ARTE-Themenabend: Burnout - Schuften bis zum Umfallen

Begonnen von Kater, 17:51:40 Di. 17.November 2009

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Kater

ARTE, Dienstag, 17. November 2009 um 21.00 Uhr

ZitatBurnout - Schuften bis zum Umfallen
(Deutschland, 2009, 200mn) NDR

Stress, Druck, Überlastung. Darüber klagen nicht nur Führungskräfte sondern auch mittlere Angestellte und Arbeiter. Psychische Erkrankungen infolge von Arbeitsstress sind in den letzten 10 Jahren um 70 Prozent angestiegen. Immer mehr Berufstätige leiden unter dem Burnout-Phänomen; in Frankreich erschütterte eine Serie von Suiziden bei Peugeot, Renault und France Telecom die Nation - darunter gut verdienende Leistungsträger, die dem wachsenden Arbeitsdruck nicht mehr standhielten. Wie kommt es zu dieser Entwicklung?

Seit Mitte der 90er Jahre hat sich die Arbeitswelt radikal verändert. Unternehmen zerfallen oder fusionieren, Jobs tauchen auf und verschwinden wieder, feste Arbeitsverhältnisse werden durch Projektverträge ersetzt, Unternehmen lagern immer mehr Aufgaben an kleine Firmen mit kurzfristigen Verträgen aus. Die Angst vor dem Verlust der Arbeitsplatzes, dem drohenden Abstieg, treibt die Menschen zu immer mehr Leistung an."Die Arbeitswelt, so der Göttinger Soziologe Professor Michael Schumann, kennzeichne sich durch ein wachsende Grausamkeit gegenüber dem Individuum." In den Unternehmen werde gewaltig gemobbt, verbogene Rückgrate seien von Vorteil, die Spielchen von Ausgrenzung und Zuneigung alltäglich und die Angst vor Burnout weit verbreitet.

Auch die rasanten Veränderungen in der Kommunikationstechnik zwingen dem Einzelnen einen immer größeren Druck auf. Für viele Arbeitnehmer ist es heute selbstverständlich, dass sie auch abends und am Wochenende erreichbar sind. Sie sind es gewöhnt, E-Mails rund um die Uhr über Web oder Blackberry abzurufen. Projekte koordinieren, Termine vereinbaren, Fragen beantworten, Entscheidungen treffen - all das kann heutzutage simultan geschehen. Unser Wirtschaftssystem lebt davon, dass wir Zeit gewinnen. Doch die zunehmende Arbeitsverdichtung führt zu Techno-Stress. Das permanente Multi-Tasking macht aggressiv, rastlos und unproduktiv. Anstatt runterzufahren, greifen immer mehr Arbeitnehmer zu Psychopharmaka, um ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Manch einer gerät so unter Druck, dass er nur noch einen Ausweg sieht - Selbstmord. Eine gefährliche und schockierende Entwicklung.
Der Themenabend wird der Frage nachgehen, welche Auswirkungen die zunehmende Ökonomisierung der Arbeit auf den Einzelnen hat, welche Maßnahmen Menschen ergreifen, um dem wachsenden Druck gerecht zu werden und welche Alternativen und Zukunftsperspektiven es gibt.

ZitatAusgebrannt- Wenn nichts mehr geht
(Deutschland, 2009, 43mn)
NDR
Regie: Ingolf Gritschneider

Eine Krankenschwester, die zusammenbricht, ein IT- Manager, der unter Panikattacken und Todesangst leidet, Mitarbeiter großer Konzerne, die der Arbeitsdruck in den Selbstmord treibt. Die heutige Arbeitssituation macht immer mehr Menschen krank und kostet manche sogar das Leben.

Burnout - ein Phänomen, das sich quer durch alle Berufsgruppen zieht. Jeder zweite Angestellte ist inzwischen akut gefährdet. Und die Dunkelziffer ist hoch. Aus Angst vor Konsequenzen verschweigen viele Arbeitnehmer ihre Probleme. Doch wer immer mehr Aufgaben in immer weniger Zeit bewältigen muss und ständig Druck von oben bekommt, der gerät irgendwann in eine existenzielle Lebenskrise.

Die dramatische Serie von Selbstmorden in Frankreich erschreckt in jüngster Zeit die Öffentlichkeit. In ihren Abschiedsbriefen machen die Betroffenen ihre Unternehmen verantwortlich, beklagen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Der Staat zieht erstmals deutliche Konsequenzen und stoppt Umstrukturierungen bei France Telecom - einem Konzern, in dem sich binnen 18 Monate 24 Menschen umgebacht haben. Gibt es Parallelen in Deutschland? Eine Vielzahl von Selbstmorden, meinen Experten, haben auch hier einen beruflichen Hintergrund. Und die Wirtschaftskrise wird die persönlichen Krisen noch verschärfen.

ZitatDoping für den Job
(Deutschland, 2009, 30mn)
NDR
Regie: Bertram Rotermund, Lars Reimer
Produzent: Berlin Telekult GmbH, Heike Kunze

Schnell, effektiv und flexibel - so soll er sein, der moderne Arbeitnehmer. Doch nicht jeder kann dem wachsenden Leistungsdruck standhalten. Viele Menschen fühlen sich überfordert und greifen zu Medikamenten und Drogen.

Im Sport gilt Doping als Betrug. Im Job wird es stillschweigend geduldet.
Tagtäglich dopen sich Millionen von Berufstätigen mit Betablockern, Stimmungsaufhellern und Aufputschmitteln. Aus Angst ihren Job zu verlieren, riskieren sie ihre Gesundheit.

Ob Manager, Musiker oder Student - der Griff zur Pille wird oft verharmlost, denn Pillen gelten immer noch als Heilmittel. Doch der Weg zur Abhängigkeit, zur Sucht und dann zum völligen Zusammenbruch ist oft nicht weit. Eine Bankerin, ein Werbefachmann und eine Apothekerin berichten über diese Erfahrung.

Neu auf dem Markt, und nicht weniger gefährlich, sind die sogenannten Neuro-Enhancer. Sie versprechen eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit und sind bei Kopfarbeitern beliebt. Die Leistungsgrenzen werden so künstlich nach oben verschoben. Wer keine Enhancer nimmt, hat das Nachsehen. Welche Konsequenzen hat das für die Zukunft unserer Arbeitsgesellschaft?

ZitatAdieu Karriere - Glückliche Absteiger
(Deutschland, 2009, 26mn)
NDR
Regie: Marion Schmidt

Raus aus dem Hamsterrad - davon träumen viele Menschen. Doch wie schafft man den Ausstieg ohne im gesellschaftlichen Abseits zu landen? Der Film erzählt die Geschichte von drei Menschen, die sich beruflich völlig neu orientiert haben. In ihrem alten Beruf kürzer zu treten erschien ihnen unrealistisch. Etwas völlig Neues zu versuchen war verlockend und riskant zugleich. Schließlich haben sie es gewagt. Olaf war jahrelang als Bauleiter für große Baustellen im In- und Ausland verantwortlich, heute verkauft er handgefertigte Lampen. Meike hat Softwarelösungen an Unternehmen verkauft und stand ständig unter dem Druck, hohe Vertriebszahlen zu erreichen. Heute bietet sie in Hamburg Hafentouren an. Claus, der ein sehr erfolgreiches Unternehmen aufgebaut hat, galt als einer der Stars der New Economy. Sein jetziger Beruf ist Kinderfotograf. Alle verdienen weniger als früher. Hat sich der Schritt ins Ungewisse dennoch ausgezahlt?

http://www.arte.tv/de/programm/242,dayPeriod=evening.html

pjotr

Diese Dokumentationen könnt ihr euch hier ansehen, falls gestern versäumt!
Ausgebrannt- Wenn nichts mehr geht
Regie von Ingolf Gritschneider
Dauer: 43min
Wiederholungen: 01.12.2009 um 03:00 auf ARTE

http://plus7.arte.tv/de/1697660,CmC=2935812,scheduleId=2907284.html

Doping für den Job
Schnell, effektiv und flexibel - so soll er sein, der moderne Arbeitnehmer...
chnell, effektiv und flexibel - so soll er sein, der moderne Arbeitnehmer. Doch nicht jeder kann dem wachsenden Leistungsdruck standhalten. Viele Menschen fühlen sich überfordert und greifen zu Medikamenten und Drogen.
Wiederholungen: 01.12.2009 um 03:40 auf Arte


Doping für den Job - Burnout Schuften bis zum Umfallen - Part 1


Ich bin der Vogel, den sein Nest beschmutzt.
-Karl Kraus-


Sir Vival

da wollen sie uns doch haben.
Und da es "keine staatlichen Aufsichtsbehörden gibt, die die Rechte, bzw. den Schutz von Arbeitnehmern und die Pflichten des Arbeitgebers prüft" (ZITAT aus einem persönlichen Brief vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales an mich im November 2009), wird sowas auch unter den Tisch gekehrt und dient nur den Einschaltquoten der Sender.
Und die Pharmaindustrie bekommt nen Ständer in der Hose, weil sie unbedarft den Scheiss verkaufen darf. Und niemand schreitet ein......
Es tofft viel Spass in Steckifee.........

Sir Vival

Bevor ich einen neuen Thread aufmache.

Dies habe ich heute Morgen in unserer Zeitung gelesen.

Titel:
"Wenn Arbeit krank macht!"

die Eckdaten:
- Depressionen
- Burnout
- Keine Anerkennung, wenig Geld und nur Druck von allen Seiten
- jede 10. Krankmeldung hat psychische Gründe im Zusammenhang mit der Arbeitsstätte
- 11% aller Fehltage 2008 waren auf psychische Gründe zurückzuführen
- seit 1990 hat sich die Zahl verdoppelt
- 4 Milliarden Euro pro Jahr Behandlungskosten

Frauen sind die Mehrzahl bei solchen (Krank-) Meldungen, was aber nicht heißen soll, daß Männer die "härteren" sind.
Männer flüchten sich meist in Alkohol (oder anderen Drogen), um "durchzuhalten, oder reagieren sich anders ab.

Quelle: RNZ 24.3.2010 (Artikel leider nicht online zu finden)

Es tofft viel Spass in Steckifee.........

Hedgegina

Das kann ich nur bestätigen. Wenn man zu freundlich ist, hilfsbereit, versucht seinen Job gut zu machen, dann wird immer noch "ne Schippe draufgelegt". So nach dem Motto "Mal gucken, wieviel Arbeit noch in die reinpasst, bevor die zusammenknackt...". Ich hab teilweise wegen zuviel Stress am Arbeitsplatz Arzttermine verschoben, weil ich dachte, ich kann da jetzt nicht weg, ich muss organisieren, sonst geht das alles schief. Heute könnte ich mir pausenlos meinen Bürotacker an den Kopf hauen für meine damalige Einstellung,...hab mich schön ausnutzen lassen - und bei uns gehts noch, denke ich, relativ gemäßigt zu. Aber wenn du dir jeden Schuh anziehst, schieben alle ihre Arbeit auf dich ab + Anerkennung = 0. Zum Kotzen ist das.
Heute schöpfe ich meine Rechte aus - hab den Hausarzt gewechselt, der schreibt mich krank, wenn es einfach nicht mehr geht, (hat auch nicht nur Stress- sondern auch andere, weitere Ursachen, OP etc... letztes Jahr), werd wahrscheinlich bald zur Reha gehen.

Dat Hedgi


Sir Vival

aber auch nicht zu verachten ist es (wie es mir passierte), wenn man ausschliesslich Kollegen vorauseilenden Gehorsams hatte, die JEDEN Termin (Arzt, Geburtstage, andere private Termine) verschoben oder abgesagt haben (und es sicherlich heute noch tun), nur um dem Gutsherrn zu dienen.
Und du bist der einzige, der seine Termine einhält und dadurch derjenige, der die "Betriebsruhe gestört hat".

Aber es ist ohnehin schwer genug, auch mal NEIN zu sagen.

Es tofft viel Spass in Steckifee.........

Hedgegina

jau. auch schön. und es kommt noch besser: ne kollegin von mir ist trotz krankschreibung am wochenende schuften gegangen - ich hab meinen chef gefragt ob er das so ok findet - und er meinte, dass er niemanden davon abhalten würde, wer bock hat zu arbeiten, soll arbeiten - egal wie krank. so nach dem motto: wenn der linke arm gebrochen ist - auf zur arbeit, denn mit rechts kannst ja noch schreiben. ich sehe das mit sorge, wenn sich sowas einschleicht...prost mahlzeit, dann darf man demnächst noch ein schlechtes gewissen haben, wenn man einen gelben zettel abgibt und nicht trotzdem weiterarbeitet.... ?(

Sir Vival

Wenn er offiziell davon Kenntnis hatte, bekommt er Probleme.
Aber wie hohl kann man sein? Eine Krankmeldung/Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgeben und dann arbeiten?
Die wird doch nie mehr ernst genommen.
Es tofft viel Spass in Steckifee.........

Hedgegina

ZitatAber wie hohl kann man sein? Eine Krankmeldung/Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgeben und dann arbeiten?
Die wird doch nie mehr ernst genommen.

Die Leute werden so alleingelassen - dh wenn krank, bleibt Arbeit liegen, und am ersten Tag der Gesundschreibung wartet ein riesiger Berg Arbeit auf dich, dass du am liebsten gleich wieder nach Hause gehen würdest...deshalb kam die Kollegin während ihrer Krankschreibung. Hätt ich auch nicht gemacht, aber was willste machen...meine Laune wird zunehmend schlechter da.

ZitatWenn er offiziell davon Kenntnis hatte, bekommt er Probleme.

Stimmt. Offiziell hat er natürlich keine Kenntnis davon, ist klar. Zum kotzen ist das.

Ratrace

So einem Chef würde ich mal den Gefallen tun und krank zur Arbeit kommen - mit Fieber und einer seuchenhaft ansteckenden Grippe, von der ich gewiß sein kann, daß sie den Großteil der Belegschaft für zwei Wochen außer Gefecht setzt. Gern geschehen, Herr Chef.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Carpe Noctem

Zitat von: Ratrace am 18:34:13 Mi. 31.März 2010
So einem Chef würde ich mal den Gefallen tun und krank zur Arbeit kommen - mit Fieber und einer seuchenhaft ansteckenden Grippe, von der ich gewiß sein kann, daß sie den Großteil der Belegschaft für zwei Wochen außer Gefecht setzt.

Das lohnt sich richtig, wenn der Betrieb eine Klimaanlage hat. Die verteilt dann alles an Viren und Bazillen, was die Belegschaft zu bieten hat, bis in die Chefetage. Alles schon erlebt.

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

Hedgegina

@ratrace@carpenoctem

:) eure beiden beiträge haben mir das zweite und dritte herzhafte grinsen an diesem tag beschert - stelle mir meinen Chef (gibt ja 3 an der zahl eigentlich) vor - wie er auf dem bürostuhl sitzt, schwarze katze glotzt ihm mit großen grünen augen über die schulter und der liebenwerte jack macht malen nach zahlen auf den wertvollen papieren und kunstobjekten. herrlich. köstlich. danke für dieses bild.

es reicht leider nur zum herzhaften grinsen - für ein herzhaftes lachen bin ich zu kaputt. kämpfe die letzten stunden erfolgreich dagegen an, mir ein frust-bier reinzuziehen, hab die 1,5-liter-mineralwasser-pulle gleich leer. aber das gehört eher in den randbereich in ziggy´s -thread , das thema für mich aber eher zu privat. find ich trotzdem gut, ziggy´s idee...

rülps. das kam vom voll-blubber-wasser.
:)

grüße
hedgi

Ratrace

Zitateure beiden beiträge haben mir das zweite und dritte herzhafte grinsen an diesem tag beschert
Gern geschehen.  ;D
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Kuddel

ZitatDie Barbarei des Normalzustands

Suizid als Klassenkampf? Weil eine bestimmte chinesische Firma das iPad herstellt, fällt es auf, wenn sich ihre Mitarbeiter reihenweise in den Tod stürzen
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32733/1.html

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