Polizei Giessen wieder wegen Willkür vor Gericht

Begonnen von mlawrenz, 23:04:02 Di. 13.Mai 2008

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mlawrenz

10. Mai 2008

Polizei hinderte Journalist rechtswidrig am Fotografieren

Prozess am Donnerstag gegen Medienvertreter

Giessen
 Am kommenden Donnerstag, den 5. Mai wird ab 11.00 Uhr in Saal 100 A des Amtsgericht Giessen die Verhandlung gegen den freien Journalisten Falk Beyer gefuehrt, der am 1. April 2007 ein Feld mit genetisch veraenderter Gerste in Giessen fotografieren wollte. Polizisten hatten ihn und seine Begleiter verhaftet. Vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof wurde dies bereits am 19. Dezember 2007 fuer rechtswidrig befunden wurde. Die Deutsche Journalisten Union in Hessen unterstuetzt den angeklagten Journalisten.

Wie ein schlechter Aprilscherz klingt die Beschreibung der Handlungen der Giessener Polizei am 1. April 2007 am Versuchsgelaende der Universitaet Giessen am Alter Steinbacher Weg:

Der freie Journalist Falk Beyer war mit zwei Begleitern, darunter ein Umwelt-Aktivist aus der Region, zu dem von einem gentechnikkritischen Buendnis angemeldeten öffentlichen Sonntagsspaziergang an einem anderen Versuchsfeld der Universitaet Giessen unterwegs. Auf dem Weg dahin kamen die drei in der Naehe des Gersten-Versuchsfeldes vorbei, an dem der Journalist einige Fotos machen wollte. Wohlgemerkt: vom oeffentlichen Buergersteig aus. Sofort tauchten mehrere Polizeifahrzeuge auf, umstellten die beiden Begleiter des Journalisten und wollten deren Personalien wissen. Der freie Journalist Falk Beyer fertigte inzwischen Fotos von diesen Vorgaengen an, bis er daran von einem Polizeibeamten gehindert wurde. Dieser behauptete, er duerfe nicht fotografieren, woraufhin Beyer seinen Presseausweis vorlegte und dem widersprach. Der Polizeibeamte nahm den Presseausweis, schaute ihn kurz an und sofort folgte der Befehl: "Alle sofort verhaften!". Die Ausweisung als Medienvertreter war also Anlass zur Verhaftung. In Handschellen wurden der Journalist und seine Begleiter in das Polizeipraesidium transportiert, wo sie auf Veranlassung anderer Beamter nach kurzer Zeit wieder freigelassen wurden.

Beyer klagte darauf vor dem Giessener Verwaltungsgericht und schliesslich vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof gegen die gegen ihn gerichteten Polizeimassnahmen. Im Beschluss vom 19. Dezember 2007 wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Klage mit Bezugnahme auf das zwischenzeitlich von der Polizei abgegebene Eingestaendnis ihres Fehlverhalten ab:

Erst nachdem Beyer gegen seine Verhaftung Klage erhoben hatte, leitete die Polizeibehoerde ein Bussgeldverfahren gegen ihn ein. Vorwurf: er haette die Angabe seiner Personalien verweigert.

"Es wirkt voellig absurd, mir ausgerechnet die Verweigerung der Personalienangabe vorzuwerfen, wo doch erst die Vorlage meines Presseausweises zur Verhaftung fuehrte", erklaert Journalist Beyer. "Ich wurde von der Polizei erst angesprochen, als diese mein Fotografieren unterbinden wollte. Daraufhin zeigte ich gleich meinen Presseausweis. Ich wurde ueberhaupt nicht nach meinen Personalien befragt."

Beyer vermutet, dass die Polizei sich der Rechtswidrigkeit ihrer Handlungen im Klaren war und diese nun im Nachhinein durch einen erlogenen Tatbestand rechtfertigen wollte: "Die Polizeibeamten wussten von Anfang an, dass meine Verhaftung rechtswidrig war - ich hatte sie vom Moment des Handschellen-Anlegens an auf die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit hingewiesen und meine Klage angekuendigt. Aus den Akten geht hervor, dass die Polizei mit dem Bussgeld-Verfahren gegen mich ihre Taktik geaendert hat: wurde zunaechst - erfolglos - versucht eine politische Verfolgung zu rechtfertigen, indem behauptet wurde wie schlimm einer meiner Begleiter sei, so wurde erst nach meiner Klage unterstellt, ich haette mich der Personalienverweigerung entzogen. Die Polizei luegt mit dieser Behauptung und versucht von ihrem rechtswidrigen Handeln abzulenken."

Nachdem der Vorfall bereits vom hoechsten zustaendigen Gericht, dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof, fuer rechtswidrig befunden wurde, verwundert die weitere Verfolgung des freien Journalisten. Alle Polizeimassnahmen waren nach Aussage dieses Gerichtes rechtswidrig. Selbst wenn die Personalienkontrolle davon nicht erfasst waere (sie ist darin aber klar benannt), waere auch sie rechtswidrig, weil eine aus rechtswidrigem Polizeihandeln folgende Polizeihandlung auch rechtswidrig ist und eine Verweigerung dagegen nicht verfolgbar waere. Doch die Personalien waren vorgelegt worden, es liegen nach Auffassung des Angeklagten keine tatsaechlichen oder rechtlichen Gruende vor, die seine Verfolgung erlauben wuerden.

An die Kollegen der Medien: Sie sind herzlich eingeladen an diesem gewiss interessanten und aufschlussreichen Prozess teilzunehmen und darueber zu berichten. Das Verhalten der Giessener Polizei wurde durch verschiedene Gerichtsurteile der letzten Jahre (u.a. OLG Frankfurt - 20 W 221/06 vom 18.06.2007 - und BVerfG - 1 BvR 1090/06 vom 30.04.2007) bereits mehrfach problematisiert. Der hier behandelte Vorfall betrifft auch Ihre Arbeit, wenn die Polizei die Pressefreiheit mit Fuessen tritt.

Aus diesem Grund hatte die Deutsche Journalisten Union in Hessen bereits am 5. April 2007 gegenueber dem damals zustaendigen Polizeipraesidenten Manfred Schweizer Protest gegen die Verhaftung ihres Kollegen eingelegt und finanzierte die Verwaltungsklagen gegen die Polizei. Der Anwalt des verfolgten freien Journalisten wird auch in diesem Verfahren von der DJU unterstuetzt.

aus dem Newsletter APOcalypse Nachrichtensammlung, Band 29, Eintrag 2

Quelle im Internet:

http://www.infoladen-moskito.de/nachrichten.htm
"Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Reichen, die Krieg führt und wir sind dabei zu gewinnen'"
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