­hin­dern lässt sich das nur durch eine Ver­än­de­rung des Kräf­te­ver­hält­nis­ses im Klas­sen­kampf in Ita­li­en, so die USB.

Aus die­sem Grund rief die Ver­ei­ni­gung der Basis­ge­werk­schaf­ten für den gest­ri­gen 21. Mai zum ita­li­en­wei­ten Streik der Tage­löh­ner auf. Die USB Land­wirt­schaft berich­tet ita­li­en­weit davon, dass ver­las­se­ne Fel­der zu sehen waren, eben­so wie Soli­da­ri­tät von Bau­ern, die ihre Trak­to­ren abstell­ten, und Ver­brau­cher, die die Lkw anhiel­ten und den Streik unter­stütz­ten. Die USB erklär­te die Ableh­nung des soge­nann­ten ,,Decre­to Rilan­cio", da es sich nicht um Men­schen küm­mert, son­dern sie ledig­lich als Werk­zeug zur Ret­tung der Ern­te betrach­tet. Sie macht die Land­ar­bei­te­rin­nen und Land­ar­bei­ter in der Gesell­schaft unsicht­bar und mar­gi­na­li­siert, wie das auch mit Logis­tik­ar­bei­te­rin­nen und ‑arbei­tern, Pfle­gen­den und vie­len ande­ren gesche­hen ist. Men­schen, die ille­gal auf den Fel­dern arbei­ten, ver­wei­gert die Regie­rung eine Auf­ent­halts­ge­neh­mi­gung und Arbeits­er­laub­nis, statt­des­sen gibt es nur stark befris­te­te und mit stren­gen Auf­la­gen ver­bun­de­ne Arbeits­er­laub­nis­se. Dies ist die Fort­set­zung der sal­vi­ni­schen Sicher­heits­de­kre­te, die noch immer in Kraft sind und unsicht­ba­re Fabri­ken, in denen ille­ga­le ohne Rech­te und Schutz arbei­ten, geschaf­fen, kri­ti­siert die USB.

Für den heu­ti­gen 22. Mai ruft die Ver­ei­ni­gung der Basis­ge­werk­schaf­ten zu einem zwei­stün­di­gen Hygie­nest­reik auf. Anlass ist das Vor­ge­hen der ita­lie­ni­schen Garan­tie­kom­mis­si­on, die zwi­schen Arbeit und Kapi­tal ver­mit­teln soll, gegen Arbei­ter, die die Arbeit ver­wei­ger­ten auf Grund feh­len­der Schutz­aus­rüs­tung und sani­tä­rer Ein­rich­tun­gen. Para­do­xer­wei­se kam die Garan­tie­kom­mis­si­on im Vor­feld des heu­ti­gen Streiks nicht umhin, ein Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren gegen die Arbeit­ge­ber­ver­bän­de ein­zu­lei­ten, da die­se nicht zu einem Schlich­tungs­ge­spräch beim Arbeits­mi­nis­te­ri­um erschie­nen mit der Begrün­dung, dass sie die USB nicht als Gesprächs­part­ner aner­ken­nen wür­den. Die Kom­mis­si­on ergriff aller­dings erst Maß­nah­men gegen die Arbeit­ge­ber­ver­bän­de, nach­dem USB eine Beschwer­de bei der Regie­rung, dem Prä­si­den­ten des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses und des Senats ein­ge­reicht hat­te. Die USB ruft heu­te in jedem Fall zu einem zwei­stün­di­gen Streik am Ende jeder Schicht gegen die Schi­ka­nen und die Ver­nach­läs­si­gung der Gesund­heit der Beschäf­tig­ten auf, aber vor allem gegen die Natio­na­le Garan­tie­kom­mis­si­on, die die Unter­neh­men immer ver­tei­digt hat, nie gegen sie vor­ge­gan­gen ist, aber immer bereit war, die Gewerk­schaft und die Beschäf­tig­ten zu bestra­fen.
https://www.redglobe.de/europa/italien/76278-italien-basisgewerkschaften-rufen-zu-streik-und-aktionstagen-auf
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 11:08:31 Do. 28.Mai 2020
Neben der vorbildlichen Unterstützung der rumänischen ErntearbeiterInnen eines Spargelhofs in Bornheim (bei Bonn), ist die FAU auch im Bereich der Leiharbeit umtriebig:

ZitatDas Arbeitsgericht Kaiserslautern hat heute entschieden, den Fall eines ehemaligen Leiharbeiters, der gegen seine schlechtere Bezahlung geklagt hatte, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Der Leiharbeiter, ein Mitglied der Freien Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU) Kaiserslautern, hatte für seine Tätigkeiten in der Entsorgung 4€ in der Stunde weniger bezahlt bekommen als fest angestellte Kollegen, und nach einigen Monaten Klage dagegen eingelegt.(...)Der Fall aus Kaiserslautern ist der erste, bei dem eine Vorlage an den EuGH erreicht wurde.
https://pfalzsaar.fau.org/2020/05/26/wichtiger-etappensieg-bei-leiharbeitsklage/

ZitatDer EuGH muss jetzt entscheiden, ob die deutsche Rechtslage, die die systematische Unterbezahlung von Leiharbeitern ermöglicht, Bestand haben kann. "Das heutige Ergebnis vor dem Arbeitsgericht ist ein wichtiger Schritt," freut sich David Jung, Pressesprecher der FAU Kaiserslautern. "Wir sind der Ansicht, dass innerhalb eines Betriebes der Grundsatz 'Gleiche Arbeit - Gleicher Lohn' gelten muss. Wir hoffen, dass der EuGH unserer Argumentation folgt und der Ausbeutung durch Leiharbeit in Deutschland einen Riegel vorschiebt."
Zufrieden äußerte sich im Anschlus auch Thomas Backes, der Anwalt des Klägers: "Das ist ein wichtiger Etappensieg. Der EuGH wird jetzt entscheiden, ob das deutsche System der Ausbeutung der Leiharbeiter weiter aufrecht erhalten bleibt oder ob das auf europäischer Ebene nicht mehr haltbar ist."
https://www.wochenblatt-reporter.de/kaiserslautern/c-lokales/arbeitsgericht-legt-fall-dem-eugh-vor_a200149

ZitatDer Kläger gehört überdies zu einer kleinen Gewerkschaft, die das bestehende Wirtschaftssystem nicht als Sozialpartner mittragen will. (...) Manchmal gibt´s auch im politischen Leben Grund zur Freude.
Kommentar von Prof. Dr. Wolfgang Däubler vom 26. Mai 2020

Hut ab! Die FAU könnte sich tatsächlich zu einer kleinen, aber ernstzunehmenden Gewerkschaft entwickeln.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Ferragus am 17:46:51 Fr. 16.Oktober 2020
Eine erfreuliche Entwicklung: Auch in Leipzig gibts jetzt ein Gewerkschaftslokal der FAU, welches als Anlaufpunkt für Basisarbeit dienen kann und in die Nachbarschaft hineinwirkt.

https://leipzig.fau.org/fau-leipzig-eroeffnet-erfolgreich-neues-lokal-in-der-breiten-strasse/
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 14:00:11 Mo. 16.November 2020
Die Verschissenheit der Zustande ist allgegenwärtig.
Corona- und Klimakrise sind das Resultat kapitalistischen wirtschaftens. Die Soziale Spaltung gewinnt an Dynamik. Die Verarmung ist nicht nur relativ, sondern real und jenseits jeglicher Schmerzgrenzen. Es gibt die Verarmungstendenzen innerhalb dieser Gesellschaft, aber auch weltweit unter den Staaten.

Die Reichen werden immer reicher.
Das ist keine Welt, die "immer komplexer" wird, so daß man sie nicht mehr versteht. Es ist so simpel und offensichtlich, daß jeder Idiot sehen kann, wo das zentrale Problem liegt.

Die einzig denkbare Antwort ist der Klassenkampf, die Notwehr der einfachen Menschen gegen die Reichen und Mächtigen, der Kampf von unten gegen oben.

Kämpfe können sich entwickeln als Unruhen und Auftstände, aber auch in massenhaften Arbeitsniederlegungen. Letzteres träfe den Kapitalismus ins Mark.

Darum würden die Gewerkschaften sich kümmern, meint man meist. Die Realität ist jedoch, daß die sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften auf diese Auseinandersetzung nicht vorbereitet sind, sie haben auch keinerlei Interesse an massenhaften Arbeitsniederlegungen. Sie wollen die Wirtschaft gegen die Internationale Konukurrenz schützen. Sie haben sich zu Handlangern der Wirtschaft gemacht und vertreten nicht die Interessen ihrer Mitglieder.

Für mich ist die Idee der Basisgewerkschaften eine logische Konsequenz daraus. Deshalb frage ich mich, wieso sie hierzulande so wenig funktionieren. Es geht nicht allein um die Mitgliederzahlen. Die FAU ist klein, die IWW winzig. Man hat nicht nur organisatorisch wenig Potential, auch die Strahlkraft auf die Ausgebeuteten jenseits der linken Subkultur ist minimal. Das gibt man inzwischen zu und es wird diskutiert.

Es gibt auch den kritischen Blick auf die linke Szene:
ZitatDiese Verfasstheit der radikalen Linken verwundert um so weniger, wenn wir bedenken, dass die Träger_innen dieser Bewegungen in den letzten Jahrzehnten immer stärker von Menschen mit hohem kulturellen, ökonomischen und/oder sozialen Kapital geprägt wurden, sich also immer stärker von den ärmsten Teilen der Bevölkerung entfremdet und damit selbst einerseits Privilegien zu verlieren haben und andererseits weniger Leidensdruck für die Schaffung materialistischer Strukturen ausgesetzt sind.

Revolutionäre Prozesse wurden in der bisherigen Geschichte jedoch von stark benachteiligten und eben nicht von relativ behüteten Gesellschaftsteilen angestoßen.
https://direkteaktion.org/anarchismus-ohne-anarchist_innen/

Trotz allem zieht man sich in dem zitierten Artikel auf dogmatische Vorstellungen zurück und fragt
ZitatAnarchismus ohne Anarchist_innen?

als fürchte man den Verlust des politischen Strohhalms, an dem man sich festhält.
Erst einmal muß man einen Klassenkampf mit basisdemokratischen Strukturen aufbauen und vorantreiben. Dazu müssen die Unterschichten, die Ausgebeuteten organisiert und in Kämpfe geführt werden und diese einfachen Leute sind nicht unbedingst "links" oder "politisch bewußt". Erst wenn diese Menschen zusammen sind und gemeinsam handeln und kämpfen, kann man mit ihnen politisch diskutieren. Es ist idiotisch, diese Leute mit dem Politigequatsche bereits im Vorfeld abzuschrecken.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Ferragus am 20:09:39 Mi. 18.November 2020
was deine Frage angeht, warum die politischen Gewerkschaften sich so zaghaft entwickeln. ein Bündel aus Ursachen wirkt zusammen - Passivität, Entpolitisierung und Bequemlichkeit der Ausgebeuteten sind nur einige davon, besonders lästig ist der Teufelskreis und das faule Argument: Ihr (FAU und andere) seit noch so klein, aber wenn ihr größer wärt, würde wir euch beitreten und unterstützen.Ohne eine Zuwachs in den Mitgliederzahlen ist aber nur eine sehr beschränkte Form von gewerkschaftlichem Kampf möglich und zudem ist es dann schwer sich anderen Ausgebeuteten bemerkbar zu machen . 
Es gibt leider einen Mangel an armen Leuten in diesem Land, die für eine Organisation und das politische Ziel von einer Welt ohne Ausbeutung eintreten wollen, auch wenn noch keine große Majorität hinter ihr steht und sie notwendig den Eindruck einer kleinen Sekte macht. Von den Linken Wirrköpfen und Spießern, die sich dort eben auch herumtreiben, darf man sich nicht beirren lassen.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 14:58:01 So. 10.Januar 2021
Ein Text aus der Direkten Aktion:

ZitatSelten werden die Mitgliederzahlen der deutschen Gewerkschaft so interessant sein wie dieses Jahr. Der DGB veröffentlicht diese auf seiner Internetpräsenz am Anfang des Jahres.[1] Für einige Einzelgewerkschaften, welche in 2020 keine große Tarifrunde hatten, könnte es doch herbe Mitgliederrückgänge bedeuten. Schon in den letzten Jahren hatten die Gewerkschaften im verarbeitenden Gewerbe mit Verlusten zu kämpfen.

Die FAU hingegen kann weiterhin einen jährlichen Zuwachs im zweistelligen Prozentbereich verbuchen. Insbesondere in den Hochburgen wie Berlin, Hannover, Dresden, Jena, Leipzig und Duisburg vervielfachte sich der Mitgliederbestand im letzten Jahrzehnt.

Auch wenn das Corona-Jahr die Aktiven vor eine besondere Herausforderung stellte, kamen es zu kleinen und einigen großen Aktionen. So musste der jährliche Kongress komplett digital organisiert werden. Auch die meisten Gruppen haben größtenteils per Telefon und mit Hilfe von verschiedenen Online-Tools ihren Organisationsalltag bewältigt.
Arbeitskampf in der Pandemie

Ausgebeutet wird auch in der Pandemie. Insbesondere in Schlachthöfen und auf Spargelfeldern herrschen nach wie vor feudale Bedingungen für migrantische Beschäftigte. Doch Widerstand lässt sich auch unter solchen Zuständen organisieren. Mitte Mai 2020 traten etwa 200 Erntearbeiter*innen des Spargel- & Erdbeerhofs Ritter in Bornheim bei Bonn in den Streik. Der von einer Anwaltskanzlei verwaltete insolvente Betrieb entschied sich, die meist rumänischen Beschäftigten auf die Straße zu setzen, wobei noch Löhne ausstanden. Die FAU Bonn konnte dennoch Paroli bieten. Dadurch konnte verhindert werden, dass die Arbeiter*innen selbst unter Druck gerieten Aufhebungsverträge zu unterzeichnen. In der Güteverhandlung wurde auf die Benachteiligung i.S.d. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verwiesen. Der Spargelhof Ritter hatte in einem auf YouTube veröffentlichten Interview ein Entgelt von 10,- EUR netto angeboten. Dieses Entgelt sei auch mit aus Deutschland stammenden Arbeitnehmern entsprechend vereinbart worden. Hingegen seien die rumänischen Erntehelfer geringer entlohnt worden. Der Fall könnte mit einer außergerichtlichen Einigung enden, wodurch die Beschäftigten demnächst noch an einen Teil ihrer Löhne kämen.[2] Der Fall wurde bereits in einer Arte-Dokumentation behandelt als beispielhafte Ausbeutung von migrantischen Arbeiter*innen.[3] Ebenso besprochen wurde der Arbeitskampf im Ökonomie-Podcast ,,Wohlstand für Alle" von Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt und zitieren dabei FAU-Sprecher Erik Hagedorn.[4]

Ebenfalls Ärger gab es beim Getränkelieferanten Durstexpress in Leipzig. Die Schichten sollten um 50 Prozent gekürzt werden, wodurch Beschäftigten in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht wären. Willkürliche Arbeitszeitpolitik ist in der Logistik keine Seltenheit. So schließen Unternehmen Arbeitsverträge auf Basis von Teilzeit ab. Bei Wohlgefallen kann dann die Arbeitszeit erhöht werden. Nach einem Bericht des MDR-Magazin Exakt gab es ferner bei Durstexpress (Teil des Oetker-Konzerns) Unregelmäßigkeiten bei der Auszahlungen von Löhnen.[5] Der zuständige Aktivist der FAU Leipzig äußert sich auf Presseanfragen dazu: ,,Das Modell Frustexpress darf nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer weiter Schule machen".[6] Die lokale Gruppe der FAU plant dazu eine Kampagne. Nebenher kämpft die Gewerkschaft in Leipzig für ausstehende Löhne in der Gastronomie, welche ihren Mitgliedern vorenthalten werden.

Unterstützend wirkte die FAU über die neugegründete Dachorganisation der Internationalen Konföderation der Arbeiter*innen (IKA). Es ging um die im März entlassenen Arbeiter*innen der Dragon Sweater Fabrik in Dhaka (Bangladesch). Ausstehende Löhne und Abfindungen wurden ihnen nicht gezahlt. Nicht zum ersten Mal wurde hier die befreundete Gewerkschaft GWTUC (Garment Workers' Trade Union Center) aktiv. Nach monatelangen Protesten und internationalen Solidaritätsaktionen zahlten die Eigentümer von zwei großen Bekleidungsfabriken endlich ausstehende Entgelte und Abfindungen.

In der Vergangenheit kam die FAU bei ihren Auseinandersetzungen ab und an in Kontakt mit dem DGB-Apparat wie etwa im Fall Kino Babylon. Dies war in den letzten Auseinandersetzungen nicht mehr zu spüren. Das Feld der Konflikte in der Arbeitswelt ist auch in Deutschland so bereit, dass sich die Einheitsgewerkschaften und der Anarchosyndikalismus nicht zwangsläufig in die Quere kommen müssen.
https://direkteaktion.org/kein-zeichen-von-stillstand/

Ich bin gespannt, ob es gelingt, sich von einer linken (Szene-) Organisation zu einer relevanten Kraft in der Klassenauseinandersetzung zu entwickeln.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 10:18:32 Di. 25.Mai 2021
ZitatVom 22.-24.5.21 fand online der 45. Bundeskongress der FAU statt. Delegierte aus den derzeit 31 Syndikaten der Gewerkschaft haben dabei Weichen für den weiteren Ausbau gelegt, nachdem in der Pandemie die Zahl der Mitglieder erneut um mehr als 20% gewachsen ist.
(Twitter)

Aha, jetzt steigen also wieder die Mitgliederzahlen. Mal sehen, ob die Mitglieder auch länger bleiben. Ich mußte oft beobachten, daß die FAU ein Durchlauferhitzer war und interne Streitereien und Frust dazu führten, daß die Mitglieder nicht lange in der Gewerkschaft blieben.

Ich habe auch den Eindruck, daß es bei der FAU auch mit der Praxis ein wenig voran geht. Man kümmert sich tatsächlich mehr um Betriebsarbeit.

Ich habe weiterhin die Kritik an der FAU, daß sie sich fast ausschließlich um prekäre Arbeit kümmert. Die Gewerkschaft hat in Großbetrieben nicht nur keinen Fuß in der Tür, sie versucht es nicht einmal. Dort hat weiterhin die IGM das Monopol mit ihrer beschissenen Sozialpartnerschaft. Der einzige Versuch von links, in den Großbetrieben Fuß zu fassen, kommt meines Wissens nach von der MLPD.

Ich würde gern Meinungen dazu aus dem Inneren der FAU (und der Wobblies) hören.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 09:53:49 Di. 01.Juni 2021
Zitat»Wir haben keine Hauptamtlichen«
Basisgewerkschaft FAU hielt jüngst 45. Bundeskongress ab. Debatte um weiteren Strukturaufbau stand im Mittelpunkt.
https://www.jungewelt.de/artikel/403490.syndikalismus-wir-haben-keine-hauptamtlichen.html
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 18:24:30 Mi. 16.Juni 2021
Mir gefallen von den europäischen Basisgewerkschaften die IP ("Arbeiterinitiative") in Polen und die SI Cobas in Italien am besten.

Zwei Videos aus Polen (zumindest reinklicken für einen Eindruck):

Polizei nimmt Gewerkschafter der "Arbeiterinitiative" auf dem Weg zum Frauenstreik fest

https://youtu.be/M4IAJ6Qstso

Am 30. Oktober nahm die Polizei Gewerkschafter der "Arbeiterinitiative" auf der Autobahn A2 auf dem Weg zur Demonstration für den Zugang zu legaler und kostenloser Abtreibung in Warschau fest.


Fünf Polizeiautos und ein Dutzend Polizeibeamte waren an der Verhaftung von fünf Gewerkschaftern beteiligt (darunter zwei Vertreter des Nationalen Ausschusses der Gewerkschaft und drei Mitglieder des gewerkschaftsübergreifenden Ausschusses in Poznań). Die uniformierten Dienste setzten neben den Verkehrs- und Präventionseinheiten auch einen Hubschrauber ein, um die Gewerkschaftsautos auf der Autobahn aufzuspüren.

Insgesamt wurde das Fahrzeug an diesem Tag 3 Mal angehalten. Bei der ersten Kontrolle schrieb die Polizei alle Personen auf, die sich darin befanden, und bei der zweiten Kontrolle durchsuchten sie den Kofferraum und kontrollierten die Transparente (auf denen stand: Sozialer Frauenkongress!). Bei der dritten Kontrolle zerrte die Polizei die Mitglieder des Nationalen Komitees und des Überbetrieblichen Komitees Poznań ohne Angabe von Gründen gewaltsam aus dem Auto und fesselte sie in der Mitte der Ringstraße in Handschellen. Eine Frau wurde sofort auf den Asphalt geschleudert. Sie wurden alle auf die Polizeistation in Pruszków gebracht.

Die Polizisten sprachen untereinander von einer "Präventivhaft", aber keine der festgenommenen Personen wurde befragt, gegen niemanden wurde Anklage erhoben, nach einer gründlichen Durchsuchung des Autos wurden keine illegalen oder gefährlichen Gegenstände gefunden, und keine der Personen erhielt ein Festnahmeprotokoll. Unsere Kollegen wurden ca. 3 Stunden lang auf der Polizeiwache festgehalten. Alle Personen wurden mit einem Atemalkoholtest getestet und der Fahrer wurde zusätzlich mit einem Narkotest getestet. Sie waren alle nüchtern.

Nach ihrer Freilassung schlossen sich die Gefangenen dem Protest in Warschau an.
Wir werden eine offizielle Beschwerde gegen die Handlungen dieser Beamten einreichen, und wir werden auch eine Entschädigung für die ungerechtfertigte Inhaftierung verlangen.

Frauenstreik!
Schluss mit der Straflosigkeit der Polizei!
Keine Repressionen mehr für gewerkschaftliche Aktivitäten!




Kein Wasser ohne Vertrag! Protest der Arbeiter der Wasserwerke von Bydgoszcz

https://youtu.be/XRm7YE2KPAk

Das im Wasserwerk Bydgoszcz tätige Komitee der Arbeiterinitiative kämpft für einen neuen Tarifvertrag. Am 16. Oktober 2019 fand eine gemeinsam von der Arbeiterinitiative und der Solidarność organisierte Protestmahnwache vor dem Hauptsitz der Städtischen Wasserwerke und Abwasseranlagen in Bydgoszcz statt.



Ich bin beeindruckt, daß es dieser Basisgewerkschaft gelungen ist, nicht nur eine linke Organisatuion zu sein, sondern von normalen ArbeiterInnen als Kampforganisation anerkannt und genutzt wird. Das "heraus aus den Szeneghetto" hat eindeutig geklappt.


Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 15:54:35 Di. 22.Juni 2021
Die Aktivitäten der FAU finde ich zur Zeit vielversprechend.

ZitatVerhandlungen im Konflikt mit der Zimmerei Steiger & Riesterer GmbH ohne Einigung / Spontane Kundgebung vor dem Betrieb in Staufen

Die Verhandlungen mit dem Geschäftsführer der Zimmerei Steiger & Riesterer über die noch ausstehende Vergütung eines FAU Mitgliedes wurden ergebnislos beendet. Als Reaktion führten einige Aktive der Basisgewerkschaft FAU eine spontane Kundgebung vor dem Betrieb in Staufen durch. Die FAU Freiburg kündigt weitere Aktionen an.


(https://freiburg.fau.org/wp-content/uploads/sites/13/2021/06/photo_2021-06-15_15-32-00_pix.cleaned.jpg)
https://freiburg.fau.org/2021/06/16/verhandlungen-im-konflikt-mit-der-zimmerei-steiger-riesterer-gmbh-ohne-einigung-spontane-kundgebung-vor-dem-betrieb-in-staufen/

Vielleicht entwickelt sich gerade aus einer guten Idee eine handlungsfähige Gewerkschaft.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 16:15:45 Fr. 02.Juli 2021
In Polen hatte die Polizei Gewerkschafter*innen der »IP« durch Festnahmen an der Teilnahme am #strajkkobiet [Prozeß gegen Zofia Nierodzinska in Poznan. Sie steht vor Gericht, weil sie während der Massenprotest gegen das Abtreibungsverbot 3 Eier gegen eine Kirche geworfen hat. Keine Öffentlichkeit zugelassen/Presse wird nicht reingelassen.] gehindert.

(https://pbs.twimg.com/media/E4o7oh0WQAEAZKI?format=jpg&name=900x900)

Ein Gericht hat das für rechtswidrig erklärt. Das Disziplinarverfahren gegen die Polizisten wurde dennoch eingestellt.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 18:43:36 Fr. 09.Juli 2021
(https://pbs.twimg.com/media/E5yu8mnX0AUgSPE?format=jpg&name=240x240)
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Fritz Linow am 02:13:31 Do. 29.Juli 2021
Ganz lustiger Bericht über die FAU, Lieferdienste, prekäre Scheiße, hilflose DGB-Gewerkschaften, groteske CDUler und hoffentlich nicht nur linken Modetrend ab Minute 16:

https://www.mdr.de/tv/programm/sendung937242.html
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 11:19:48 Do. 29.Juli 2021
Schöner Beitrag.
Ich habe seit einiger Zeit das Gefühl, daß die FAU sich zu einer brauchbaren Gewerkschaft entwickelt.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Ferragus am 19:20:15 Mi. 04.August 2021
Abwarten und die nicht die bedeutenden regionalen Unterschiede vergessen! Ich sehe sie immer noch in einem Übergangsstadium zwischen politischer Gruppe und Gewerkschaft. Außerdem muss man sie doch auch an ihrem eigenen Anspruch messen: eine organisatorische Vereinigung von politischen Kampf um gesellschaftliche Fernziele und gewerkschaftlichem Tageskampf um bessere Arbeitsbedingungen zu sein. Diese erst herzustellende Einheit ist ne harte Nuss. Ein bisschen Arbeitskampf, entsprechende Beratung und verbindliche Organisierung ist mittlerweile möglich, aber auch nicht alles.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 15:18:32 Di. 17.August 2021
Wenn Basisgewerkschaften sich zu einer ernstzunehmenden Kraft entwickeln:

ZitatItalien: Basisgewerkschaften rufen zu eintägigem Generalstreik am 11. Oktober auf

In Italien rufen die Basisgewerkschaften für den 11. Oktober zu einem eintägigen Generalstreik im ganzen Land auf. Grund dafür sind Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und die Politik der Draghi-Regierung und der EU.


Eine Reihe italienischer Basisgewerkschaften, darunter die ,,Confederazione Unitaria di Base" (CUB) und die ,,Confederazione COBAS", haben für den 11. Oktober zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen. Dieser richtet sich ,,gegen die Politik der Draghi-Regierung und der Europäischen Union". Deren politisches Programm machen die Basisgewerkschaften für ein ,,gigantisches soziales Gemetzel" an der Arbeiter:innenklasse – unter anderem in Form von hunderttausenden Entlassungen – verantwortlich.

,,Diese Offensive von Regierungen und Bossen geht einher mit einer unerträglichen Eskalation der Repression gegen Streiks und soziale Kämpfe, die in den letzten Wochen immer wieder zu Gewalt und Angriffen gegen Arbeitnehmer und Gewerkschaftsaktivisten geführt hat", heißt es weiter in einer am 12. August unterzeichneten Mitteilung. Tragischer Höhepunkt dieser Offensive war der Tod des Arbeiters Adil Beakhdim von der Gewerkschaft ,,SI COBAS", der bei einem Streik der LIDL-Logistik von einem Streikbrecher getötet worden war.

Den etablierten Gewerkschaftsverbänden CGIL, CISL und UIL werfen die Basisgewerkschaften in einem Aufruf Komplizenschaft bei der Durchsetzung der Entlassungen vor.

Zu den Forderungen der Arbeiter:innen, die mit dem Generalstreik durchgesetzt werden sollen, zählen unter anderem:

  • Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich
  • Lohnerhöhungen und Schutz vor Reallohnsenkungen durch Inflation
  • Ein garantiertes Einkommen für Arbeitslose und ein einheitliches Sozialversicherungssystem
  • Überwindung von Outsourcing und Lohndumping
  • Beendigung der weitreichenden Privatisierungen im öffentlichen Bereich in Italien und Wiederaufnahme staatlicher Investitionen, zum Beispiel im Bereich der Schulen
  • Aufhebung repressiver Gesetze, die das Streikrecht und die Arbeit der Basisgewerkschaften einschränken
  • Bessere Arbeitssicherheit und Schutz von Wanderarbeiter:innen
  • Gleicher Lohn für Frauen und komplette Gleichstellung der Geschlechter in Betrieb und Gesellschaft
  • Umweltschutz

Zudem rufen die Gewerkschaften zum Kampf gegen den G20-Gipfel in Rom Ende Oktober 2021 auf und sprechen sich für die internationale Solidarität der Arbeiter:innenklasse aus.
https://perspektive-online.net/2021/08/italien-basisgewerkschaften-rufen-zu-eintaegigem-generalstreik-am-11-oktober-auf/

Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 11:36:54 Sa. 18.September 2021
In Bezug auf Basisgewerkschaften sollte man nicht nur nach Italien blicken, auch Polen bleibt spannend:

ZitatMedizinische Fachkräfte treten der OZZ Inicjatywa Pracownicza (Gewerkschaftliche Arbeiter:inneninitiative) bei

(https://ozzip.pl/media/k2/items/cache/f3dd59a2cb6c4d08f016cde5495f86d5_L.jpg)

Die Gründungssitzung der gewerkschaftsübergreifenden Kommission der OZZ Inicjatywa Pracownicza Opiekunów Medycznych fand am 1. September dieses Jahres in Poznań statt. Die neue IP-Struktur vereint Personen, die in staatlichen und privaten Einrichtungen in der Pflege tätig sind.

Die Gründer erklären, dass die Organisation allen Personen offen steht, die über ein Diplom verfügen, das ihre berufliche Qualifikation im Beruf des medizinischen Pflegepersonals bestätigt, unabhängig davon, ob sie in sozialen Einrichtungen (DPS) oder im Gesundheitswesen (in Krankenhäusern, Hospizen, ZOLs, ZPUs) arbeiten.

"Unsere Organisation wurde gegründet, um medizinisches Pflegepersonal im Kampf für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, klare Beschäftigungsregeln für medizinisches Pflegepersonal sowie für die Förderung dieses Berufs zu vereinen."
(...)
https://ozzip.pl/informacje/ogolnopolskie/item/2814-opiekunowie-medyczni-dolaczaja-do-ozzip
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 10:25:00 Fr. 22.Oktober 2021
SAC Schweden
ZitatSveriges Arbetares Centralorganisation (SAC) ist eine schwedische, syndikalistische Gewerkschaft mit anarcho-syndikalistischen Wurzeln. Sie wurde 1910 durch Arbeiter gebildet, die mit der Organisation und der Politik des schwedischen Gewerkschaftsbundes LO unzufrieden waren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sveriges_Arbetares_Centralorganisation

ZitatDIE BESCHÄFTIGTEN IM ZALANDO-LAGER FORDERN EINEN EIGENEN TARIFVERTRAG!

"Beschäftigte von Personaldienstleistern werden wie Sklaven behandelt" - "Wir dürfen uns nicht hinsetzen und die Beine ausruhen" - "Wenn wir Nein sagen, droht uns die Entlassung" - "Wenn wir uns verletzen, werden wir mit schwerer Arbeit bestraft". Im Lager des E-Commerce-Riesen Zalando haben mehr als hundert Beschäftigte eine eigene Gewerkschaft gegründet, um gegen die Arbeitsbedingungen zu protestieren. Am Samstag, den 3. Juli, meldeten sich fünfzehn Beschäftigte in der Zeitung Expressen zu Wort und bezeugten, was sie für moderne Sklaverei halten - oder "das neue schwedische Modell". Jetzt fordern sie ihren eigenen Tarifvertrag.

2017 eröffnete Zalando ein Lager in Brunna, im Norden Stockholms. Das Lager wird von der Ingram Micro Nordic Services AB betrieben, die auch Arbeiter beschäftigt, die hauptsächlich für die Kommissionierung und Verpackung zuständig sind.

Im Winter 2019 schlugen die Beschäftigten in der Zeitung Aftonbladet Alarm und berichteten über die schrecklichen Bedingungen am Arbeitsplatz. Kurz nach der Veröffentlichung des Artikels gründeten die Beschäftigten ihre eigene Gewerkschaft ZADS (auf Schwedisch: Zalandoarbetares driftsektion) innerhalb der Gewerkschaft SAC Syndikalisterna. Heute ist die ZADS die größte Gewerkschaft im Betrieb und hat die Mehrheit der Festangestellten als Mitglieder.
https://www.sac.se/Aktuellt/ZADS/In-English


ZitatDas streng überwachte riesige Lagerhaus in Upplands-Bro beschäftigt überwiegend Migranten (viele Füchtlinge) und hat Vereinbarungen mit zwei dem LO-Verband angeschlossenen Betriebsgewerkschaften ("Transport" und "Handel") unterzeichnet. Die beiden "Gewerkschaften" sind am Arbeitsplatz kaum präsent und unternehmen nichts, um die Vereinbarung durchzusetzen oder sich um Gesundheits- und Sicherheitsbelange zu kümmern. Da die meisten Festangestellten der SAC angehören, verteilen "Handels"-Vertreter Flugblätter, in denen sie die Beschäftigten auffordern, gehorsame Lohnsklaven zu sein: "Kein Streik, sagt "Handel"! ... Wenn du streikst, kannst du deinen Job verlieren und das Unternehmen kann dich verklagen".

Am 3. Juni veröffentlichte die schwedische Zeitung Expressen einen Untersuchungsbericht, in dem unsichere Arbeitsbedingungen, hohe Produktionsquoten und sexuelle Belästigung in dem vom Subunternehmer Ingram Micro betriebenen Lager in Upplands-Bro dokumentiert wurden.

Eine Arbeiterin sagte der Zeitung, sie habe es satt, wie eine Maschine behandelt zu werden, sie habe es satt zu sehen, wie Kollegen bei der Arbeit verletzt werden, und sie habe es satt, dass Arbeiter, die den Job brauchen, um eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, wenige Tage, bevor sie fest angestellt werden sollen, entlassen werden. Zalando stützt sich auf vier Personalvermittlungsagenturen und Samhall (ein Unternehmen, das Arbeitnehmer mit Behinderungen ausbeutet), um einen ständigen Strom von Zeitarbeitern in das Lager zu bekommen.

Viele Arbeiter haben gegen diese Bedingungen rebelliert und ihre eigene Sektion (Zads) der schwedischen Kampfgewerkschaft SAC gegründet.

"Ich habe Bangladesch auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen, bin aber in einem Unternehmen gelandet, das seine Mitarbeiter genauso behandelt wie dort", so Tushar Miaji gegenüber Expressen. Er arbeitet in der Verpackungsabteilung, wo er 92 Pakete pro Stunde verpacken muss. "Das ist eigentlich nicht möglich. Aber wir werden dazu gezwungen." Die Vorgesetzten haben ihm gedroht, ihn zu entlassen, weil er sich SAC angeschlossen hat, aber er ist entschlossen, die Bedingungen zu ändern.

Ingram Micro beharrt darauf, dass die Bedingungen gut sind und dass SAC eine "Markenschädigung" betreibt(...).

Die "Transport"-LO-Vertreterin Nina Broman Costa stimmt dem zu. "Wir arbeiten gut mit dem Unternehmen zusammen", sagte sie und verwies auf eine laufende Studie über ergonomische Stühle (eine Frage, die ursprünglich von SAC für schwangere Arbeitnehmerinnen aufgeworfen wurde). Die SAC stimmt zu, dass "Transport" und das Unternehmen gut miteinander auskommen. Aber solche freundschaftlichen Beziehungen haben wenig mit Gewerkschaftsarbeit zu tun und tragen nicht zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei.
https://syndicalist.us/2021/07/13/organizing-on-the-job-at-zalando/
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 15:13:13 Fr. 22.Oktober 2021
Bericht aus der Schweiz über die deutsche FAU (am Ende auch über die schweizer FAU)

Zitat Basisgewerkschaft FAU
Selbstermächtigung statt Burgfrieden

Es wird wieder mehr gestreikt – und zwar gerade in Bereichen, die gewerkschaftlich als schwer zu organisieren gelten.
https://www.woz.ch/2142/basisgewerkschaft-fau/selbstermaechtigung-statt-burgfrieden

Klingt positiver, als ich die FAU sehe, doch ist in dieser Organisation in der letzten Zeit einiges in Bewegung.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 18:22:49 Di. 09.November 2021
Die IP in Polen gefällt mir und sie beeindruckt mit beachtlichen Fortschritten.
Bei uns haben die Basisgewerkschaften ihr Betätiigungsfeld hauptsächlich im Logistikbereich und in der Gastronomie.

In Polen gibt es bereits eine Basis in der Industrie (Volkswagen) und wie es scheint, nun auch bei Danfoss:

(https://pbs.twimg.com/media/FDw3_uiXsAIIdYe?format=jpg&name=small)

Der Streik im Danfoss-Werk Grodzisk Mazowiecki in Polen hat begonnen! Die Gewerkschaft »Arbeiterinitiative« (IP) hat für den 15.11. die 1. und 2. Schicht zudem zu einer Kundgebung aufgerufen.
Titel: Basis + Gewrkschaften
Beitrag von: BGS am 19:34:13 Di. 09.November 2021
ZitatArbetar Filmfestivalen // Nordic Labour Film Festival
Arbetar Filmfestivalen // Nordic Labour Film Festivall

    Program 2021

    SCHEMA 2021 // SCHEDULE 2021
    Filmprogram 2021 // Film program 2021
    Snackprogram 2021 // Talks Program 2021
    Aktiviteter & Workshops 2021 // Activities & Workshops 2021

Festival 2021

    Biljetter // Tickets
    Lokaler // Venues
    Vill du samarbeta? // Searching for collaboration?
    Lokal träff // Local meetup

Om oss // About us ...

12-14 November 2021

Tre dagar av FILMER och SAMTAL som får dig att GLÄDJAS, ILSKNA och ORGANISERA. //
Three days of FILM and TALKS that will make you LAUGH, feel ANGRY and ORGANISE.

Quelle: https://www.nlff.se/ (https://www.nlff.se/)

You are welcome!

MfG

BGS
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: admin am 14:15:16 Mi. 17.November 2021
Dort gab es wohl auch den Admin auf der Leinwand zu sehen.
Ich wurde interviewt für eine Doku, die verschiedene Projekte einer Basisorganisierung vorstellt und so konnte ich ein wenig über chefduzen reden. Der Film sollte auf dem Nordic Labour Film Festival gezeigt werden.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 14:39:59 Mi. 17.November 2021
ZitatIWGB-Solidaritätstruppe begrüßt Mitstreiter im Kampf für prekär Beschäftigte und Stammbelegschaften.
   

  • Die IWGB ist bekannt für direkte Aktionen, basisdemokratische Gewerkschaftsführung und strategische Rechtsstreitigkeiten gegen Unternehmensriesen wie Uber und Deliveroo.
  • Solidarity Squad-Mitglieder werden die Arbeit der Gewerkschaft durch von Arbeitnehmern geführte Kampagnen und eine monatliche Spende unterstützen, um den Kampf für unsere Frontline zu finanzieren.
17. November: Heute startet die Independent Workers' Union of Great Britain (IWGB) ihren Solidarity Squad: ein Netzwerk von Verbündeten und Unterstützern ihres Anliegens, die Ausbeutung zu beenden und sich als führende Gewerkschaftsorganisation für prekäre und migrantische Arbeitskräfte einzusetzen.
Mitglieder der Solidarity Squad werden Teil dieser Bewegung, indem sie aktiv von Arbeitern geführte Kampagnen unterstützen und eine regelmäßige monatliche Spende von nur 3 Pfund leisten. Alle gesammelten Gelder fließen in die Interessenvertretung und Unterstützung von Arbeitern, die es am nötigsten brauchen, und geben den Ggwerkschaftlich Vertretern an der Basis die Instrumente und Unterstützung, um Gleichheit und Gerechtigkeit am Arbeitsplatz zu erreichen.

Die IWGB wurde 2012 von lateinamerikanischen Reinigungskräften in London gegründet. Heute vertritt die Gewerkschaft landesweit Tausende von überwiegend Schwarzen und Minderheiten angehörenden Arbeitern und Arbeitinnen, darunter Kuriere, Fahrradlehrerinnen und -lehrer, Beschäftigte von Wohltätigkeitsorganisationen, Yogalehrerinnen und -lehrer, Reinigungskräfte, Sicherheitsbedienstete, Beschäftigte in der Videospielbranche, Kindermädchen, Universitätsbeschäftigte, Pflegepersonal und private Mietwagenfahrer.
(...)
https://iwgb.org.uk/en/post/iwgb-solidarity-squad-welcomes-allies-to-the-fight-for-precarious-and-frontline-workers
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 15:24:00 Mo. 29.November 2021
In Stockholm hat sich in der Lokalföderation der SAC eine neue Bau-Sektion gegründet, die bereits über 200 Mitglieder hat.

(https://abload.de/img/i9j8p.jpg) (https://abload.de/image.php?img=i9j8p.jpg)

https://direkteaktion.org/gewerkschaft-in-stockholm-gruendet-bausektion/

Titel: Basisgewerkschaften
Beitrag von: BGS am 22:59:27 Mo. 29.November 2021
Gute Sache!

Zitat von: admin am 14:15:16 Mi. 17.November 2021
Dort gab es wohl auch den Admin auf der Leinwand zu sehen.
Ich wurde interviewt für eine Doku, die verschiedene Projekte einer Basisorganisierung vorstellt und so konnte ich ein wenig über chefduzen reden. Der Film sollte auf dem Nordic Labour Film Festival gezeigt werden.

War wohl in diesem Film:

TOMORROW

What if telling a story that gives hope by pointing out solutions was the best way to solve the ecological, economical and social crises that shake our world?Following the publication of a study forecasting the possible extinction of mankind by 2100, Cyril Dion and Mélanie Laurent travelled through 10 countries to understand the reasons of this upcoming catastrophe and, most of all, how to prevent it. During their journey, they met the pioneers who reinvent agriculture, energy, economy, democracy and education. By pulling together these positive, concrete and tested initiatives, they begin to see what could be the world of tomorrow.

Time/place: Saturday the 13th of November at 1 to 3 pm in Panora cimema 1.
Film info: Documentary | 118 min | Director: Cyril Dion & Mélanie Laurent | Country: France | Language: French | Subtitles: EnglishTOMORROW

MfG

BGS
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 20:27:25 Mi. 15.Dezember 2021
IWW, die Wobblies, waren Anfang des 20. Jahrhunderts eine mächtige Basisgewerkschaft in den USA

(https://abload.de/img/1911-12oliversteelstrv1k10.jpg) (https://abload.de/image.php?img=1911-12oliversteelstrv1k10.jpg)

(https://abload.de/img/demonstration-industrd2keb.jpg) (https://abload.de/image.php?img=demonstration-industrd2keb.jpg)

(https://abload.de/img/solidarityojk88.jpg) (https://abload.de/image.php?img=solidarityojk88.jpg)

(https://abload.de/img/uprising-20000rwk3z.png) (https://abload.de/image.php?img=uprising-20000rwk3z.png)

Joe Hill war ein bekannter Sänger der Wobblies. Er wurde 1915 hingerichtet. U.a. Joan Baez hat ihm ein Lied gewidmet. https://de.wikipedia.org/wiki/Joe_Hill

Der Deutschlandfunk hat nun ein sehr schönes Feature zu Joe Hill gemacht.

ZitatDie Auferstehung einer Legende
Die Asche von Joe Hill

1988 macht eine Studentin im Nationalarchiv in Washington eine kuriose Entdeckung: ein Päckchen mit menschlicher Asche. Die Asche ist von Joe Hill, einem legendären Folk-Musiker und Mitglied der Industrial Workers of the World (IWW), der radikalsten Gewerkschaft in den USA Anfang des 20. Jahrhunderts.
https://www.hoerspielundfeature.de/die-auferstehung-einer-legende-die-asche-von-joe-hill-100.html

54 sehr unterhalsame Minuten.

Das Hörspielfeature kann hier nachgehört werden: https://www.hoerspielundfeature.de/die-auferstehung-einer-legende-die-asche-von-joe-hill-100.html

Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: counselor am 04:35:28 Do. 16.Dezember 2021
ZitatIWW, die Wobblies, waren Anfang des 20. Jahrhunderts eine mächtige Basisgewerkschaft

Der Satz brachte mich zum Nachdenken darüber, ob Gewerkschaften in einem Betrieb überhaupt "mächtig" sein können. "Mächtig" in einem Betrieb ist doch eigentlich nur der Investor, der darüber bestimmt, was wo wann produziert und zu welchem Preis verkauft wird. Die Beschäftigten bestimmen darüber nicht, sind also nicht "mächtig". Ebensowenig ihre Koalition, die Gewerkschaft. Deren Kämpfe drehen sich um Arbeitsbedingungen, nicht darum, was wo wann produziert und zu welchem Preis verkauft wird. Daher bezweifle ich, dass Gewerkschaften "mächtig" sind.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 09:24:02 Do. 16.Dezember 2021
counselor, du sagst es.
Du machst dir die entscheidenden Gedanken in der Sache. Solche Überlegungen habe ich noch nie aus dem Gewerkschaftsapparat vernommen. Im Gegenteil. Als es mit Corona losging, war die erste Forderung von Verdi, "Miete zahlen!" Die haben sich nicht als erstes Gedanken gemacht um die Sorgen und Nöte der Arbeiter, sondern um die der Hausbesitzer und Spekulanten.

Die Rolle der Gewerkschaften in Deutschland ist schlimm.
ZitatDeren Kämpfe drehen sich um Arbeitsbedingungen
Selbst das ist nicht mehr automatisch so. Es gibt da jedenfalls kein automatisches Vorwärtskommen mehr. Gerade hat Verdi einen Abschluß unterzeichnet, der unter den Preissteigerungen liegt, also einen Reallohnverlust bedeutet. Das passierte nicht aus einer Positition der Schwäche heraus, denn die Basis war streikbereit und kampfeslustig wie seit Jahren nicht. Die Chinesische Regierung blickt voller Neid nach Deutschland und hat hohe Funktionäre hierher geschickt, um zu untersuchen, wie mit es so einem großen Gewerkschaftsapparat (die IGM gilt als die größte Einzelgewerkschaft der Welt, die DGB Gewerkschaften stellen oftmals den Vorsitz der Weltdachverbände) möglich ist, eine derart befriedete Arbeiterschaft zu haben. In der Chinesischen Regierung wird diskutiert, ob man sich von dem deutschen Gewerkschaftssystem eine Scheibe abschneiden kann.

Es gibt noch ein paar winzige Initiativen und Einzelmitglieder, die sich dieser DGB Politik nicht unterwerfen wollen und sich Gedanken über den betrieblichen Tellerrand hinaus machen. Die Leute, die ich mit einer solchen Haltung kenne, sind alle aus der Autoindustrie. Sie stellen durchaus die Fragen, wo, wann, was, wie produziert wird. Es sind Automobilarbeiter, die sich auch fragen, ob es überhaupt Sinn macht, Autos zu produzieren.

Ich glaube nicht, daß diese Initiativen, selbst wenn sie groß wären und viel Rückhalt hätten, in der Lage wären, den Gewerkschaftsapparat zu verändern. Der ist absolut nicht reformierbar.

Es gab tolle Entwicklungen in der Krankenhausbewegung und auch bei den "Riders", den Fahrradkurieren. Es gab da wechselseitige Solidarität und Zusammenarbeit mit Sozialen Bewegungen. Riders und Mieteraktivisten haben sich an den Protesten der Krankenhausbeschäftigten beteiligt und Gorillas Radkuriere waren bei den Aktionen der Mieter- und Krankenhausbewegung dabei.

Das sind durchaus gewaltige Schritte nach vorn, auf die man in den letzten Jahrzehnten vergeblich gewartet hat. Ich beobachte mit Sympathie die Entwicklungen in den Basisgewerkschaften, was aber auch mit viel Frust verbunden ist. Es ist nicht das einzige Problem, daß diese Gewerkschaften noch sehr klein sind. Ich versuche mich damit zu trösten, daß deren Planlosigkeit und Schwäche Kinderkrankeiten sein könnten. Immerhin gibt es auch positive Entwicklungen.

Die Verhältnisse in den Betrieben und in der Gesellschaft sind nicht voneinander zu trennen. So lange die Kämpfe in Betrieben nicht Bezug auf die gesellschaftlichen Verhältnisse nehmen und die Sozialen Bewegung sicht nicht für die Zustände im Betrieb interessieren, wird es keine gesellschaftlichen Veränderungen in unserem Sinne geben.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 10:51:04 Do. 16.Dezember 2021
Nachtrag:

Daß allein der Investor "mächtig" ist und nie die Arbeiter und ihre Organisationen, teile ich nicht.
Als die Arbeiter bei Opel Bochum in einen Wilden Streik traten, das Werk besetzten und verbarrikadierten, stoppten die Bänder selbst in Groß Britannien und hohe Deutsche Politiker sahen sich gezwungen, in die USA zu fliegen, um die Investoren zu beschwichtigen.

Eine überschaubare Anzahl an Arbeitern hat es geschafft, die Bundesregierung zwar nicht in die Knie zu zwingen, aber in Bedrängnis zu bringen.

Den Autonomen und Linksradikalen, die sich hauptsächlich für Auseinandersetzungen mit Bullen interessieren,  sei hiermit gesagt, daß bei der Opelbesetzung von der Polizeiführung diskutiert worden ist, das Werk zu stürmen. Man ist zu der Einschätzung gekommen, daß es nicht klug wäre, denn die Sympathie der Bevölkerung war so stark auf Seiten der Streikenden, daß ein Polizeiangriff zu Unruhen führen könnte, die man nicht mehr in den Griff kriegen könnte.

Wenn Arbeiter einscheidenden Punkten der Produktion oder der Lieferketten nur zusammenhalten, haben sie gewaltige Macht. Es waren nur rund 1000 Trucker die mit einem Wilden Streik im kanadischen Vancouver den wichtigsten Exporthafen des Landes lahmlegten. Mit einem vierwöchigen Streik ist es ihnen gelungen, die kandadische Regierung in die Knie zu zwingen. Sie haben nicht nur eine dreißigprozentige Lohnfoderung durchzusetzen, sondern auch einen Amnestie für die kriminalisierten Streikenden und eine Rücknahme der Antistreikgesetze durchzusetzen. Sie erhielten auch ein Mitspracherecht, wer das Hafentor passieren darf, um einen Dumpingwettbewerb durch zu viele Transportanbieter zu verhindern.

Der Logistiksektor ist spannend. Es haben sich dort Kämpfe oftmals jenseits der traditonellen Gewerkschaften entwickelt. Man organisierte sich über Soziale Medien. Die daraus entstandenen Organisationen der Trucker im kanadischen Vanouver und in Rußland organisierten sowohl angestellte Fahrer, alsauch selbstfahrende Unternehmer und Kleinspediteure. (So etwas wäre in den traditionellen Gewekschaften nicht möglich.) Die betrachten sich eher als Arbeiter, denn als Scheinselbständige oder Kleinunternehmer haben sie ähnliche Bedingungen, über die sie keinerlei "unternehmerische Freiheit" haben, sondern ihnen von den Auftraggebern diktiert werden. Die Scheinselbständigkeit ist auch bei den Radkurieren ein großes Thema.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: counselor am 11:35:28 Do. 16.Dezember 2021
Zum Opel-Streik von 2004 gibt es einen netten Bildband
ZitatWas bleibt ... 10 erkämpfte Jahre Opel-Bochum 2004 bis 2014

"Dieses Buch dokumentiert die hart erkämpften letzten zehn Jahre des Bochumer Opel Werk 1 von 2004 bis 2014. Dabei ist es kein Buch über Autos, kein Buch über Manager und kein Buch über Betriebsratsfunktionäre. Es ist ein Buch über Arbeiter.

Ein Buch über eine unbeugsame Belegschaft, die 10 Jahre die Schließung ihres Werks verhindert hat und damit über Ländergrenzen hinweg ein Symbol und Vorbild wurde. Eine Belegschaft, die für ihren Kampf die Sympathie und Solidarität der ganzen Arbeiterbewegung erhalten, aber auch den ganzen Hass der Herrschenden und ihrer Intimfreunde auf sich gezogen hat.

Um sich dieses Beispiels zu entledigen, mussten General Motors und die Regierung dieses Werk um jeden Preis und aus rein politischen Gründen schließen – und haben es Ende 2014 getan. Brechen oder gar für die Werksschließung gewinnen, konnten sie die Belegschaft nie. Wir sind erhobenen Hauptes aus dem Werk gegangen und tragen unsere Lehren wie eine Fackel in alle Welt. Dazu soll auch dieses Buch beitragen.

Die Belegschaft von Opel Bochum hatte von Beginn an eine kämpferische Tradition. Über 50 Streiks und Kämpfe gingen von dieser Belegschaft aus. Der Höhepunkt war der siebentägige selbständige Streik im Oktober 2004, der mit Werksbesetzung und Blockade verbunden war. Mit diesem Streik und dem internationalen Aktionstag leitete die Belegschaft einen Übergang zur Arbeiteroffensive auf breiter Front ein. Allein durch diesen Streik blieb das Werk weitere zehn Jahre erhalten. ...

Dieses Buch dokumentiert den Kampf, die harte Arbeit, den Zusammenhalt und die Auseinandersetzungen der Opel Belegschaft. Dieses Buch ist dementsprechend nicht neutral, es ergreift Partei für die Arbeiterinteressen und gewerkschaftlichen Grundsätze.

Es beschreibt eine Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, die den Arbeiter nicht auf seine Rolle als Produzent von Waren und maximalem Profit reduziert, sondern ihn als Mensch sieht. Als Mensch mit all seinen Fähigkeiten, Erfahrungen, seinem ganzen Leben, der Familie und der Umwelt, in der er lebt. Eine Arbeit, die damit auch wagt, über den Kapitalismus hinaus zu denken. ... Das Buch soll die Stärken, aber auch die Schwächen im Kampf der Belegschaft dokumentieren, so dass die ganze Arbeiterbewegung davon lernen kann.

Wir haben dieses Buch nicht geschrieben. Wir geben nur das heraus, was zig Kolleginnen und Kollegen über die Jahre erarbeitet und gesammelt haben. Das Buch dokumentiert Flugblätter, Reden, viele Bilder und bisher unveröffentlichte Originaldokumente. Es lädt zum Blättern und Nachdenken, Erinnern und in die Zukunft Schauen ein. Viel Spaß dabei."



Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel: 2004 Der siebentägige Streik im Oktober
2. Kapitel: 2005-2007 Die Belegschaft organsiert sich
3. Kapitel: 2007 bis 2011 Die Arbeit wird auf viele neuer Felder erweitert
4. Kapitel: 2013 bis 2014 Der Kampf gegen die Werkschließung
5. Kapitel: Was bleibt ... Auswertung und Schlußfolgerungen
https://www.people-to-people.de/detail/index/sArticle/1130/sCategory/86
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 11:50:30 Do. 16.Dezember 2021
Ich wollte 2005 oder 2006 mal einen Film über den Wilden Streik und den Werksbesetzung bei Opel in einem Kneipenrestaurant der Linksradikalen Szene in Kiel zeigen. Obwohl es abgesprochen und angekündigt war, zeigte sich das Personal des Kneipenkollektivs genervt, daß der Normalbetrieb gestört wurde. Als dann noch von den Kneipenbesuchern Rufe kamen, wie "wir haben heute schon ferngesehen", haben wir wieder abgebaut und den Laden verlassen, ohne den Film gezeigt zu haben.

Die Linke Szene interessiert sich einen Scheißdreck für das Leben und die Kämpfe von Arbeitern.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 19:32:34 Di. 25.Januar 2022
Wenn ich nach Polen schaue, werde ich neidisch.
Die IP hat eine beachtliche Verankerung in der Arbeiterschaft, auch in traditionellen Industriebranchen.

(https://abload.de/img/wykco.jpg) (https://abload.de/image.php?img=wykco.jpg)
Ein aktuelles Bild aus dem Danfoss Werk

Volkswagenarbeiter:innen, Kranführer:innen oder Kindergärnrtner:innen.
In Deutschland ist man noch nicht so weit.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Ferragus am 17:06:15 Mo. 07.März 2022
Auf anarchismus.de kann man sich ein kurzes Interview mit dem Wiener Arbeiter Syndikat durchlesen und so etwas über die Geh-Versuche in Wien, Österreich erfahren:

https://anarchismus.de/blog/interview-mit-dem-wiener-arbeiterinnen-syndikat
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 17:52:03 Sa. 12.März 2022
ZitatSeit dem letzten Kongress im Jahr 2019 sind 2.000 Mitglieder hinzugekommen, wir haben jetzt 5.000 Mitglieder in über 100 Komitees, die größten sind Amazon und Volkswagen
Marta Rozmyslowicz über die Entwicklung der Gewerkschaft IP (Polen)
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 20:31:37 Mi. 30.März 2022
,,Wir müssen für uns selbst kämpfen". Pflegekräfte aus der Ukraine gründen in Polen eine Gewerkschaft im Rahmen der Gewerkschaft »Arbeiterinitiative« (IP)

(https://abload.de/img/nnkzn.jpg) (https://abload.de/image.php?img=nnkzn.jpg)

Die Gewerkschaft »Komisja Pracownic i Pracowników Domowych« (Kommission der Hausarbeiter:innen) hat eine eigene Website auf Polnisch / Ukrainisch / Englisch an den Start gebracht.

http://pracownicedomowe.pl/en/
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 19:25:55 So. 24.April 2022
Polen

Protest der Beschäftigten von Danfoss Polen, das Unternehmen, das den Tarifkonflikt nicht anerkennt und sich weigert, mit unserer Kommission zu sprechen. Das Unternehmen war weder von der Petition der Arbeiter, die von 365 Personen unterzeichnet wurde, noch von der Einsetzung eines Vermittlers durch den Minister für Familie und Sozialpolitik zu überzeugen.

KOLLEKTIVER KAMPF - IST GAR NICHT SO SCHLIMM. Wir fordern das Unternehmen auf, sein Verhalten zu ändern und in Gespräche einzutreten. Wir wollen Lohnerhöhungen, Gleichbehandlung und die Anerkennung von Leistungen erreichen, ohne die "ultimative Waffe" - den Streik - einzusetzen. Wir glauben, dass es möglich ist.

(https://abload.de/img/3ujwc.jpg) (https://abload.de/image.php?img=3ujwc.jpg)

(https://abload.de/img/uyjxa.jpg) (https://abload.de/image.php?img=uyjxa.jpg)

(https://abload.de/img/6rk7g.jpg) (https://abload.de/image.php?img=6rk7g.jpg)

(https://abload.de/img/rek4g.jpg) (https://abload.de/image.php?img=rek4g.jpg)

Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 18:35:06 Do. 28.April 2022
Nunja, die Erfahrung mit unseren sozialpartnerschaftlichen DGB Gewerkschaften unterstützte mich in meiner Sympathie für Basisgewerkschaften. Einige in unseren Nachbarländern machen einen recht guten Eindruck. Die SI Cobas in Italien, die IWGB in UK und die IP in Polen.

Meine Sympathie für die FAU wurde vor rund 10 Jahren wiederholt kräftig gedampft. Es war das Sekratariat für Internationales, der Zuständige für Kollektivbetriebe und insbesondere die FAU Berlin, die mir die Hoffnung wieder geraubt haben. Die praktische Zusammenarbeit, bzw. die Versuche, waren zum Abgewöhnen. "Was für den Haufen arroganter, unfähiger Idioten", dachte ich mir. Sowas hatte ich viele Jahre zuvor bei der IGM gesagt. Ich fand die Idee der Basisgewerkschaft weiterhin symathisch, aber die deutsche Version schien nicht zu funktionieren.

In den letzten Jahren schien es sich zu bessern und an einige Orten die FAU sich zu einer ernstzunehmenden Gewerkschaft zu mausern oder sich zumindest in diese Richtung zu bewegen.

Ich bin mir nicht so sicher, aber ich habe den Eindruck, daß eine gewisse Kurzlebigkeit geblieben ist und es einen unglaublichen Verschleiß an aktiven Mitgliedern gibt.

Und was ist nun los in Berlin? Ist da wieder die Kacke am Dampfen? Großer Streit und Neuanfang?

(https://abload.de/img/faumrj1f.jpg) (https://abload.de/image.php?img=faumrj1f.jpg)

Kann mich jemand (Ferragus?) aufklären?
Keine schmutzige Wäsche waschen. Ich brauche keine Details. Mich interssiert nur eine grobe Einschätzung.
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 09:10:37 Fr. 29.April 2022
Ein interessanter Bericht aus Polen:

ZitatEs ist an der Zeit, Gewerkschafter und Aktivisten wirklich zu schützen. Initiative der IP im Sejm [polnisches Parlament]

(https://abload.de/img/bf2a6da712b4888886bfdu0klm.jpg) (https://abload.de/image.php?img=bf2a6da712b4888886bfdu0klm.jpg)
Vertretung der Gewerkschaften und des Parlamentarischen Clubs der Linken vor dem Sejm der Republik Polen (Warschau 26.04.2022)

- Der Schutz von Gewerkschaftern in Polen ist eine Fiktion", sagte Jakub Grzegorczyk, Mitglied der Nationalen Kommission der Arbeiterinitiative IP, vor dem Sejm-Ausschuss für Sozialpolitik und Familie. Unsere Gewerkschaft beteiligt sich an der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs, mit dem diese Situation geändert werden soll.

Am Mittwoch, dem 26. April, fand im Sejm eine weitere Pressekonferenz statt, auf der Vertreter von unterdrückten Gewerkschaften und Abgeordnete der Linken, die gegen diese Situation vorgehen wollen, sprachen. Die Arbeiterinitiative wurde von Dorota Olszewska-Sioma vertreten, einer Lehrerin an einer Grundschule in Toruń, die seit Jahren Repressionen seitens der Schulleitung ausgesetzt ist, weil sie Mitglied der IP ist. Ebenfalls anwesend waren Vertreter zahlreicher anderer Gewerkschaften - die Betriebsräte von Solidarno, OPZZ, Sierpnia'80 und kleinere, unabhängige Gewerkschaften. Alle Geschichten ähnelten sich: Arbeitnehmer wurden entlassen, eingeschüchtert, in einigen Fällen sogar überwacht, weil sie gewerkschaftlich tätig waren und für ihre Rechte kämpften.

Im Anschluss an die Pressekonferenz fand ein Treffen statt, bei dem Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen über den vom linken Club vorbereiteten Gesetzentwurf diskutierten. Das grundlegende Ziel des Gesetzentwurfs besteht darin, die derzeitige Situation umzukehren, in der ein unrechtmäßig entlassener Arbeitnehmer vor Gericht um seine Wiedereinstellung kämpfen muss. Der Arbeitgeber hat, auch wenn er rechtswidrig gehandelt hat, grundsätzlich keine rechtlichen oder finanziellen Konsequenzen zu tragen. Dem Entwurf zufolge müsste ein Unternehmen, das sich einer geschützten Person auf der Grundlage des Gewerkschaftsgesetzes entledigen will, vor Gericht nachweisen, dass der betreffende Arbeitnehmer tatsächlich in drastischer Weise gegen die am Arbeitsplatz geltenden Regeln verstoßen hat.

Nach Ansicht von Karol Dwornik, einem entlassenen "S"-Aktivisten und ehemaligen Mitarbeiter des Krakauer Unternehmens Genpact, ist der Entwurf zu milde im Umgang mit Chefs, die geschützte Personen entlassen - Dwornik war der Meinung, dass die Sanktion eher eine Gefängnisstrafe als eine Geldstrafe sein sollte. Weronika Parafianowicz (Nationaler Ausschuss) wies im Namen der Arbeiterinitiative IP auf die Mängel des Entwurfs hin. Unserer Meinung nach fehlt es an Bestimmungen zum Schutz der Arbeitsinspektoren. Es wird auch nicht ausreichend klargestellt, dass eine entlassene Person weiterhin zur Arbeit kommen und dort gewerkschaftliche Aktivitäten ausüben kann. Wir haben auch vorgeschlagen, dass die Geldstrafe, die ein Arbeitgeber für Repressalien gegen eine Gewerkschaftsorganisation zahlen muss, an diese Organisation und nicht an den Fonds des Justizministeriums gehen sollte. Die Abgeordneten der Linken hielten zwei der drei von der Initiative eingereichten Änderungsanträge für sinnvoll und werden sie als Selbstantrag einbringen.

Anschließend fand eine Sitzung des parlamentarischen Ausschusses für Sozialpolitik und Familie statt, bei der die Initiative durch Jakub Grzegorczyk vertreten wurde. Mitglieder der in den Fall verwickelten linken Partei - Maciej Konieczny, Magdalena Biejat, Adrian Zandberg, Agnieszka Dziemianowicz-Bąk und Katarzyna Kotula - waren bei dem Treffen anwesend. Die Regierungsseite war durch Vertreter des Justizministeriums und des obersten Arbeitsinspektors vertreten. (...)
https://ozzip.pl/informacje/ogolnopolskie/item/2884-czas-na-realna-ochrone-dzialaczy-zwiazkowych-ip-w-sejmie

Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 20:54:03 Fr. 22.Juli 2022
(https://abload.de/img/25j1d.jpg) (https://abload.de/image.php?img=25j1d.jpg)

Der IP-Ausschuss bei LafargeHolcim wurde von den Beschäftigten des Zementwerks "Kujawy" und der Kalksteinmine gebildet. Später weitete er seine Aktivitäten auf das Zementwerk Małogoszcz aus.  Der Ausschuss konnte Lohnerhöhungen durchsetzen und wurde zur größten Gewerkschaft im Unternehmen.

https://ozzip.pl/informacje/ogolnopolskie/item/2910-inicjatywa-pracownicza-w-lafarge
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 15:58:31 Fr. 12.August 2022
Auf Gewerkschaften mit Biß wird mit Repression reagiert.

ZitatAn der größten pädagogischen Universität Polens [Pädagogische Universität Krakau] findet seit über einem Jahr eine Personalsäuberung mit politischen Hintergründen statt. (...) Bislang wurden rund 100 Dozenten von der Universität entlassen. Viele von ihnen behaupten, dass dies unter Verletzung der Universitätsvorschriften geschehen ist. Sie erhielten ihre Entlassungen per Post, ohne Rücksprache mit der Institutsleitung und ohne Angabe von Gründen.

Für den größten Aufschrei sorgte die Entlassung von drei angesehenen Akademikerinnen sowie von Aktivisten der Gewerkschaft "Inicjatywa Pracownicza" [IP], die die Politik der Universitätsbehörden offen kritisiert hatten. Diese Situation war auch der Anlass für eine Inspektion der Universität durch die staatliche Arbeitsaufsichtsbehörde.

(https://abload.de/img/ipamdu3.jpg) (https://abload.de/image.php?img=ipamdu3.jpg)
https://www.onet.pl/informacje/onetwiadomosci/rektor-prosil-czarnka-i-terleckiego-o-wyciszenie-problemow-mamy-nagranie/tptvs7p,79cfc278
Titel: Re: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 11:44:05 Mi. 17.August 2022
(https://abload.de/img/wvixl.jpg) (https://abload.de/image.php?img=wvixl.jpg)
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 18:56:32 Do. 22.September 2022
Die anarchosyndikalistische CGT Catalunya ist mit 20.000 Mitgliedern mittlerweile die drittgrößte Gewerkschaft in Katalonien (Vervierfachung seit 2019). Gründe: hohe Streiktätigkeit, feministische Ausrichtung & kein Interesse an Klassenfrieden.

(https://abload.de/img/632a2d58ccfcf.r_1663dyfk7.jpeg) (https://abload.de/image.php?img=632a2d58ccfcf.r_1663dyfk7.jpeg)
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 13:33:14 Mi. 21.Dezember 2022
In einem Videointerview gibt Marta Rozmysłowicz einen kurzen Überblick über die Geschichte der Basisgewerkschaft Inicjatywa Pracownicza (IP) und spricht über das Streikrecht in Polen, über Union Busting und wie sich die IP dagegen schützt.

https://de.labournet.tv/das-streikrecht-polen

12 sehenswerte Minuten.
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 12:00:22 Mo. 03.April 2023
ZitatInternationale Gewerkschaftssolidarität mit den kämpfenden Arbeiterinnen und Arbeitern in Frankreich!

(https://abload.de/img/f4f38890565bb6768536pjiot.jpeg) (https://abload.de/image.php?img=f4f38890565bb6768536pjiot.jpeg)

Am 1. und 2. April 2023 trafen sich in Barcelona die Gewerkschaftsorganisationen aus verschiedenen europäischen Ländern, CGT (Spanien), Confederación Intersindical (Spanien), Co. Bas (Spanien), IAC (Katalonien), CATAC-CTS (Katalonien), CUB (Italien), UNICOBAS (Italien), Fronte di Lotta Non Austerity (Italien), COBAS (Italien), COBAS Sardegna (Sardinien), TIE (Deutschland), SUD Vaud (Schweiz), SYNDIBASA (Schweiz), STASA (Portugal), OZZ Inicjatywa Pracownicza (Polen) und Union Syndicale Solidaires (Frankreich), begrüßen den Kampf der Arbeiterinnen und Arbeiter in Frankreich, die sich seit fast drei Monaten gegen die Renten-Gegenreform wehren.
https://laboursolidarity.org/fr/n/2618/solidarite-syndicale-internationale-avec-les-travailleuses-et-travailleuses-en-lutte-en-france-

Nicht alles sind Gewerkschaften. Es sind auch andere Basisorganisationen dabei, die betriebliche Arbeit unterstützen.
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Ferragus am 13:04:35 Mo. 15.Mai 2023
eine erfreuliche Nachricht: auch die FAU München eröffnet bald ein Gewerkschaftslokal und braucht noch Unterstützung bei Renovierung und Finanzierung:

https://fau-m.de/de/aktuell/260-ein-gewerkschaftslokal-f%C3%BCr-die-fau-m%C3%BCnchen

es ist ein weiterer Baustein, der in der allgemeinen Strategie-Diskussionen der letzten Zeit Gewicht bekommenen hat: man braucht räumliche Brückenköpfe und Versammlungsorte abseits des linken Sumpfes, wenn man was reißen will. Es ist an der Zeit darauf hinzuwirken, dass diese Tendenz gestärkt wird!
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 10:46:07 Fr. 19.Mai 2023
Basisgewerkschaften in Spanien

Die Confederación Nacional del Trabajo (CNT) war mit rund 2 Millionen Mitgliedern eine der wichtigsten Protagonistinnen des Widerstandes gegen Franco im Spanischen Bürgerkrieg.

Nach der Francozeit gab es eine schwerwiegende Spaltung. Die CNT sah sich als wahre Erbin der alten CNT, doch die CGT hatte ein Mehrfaches an Mitgliedern. Die Spaltung war tief, es gab Verachtung für die jeweilige Gegenseite. Seit dem ist viel Zeit vergangen, die Gewerkschaften haben sich entwickelt und spielen eine zunehmende Rolle in den aktuellen Klassenkämpfen.

Die CGT hat laut Wikepedia 80.000, nach eigenen Angaben fast 100.000 Mitglieder. CGT und CNT bewegten sich in den letzten Jahren aufeinander zu. Gemeinsame Aufrufe, gemeinsame Aktionen. Jetzt haben sie offizell ein Bündnis geschlossen, darin verbünden sich die beiden Gewerkschaften und nehmen Solidaridad Obrera, eine kleine Organisation, die 1990 aus einer weiteren Spaltung des spanischen Anarchosyndikalismus hervorgegangen ist, in ihren Pakt auf. Sie gehen von einer massiv ansteigenden staatlichen Repression und auch Auseinandersetzungen mit den Rechten aus.
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 16:43:38 Sa. 15.Juli 2023
Ich habe große Sympathie mit dem Prinzip der Basisgewerkschaften. Arbeiter:innenselbstvertretung, Gewerkschaft von unten.

Bei der politischen Praxis bin ich oft enttäuscht. Die FAU organisiert sich dezentral, daher ist die Gewerkschaftsarbeit regional recht unterschiedlich.

Die Leipziger Volkszeitung hat mit zwei FAU Mitgliedern gesprochen. Die Aussagen überzeugen mich wenig.

ZitatKeine Kompromisse bei der FAU

Wie bei den meisten Gewerkschaften verhandeln bei Verdi gewählte Vertreter die Forderungen ihrer Mitglieder. Dieses Konzept kritisiert der 19-jährige Jasper*. Der Student arbeitet nebenbei als Nachhilfelehrer und ist Mitglied der Freien Arbeiter*innen Union (FAU), einem basisdemokratisch organisierten Zusammenschluss lokaler Gewerkschaften. Hier verhandeln die Mitglieder selbst ihre Forderungen. ,,Wenn Gewerkschaftsvertreter die Interessen verhandeln, kommen dabei Kompromisse heraus, die die Angestellten langfristig nicht zufriedenstellen", erklärt Jasper.

Auch die 26-jährige Zoë* ist Mitglied der FAU in Leipzig. Die Studentin hat lange Zeit in der Gastronomie gearbeitet und war dort mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden. ,,Besser wäre es, wenn die Angestellten selbst verhandeln würden. Sie kennen ihre Arbeitssituation am besten. Kompromisse verändern nur oberflächlich etwas, aber nicht die tiefer liegenden, strukturellen Probleme." Kompromisse gehe die FAU deshalb nicht ein, sondern halte beharrlich an ihren Forderungen fest.
Kritik an Struktur und Verhandlungen großer Gewerkschaften

Die FAU setzt sich vor allem für Arbeitnehmer in Bereichen ein, die sonst nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Neben der Gastronomie betrifft das beispielsweise Lieferdienste. In Leipzig konnte die FAU die Arbeitsbedingungen der Angestellten des Pizza-Lieferdienstes Dominos verbessern. Nach eigenen Angaben konnte die Gewerkschaft die Kündigung eines Mitarbeitenden verhindern und bezahlten Urlaub für Minijobber durchsetzen.

Zoë und Jasper kritisieren zwar die Struktur und Verhandlungsweise der großen, etablierten Gewerkschaften. Dennoch rufen sie ihre Altersgenossen dazu auf, solch einer Organisation beizutreten: ,,Engagiert euch, werdet selbst aktiv! Die Gewerkschaften, die zu eurer Berufsgruppe passen, können euch immer noch am besten unterstützen." Gerade junge Menschen sollten selbstbewusst für ihre Arbeitsrechte einstehen. ,,Darauf dürft ihr beharren", so Jasper eindringlich.

*Zoë und Jasper wollen nicht mit Nachnamen genannt werden.

LVZ
https://www.lvz.de/lokales/leipzig/4-tage-woche-so-denken-leipzigs-junge-gewerkschafter-6WXZFMDFMBHGDAYPJ7PGFI6MSU.html

Beide Gewerkschafter sind Studierende.
Naja.
Vielleicht ist das nur unglücklich formuliert:
ZitatHier verhandeln die Mitglieder selbst ihre Forderungen. ,,Wenn Gewerkschaftsvertreter die Interessen verhandeln, kommen dabei Kompromisse heraus, die die Angestellten langfristig nicht zufriedenstellen"
Ich verstehe nicht, warum ich in die Gewerkschaft eintreten soll, wenn ich am Ende für mich selbst verhandeln muß? 
Ich will mich stärker fühlen, ich brauche nicht nur Rat, ich brauche Mitstreiter und Solidarität. Ich will eben nicht allein gegen den Boß dastehen müssen. Ich lese nichts davon.

Abgesehen davon will ich nicht nur mich bei der Arbeit gegen bestimmte Mißstände schützen oder wehren.

Ich will eine andere Gesellschaft, eine andere Welt!
Wenn man den Kapitalismus abschaffen will, muß man die Ausbeutung der Arbeitskraft angreifen. In der Arbeitswelt kennen die beiden sich scheinbar nicht sonderlich gut aus. Arbeiten in der Gastronomie oder als Nachhilfelehrer...
ZitatDie FAU setzt sich vor allem für Arbeitnehmer in Bereichen ein, die sonst nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Neben der Gastronomie betrifft das beispielsweise Lieferdienste.
Hmmm. Lückenbüßer für Branchen, um die sich der DGB nicht kümmert?

Und man steht wohl eher hilflos den Bedingungen anderer Jobs gegenüber und empfiehlt dann doch den Einttritt in die entsprechende DGB Gewerkschaft, wenn ich das richtig verstanden habe:
ZitatDennoch rufen sie ihre Altersgenossen dazu auf, solch einer Organisation beizutreten: "Engagiert euch, werdet selbst aktiv! Die Gewerkschaften, die zu eurer Berufsgruppe passen, können euch immer noch am besten unterstützen."

Also jetzt mal im Ernst, sowas hätt ich nicht zur Veröffentlichung freigegeben. 
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Ferragus am 10:05:32 Mo. 24.Juli 2023
Die Ansicht die FAU sei Lückenbüßer, die Empfehlung des DGB sind Resultat einer Fixierung auf das Ziel "eine Gewerkschaft zu werden" -ich verstehe nicht warum das erstrebenswert sein soll- und damit einhergehender pragmatischer Nüchternheit gegenüber den eigenen Fähigkeiten sich im verrechtlichten Dschungel der deutschen Arbeitswelt zu behaupten. Klassenbewusstsein, was immer das heute bedeuten mag, wird in der FAU vorausgesetzt oder man geht davon aus, dass es den Leuten einfach zufällt, wenn unmittelbare Verbesserungen erkämpft werden -das ist die alte Vorstellungswelt: Gewerkschaft als Schule des Sozialismus, die keine Gültigkeit mehr hat.
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 11:42:46 Mo. 24.Juli 2023
Danke Ferragus für deine Einwürfe.

Zitat von: Ferragus am 10:05:32 Mo. 24.Juli 2023...den eigenen Fähigkeiten sich im verrechtlichten Dschungel der deutschen Arbeitswelt...

Die Verhältnisse in der Gesellschaft und der Arbeitswelt verschlechtern sich derart schnell und radikal, da ist es für mich absolut verwunderlich, daß man (insbesondere in einer "radikalen" Gewerkschaft), nicht nach entsprechenden Antworten sucht.

Natürlich sind Gewerkschaften stets bedroht vom Staat und seinen Gesetzen, aber ich bin nicht der Meinung, daß man sich immer beugen muß. Dem britischen Bergarbeiterstreik begegnete Maggie Thatcher mit der großen juristischen Keule und beschlagnahmte das Gewerkschaftsvermögen. Die Gewerkschaft NUM sagte den Streik deshalb nicht ab und die Arbeiterbewegung entwickelte eine Solidaritätsbewegung, die im ganzen Land (und darüber hinaus) Geld und Lebensmittel für die Streikenden sammelte. Thatcher ließ Massenstreikposten verbieten und ließ nur noch 6 Streikposten zu. Die NUM nahm das nicht hin und rief immerwieder zu "mass picketing" auf, was meist zu blutigen Schlachten mit den Bullen führte...

Hier noch ein Beispiel aus Spanien:

ZitatArbeiter plündern Supermärkte

Radikale Gewerkschafter haben in Andalusien Supermärkte ausgeräumt und die Lebensmittel nach Art von Robin Hood an Bedürftige verteilt.


...Die Demonstranten hatten zwei Filialen großer Supermarkt-Ketten in Ecija und Arcos de la Frontera quasi geplündert. Sie füllten die Einkaufswagen bis  obenhin mit Lebensmitteln, gingen ohne zu zahlen und ließen die gestohlenen Waren an Arbeitslose und Suppenküchen verteilen. ...
https://www.dw.com/de/arbeiter-pl%C3%BCndern-superm%C3%A4rkte/a-16152643

Rechtsberatung mag Sinn machen, wird die Verhältnisse jedoch niemals ernsthaft ändern.

Etwas mehr Phantasie, etwas mehr Biß bitte!


Resolution der Kommunarden


In Erwägung unserer Schwäche machtet ihr Gesetze, die uns knechten soll'n
die Gesetze seien künftig nicht beachtet in Erwägung, daß wir nicht mehr Knecht sein woll'n.

Refrain: In Erwägung, daß ihr uns dann eben mit Gewehren und Kanonen droht
haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben mehr zu fürchten als den Tod.

In Erwägung, daß wir hungrig bleiben wenn wir dulden, daß ihr uns bestehlt
wollen wir mal feststell'n, daß nur Fensterscheiben uns vom Brote trennen, das uns fehlt.

In Erwägung, daß da Häuser stehen während ihr uns ohne Bleibe laßt
haben wir beschlossen, jetzt dort einzuziehen weil es uns in uns'ren Löchern nicht mehr paßt.

In Erwägung, es gibt zuviel Kohlen während es uns ohne Kohlen friert
haben wir beschlossen, sie uns jetzt zu holen in Erwägung, daß es uns dann warm sein wird.

In Erwägung, es will euch nicht glücken uns zu schaffen einen guten Lohn
übernehmen wir jetzt selber die Fabriken in Erwägung, ohne euch reicht's für uns schon.

In Erwägung, daß wir der Regierung was sie immer auch verspricht, nicht trau'n
haben wir beschlossen, unter eig'ner Führung uns nunmehr ein gutes Leben aufzubau'n .

In Erwägung, ihr hört auf Kanonen and're Sprachen könnt ihr nicht versteh'n
müssen wir dann eben, ja das wird sich lohnen die Kanonen auf euch dreh'n!
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 15:05:47 Di. 25.Juli 2023
Die DGB nahe Boecklerstiftung sah sich den migrantischen Truckerstreik (Gräfenhausen) an und kam zu dem Schluß, daß der Ausbeuter mit nicht legalen Mitteln gearbeitet hat.

(https://abload.de/img/f1awxhcxgae2iuuformatjscpf.jpg) (https://abload.de/image.php?img=f1awxhcxgae2iuuformatjscpf.jpg)

ZitatDie Löhne bei internationalen Speditionen haben mit den Gesetzen oft nicht viel zu tun. Edwin Atema spricht von einer Form des ,,Menschenhandels", der hier stattfindet.  Geliehene Lkw und Subunternehmen machen das Geflecht noch undurchsichtiger.

Dann gibt die Boecklerstiftung zu, daß die legalen Möglichkeiten der Fahrer im EU Gesetzesdchungel eher bescheiden sind.

Die Konsequenz:
ZitatSo bleibt den Betroffenen einstweilen nur, die Saat des Protests weiterzutragen. Doch wilde Streiks wie in Gräfenhausen sind selten in Deutschland. Noch dazu waren sie anderswo nicht so erfolgreich. In Gräfenhausen war die Konstellation günstig: Die Unterstützung war riesig, der  DGB sorgte für mobiles Internet, Menschen brachten Essen oder spendeten Bares.

Fazit:
ZitatAber das eigentliche Erfolgsrezept, sagt  die DGB-Beraterin, heiße ,,Solidarität und Entschlossenheit".
https://www.boeckler.de/de/magazin-mitbestimmung-2744-jenseits-des-gesetzes-50146.htm

Es ist schon ein Hammer, wenn aus dem DGB Sumpf die Aussage kommt, daß die Arbeiter keine andere Chance hatten, als "jenseits des Gesetzes" zu kämpfen und dann den Kampf gewonnen haben, weil sie über ausreichend ,,Solidarität und Entschlossenheit" verfügten.

Ich halte es für notwendig, daß wir heute offensiv ausloten, was geht im Klassenkampf. Man muß frecher und mutiger werden. Man muß in Kauf nehmen, daß einzelne Kämpfe auch verloren werden. Solidarität der Malocher:innen und Unterstützung von Außen sind der Schlüssel zum Erfolg.

Ich hoffe, daß sich die Basisgewerkschaften von solchen Erfahrungen inspirieren lassen!
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 18:57:08 Di. 15.August 2023
Wir haben bereits seit drei Wochen den 2. Wilden Streik von Truckern am Rasthof Gräfenhausen.

Das verstehe ich eigentlich als Geschenk des Himmels für Basisgewerkschaften. Ihre Aufgabe sollte es sein, selbständig kämpfende Arbeiter zu unterstützen.

Hier ergibt sich ein ernüchternder Blick auf die Kraft der Basisgewerkschaften. Man entdeckte den Streik für sich und es gab auch eine Unterstützung der Streikenden. Doch die Unterstützung ging nur wenig über symbolische Solidarität hinaus. Man brachte Lebensmittel, Hygieneartikel, Tabak und anderes, doch man ist weit entfernt davon, 200 Streikende über mehrere Wochen durzufüttern zu können. Der Streik wäre bereits ausgehungert und beendet, wenn nicht der DGB (nebst Einzelgewerschaften), Katholische Arbeitnehmerorganisationen und Faire Mobilität die Verpflegung sichern würden.

Ich halte es für eine Grundvoraussetzung für Basisgewerkschaften, solche Grundlagen für das Durchhalten kämpfender Arbeiter zu organisieren. Ich halte dafür nicht ubedingt gefüllte Gewerkschaftkonten für notwendig. In vielen Ländern ist "Streikgeld" unbekannt. Dort ist es normal, daß sich "Support Groups" bilden, Unterstützungsgruppen, die nicht unbedingt aus gewerkschaftlichen oder linken Hintergründen kommen. Oftmals sind es Menschen in der Nachbarschaft, die gegenseitige Hilfe und Solidarität für eine Selbstverständlichkeit halten.

Eine solche Kultur gilt es auch hier aufzubauen.
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 14:03:47 So. 03.September 2023
https://twitter.com/IGAbasel/status/1698016595241488547
Titel: Aw: Basisgewerkschaften
Beitrag von: Kuddel am 15:10:45 Di. 19.Dezember 2023
Es mag einen Anstieg an Arbeitskämpfen geben, doch halte ich das, was die DGB Gewerkschaften zustande bringen, für ein absolutes Trauerspiel.

Ich glaube an den gewerkschaftlichen Gedanken, doch die gewerkschaftliche Praxis taugt hierzulande nix. Ich kenne Leute, die sind aus tiefer Überzeugung in einer DGB Gewerkschaft und glauben daran, daß man sie mit engagierten linken Kollegen von Innen umkrempeln und zu einer kämpferischen Arbeiterorganisation verwandeln kann. Ich glaube nicht an ihre Reformierbarkeit.

Ich kann mehr mit denjenigen anfangen, die die Mitgliedschaft nutzen bei der Betriebsarbeit, sich aber keine Illusion über diese Organisation machen.

Ich kenne auch Leute, die in der FAU organisiert sind und gleichzeitig einen Mitgliedsausweis von Verdi oder der IGM haben.

Ich setze große Hoffnungen in jegliche Alternative zu den DGB Gewerkschaften. Beim Blick auf die FAU bin ich etwas zerknirscht. Ich sehe da gewisse Fortschritte, doch eine ernstzunehmende klassenkämpferische Kraft stellt sie bisher nicht dar.

Ich werde in dieser Rubrik meine Gedanken über Basisgewerkschaften schweifen lassen, über deutsche und ausländische. Ich hoffe, es wird kein Monolog, ich würde mich über Gedanken und Kommentare anderer sehr freuen.