Jobcenter-taktik macht schule Kassen setzen externe Berater auf psychisch Kranke

Begonnen von schwarzrot, 13:58:09 Fr. 18.Oktober 2013

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schwarzrot

ZitatTeures Krankengeld: Kassen setzen externe Berater auf psychisch Kranke an

Im Gesundheitssystem hat sich ein neues Geschäftsmodell etabliert: Externe Berater übernehmen für Krankenkassen die Betreuung psychisch Kranker. Ärzte und Datenschützer halten das Vorgehen für problematisch.

Bremen - Das Schreiben seiner Krankenkasse erreichte Johannes K. vor wenigen Wochen. Die AOK Bayern lädt den Münchner darin ein, er soll zu einem "Beratungsgespräch zum Gesundheitsmanagement" kommen.
Kommt mir bekannt vor? Sieht so aus als ob taktiken, die vorher (erfolgreich!) im "Job"center getestet und entwickelt wurden, inzwischen in der freien wirtschaft ankommen...
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Doch der Termin findet nicht etwa bei der Kasse selbst statt. Sprechen soll K. mit einem Mitarbeiter von Ge.on Case Management. Dabei handelt es sich um einen privaten Dienstleister, den die AOK beauftragt hat, um psychisch und chronisch Kranke zu betreuen.

Johannes K., seit Monaten arbeitsunfähig, reagierte ungehalten: "Warum soll ich da hingehen? Das ist doch eine Pseudoveranstaltung." Sein Verdacht: Die Kasse wolle ihn unter Druck setzen, schnell wieder zu arbeiten und damit kein Krankengeld mehr zu kassieren. K. schaltete seinen Anwalt ein. Der bestätigt ihm, dass die Beratung freiwillig ist. Die Kasse kann ihn nicht dazu verpflichten, mit den Ge.on-Leuten zu reden.

K. entschied sich, das Angebot abzulehnen. Damit sei er Teil einer kleinen Minderheit, sagt Susanne Jacobs-Finkelmeier. Sie ist die Chefin von Ge.on Case Management."90 Prozent der von der Kasse angesprochenen Versicherten machen mit und sind dankbar für unser Angebot."
Auch ähnlich: wer sich nicht wehrt, wird zu "ist dankbar für unser angebot" umgedeutet.
Und überhaupt, man will ja nur "helfen".
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Im Jahr betreue Ge.on etwa 10.000 Personen. Nur wenige seien zunächst misstrauisch, ließen sich dann aber doch überzeugen und blieben, so Jacobs-Finkelmeier.

Der Umgang von Krankenkassen mit psychisch Kranken hat in den vergangenen Wochen für Aufregung gesorgt. Betroffene klagen über Sachbearbeiter, die massiven Druck ausüben, Telefonterror und Einschüchterung betreiben. Der Hintergrund ist klar: Es geht ums Geld. Die Kassen versuchen, die deutlich steigenden Krankengeldkosten zu verringern. Wer länger krankgeschrieben ist, hat Anspruch auf diese Leistung der Krankenkassen, deren Höhe sich am zuletzt erhaltenen Gehalt orientiert. Gerade psychische Erkrankungen gehen oft mit längerer Arbeitsunfähigkeit einher. Schätzungen zufolge sind in Deutschland jährlich 2,2 Millionen Menschen wegen psychischer Krankheiten arbeitsunfähig. In den vergangenen 15 Jahren nahm die Zahl der Fälle demnach um fast 150 Prozent zu.

Rein in den Job - raus aus dem Krankengeld

Fast alle Kassen haben deshalb
Krankengeld-Fallmanager eingestellt, zumeist sind ganze Abteilungen für diese besonders teuren Versicherten zuständig. Daneben hat sich eine ganze Branche von Dienstleistern etabliert, die den Kassen versprechen: Wir bringen psychisch Kranke zurück in den Job - und damit raus aus dem Krankengeld.

Wie geschieht das nun? Setzt auch Ge.on die Versicherten unter Druck, nur subtiler, als das beim Telefonterror einiger Kassen geschieht? Jacobs-Finkelmeier weist das vehement zurück. "Wir wollen, dass Patienten alles bekommen, was sie brauchen, um gesund zu werden." Dafür arbeiteten ihre Mitarbeiter - Psychologen, Sozialpädagogen und Ärzte - eng mit dem behandelnden Arzt zusammen. "Der Eindruck der medizinischen Laien ist: Man muss bei psychisch Kranken Druck machen, dann läuft das schon wieder", sagt die Firmenchefin. Doch damit werde "nur das Gegenteil erreicht".

Neben der Kooperation mit den Ärzten setze Ge.on darauf, mit dem Versicherten direkt an seinen Problemen zu arbeiten. Zum Beispiel könne der Berater helfen, Konflikte am Arbeitsplatz zu lösen und das Gespräch mit Kollegen oder Vorgesetzten zu suchen.

"Patienten werden in die Mangel genommen"

Klingt nett, doch Patientenschützer und Ärzte sind skeptisch, was die Arbeit von Dienstleistern wie Ge.on angeht. Ein Mediziner aus München, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen will
Wir sind inzwischen wohl schon so weit im landesweiten angstsystem, dass kritische stimmen, leute die auf missstände hinweisen "ihre namen nicht veröffentlicht sehen wollen".  :(
Zitat, erzählt: "Patienten berichten, dass sie sich unter Druck gesetzt fühlen." Sein Eindruck sei: "Die Menschen werden gleichsam vom Ge.on Case Manager und vom Kassenmitarbeiter in die Mangel genommen."

"Da wird ein subtiler Druck auf die Patienten erzeugt", kritisiert auch Claudia Schlund von der Unabhängigen Patientenberatung (UPD). "Viele fühlen sich genötigt, sich nackt auszuziehen, alles preisgeben zu müssen." Ihre Erfahrung aus der Beratung sei, dass viele psychisch Kranke nicht frei in ihrer Entscheidung seien, mit den Beratern zu reden. "Sie haben Angst vor dem Damoklesschwert Leistungskürzung und machen deshalb mit."
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Jacobs-Finkelmeier kennt diese Kritik. Sie hält sie aber schlicht für unbegründet. Sie kennt auch Kassen, die Versicherte nur unter Druck setzen - ohne großes Interesse an ihrer Genesung. Mit solchen Kassen arbeite Ge.on aber nicht zusammen.

Ein weiteres Problem, das Ärzte und Patientenschützer ansprechen, ist der Datenschutz. Immerhin sammeln die Dienstleister zahlreiche persönliche Informationen über die Patienten und tauschen diese auch mit den Kassen aus. Auch wenn die Versicherten diesem Vorgehen schriftlich zustimmen müssen, sei noch lange nicht klar, dass die Praxis damit wasserdicht sei, sagt eine Sprecherin des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. "Es gibt dafür keine Rechtsgrundlage." Die Sprecherin kündigt eine gründliche Prüfung an: "Wir werden dem nachgehen."
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/kassen-setzen-externe-berater-auf-psychisch-kranke-an-a-928315.html

Dass diese rechtsgrundlage nicht existiert, wird natürlich den betroffenen nicht gesagt.
Kommt mir ebenfalls bekannt vor: Gut gelernt im "job"center-system, da läuft es seit jahren ähnlich!  >:(

Dieser artikel zeigt m.m.n.,
es ist eben nicht so, dass hilfe gegen die zumutungen im "jobcenter" losgelösste "einzel-"hilfsleistungen sind, die nicht wirklich wichtig für das gesamtgesellschaftssystem sind und es reicht, deprimiert in der ecke zu sitzen, wie kuddel es propagiert. Sondern in heutigen "job"centern, genau wie in der praksis wie mit "asylbewerbern" umgegangen wird, werden taktiken erprobt, die danach auch anderswo in der gesellschaft anwendung finden.
Werden solche menschenverachtenden praktiken nicht in der "erprobungsphase" gestoppt, kann man sicher sein, dass diese weiterentwickelt und später auch auf die allgemeinheit losgelassen werden.

Solche taktiken, wie die krankenkassen, an psychisch kranken zu erproben, ist dann noch eine weitere steigerung der rücksichtslosigkeit und menschenverachtung.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

Eivisskat

Die Webseite dieses Betriebes liest sich auch nicht sehr vielversprechend, sondern erinnert mich eher an die eines Maßnahmeträgers oder einer ZA. Bestimmt nicht von ungefähr, wenn von dort die Terminologie, die Sichtweise & die Haltung kommt, wie @schwarzrot so richtig schreibt.

Allein die Fotos sprechen Bände (für mich): wenn "Betriebswirtschaftler" nun Kranke und obendrein psychisch Kranke beackern, dann kann da einfach keine Heilung bei herauskommen, ganz im Gegenteil.

Aber vielleicht ist genau das so gewünscht, neben der erstrebten Kostenreduzierung für die KK... ::)



http://www.geon-cm.de/index.php?id=301

http://www.geonteam.de/index.php?id=100




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