Lipsia Präsenzverlag zahlt Interviewern und Autoren Dumpinglöhne - Erfahrungen?

Begonnen von lina, 18:23:17 Do. 31.Januar 2008

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lina

Hallo an alle,

Ich hatte eben ein bizarres "Vorstellungsgespräch" beim Lipsia Präsenzverlag. Dieser Verlag veröffentlich unter anderem ca. 400 Seiten umfassende so genannte Bürgerprofile, in denen regional bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur portraitiert werden. In meinem Fall ging es um die Region Stuttgart/Esslingen. Für dieses Projekt suchte der Verlag in einer Annonce Interviewer, Journalisten und Autoren, die mit diesen Personen anhand von vorgefertigten Fragebögen Interviews führen bzw. die Portraits schreiben.

Dass dieser Job nicht gut bezahlt sein würde, war mir klar, aber beim Gespräch fiel mir wirklich die Kinnlade runter. Die Autoren bekommen pro Portrait (2400 Zeichen) theoretisch 20 Euro. Allerdings werden sie nur bezahlt, wenn der Portraitierte das Buch am Ende kauft (was bei 200 Euro Stückpreis alles andere als sicher ist). Im Schnitt kaufe jeder zweite das Buch, so die "Chefredakteurin" beim Gespräch. Man könne also von der Faustformel ausgehen: Zwei Portraits schreiben, eines verkaufen. Macht praktisch pro Portrait 10 Euro für den Autor. Wenn's gut läuft. Zwanzig Portraits muss man im Monat mindestens schreiben, sonst fliegt man aus dem Verteiler raus.

Den Interviewern ergeht es nicht viel besser. Die Bezahlung ist natürlich an die Zahl der Interviews, die man im Monat schafft, gekoppelt. Vom ersten bis zum zwanzigsten gibt es 8 Euro, ab 41 bekommt man schließlich 15 Euro. Als ich fragte, wie es mit Spritkosten aussehe, war die "Chefredakteurin" fast beleidigt. Ein junger Mann sei eben hier gewesen, der sei so begeistert von dem Job, dass er sich jetzt ein AUTO kaufen wolle. Da käme ich hier mit Spritkosten, das sei ja nicht so viel verlangt. Und als ob das nicht schon die Höhe wäre: Ab dem zwanzigsten Interview - und das jeden Monat, man fängt immer von null an - müssen die Interviewer zusätzlich Akquise betreiben, sprich neue Bürger, die man portraitieren könnte, suchen. Und das für Umme.

Mich würde interessieren, ob jemand bei diesem oder anderen Verlagen ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Wenn ja, immer her damit. Dankeschön!

Liebe Grüße,
lina

Kuddel

Ich habe nie ernsthaft versucht vom Journalismus zu leben. Hin und wieder nur als Nebenjob gemacht, bzw. wenn ich auf die Verbreitung von Informationen Wert gelegt habe, ohne interesse an Geld.

Meine Erfahrung: Dein Erlebnis mit dem Lipsia Verlag beschreibt kein schwarzes Schaf, sondern die heutige Normalität. Naja aber 10€ für ein Interview sind eine Beleidigung! Alle Schreiberlinge, die ich kenne, haben mindestens ein zweites Standbein, sie sind dann scheinselbständige Webadminstratoren, Layouter, oder versuchen sich zusätzlich bei Radio/TV oder sonstwo bei allem was sich bietet, Sport, Werbung oder sonstwas.

Selbst talentierte Journalisten schaffen es bei harter Arbeit kaum über ein Hartz IV Niveau zu kommen.

http://www.zeit.de/2007/45/C-Freie-Journalistin

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