Statement des Projekt31 zum fragwürdigen Polizeieinsatz am 20.02.2019

Begonnen von counselor, 13:08:15 So. 03.März 2019

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

counselor

ZitatStatement des Projekt31 zum fragwürdigen Polizeieinsatz am 20.02.2019

Um sechs Uhr morgens des 20. Februar 2019 standen etwa dreißig vermummte Polizist*innen des USK, in Begleitung des Staatsschutzes, sowie der Sonderkommission Graffiti, mit zwei Durchsuchungsbeschlüssen bei uns im Hof. Die Durchsuchungsbeschlüsse waren für eine Wohnung oberhalb des Projekt31 und für die Vereinsräumlichkeiten des ,,Alternative Kultur Nürnberg e.V." selbst.

Laut Beschluss diente eine ,,bemalte Wand" in der Südstadt als Begründung für die Durchsuchung. Der angebliche Täter soll über dem Projekt31 wohnen und da sich diese Person, nach Kenntnis der Polizei, häufiger in den Vereinsräumen aufhalten soll, wurden diese unter dem Verdacht Indizien zum Tatvorwurf zu finden ebenfalls durchsucht.

Diese konstruierte Begründung zur Durchsuchung eines selbstverwalteten Jugend- und Kulturzentrums erscheint mehr als fragwürdig. Zwangsläufig drängt sich die Frage auf, ob in Zukunft auch eine Bäckerei von solchem polizeilichen Vorgehen betroffen sein wird, weil eine beschuldigte Personen dort ab und zu Kaffee trinkt?

Die Hausdurchsuchung schien für die Beamt*innen von großem Erfolg gekrönt zu sein. Es wurden in den Vereinsräumen sage und schreibe 28 Aufkleber beschlagnahmt und die kompletten Räumlichkeiten abfotografiert, sowie Skizzen unserer Räume und deren Aufteilung angefertigt.

Diese ganze Aktion von Seiten der Polizei ist für uns nicht hinnehmbar und das aus mehreren Gründen:

1. Verhältnismäßig?

Zum einen steht die Durchsuchung, beziehungsweise der gesamte Einsatz der Polizei an diesem Tag, in unseren Räumen und der Wohnung des Beschuldigten in keinerlei Verhältnis zum Vorwurf einer Sachbeschädigung in Höhe von 1000 Euro. Ganz zu Schweigen vom hohen Sachschaden den die Polizei verursacht hat um in die Wohnung des Beschuldigten einzudringen. Insgesamt wird sich der Schaden im Gebäude, nach erster Einschätzung, auf einen fünfstelligen Betrag beziffern lassen.
Eine Verhältnismäßigkeit, auf die sich der Durchsuchungsbeschluss beruft und eigentlich eine Voraussetzung für die Durchsuchung darstellt, ist das mit Sicherheit nicht.

2. Zutritt über Wohnung eines unbeteiligten Nachbarn

Des Weiteren wurde sich der Zutritt zur Wohnung des Beschuldigten über die Wohnung eines Nachbarn geschaffen. Für das Eindringen in diese Wohnung gab es keinen Durchsuchungsbeschluss. Trotzdem stürmten die Beamt*innen über die Dachterrasse in die Wohnung, brachen seine Glastüre auf, drohten ihm und hinterließen eine verwüstete Wohnung und einen schockierten Bewohner. Neben der traumatischen Erfahrung, von bewaffneten vermummten Polizist*innen aus dem Schlaf gerissen zu werden, mit der er nun umgehen muss, muss er sich zudem selbst um die Instandsetzung seiner Wohnung kümmern.

3. Außenwirkung auf das Projekt31

Das Projekt31 ist ein Raum, in dem jenseits von gesellschaftlichen Zwängen und Diskriminierungen, Jugend- und Kulturarbeit selbstverwaltet organisiert wird. Neben Veranstaltungen und Vorträgen zur politischen Bildung, finden Konzerte und Lesungen statt, es gibt gekochtes Essen auf Spendenbasis, Foodsharing, einen Umsonstladen, und viele weitere Angebote. Damit ist das Projekt31 einer der wenigen unkommerziellen Orte, an dem auch Menschen die nicht viel Geld haben, Gemeinschaft, Teilhabe und Kultur erleben können.
Dabei ist es für uns als selbstverwalteter subkultureller Raum wichtig ein Sicherheitsgefühl für unsere Besucher*innen zu vermitteln und dieses Gefühl auch selbst zu erfahren, denn die gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse sind schon beängstigend genug.
Es ist schwierig, Menschen die auf uns zukommen und alternative Kultur entdecken möchten, zu erklären warum unsere Räumlichkeiten von der Polizei durchsucht wurden. Der Einsatz führt zur Kriminalisierung unseres Raumes, der dort gelebten Ideale, und all derer, die mit dem Projekt31 in Verbindung stehen. Die jahrelange ehrenamtliche und gesellschaftlich wertvolle Arbeit, vor allem aber die Beziehung zu unseren Nachbar*innen, wird durch solche Maßnahmen untergraben und zu Nichte gemacht.

Durch Gesetzesänderungen wie zum Beispiel der Verschärfung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG), darf die Polizei inzwischen Dinge tun, die bisher als undenkbar galten. Die Durchsuchung unserer Räume reiht sich in eine staatliche und polizeiliche Praxis ein, welche subkulturelles Leben bewusst kriminalisiert.

Wir müssen den Vorfall ersteinmal aufarbeiten und die erste Schockstarre der Durchsuchung abschütteln. Natürlich lassen wir uns dadurch nicht unterkriegen. Wir stehen weiterhin für selbstverwaltete alternative Kultur und für ein solidarisches Miteinander.

Unsere Solidarität gilt auch den anderen Betroffenen der polizeilichen Maßnahme.

Achtet auf weitere Ankündigungen!

Bis demnächst im Projekt31!

Quelle:

https://www.facebook.com/projekt31/posts/2180833508676560
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

  • Chefduzen Spendenbutton