Thyssenkrupp

Begonnen von Kuddel, 08:47:41 Mo. 30.September 2019

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Wanderratte

Zitat von: Onkel Tom am 11:21:13 Do. 28.November 2024Hmm, könnte man den Arbeitsplatzwechsel aus Gewissensgründen ablehnen ?
Ich tippe mal auf Ja. (Habe gerade Asbach Uralt Gedanken im Kopf, wie
es um Wehrdienstverweigerung ging.)
Ich denke bzw. hoffe, ja:

Zitat§ 10 Zumutbarkeit
(1) Einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass
1. sie zu der bestimmten Arbeit körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage ist, [...].
Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__10.html .

Also, ich fühle mich seelisch nicht in der Lage, in der Rüstungsindustrie zu arbeiten. Notfalls hilft ein Attest vom Psychiater.

Erinnert mich auch irgendwie an die Wehrdienstverweigerung. Ein früherer Kumpel von mir ließ sich vom Psychiater eine Psychose bescheinigen. Es hat funktioniert.

Onkel Tom

Zitat von: Wanderratte am 16:03:24 Do. 28.November 2024Also, ich fühle mich seelisch nicht in der Lage, in der Rüstungsindustrie zu arbeiten. Notfalls hilft ein Attest vom Psychiater.
klingt gut ;-)
Lass Dich nicht verhartzen !

Hartzhetzer

ZitatHmm, könnte man den Arbeitsplatzwechsel aus Gewissensgründen ablehnen ?
Was soll das bringen?
Mit einem guten Gewissen kann man Essen, Strom und Miete nicht bezahlen.
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

Nikita

Hartzhetzer, das ist mir zu undurchdacht. Es gibt genügend Arbeitsplätze, bei denen man keine Maschinen produziert, die Menschen abschlachten. Natürliche sollte man vor Antritt einer Arbeitsstelle überlegen, ob der Arbeitgeber moralisch zu einem passt. So oder so wird das Arbeitsverhältnis nicht zustande kommen, wenn man moralische Gründe vorbringt.

Zitat von: Hartzhetzer am 08:51:57 Sa. 30.November 2024
ZitatHmm, könnte man den Arbeitsplatzwechsel aus Gewissensgründen ablehnen ?
Was soll das bringen?
Mit einem guten Gewissen kann man Essen, Strom und Miete nicht bezahlen.

Wanderratte

Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er gegebenenfalls bevorzugt. Ich bevorzuge Bürgergeld, wie im Forumsbeitrag #30 schon dargelegt. Und ich denke auch, dass es funktioniert. In der Rüstungsindustrie zu arbeiten, kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Dann lieber arm sein! Ich mache nicht alles.

Kuddel

Vielleicht gerät es hier alles OT, aber es geht gleichzeitig um grundsätzliche Dinge. Es gibt da sicherlich keinen goldenen Weg, doch ich sehe einige der oben genannten Herangehensweisen recht kritisch, bzw. völlig anders.

ZitatIch bevorzuge Bürgergeld
Ich verstehe das auf eine Art, kriege dabei gleichzeitig Bauchschmerzen. Das Bürgergeld ist bereits heute mies und es droht mieser zu werden. Ich halte Armut für absolut erniedrigend und für ein Höchstmaß an Unfreiheit. Sich damit zu arrangieren, deprimiert mich.

Zitat...sollte man vor Antritt einer Arbeitsstelle überlegen, ob der Arbeitgeber moralisch zu einem passt
Naja, wenn man den Gedanken zuende denkt, bleibt eine sehr eingeschränkte Jobauswahl.

Es bleibt auch die Frage, was das an den Verhältnisse ändert, wenn man sich überall zurückzieht, wo man die Arbeit für unmoralisch hält. Arbeit ist im Kapitalismus oft nicht ökologisch, sinnvoll oder human.

Natürlich bin ich gegen Rüstungs- oder Autoproduktion, doch ich habe wenig Einfluß auf diese mächtigen Branchen, wenn ich mich weit weg von ihnen befinde.

Ich habe den Kriegsdienst verweigert und persönlich empfand ich meine Arbeit mit Behinderten als Zivi als bereichernd. Es gab auch Totalverweriger, die auch den Zivildienst verweigert haben und dafür in den Knast gegangen sind. Ihre Argumente waren schon schlüssig.

Bereits als Auszubildender wurde ich in die herrschende Realität geworfen. Ich wurde oft in Kasernen und militärischen Einrichtungen eingesetzt.

Als ich ausgelernt habe, habe ich in verschiedenen Großbetrieben gearbeitet, sie u.a. miltärische Aufträge hatten. Ich habe auf Kriegsschiffen und auch mal auf einem U-Boot gearbeitet. Ich bereue heute noch, daß ich auf dem U-Boot einen Kabelbrand an einem defekten Verlängerungskabel gelöscht habe. Ich hätte wegsehen und weggehen sollen. Dann hätten die das Scheiß-U-Boot neu bauen können...

Später habe ich mich mal in einem reinen Rüstungsbetrieb beworben. Die Arbeitsbedingungen waren sehr ansprechend. Mich hätte das interessiert, wurde aber nicht genommen. Ob ich da gearbeitet hätte oder nicht, hätte nichts an der Mordmaschinerie geändert. Ich bin ein Anhänger des Prinzips der Subversion, also die Herrschaftsstrukturen von innen anzugreifen, aufzuweichen. Linke sollten überall sein, auch da, wo man sie nicht erwartet. Man muß die Stimmung in Betrieben und Behörden kennen, man muß auf die Diskussionen unter Kollegen Einfluß nehmen. Man wird so schwerlich einen Streik bewirken, aber wenn es einem gelingt, Zweifel in den Köpfe der Kollegen zu pflanzen, ist man einen großen Schritt weiter.

Wie ich bereits an anderer Stelle erzählt hab, habe ich einige Leute kennengelernt, die ganz bewußt zur Bundeswehr gegangen sind, die wollten die Dienst an der Waffe erlernen, sie dann "umdrehen und auf die Richtigen richten". Einige haben auch politische Agitation innerhalb der Kasenen betrieben. Der MAD machte sich in den 70er Jahren große Sorgen, weil es in einem relativ großen Umfang stattfand.

counselor

Bei Arbeitgebern muss man immer irgendwelche Kröten schlucken. Schlechte Bezahlung, Ende der Demokratie am Betriebstor etc. Ich habe mir auch schon überlegt, was ich machen würde, wenn ich plötzlich für das Militär produzieren müsste. Ich bin noch zu keinem Schluss gekommen.

Ein zurück zu Hartz IV / Bürgergeld möchte ich jedenfalls nicht.

ZitatMan muß die Stimmung in Betrieben und Behörden kennen, man muß auf die Diskussionen unter Kollegen Einfluß nehmen.

Das sehe ich auch so. Nur so gewinnt man Einfluss auf das Denken und Handeln der Menschen.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Wanderratte

Zitat von: Kuddel am 14:40:55 So. 01.Dezember 2024
ZitatIch bevorzuge Bürgergeld
Ich verstehe das auf eine Art, kriege dabei gleichzeitig Bauchschmerzen. Das Bürgergeld ist bereits heute mies und es droht mieser zu werden. Ich halte Armut für absolut erniedrigend und für ein Höchstmaß an Unfreiheit. Sich damit zu arrangieren, deprimiert mich.
Das, was Du schreibst, macht mich sehr nachdenklich. Denn ich muss zugeben, dass ich mich tatsächlich mit dem Bürgergeld arrangiert habe. Ab und an deprimiert es mich aber auch.

Ich finde nämlich auch, dass Armut absolut erniedrigend ist und zudem sehr unfrei macht.

Andererseits ist arbeiten aber auch meist scheiße. Es ist halt auch schön, sehr viel Zeit zu haben. Irgendwie bin ich bezüglich arbeiten komplett draußen und sehe alles sehr kontrovers.

Früher hatte ich mir nie Gedanken zu beruflichen Themen gemacht. Ich wollte immer so wenig arbeiten wie möglich. Das Problem habe ich jetzt: Denn egal wie viel und wie lange ich jetzt noch arbeite, die Rente reicht sowieso nicht.

Mit meinem Studienabschluss werde ich voraussichtlich keinen Job mehr finden. Am 1.04.2025 werden es drei Jahre. Eine Berufsausbildung habe ich leider auch nicht, was mich mittlerweile schon ein wenig ärgert.

In meinem letzten Job bekam ich irgendwann psychische Probleme. Ich habe Angst, dass mir das wieder passiert. Wenn ich irgendwas tun muss, was mich sehr belastet. Ich hatte gegen Mißstände gekämpft, die nahezu niemanden interessiert haben.

Manchmal denke ich mittlerweile, doch noch eine Berufsausbildung zu machen. Cool fände ich, dann Dinge selbst reparieren zu können. Gerade weil das Geld so knapp ist. Ich weiß aber auch nicht so recht. Und wer nimmt mich in meinem Alter!

Ich denke, es ist ein sehr schwieriges Thema. Ich muss noch nachdenken. Es geht ja zudem um politisches Handeln.

Irgendwie schaffst Du es gerade, mein bisheriges Weltbild in Frage zu stellen. Wie ich in Zukunft damit umgehe, kann ich aktuell noch nicht sagen.

Zitat von: Kuddel am 14:40:55 So. 01.Dezember 2024Später habe ich mich mal in einem reinen Rüstungsbetrieb beworben. Die Arbeitsbedingungen waren sehr ansprechend. Mich hätte das interessiert, wurde aber nicht genommen. Ob ich da gearbeitet hätte oder nicht, hätte nichts an der Mordmaschinerie geändert. Ich bin ein Anhänger des Prinzips der Subversion, also die Herrschaftsstrukturen von innen anzugreifen, aufzuweichen. Linke sollten überall sein, auch da, wo man sie nicht erwartet. Man muß die Stimmung in Betrieben und Behörden kennen, man muß auf die Diskussionen unter Kollegen Einfluß nehmen. Man wird so schwerlich einen Streik bewirken, aber wenn es einem gelingt, Zweifel in den Köpfe der Kollegen zu pflanzen, ist man einen großen Schritt weiter.
Ja, das ist richtig. Ob wir dort arbeiten oder nicht, macht leider keinen Unterschied. Dann produzieren halt andere Menschen den ganzen Mist.

Ich finde, das ist eine sehr interessante Sichtweise. So habe ich es noch nicht gesehen.

Das Prinzip der Subversion finde ich gut. So kann arbeiten zumindest sinnvoll sein. Auch wenn die Arbeit an sich scheiße ist.

Kuddel

Vielleicht sollten wir das an anderer Stelle fortsetzen. Das hat alles wenig mit Thyssen Krupp zu tun.

Ich hänge nochmal ein Beispiel dieser anderen Sichtweise an. Es gab mal Linksradikale, die haben mit mehreren Leuten auf einer AKW Baustelle angeheuert. Sie wollten die Kollegen auf der Baustelle aufwiegeln, um den Bau des AKW von innen her anzugreifen. Dieser Versuch ist gescheitert. Sie haben aber darüber berichtet, was sie vorhatten, wie sie vorgegangen sind, und wie die anderen Arbeiter reagiert haben. Ich fand das sehr interessant und wünsche mir mehr solcher Erfahrungsberichte, auch wenn sie nicht erfolgreich waren.

Ich kann hier schlau herumquatschen, aber meine Versuche eine radikale Betriebsarbeit zu machen, sind zu 90% gescheitert. Es gab aber auch ein paar tolle Erlebnisse.

Wanderratte

Das ist ein sehr interessantes Thema. Mein Vorschlag ist, das hier fortzusetzen:

https://forum.chefduzen.de/index.php?topic=329545.30 .

#31

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