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Sozial & Gesundheitswesen => Soziale Einrichtungen => Thema gestartet von: Fritz Linow am 19:31:23 So. 16.Februar 2020

Titel: „Köster und Hub“: Ermittlungen gegen Fahrdienst dauern an
Beitrag von: Fritz Linow am 19:31:23 So. 16.Februar 2020
Zitat16.2.20
,,Köster und Hub": Ermittlungen gegen Fahrdienst dauern an

Seit 2017 steht der Mainzer Behindertenfahrdienst wegen miserabler Arbeitsbedingungen in der Kritik. Ein ehemaliger Mitarbeiter berichtet über unverändert schlechte Zustände.

Stundenlöhne weit unter dem Landestariftreuegesetz (LTTG), und das bei miserablen Arbeitsbedingungen. So lauteten die Vorwürfe, die im Januar 2017 gegen den Hechtsheimer Behindertenfahrdienst ,,Köster und Hub" erhoben wurden. Im Herbst wurde schließlich von der Mainzer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Doch auch zweieinhalb Jahre später gibt es noch kein abschließendes Ergebnis.
Die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller führt die Dauer des Verfahrens auf die umfangreichen Prüfungen zurück, ob und in welcher Höhe ein strafrechtlich relevanter Schaden entstanden sei. ,,Die Akte besteht derzeit aus sechs Aktenbänden, 21 Stehordnern, zwei Sonderbänden und Beweismittelbänden", informiert Keller. Im Laufe der Ermittlungen konnten zahlreiche Zeugen vernommen werden – unter anderem dank der Vermittlung durch diese Zeitung.

Erneute Vergabe an ,,Köster und Hub"

Laut einem ehemaligen Mitarbeiter, der bis November 2020 bei ,,Köster und Hub" beschäftigt war, habe sich an den Arbeitsbedingungen trotzdem nichts geändert. ,,Die Stimmung ist miserabel. Glückliche Mitarbeiter sehen anders aus", sagt er. Die Teams seien ständig unterbesetzt, es gebe eine hohe Personalfluktuation. 

Wie berichtet, war das Hechtsheimer Unternehmen unter Verdacht geraten, nicht nach dem LTTG zu bezahlen. Der Vorwurf im Detail: Die Fahrer würden erst ab dem Zeitpunkt entlohnt, zu dem das erste Kind im Auto sitze. Die Fahrt dorthin und auch die Rückfahrt werde bei der Vergütung indes nicht miteingerechnet. Nach Bekanntwerden des Falls hatte die Mainzer Stadtverwaltung von ,,Köster & Hub" Unterlagen zu den Beschäftigungsverhältnissen angefordert und diese überprüft. Dabei seien keine Nachweise für Verstöße gegen das LTTG gefunden worden, teilte Stadtpressesprecher Marc André Glöckner damals mit.
Für die Schuljahre 2017/18 bis 2021/22 wurde der städtische Auftrag für rund 40 Touren und damit die Beförderung von circa 250 Schülern erneut an ,,Köster und Hub" vergeben. Das Hechtsheimer Unternehmen hatte bei der EU-weiten Ausschreibung das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Auch die Landkreise Mainz-Bingen und Alzey-Worms sowie In.betrieb (ehemals Werkstätten für Behinderte) schlossen mit ,,Köster und Hub" erneut Verträge ab.

Glöckner: ,,Nennenswerte Beanstandungen gab es keine"


In.betrieb-Geschäftsführer Michael Huber ist trotz des nach wie vor bestehenden Vertragsverhältnisses nicht mit der Leistung des Hechtsheimer Fahrdienstunternehmens zufrieden. Ohne ins Detail gehen zu wollen, spricht er von regelmäßigen ,,Reklamationen". Laut Stadtsprecher Glöckner werde die Verkehrssicherheit vom Schulamt und der Polizei regelmäßig untersucht: Demnach seien die Fahrzeuge insgesamt in einem guten technischen Zustand. ,,Nennenswerte Beanstandungen gab es keine."
Wie die Leiterin der Staatsanwaltschaft ausführt, liege die umfangreiche und bestreitende Stellungnahme der Verteidigung von ,,Köster und Hub" seit September 2019 vor. Andrea Keller: ,,Hier finden unter anderem noch Erörterungen mit den zuständigen Sozialversicherungsträgern sowie den Zollbehörden statt." Das Verfahren sei rechtlich sehr komplex. Auf die Bitte dieser Zeitung um eine Stellungnahme reagierte die Geschäftsführung von ,,Köster und Hub" nicht.
Der ehemalige Mitarbeiter von ,,Köster und Hub" ist überzeugt: ,,Die Geschäftsleitung weiß durchaus, was sie falsch macht. Aber sie lässt es so lange draufankommen, wie es geht." Schließlich würden sich doch immer wieder neue Fahrer finden. Zwei ,,Typen" macht der 41-jährige Mainzer unter seinen früheren Kollegen aus: Diejenigen, die auf das Geld angewiesen seien, und diejenigen, für die die Tätigkeit als Rentner eine Alternative zum sozialen Ehrenamt sei. Dass die Entlohnung von maximal 450 Euro im Verhältnis zum Arbeitsaufwand viel zu gering ausfalle, würde Letztere nicht stören. Diese beiden Lebenssituationen würden ,,Köster und Hub" ausnutzen.
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