Radikalkritik an der Institution Polizei

Begonnen von Kuddel, 12:31:08 Fr. 03.Juli 2020

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Kuddel

Die Diskussion ist überfällig. Der Freitag liefert zwei gute Diskussionsbeiträge:

ZitatIn den Diskussionen über Polizeigewalt und Rassismus hilft es nicht, zu betonen, es gäbe bloß einige ,,schwarze Schafe". Wir müssen die Institution radikal kritisieren

Reformierung oder Abschaffung? Teil 1
https://www.freitag.de/autoren/julius-wolf/reformierung-oder-abschaffung-teil-1

Reformierung oder Abschaffung? Teil 2
https://www.freitag.de/autoren/julius-wolf/reformierung-oder-abschaffung-teil-2

counselor

Die Forderung nach einer Abschaffung der Polizei halte ich für richtig. Allerdings nicht unter kapitalistischen Bedingungen, denn da würden die Eigentümer an Produktionsmitteln und Großgrundbesitzer private Sicherheitsdienste mit ihrem Schutz beauftragen. Nur unter den Bedingungen einer von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gesellschaft wäre die Abschaffung der Polizei sinnvoll.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

Ein lesenswerter Artikel:

ZitatNeutral gibt es nicht
Polizei Ist sie noch eine demokratische Institution – oder ist sie schon Instrument nationaler Identität?


(...)Stellen wir uns vor, und in den USA ist dies ja nicht so abwegig, demokratisch-kapitalistischen Gesellschaften ständen ,,bürgerkriegsähnliche Zustände" bevor. Dann existiert keine neutrale Polizei mehr, sie wird entweder zum Instrument der einen oder der anderen Seite, oder sie selbst spaltet sich: in Polizisten, die im Namen von ,,Black Lives Matter" niederknien, und andere, die ihre Waffen auf die Demonstrierenden richten. Eine sich auf diese Weise spaltende Gesellschaft riskiert es, ihre Polizei zu einer Bürgerkriegsarmee zu machen – und die faschistischen Gruppierungen in der Polizei, von denen nun einige aufgeflogen sind, haben ihre Wahl vorauseilend getroffen: als Brückenkopf für einen faschistischen Polizeistaat, der verspricht, ihre Arbeit leicht zu machen.(...)
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/neutral-gibt-es-nicht

Kuddel

ZitatDrogenskandal bei Münchner Polizei – mittlerweile 30 Beschuldigte
Kokain, extremistische Chats, Körperverletzung: Der Skandal um die Münchner Polizei weitet sich aus – es geht längst nicht mehr ausschließlich um Drogen.


Inzwischen zählen die Ermittler nun 26 Beschuldigte aus dem Polizeipräsidium München, ein Schwerpunkt ist die Polizeiinspektion 11 in der Altstadt. Zwei weitere Beschuldigte sind Angehörige der Bayerischen Bereitschaftspolizei, je ein Tatverdächtiger gehört zum Polizeipräsidium Oberbayern Nord und zum Polizeipräsidium Schwaben Nord.

»Der Ermittlungsschwerpunkt liegt weiterhin auf den Verstößen nach dem Betäubungsmittelgesetz«, heißt es in einer LKA-Mitteilung. Gegen einzelne Beschuldigte werde zudem wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt, der Verfolgung Unschuldiger, der Körperverletzung im Amt und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/muenchen-drogenskandal-bei-polizei-mittlerweile-30-beschuldigte-a-a59419eb-b24c-499a-b183-736d894139f3


https://youtu.be/o4AqjHxqcRo

Kuddel

Zitat Polizeigewalt gegen schwarze Jugendliche
Polizei im Ausrastezustand

Die Hamburger Polizei nimmt einen schwarzen Jugendlichen fest, nachdem dieser eine Rede gegen Polizeigewalt gehalten hatte.
https://taz.de/Polizeigewalt-gegen-schwarze-Jugendliche/!5761065/

Einzelfälle? Die Polizei ist insgesamt von Rassimus und rechten Tendenzen durchzogen.
Das muß endlich öffentlich thematisiert werden!

Kuddel

ZitatFrieden für die Obrigkeit

Die europäische Polizei wurde nicht geschaffen, um Gefahren abzuwenden, sondern um verarmte Massen zu kontrollieren



Eine der ersten Aufgaben der Polizei war es, dafür zu sorgen, dass die Leute arbeiten, statt angenehmere Dinge zu tun. Easter Ross Division der Ross and Cromarty Constabulary, Schottland 1914.

(...)
https://www.akweb.de/gesellschaft/die-geschichte-der-polizei-in-europa/

Kuddel

Endlich kommt die grundsätzliche Infragestellung der Institution Polizei in den bürgerlichen Medien an:

ZitatPolizeiskandal in Hessen: ,,Wir reden von organisierten Nazis"

Es ist zunehmend schwer, nicht zynisch zu werden. Opfergruppen und Betroffenen-Initiativen haben seit Jahrzehnten darauf hingewiesen, dass es Rechtsextreme und Rassismus in der Polizei gibt, insofern ist das keine Überraschung. Trotzdem lassen mich solche Nachrichten natürlich nicht kalt. Zumal dieser neue Fall enorme Ausmaße hat, allein quantitativ, aber auch qualitativ, weil es um das hochgerüstete Spezialeinsatzkommando geht und die Leute in diesen Gruppen ja offenbar sowohl ideologisch gefestigt, als auch gut vernetzt und organisiert sind.

(...) Ebenso bedrohlich wie diese Nazis ist das breite Umfeld, in dem Rechtsextremismus gedeihen kann und von dem er gedeckt wird. Und drittens: Natürlich legen diese Polizisten ihre politische Einstellung im Alltag nicht ab. Es ist für die Demokratie gefährlich, wenn die Exekutive von Nazis unterwandert wird. Und es ist auch extrem gefährlich für Menschen, die täglich mit diesen Polizisten konfrontiert sind, vor allem für migrantische Leute, People of Color, Wohnungslose, Drogennutzer:innen. Rechtsextreme Polizisten sind für diese Menschen eine unmittelbare physische Bedrohung.

(...) Es braucht strukturelle Veränderungen, und das bedeutet, dass man die Polizei einer größeren zivilgesellschaftlichen Kontrolle unterwerfen muss. Insgesamt muss es darum gehen, den gesellschaftlichen Einfluss der Polizei zurückzudrängen und weniger autoritäre Institutionen zu stärken. (...)

Aber letztlich muss die Perspektive sein, der Polizei als einer Institution, der wir erwiesenermaßen nicht vertrauen können, die Finanzierung zu entziehen. Die freiwerdenden Ressourcen können dann in Institutionen der sozialen Teilhabe gesteckt werden: Gesundheit, Wohnen, Drogenprävention. Eine Funktion für hochgerüstete Sondereinheiten wie das SEK oder konspirative agierende Organe wie den Verfassungsschutz sehe ich in einer demokratischen Gesellschaft ohnehin nicht.
https://www.fr.de/politik/philosoph-zum-polizeiskandal-wir-reden-von-organisierten-nazis-90808291.html

Kuddel

Kleinkriminalität lässt sich nicht durch ihre Verfolgung bekämpfen. Das zeigen Erfahrungen der vergangenen 100 Jahre Polizeiarbeit. Kleinkriminalität entsteht durch Armut u Marginalisierung, also muss diese bekämpft werden.

Üble Propaganda in den Medien:




Nikita

https://www.fr.de/frankfurt/news-frankfurt-polizei-messe-gpec-reportage-waffen-militaer-polizei-91595212.html

Panzerfahrt, toxische Männlichkeit und Lobbyismus im ,,vertraulichen Rahmen"

ZitatFrankfurt ist Ort der Polizeimesse GPEC. Unser Autor besuchte die viertägige Messe und durfte dabei sogar mit einem Panzer über das Gelände fahren. Eine Reportage.
...
Die GPEC ist nämlich eine nicht-öffentliche Veranstaltung. Die Anwesenheit von Journalist:innen ist nicht vorgesehen. Dementsprechend muss fr.de verdeckt von der Messe in Frankfurt berichten. Außerdem scheint die Anwesenheit von kritischen Stimmen wie beispielsweise Vertreter:innen der Menschenrechtsorganisation ,,Amnesty International", die sich intensiv mit dem Verhalten und der Ausrüstung der Polizei in Deutschland auseinandersetzen, seitens der Organisator:innen der Fachmesse nicht erwünscht zu sein.
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Kritischen Nachfragen hinsichtlich zahlreicher durch ,,Amnesty International" dokumentierter Todesfälle, die im Kontext mit dem Einsatz des Tasers stehen, weicht der Mitarbeiter jedoch konsequent aus. Er wirkt ob der Nachfrage sogar ernsthaft überrascht. Dies mag mitunter auch daran liegen, dass viele Mitarbeiter:innen der Sicherheitsbehörden vor allem an den Stand von ,,Axon" kommen, um ,,endlich einmal", wie ein Messebesucher sagt, ,,den Taser ausprobieren zu können".
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An der Firma ,,Axon" wird ein Grundproblem von Polizei- und Ausrüstungsmessen deutlich: Während die Politik sich in der Öffentlichkeit beispielsweise mit der Kritik von ,,Amnesty International" am Einsatz des Tasers auseinandersetzen muss, begegnen sich bei der GPEC ranghohe Vertreter:innen der Sicherheitsbehörden mit den Lobbyisten aus der Sicherheitsindustrie ohne öffentliche Kontrolle.
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Im Falle des Tasers hatte das konsequente Lobbying von ,,Axon" zur Folge, dass das Gerät auf Druck der Polizeigewerkschaften und Sicherheitsbehörden mittlerweile bei allen deutschen Landespolizeien im Einsatz ist oder sich in Pilotprojekten zur Erprobung befindet. In Hessen sind gar alle sieben Polizeipräsidien mit den Elektroschockpistolen ausgestattet. Die massiven Kritik, welche der Taser-Einsatz von wissenschaftlicher Seite erfährt, wird in diesem Zusammenhang kaum beachtet.
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Besonders ins Auge fällt der ,,Workshop Spezialeinheiten": Für diesen sind hinter verschlossenen Türen ausschließlich Mitarbeiter:innen mobiler Einsatzkommandos und Angehörige von Spezialeinheiten zugelassen. Ziel der Veranstaltung ist die ,,Weiterentwicklung der Spezialeinheiten-Netzwerke". Geleitet wird sie vom ehemaligen sächsischen Landespolizeipräsidenten Horst Kretzschmar. Jener Kretzschmar, der auch unter seinem Spitznamen ,,Eisenhorst" bekannt ist, und in den 1990er Jahren mit dem Aufbau der sächsischen Spezialkräfte betraut war.

Die Zusammensetzung des Panels muss bedenklich stimmen: Waren es doch die sächsischen Spezialeinheiten, aus deren Dienstbeständen mindestens 7000 Schuss Munition entwendet wurden. Leitende Beamte des mobilen Einsatzkommandos waren dabei im Zuge der Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen die rechtsextreme Prepper-Gruppe ,,Nordkreuz" ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Was auf der GPEC beim ,,Workshop Spezialeinheiten" hinter verschlossenen Türen besprochen wurde, wissen wir nicht.
...
Die Anwesenheit des ehemaligen Polizeipräsidenten Kretzschmar, der sich in seiner Amtszeit wahrlich nicht den Ruf des engagierten Kämpfers gegen rechtsextreme Tendenzen in seiner Behörde erworben hat, lässt jedoch vermuten, dass hier eher von einer Verstetigung der Muster der sogenannten ,,Cop Culture" in den Sondereinheiten auszugehen ist. ,,Cop Culture" bezeichnet in diesem Zusammenhang informelle Wertesysteme und Verhaltensmuster innerhalb der Polizei, wodurch ganz wesentlich auch bestimmte Männlichkeitsrituale tradiert werden. Diesen begegnen wir auch prompt bei auf der Fachtagung, zu der wir uns anmelden konnten.
...
Noch martialischer präsentiert sich wenige Meter weiter der Stand des Rüstungsherstellers ,,Rheinmetall". Beziehungsweise das ausgestellte Produkt: der ,,Survivor R". Der Panzerhersteller lädt die Besucher:innen der Messe zu einer Probefahrt ein. Wir steigen ein und drehen im minensicheren 15-Tonnen-Koloss aus Panzerstahl eine Runde über das Gelände der Frankfurter Messe. Mit beinahe kindlicher Begeisterung erklärt uns der Fahrer des ,,Survivor R" die Spezifikationen des Polizei-Panzers. Unsere Mitfahrer hängen gebannt an seinen Lippen und kommen zum Ende der Fahrt ins Gespräch über eine mögliche Bewaffnung des Fahrzeugs. Dabei verrät der Fahrer: ,,Ich komme ja eigentlich aus dem Militär. Scharfschütze."
...

Kuddel

Ein guter Artikel:

Zitat»Gefängnisse sind billiger als ein Sozialstaat«

Die USA haben ein massives Problem mit Polizeigewalt. Der US-Politologe Cedric Johnson meint, Antirassismus ist machtlos dagegen. Denn die Polizei dient dazu, die Armen zu gängeln und das Kapital zu stützen.
https://jacobin.de/artikel/gefangnisse-sind-billiger-als-ein-sozialstaat-cedric-johnson-polizeigewalt-masseninhaftierung-george-floyd-blm-black-lives-matter/

Kuddel

Der Clip ist schon etwas älter, doch immernoch ein passender Beitrag für diese Rubrik.


https://youtu.be/YiY8M6ea1kQ

Onkel Tom

Hamburger Gitter

https://www.youtube.com/watch?v=gT2oSHLNl2k

Den Doko-Film kann ich sehr empfehlen.  :)

Es war schon irgendwie eine Safari, wie es zum "provozierten"
Aufstand kommen kann. G20 in HH schreibt auch Geschichte unter
einer totalitären Polizeiherrschaft gewesen zu sein.

Durch die Erfahrungen ist mir bewusst geworden, womit wir zu
rechnen haben, wenn die Bevölkerung die gegenwärtigen
Verhältnisse satt haben und aufstehn.

Der Polizei war es meines Erachten schnuppe, wenn G20-Gegner_innen
drauf gegangen wären. Menschen wurden in Bereiche gedrängt die
unter anderem schwerwiegende Folgen hatten oder auch hätten können.

20 Verletzte bei Zusammenbruch einer Terasse oder ähnliches und
ein Wasserwerfer drängte die Leute richtung Elbufer. (Kai)
Lass Dich nicht verhartzen !

Kuddel


dagobert

Zitat von: Onkel Tom am 22:31:37 Sa. 27.August 2022Hamburger Gitter
.ttps://www.youtube.com/watch?v=gT2oSHLNl2k

Den Doko-Film kann ich sehr empfehlen.  :)
Der Empfehlung schließe ich mich an, wirklich sehr sehenswert.
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Kuddel


ManOfConstantSorrow

ZitatAbolitionismuskonferenz in Hamburg: Nur eines ändern: Alles!
Auf der ersten internationalen Abolitionismuskonferenz in Deutschland wurden die Ansprüche der Theorie und Bewegung zusammengetragen


Tatsächlich kamen die Teilnehmenden nicht nur aus Deutschland und Europa, sondern auch vom afrikanischen Kontinent, aus den Amerikas und Ozeanien...
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1174567.abolitionismus-abolitionismuskonferenz-in-hamburg-nur-eines-aendern-alles.html

Ich finde die Diskussion eigentlich wichtig und spannend. Man sollte auch Jenseits von ACAB Parolen die Rolle der Polizei hinterfragen und Alternativen suchen.

Der verlinkte Artikel verliert sich im Namedropping. Ein Treffen als rein akademisches Stelldichein?
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Ich finde es wichtig, daß vieles, was in dieser Gesellschaft als "normal" gilt, in Frage gestellt wird. Es freut mich, wenn dieses Infragestellen nicht nur von linken Hanseln kommt, sondern von stinknormalen Leuten, die sich eingehender mit bestimmten Problemen auseinandergesetzt haben. 

Ich finde es auch gut, wenn solche Gedanken über den Deutschlandfunk eine breites Publikum erreichen.

Abolitionismus
Eine Welt ohne Polizei und Gefängnisse


https://www.deutschlandfunkkultur.de/abolitionismus-eine-welt-ohne-polizei-und-gefaengnisse-100.html

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