Job-Anzeige entpuppte sich erst später als Leiharbeitsstelle!

Begonnen von Frieden2001, 00:06:24 Mo. 16.Dezember 2019

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Frieden2001

Ich hatte mich online bei einer großen Firma beworben (mehrere zehntausende Mitarbeiter in Deutschland). Die Stelle wurde auf indeed.com angeboten. In der Stellenbeschreibung las sich alles ganz gut, also bewarb ich mich bei der Firma. Als ich dann beim Vorstellungsgespräch war, entpuppte sich die Stelle als Zeitarbeit! Es wurde zuvor nirgends auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verloren und geschrieben, dass es sich hier um Arbeitnehmerüberlassung handeln würde! Es stand absolut NICHTS davon in der Stellenanzeige! Ich wusste nicht mal, dass dieses Unternehmen eine INTERNE Zeitarbeitsparte hat! Ich frage mich nun, ob die Mehrheit der Leute dort auch nur Zeitverträge haben? Das wäre ungefähr so, als wenn ich bei Daimler, Bosch, Siemens bewerbe und mir dann beim Einstellungsgespräch gesagt wird, dass es Zeitarbeit ist, der Vertrag aber trotzdem direkt mit der Firma geschlossen wird. Ich wusste schon immer, dass viele Jobs nur noch über die elende Zeitschiene laufen/zu bekommen sind, aber dass es auf dem Arbeitsmarkt echt so ekelhaft sein würde, hätte ich nicht gedacht! Kann mir jemand genau erklären, um was es sich hierbei handelt?

Tiefrot

Deine Frage werde ich wohl nicht abschließend beantworten können,
aber es ist mittlerweile gängige Praxis, alles über Sklavenhändler abzuwickeln.
Es ist dermaßen selbstverständlich geworden, das darüber keiner mehr ein Wort verliert.  >:(
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet Facebook ab !

Onkel Tom

Große Firmen machen das sehr gern neue Mitarbeiter über eine Tochterfirma,
ein zu stellen wie z.B. bei der Deutschen Bahn = "DB Zeit" der Fall ist. Anbei geht
es darum, Kündigungsschutz und weitere Dinge, die zu Gunsten des Arbeitnehmers
stehen, zu unterwandern.. Bei der DB werden Neueinsteiger_innen die ersten zwei
Jahre über DB Zeit eingestellt und wenn sie sich im Job gut machen, über die DB
selbst fest eingestellt.

Das ist noch eine "milde Form", wo Leiharbeit zwichengeschaltet ist. Gibt bestimmt
auch große Firmen, die sich dauerhaft auf diese Weise präkarisierte Mitarbeiter_innen
halten..

Um Leiharbeit zu verhindern, liegt es schon an dem Bewerber selbst, zu Anfang die
Aufnahme seiner Bewerberdaten in Leiharbeits-Datenpools zu untersagen.
Gerade die mittelständigen und kleinen Leihbuden betrachten ihre Datenpools als
Kapital des Nachschub an.. Somit ist es auch möglich, das Bewerber auch nach
Jahren eines Vorstellungsgespräch von einer Leihbude zu einen Job belästigt werden,
den man eigendlich nie haben wollte..

Datensparsamkeit ist hier zu Gunsten des Bewerber ein Muss, damit sich nicht später
eine Falle auftut. Manche Leihbuden maßen sich anbei sogar an, den Bewerber, der
einen anderen Job ablehnt, auf dem er sich nicht bewarb, beim JC an zu schwärzen.

Große Leihbuden machen davon regen Gebrauch.

Leute, die in solch Einstellungsfallen geraten sind, sollten m.E. den Schraubenschlüssel
in das Getriebe fallen lassen.

Leiharbeit verbieten !

Lass Dich nicht verhartzen !

Frieden2001

Danke für eure bisherigen Antworten. Normalerweise würde ich mich auch nicht darauf einlassen, aber 2016 hatte ich nach meiner gescheiterten Gesellenprüfung als Gärtner eine tiefe und lange Downphase. Man kann meine lange Geschichte noch in meinen alten Beiträgen von damals nachlesen. Mittlerweile ist leider auch die Frist abgelaufen, in der ich die Prüfung noch hätte nachholen können, ohne alle Prüfungsteile erneut machen zu müssen. Problem: Ich bin komplett aus dem Beruf raus. Ich habe so vieles vergessen und müsste es neu lernen. Somit stünde ich bei einem neuen Prüfungsanlauf (den ich selbst zahlen müsste) gänzlich auf verlorenem Posten.

Frage: Gibt es eine Möglichkeit, dass ich irgendwie noch an einen Gesellenbrief kommen kann? Es muss auch nichts mit dem letzten Beruf als Gärner zu tun haben. Ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist es echt schwer, an "ordentliche" Jobs ranzukommen, es bleiben nur prekäre Stellen übrig - Zeitarbeit, befristete Stellen usw. Ich bin schon 37, also ein eher untypisches Alter für eine erneute Ausbildung. Ich habe, mehr oder weniger, die Zeit von 2013 bis 2016 umsonst gelernt. Ich stehe genauso da, wie vorher. Meine ehemalige Chefin ist auch schon lange nicht mehr im alten Betrieb, die macht jetzt was anderes, aber wirklich helfen kann sie mir auch nicht. Meine ehemalige Klassenlehrerin in der Berufsschule lebt nicht mehr in Deutschland, weil ihr Mann berufsbedingt ins Ausland versetzt wurde.

Kann ich bei der Agentur für Arbeit irgendwie, irgendwas abklopfen? Ich bin erst seit kurzer Zeit wieder psychisch stabil. Ich war von Mitte 2016 bis eigentlich jetzt durchgehend nicht belastbar, aufgrund meiner leider kranken Psyche (Angststörungen, Hypochondrie, Panikattacken, chronische Nervosität). Kann ich da irgendwas angehen? Gibt es Ausbildungsberufe, bei denen ich noch Chancen habe? Selbst im Idealfall wäre ich bei einem Abschluss bereits über 40. So viel Zeit habe ich auch nicht mehr, leider. Ich könnte mir so sehr dafür in den Hintern beißen, nicht mehr aus meinem Leben gemacht zu haben!

:(

Onkel Tom

Um den Gesellenbrief näher zu kommen, alle Eintragungen zur bereits absolvierter
Berufsausbildung aus der Handwerksrolle auf Papierform geben lassen, sowie
Berufschulkram vom Schulamt anfordern..
Villeicht dazu von einen Betrieb als Lehrling anheuern lassen. ?

Du erinnerst mich an meine eigenen 40zig. Die Eigenbillanz, mit dem, was man
(eigendlich schon als Kind) wollte, zu dem, was man erreicht hat und wo man
künftig noch hin will ?.. begegnet wohl jeden oder ?

Habe auch nicht das erreicht, was ich eigendlich wollte, habe mich jedoch ab 40
darauf begonnen zu konzentrieren, was mir schon als junger Bub gefallen hat..
Lohn und Brot hat es mir nicht gebracht, aber ein sinvolles Dasein..
Lass Dich nicht verhartzen !

Frieden2001

Zitat von: Onkel Tom am 17:30:42 Di. 17.Dezember 2019
Um den Gesellenbrief näher zu kommen, alle Eintragungen zur bereits absolvierter
Berufsausbildung aus der Handwerksrolle auf Papierform geben lassen, sowie
Berufschulkram vom Schulamt anfordern..
Villeicht dazu von einen Betrieb als Lehrling anheuern lassen. ?

Ich habe ja noch alle Unterlagen im Berichtsheft abgeheftet. Zeugnisse, Tagesberichte, Scheine... Kann ich die Scheine und Zeugnisse fotokopieren und dann als Nachweis nutzen? Das Berichtsheft wiegt halt einiges, ist ziemlich sperrig.

Tiefrot

Falls du Faxmaschine hast (oder jemanden fragen kannst), sparst du dir das Rumtragen.
Billiger ist dieses Verfahren obendrein.
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Onkel Tom

Die Berichtshefte blos nicht vernichten..
Falls Du ein Betrieb finden solltest, wo Du z.B. eine verkürzte (2 Jahre) Lehre
fortsetzen kannst, sind die Berichtshefte als "Vorbildungsnachweise" wichtig..

Wenn deine berufliche Vorbildung auch wirklich deine Begabungen befriedigt,
würde ich entsprechende Betriebe abklappern, wo das Erreichen des Facharbeiter-
brief möglich ist. Kleinbetriebe freuen sich auf Lehrlinge, die schon Fachliche
Vorbildung mitbringen.

Das ganze natürlich ohne jegliches Gehabe vom JC.. Die versauen eher alles..
JC darf das erst dann wissen, wenn Ausbildungsvertrag bei der Innung als
gültig bestempelt ist (Erneuter Eintrag in die Rolle)..

Bildung geht ja laut heutiger Medieninfos vor.. Kann mir nicht vorstellen, das das
JC dir die Fortsetzung deiner Berufsausbildung versauen würde.. Klaro, das erst
die Meldung von Veränderungen der persönlichen Verhältnisse raus geht, wenn
alles unter Dach und Fach, beziehungsweise besiegelt ist..

Habe meine Lehre erst mit 26 begonnen und saß mit Schülern ab 15 auf der
Schulbank.. Dort traf ich aber auch jemand an, der schon 42 war..

Hab nur Mut..  ;)
Lass Dich nicht verhartzen !

Tiefrot

So ist es. Für eine Lehre ist man nie zu alt.
Danach allerdings oft, wenn man in dem Beruf auch arbeiten will.  >:(
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Onkel Tom

Naja, der Empfang des Gesellenbrief bei der Abschlussfeier fördern Selbstwertgefühle
ungemein und das ist allein schon die Mühen des Lehrlings ähm Auszubildenden wert.

Ich gehöre zu den geburtenstarken Jahrgängen und habe damals den Horror um das
"Eine Lehrstelle finden" mitmachen müssen..
Als einfacher Betriebschlosser bei einem Betreiber des öffentlichen Nahverker beworben.
Für 6 offene Lehrstellen wurde ein Bewerbungsverfahren angewannt, wo man sich gleich
jeglicher Hoffnungen knicken konnte.
Über 2x Vier-Stunden Eignungstest eiferten 300 Bewerber_innen ihrem Glück hinterher..

Berufsvorbereitungsjahr als Lückenbüßer und Statistikbeschöniger war mit in der Runde
und so konnte ich mich den Umständen entsprechend nur als "Hiwi", (Sorry für das Wort
Hiwi. So wurden damals Hilfsarbeiter_innen abwertend umgangssprachlich benannt)
"auf dem Arbeitsmarkt behaupten"..

Jo, 10 Jahre von allen Seiten, sogar von der Verwanntschaft zu hören kriegen "Du bist
nix.. Du kannst nix.. Gibt nix mit Anerkennung oder Aktzeptanz.." machte ganz schön
fertig un ich glaube, das bei  Frieden2001 ähnliche Problematik anliegt..

Von daher stelle ich hier die Hoffnungen auf Lohn und Brot bei Seite.. Zieht in heutigen
Zeiten nur runter..

Im tiefen Tal des beruflichen Erfolges verstärkte sich in mir der Wille mich selbst darin
zu beweisen, das ich doch was kann und so.. Klaro, das ich mit meinem Tischlerschein
endlich die diffamierenden Mäuler in meinem sozialem Umfeld stopfen konnte.  :D

Zum Zustandekommen und "Leben als Lehrling" kam es mir schon wie ein Wunder rüber,
weil ich genau den richtigen Famielienbetrieb erwischte, wo ich besonders gut rein passte.

Mein Lehrlingslohn war bis auf dessen pünktlichen Eingang auf mein Konto eher
nebensächlich.. (Mutti bimmelte sofort an der Familienkriesenglocke rum, wenn sie auf
dem ersten des Monat meine Haushaltsbeteiligung nicht in den Fingern hatte. War Nerv-
tötend..)

Aber ansonsten stellte ich fest, das ich gerade mein Traumberuf entdeckte und erlerne..
Holz ist töfte und habe nach der Lehre mich auf Montage begeben. Da ich die Abwechslung
mag, landete ich auch als Mitarbeiter zu den Veranstaltungen der "Kulturhauptstadt 1996"
in Luxemburg.. Hatte schon was, 6 Wochen "im Grund" zu leben und arbeiten..

Nach ca. 3 Jahren bereitete mir eine Knochenkrankheit meiner Berufsausübung ein Ende  :(

Ich glaube, Frieden2001 würde die Austellung eines Facharbeiterbrief ganz gut tun  ;)

@Frieden
Nun habe ich so viel von meinen Erfahrungen geschrieben.. Liege ich bei dir da richtig,
was da vom Gemüt her betrachtet anliegen könnte ? Was meinst Du dazu, wie es bei dir
weitergehen könnte ?

M.s.G. Tom  ;)
Lass Dich nicht verhartzen !

Frieden2001

Zitat von: Onkel Tom am 13:43:00 Do. 19.Dezember 2019
Naja, der Empfang des Gesellenbrief bei der Abschlussfeier fördern Selbstwertgefühle
ungemein und das ist allein schon die Mühen des Lehrlings ähm Auszubildenden wert.

Ich gehöre zu den geburtenstarken Jahrgängen und habe damals den Horror um das
"Eine Lehrstelle finden" mitmachen müssen..
Als einfacher Betriebschlosser bei einem Betreiber des öffentlichen Nahverker beworben.
Für 6 offene Lehrstellen wurde ein Bewerbungsverfahren angewannt, wo man sich gleich
jeglicher Hoffnungen knicken konnte.
Über 2x Vier-Stunden Eignungstest eiferten 300 Bewerber_innen ihrem Glück hinterher..

Berufsvorbereitungsjahr als Lückenbüßer und Statistikbeschöniger war mit in der Runde
und so konnte ich mich den Umständen entsprechend nur als "Hiwi", (Sorry für das Wort
Hiwi. So wurden damals Hilfsarbeiter_innen abwertend umgangssprachlich benannt)
"auf dem Arbeitsmarkt behaupten"..

Jo, 10 Jahre von allen Seiten, sogar von der Verwanntschaft zu hören kriegen "Du bist
nix.. Du kannst nix.. Gibt nix mit Anerkennung oder Aktzeptanz.." machte ganz schön
fertig un ich glaube, das bei  Frieden2001 ähnliche Problematik anliegt..

Von daher stelle ich hier die Hoffnungen auf Lohn und Brot bei Seite.. Zieht in heutigen
Zeiten nur runter..

Im tiefen Tal des beruflichen Erfolges verstärkte sich in mir der Wille mich selbst darin
zu beweisen, das ich doch was kann und so.. Klaro, das ich mit meinem Tischlerschein
endlich die diffamierenden Mäuler in meinem sozialem Umfeld stopfen konnte.  :D

Zum Zustandekommen und "Leben als Lehrling" kam es mir schon wie ein Wunder rüber,
weil ich genau den richtigen Famielienbetrieb erwischte, wo ich besonders gut rein passte.

Mein Lehrlingslohn war bis auf dessen pünktlichen Eingang auf mein Konto eher
nebensächlich.. (Mutti bimmelte sofort an der Familienkriesenglocke rum, wenn sie auf
dem ersten des Monat meine Haushaltsbeteiligung nicht in den Fingern hatte. War Nerv-
tötend..)

Aber ansonsten stellte ich fest, das ich gerade mein Traumberuf entdeckte und erlerne..
Holz ist töfte und habe nach der Lehre mich auf Montage begeben. Da ich die Abwechslung
mag, landete ich auch als Mitarbeiter zu den Veranstaltungen der "Kulturhauptstadt 1996"
in Luxemburg.. Hatte schon was, 6 Wochen "im Grund" zu leben und arbeiten..

Nach ca. 3 Jahren bereitete mir eine Knochenkrankheit meiner Berufsausübung ein Ende  :(

Ich glaube, Frieden2001 würde die Austellung eines Facharbeiterbrief ganz gut tun  ;)

@Frieden
Nun habe ich so viel von meinen Erfahrungen geschrieben.. Liege ich bei dir da richtig,
was da vom Gemüt her betrachtet anliegen könnte ? Was meinst Du dazu, wie es bei dir
weitergehen könnte ?

M.s.G. Tom  ;)

Onkel Tom, du hast da schon einiges angesprochen, was mich sehr bewegt und auch schwer zu schaffen macht. Als ich 2016 über die Website des hiesigen Regierungspräsidiums (die sind bei uns in Baden-Württemberg für die Durchführung der Prüfungen der Gärtner zuständig - die IHK hat mit Gärtnern null komma null zu tun) erfuhr, dass alle erfolgreichen Prüflinge zur Übergabe der Gesellenbriefe nach Rechberghausen eingeladen werden, überkam mich innerlich große Trauer, aber auch Wut. Wut auf die Prüfer, aber auch auf mich selbst. Ich habe mich drei Jahre schinden lassen - und es war teilweise echt nicht ohne, weil ich mir fast den Rücken ruinierte. Habe u.a. schwere Muschelkalksteinblöcke in der Gegend herumgedreht, aufeinandergestapelt (Natursteinmauerbau), echt viele viele Arbeiten in gebückter, kniender Haltung. Habe mir einmal sogar einen Finger gequetscht und fiel darauf hin 6 Wochen aus. Solche schlimmen Schmerzen hatte ich in meinem Leben noch nie! Habe mit einem, an manchen Tagen, schlechtgelaunten Ausbilder zu kämpfen gehabt, wurde hier und da als Fahrer missbraucht, weil ich einen Führerschein habe. Habe erst viel später erfahren, dass die Ausbildungsberechtigung für den Betrieb eigentlich schon längst hätte entzogen werden sollen, weil die Qualität und das Equipment im Betrieb in keinster Weise den Ansprüchen einer guten Ausbildung entsprachen.

Ich habe nach der Ausbildung bewusst den Kontakt zu allen Leuten abgebrochen, mit denen ich in den drei Jahren zu tun hatte, weil da einige schwarze Schafe drunter waren. Momentan bemühe ich mich hauptsächlich um irgendeine Arbeit, damit ich etwas Geld habe. Ich habe aber keinen blassen Schimmer, ob und wie ich noch an einen Gesellenbrief kommen könnte. Mir hilft ja keiner. Ob ich es vielleicht in einem ganz anderen Beruf neu versuchen sollte ... Habe gehört, dass händeringend Pflegekräfte gesucht werden, aber ob das überhaupt was für mich wäre? Man hört ja eigentlich nur Schlechtes über diese Branche.

Vor ein paar Monaten hatte ich kurz Kontakt mit meiner ehemaligen Chefin, die ein halbes Jahr vor meiner gescheiterten Prüfung den Betrieb verließ. Sie konnte mir auch nicht viel helfen. Sie wollte Kontakt zu einem anderen Sozialunternehmen aufbauen, aber die stellen keine Leute ein, aber selbst dann nur mit der Zusage einer Förderung von der Agentur für Arbeit oder der Rentenversicherung. Da kam ich also auch nicht unter. Eine Förderung kann ich vergessen, weil ich aufgrund meiner langen Krankheitsphasen auf nicht genug Anwartschaftszeiten komme. Und die Agentur für Arbeit würde mich sowieso nur in Zeitfirmen vermitteln. Es heißt zwar immer, Bildung gehe vor, aber ich habe bisher immer nur erlebt, dass man einen lieber irgendwo parkt/abstellt, statt mal konkret ihm eine Qualifizierung oder Weiterbildung anzubieten.

Jener Tag im Juli 2016 hätte einer der schönsten meines Lebens werden können, wenn ich endlich endlich diesen verdammten Gesellenbrief in den Händen hätte halten können. Ich habe das Gefühl, diesen Makel nie wieder loszukriegen. Stattdessen war es einer der schlimmsten Tage meines Daseins, den ich nie nie wieder vergessen werde. Das Gefühl, immer und immer wieder abgelehnt zu werden hat mich sehr geprägt. Ich habe ein sehr geringes Selbstwertgefühl, trete sehr unsicher gegenüber anderen Menschen auf, und und und ... Diese Gesellschaft definiert sich leider zu sehr über Arbeit, Abschlüsse, Zertifikate und Zeugnisse. Da habe ich keine Chance, weil ich immer den Stempel des Versagers aufgedrückt bekomme! Es ist einfach nur schrecklich. Ein Schrecken ohne Ende!!

Edit: Ich schaue gerade nebenher nach Stellen im Internet. Leider fällt mir immer wieder auf, wie wichtig eine abgeschlossene Berufsausbildung ist. Habe mich bei der Deutschen Bahn umgeschaut, aber dort sind besonders die Jobs, die ich mir vorstellen könnte, an die Einstellungsbedingung gekoppelt, dass man eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen kann. Durch diesen nicht vorhanden Schein, werden mir viele Türen verschlossen bleiben. Das zerrt gerade ziemlich an meinen Nerven.

Onkel Tom

Zu deinen ehemaligen Lehrbetrieb kann man wohl nur sagen "Leider die Arschkarte gezogen".

Bei mir stand zwei mal die Fortführung der Berufsausbildung in Gefahr. Anhand meiner Vorerfahrungen
dachte ich auch panisch "Warum muss das ausgerechnet jetzt sein, das neue Auflagen für die Absaug-
anlagen umgesetzt werden müssen, sonst Laden dicht ?" Irgendwie hat mein Meister das geschafft, die
"Zwangsinvestition" nach 3 Wochen doch auf die Reihe zu bekommen und meine Lehre konnte weiter
gehen.. Das 2 te Mal der Abbruchgefahr war ein halbes Jahr vor der Prüfung wegen Flaute in den
Auftragsbüchern. Ein großer Stammkunde fiel weg.. Im Januar beschäftigten wir uns mehr in der
Werkstatt als drausen auf Baustellen.. Das Gejammer, das Leute entlassen werden müssen, belastete
enorm.. Wie der Zufall das so wollte, war mein Bruder irgendwo in Hessen auf Montage, rief mich an und
sagte "Ihr habt doch momentan Flaute.. Ich habe da ein Auftrag, der die nächste Zeit euren Laden sichert".

Ok, er brachte zum Wochenende ein dicken Papierstapel mit.. Holzverkleidungen für Außenwände der
Häuser in einer Seniorenwohnanlage im Wert von ca. 3,2 Millionen DM.

Den Montag darauf bei der Morgenbesprechung rund um die auf Holzböcken aufgelegtem Türflügel werde
ich nie vergessen.. Gab wieder mal weniger Arbeitseinteilung morgens und da sprach ich unseren Meister
darauf an und legte den Papierbrummer auf dem Tisch.. Den Leuten fielen fast die Augen aus, wie sie
beim Blättern bemerkten, um was es ging und vor allen Dingen staunten sie darüber, das sowas
"ausgerechnet" von einem Lehrling kommen kann ?.. Solange der Gesellenbrief nicht auf Tasche ist, hält
man vom Lehrling auch nix.. Meister sagte dazu, das er das anschauen müsste und dann mal sehn..

Nach dem 4ten Tag sagte Meister dazu "Kann ich nicht bewerkstelligen und mir fehlen dazu Kapazitäten".
Hmm.. Warum den Auftrag nicht im Verbund von mehreren Tischlereien wuppen ?.. Meister lehnte ab
aber von ihm war in mein letztem halben Jahr nix mehr von "Laden schließen" zu hören.. Ging dort auch
teilweise ganz schön Werner Brösel mäßig ab..

Ich habe also in der Lehre mehr unter der Angst gelitten, das die Lehre vorzeitig abgebrochen werden
müsste.

Da Du auch Probleme mit deinen Greten bekamst, könnte ein Pflegeberuf zu erlernen auch ins Deaster
führen.. Traust Du dir das zu, mal ebend 80 kg old Man vom Rollstuhl in die Badewanne zu hiefen ?

Das Gärtnern ist doch viel mit Kreativität und Kunst verbunden.. Könntest Du da Ansatz für einen Neustart
finden ?
Dort einsteigen zu wollen, was gerade mal "brummt", hauptsache Lappen auf Tasche zu bekommen, ist
auch nicht das ideale. Ich würde an deiner Stelle in die Kindheit zurück gehen und erforschen, was da
Spaß machte und ob sich dies nun beruflich verbinden lässt.
Schließlich stehst Du ja gerade in der Gedankenzwickmühle "Was will ich noch erreichen ?"..

Wenn dir das gärtnern lag, ewentuell ein Laden finden, die sich auf etwas besonderes im GaLa- Bereich
speziallisiert haben ?

Das Problem an solcher Bewältigung ist "das Geld", von dem man sich auch relativ flott vom Weg
"Das wäre tätigkeitsmäßig das richtige für mich" ablenken lässt und ein Berufszweig einschneidet, der
später nur Reue einbüßt..

Ja, das gibbet leider auch, was ich mit meinem letzten Lappen a la Quallitätsprüfer erfahren musste.
Hätte ich zu Begin dieser Ausbildung gewusst, das Quallitätsprüfung gar das Arbeitsverhältnis eines
Kollegen kosten könnte, weil er z.B. seine Maschiene falsch eingestellt hat, hätte ich mir die Ausbildung
gleich sparen können.. Anscheißertum liegt mir nicht, hasse es und so ließ ich die ausübung des Beruf
gleich ganz bleiben.. Darauf folgte wiedermal die scheiß Leiharbeit  :(

Von daher, gerade in dieser "40ziger Lebenskriese" ist es wichtig, sich anbei nicht zu verrennen und
genau überlegen was der richtige Beruf ist.. Der Zug ist bald abgefahren aber noch nicht ganz..
Auf die letzten Waggons kann man noch aufspringen.. Die Hände musst Du von der bremsenden
Hand des JC fern halten, da Du sonst das nötige Tempo und die Motivation nicht bekommst, auf
diesen Zug aufspringen zu können..

Ich hoffe, das Du diesbezüglich "traditionell konventionell" eine Lehrstelle oder Fortsetzung deiner
letzten Berufsausbildung finden kannst..

Mach dir mal dazu Gedanken und es würde mich freuen, später zu erfahren, was dir vorschwebt.

Um diese AG-Krampen von Leiharbeit vom Pelz zu halten, schaue dich mal im Elo-Forum um.
Dort gibt es auch das interesannte Thema, "sich richtig zu bewerben" wo man garnicht hin will  ;)

Lass Dich nicht verhartzen !

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