Mindestlohnkampagne des DGB ist Quatsch!

Begonnen von baladu, 16:41:19 Mi. 16.April 2008

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baladu

... was hilft ein Mindestlohn, der gerade so hoch ist, wie die Sozialhilfe?? Dem DGB und den Einzelgewerkschaften geht es ja nur darum, als Organisation im Spiel zu bleiben... Aber Meckern hilft ja nix, wird Zeit, dass mal was passiert!
Folgendes Flugblatt wird in Hamburg in verschiedenen Industriebetrieben verteilt:

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Randstad, Adecco, Tuja...
Ihr mich auch!!
Der DGB-Mindestlohn für die Zeitarbeit ist Verarschung!!
Wie bitte?
Gerade in der Zeitarbeit wäre doch ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn die einzige Chance, hö here Löhne durchzusetzen - denken viele. Aber was hecken Bosse und Bürokraten hinter unserem Rücken tat sächlich aus:
Seit 2003 steht im Gesetz, dass Leiharbeiter nach drei Monaten den gleichen Lohn wie die Festangestell ten bekommen müssen.
Aber: Mit der Einschränkung, dass dies nicht gilt, wenn es einen Tarifvertrag gibt - auch wenn der weit drunter liegen sollte. Und siehe da, noch im selben Jahr hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Tarifverträge mit den Leiharbeitsverbänden Interessensgemeinschaft Zeitarbeit (IGZ) und dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) abgeschlossen. "Wenn wir keinen Tarifvertrag ab schließen, dann machen es die unternehmerfreundlichen Christlichen Gewerkschaften und dann wird es ganz schlimm", sagte der DGB damals. Formal liegen die Löhne tatsächlich geringfügig über denen der 'Christen'.
Aber: Der Lohn in der Zeitarbeit setzt sich aus dem Grundlohn und Zulagen zusammen. Der DGB hat in seinen Vertrag mit dem BZA eine Öffnungsklausel eingebaut, die die Verrechnung von Zula gen mit dem Grundlohn erlaubt. Dadurch sind Stundenlöhne möglich, die unter dem liegen, was bei christlichen Ver trägen gezahlt wird.

Zum Vergleich:

Tarif Christlicher Gewerkschaftsbund - Arbeitsgemeinschaft Mittelständischer Personaldienstleister (AMP)
AMP - Ost: 5,70 € in den ersten 6 Monaten, dann 5,77
AMP - West: 6,34 € in den ersten sechs Monaten, dann 7,00

Tarif DGB - Bundesverband Zeitarbeit (BZA)
BZA - Ost: 6,36 €
Bei Verrechnung von übertariflichen Leistungen: 4,77 €
BZA - West: 7,38 €
Bei Verrechnung von übertariflichen Leistungen: 5,54 €

Der Vorteil für die Unternehmen liegt zum einen darin, dass sie für einen Teil des gezahlten Lohnes zeit weilig keine Sozialabgaben zahlen müssen. Zum anderen können sie variabel auf Druck von uns reagie ren – und den einen ein bisschen mehr, den anderen ein bisschen weniger geben – ohne Ta rifverträge kündigen zu müssen. .
"Tja, da kann man nichts machen", sagt die Gewerkschaft und will uns weismachen, dass der Mindest lohn unsere Rettung ist.
Aber: Was bringt uns der? Den allermeisten nichts. Was sollen wir auch mit einem Lohn, der nicht mal reicht, um die Miete zu zahlen, so dass viele noch ergänzende Sozialhilfe (neudeutsch Harz IV) beantra gen müssen.


Informieren und Austauschen im Internet über Erfahrungen und Widerstand auf der Arbeit
http://www.chefduzen.de http://www.fau.org/ http://www.labournet.de/

Leiharbeit ist keine Branche! Leiharbeiter sind Teil der Belegschaften in der Industrie, im Krankenhaus und sonstwo

In der Industrie gibt es
die Firmen, die viele Maschinen, viel Kapital stehen haben und die ein Interesse an einer beständigen, halb wegs motivierten Belegschaft haben. Wie die Auto- und Flugzeugindustrie - in Hamburg bspw. Daimler und Airbus. In diesem Bereich wurden Leiharbeiter als Druckmittel eingesetzt, die Standards für die gesamte Be legschaft abzusenken. Durch die Standortsicherungsverträge der letzten Jahre wurde der Personalab bau lediglich konfliktfrei über die Bühne gebracht. Die Übergebliebenen müssen immer mehr arbeiten. Jetzt scheint die Zeit für diese Unternehmer reif zu sein, ihre Belegschaften neu aufzubauen: jetzt wird z.T. wieder fest eingestellt - aber zu verschlechterten Bedingun gen. Oder man versucht, die Leiharbeiter an sich zu binden: In diesem Fall wird "gleicher Lohn" in extra Vereinbarungen mit der Gewerkschaft abgeschlossen. Aber was ist mit Zuschlägen, was ist mit Urlaubstagen, was ist mit der Arbeitszeit, was ist mit Garantien? Richtig, nichts! Wer von seiner Leihfirma morgen nicht mehr zu Airbus ge schickt wird, verliert sofort seinen Anspruch auf "Equal Pay" (gleiche Bezahlung).
die Firmen, denen es in den letzten Jahren ausschließlich darum ging, ihre Kernbelegschaften auszudünnen, um in ein paar Jahren die Reste einer demoralisierten Belegschaft billig nach Hause schicken zu können. Nokia in Bochum lässt grüßen!! Die haben z.T. den Anteil von Leiharbeitern an der produktiven Belegschaft auf über 50% ausgebaut. In Hamburg etwa die Halbleiterfabrik NXP in Lokstedt (ehemals Philips Semiconductors), die Motorgerätefabrik Dolmar in Wandsbek oder die Verpackungsmittelfirma Mauser in Harburg. Hier mutieren Maschinenführer und Facharbeiter zu "Produktionshelfern". Dass die hohe Fluktuation unter den Leiharbeitern die Produktion stört, scheint den Firmen egal zu sein. Die "Alten" müssen dann halt noch mehr reinklotzen – man lässt ihnen die Illusion, dadurch ihre Klitsche retten zu können.

Es reicht!
Es geht weniger darum, wieder mal die Politik der Gewerkschaftsbürokraten zu beklagen. Diese Bürokra ten sind nur ein Abbild der Stimmung in den Betrieben in den letzten Jahren, sich immer wieder erpressen zu lassen, immer wieder zu verzichten, immer wieder für sich persönlich zu rech nen, ob man selber den Sturm noch halbwegs akzeptabel übersteht nach und neben mir die Sintflut, egal.
Wichtig ist daher, dass wir uns selber was einfallen lassen! Und dass wir uns und ,,denen" klar ma chen, das wir EINE Belegschaft sind, denn: steigender Arbeitsstress bei der Kernbelegschaft und bodenlose Löhne bei den Leiharbeitern hän gen zusammen.

Was können wir tun?
1. Möglichkeit: Darauf hoffen, dass schlechte Arbeitsmoral und häufiges Kündigen von alleine dazu führt, dass die Unternehmer den Mangel an Arbeitskräften spüren und mit der Zeit was drauf legen. Nicht verkehrt; nur, als ein zelne haben wir oft das Gefühl, lediglich vom Regen in die Traufe zu kommen.
2. Möglichkeit: Leiharbeiter können als ersten Schritt gemeinsam zum Chef der Leihbude gehen und mehr Lohn fordern! Vereinzelt passiert das auch. Den Erfolg den Kollegen mitteilen und nicht selber drauf sitzen bleiben!
3. Möglichkeit: Die Festangestellten dazu bringen, sich mit unserer Lage auseinanderzusetzen. Vielleicht bietet sich am Ersten Mai um 11.00 Uhr am Besenbinderhof eine Möglichkeit, mit Arbeitern ins Gespräch zu kommen, die gerade streiken, bei denen was in Bewe gung ist - mit Transparenten, guten Sprüchen, guter Laune und viel Krach!

Was haben wir zu verlieren??
Maloche für sechs, sieben Euro / Stunde kriegt man zur Not immer wieder.

Was haben wir zu gewinnen?
Endlich raus aus der zehnjährigen Depression zu kommen!
Ein besseres Leben!

alfred

Ja, der Mindestlohn ist Quatsch - zum Glück gibt es keine Branchen, die ihren Festangestellten unter vier Euro die Stunde zumuten - nieder mit dem Mindestlohn!  :(
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

Krokos

ein Mindestlohn für die Zeitarbeit ist wirklich nicht besonders nützlich, bringt nur sehr wenig eigentlich, wenn dann soll endlich mal ein bundesweiter Mindestlohn eingeführt werden...

The_Duke

Kein Mindestlohn muss her, sondern der Staat muss den Verleiher Verpflichten den gleichen Lohn zu zahlen den auch die Stammbelegschaft bekommt, vorrausgesetzt Qualifiziert bzw. Facharbeiter. Punkt aus Ende !! Nur so gehts !! Betriebe in Deutschland müssen merken das die Wirtschaft nicht auf dem Rücken der unterbezahlten Leihgurke boomt.
Der Feind meines Feindes ist mein Freund !

Kuddel

alfred, ich glaube du bist dabei, hier was mißzuvertehen.
Der DGB wird nie mit einer vernünftigen Forderung auftreten, es sei denn, er glaubt, die Basis ist dabei sich zu verselbstständigen.

Es hat schon gelegentlich gute Aktionen des DGB und der Mitgliedsgewerkschaften gegeben, jedoch immer auf Druck der Basis (innerhalb und außerhalb der Organisation). In diesem Sinne können wir uns über Aktivitäten, wie das Herausbringen dieses Flugblatts nur freuen!

alfred

ZitatMindestlohnkampagne des DGB ist Quatsch!

@Kuddel, das Flugblatt ist nicht schlecht, nur was um Gottes Willen hat das mit dem Threadtitel zu tun?  ?(

Ein gesetzlicher Mindestlohn ist dringend von Nöten. In den letzten Jahren wurden der BZA-Tarif (der gar nicht so schlecht war) vom DGB einseitig geopfert, um von der Politik einen Mindestlohn zu erbetteln. Das ist den Gewerkschaften vorzuwerfen - nur warum ist ein Mindestlohn 'Quatsch' wie der Threadtitel suggeriert?  ?(
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

schwarzrot

Alfred hat recht, warum macht ihr da einen gegensatz auf? Als ob mit der einführung des mindestlohn sofort jegliches streiten für gerechten lohn aufhören würde.
So ein 'quatsch'!
Natürlich kann überall für einen höheren lohn gestreikt werden, schaut euch doch mal unsere europäischen nachbarn an. Fast alle haben einen gesetzlichen generellen mindestlohn. Den gewerkschaften hat das dort nicht geschadet (eher im gegenteil).
Diese ausschliesslichkeitsdiskussion über mindestlohn/kein mindestlohn, scheint mir 'typisch deutsch':
http://www.chefduzen.de/thread.php?postid=120925
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

hoozzog

Mindestlohn = 12,50
und das für Hilfsarbeiter oder unglernte.
Sonst EqualPay. Alles andere zerstört unser System.

12,50 x 160 =  2000,-

Das ist Existenzminumum für ne Familie mit einem Kind. Singels könnten über die Lohnsteuer runter kommen oder ne Familie Gründen :) .

Alles andere ist Quatsch.

Mach kaputt was dich kaputt macht.
Ja, Hallo? Einen Mindestlohn ansetzen? Ja, ich würde es trennen von der Frage, was hat ein Mensch für eine Arbeit und von der Tatsache, dass er lebt, und er braucht das Einkommen, weil er lebt, und er braucht nicht das Einkommen, weil er arbeitet.

karl.

Hallo baladu,

der angebliche "DGB...Quatsch" wird in dem Flugblatt so begründet:

ZitatDer DGB hat in seinen Vertrag mit dem BZA eine Öffnungsklausel eingebaut, die die Verrechnung von Zulagen mit dem Grundlohn erlaubt. Dadurch sind Stundenlöhne möglich, die unter dem liegen, was bei christlichen Verträgen gezahlt wird.

Stimmt, das ist tatsächlich so möglich.

Die Verfasser des Flugblattes liegen aber falsch wenn sie den momentanen Tatbestand der Anrechnung über den § 8.6 BZA einfach fortschreiben und so tun als ob das auch weiterhin uneingeschränkt möglich wäre bei Anwendung des Mindestlohnes.

Unter:

http://www.igmetall-zoom.de/PDF/TV/2007-1/AenderungsTV_MantelTV_BZA_300506.pdf

ist im Änderungstarifvertrag von 2006 (Als der Mindestlohn-TV vereinbart wurde) auf Seite 2 im Punkt IV in einer Protokollnotiz festgehalten, dass der Mindestlohn von 7,31 Euro nicht unterschritten werden darf.

Das heißt die christlichen TV die derzeit alle zwischen 4,80 Euro (Z.B. christliche Haustarifverträge) und 7,00 Euro liegen müssen auf 7,31 Euro angehoben werden.
Und:
Der BZA kann seine Möglichkeit der Verrechnung über den § 8.6 auch nur noch max. bis 7,31 anwenden.
Auch der BZA muss, wenn der "Quatsch" Zeitarbeitsmindestlohn kommt Federn lassen.

Wäre schön wenn mir jetzt noch einer erklären würde worin der "Quatsch" bei diesem Mindestlohn liegt. (Dass 7,31 natürlich immer noch zu niedrig sind weiß ich schon, also bitte nicht eine andere Diskussion darüber).

Karl

Schnitzelesser

ZitatOriginal von karl.

Wäre schön wenn mir jetzt noch einer erklären würde worin der "Quatsch" bei diesem Mindestlohn liegt. (Dass 7,31 natürlich immer noch zu niedrig sind weiß ich schon, also bitte nicht eine andere Diskussion darüber).

genau das führt ihn doch ad absurdum. was nützt ein mindestlohn, der nicht über das hartz4-niveau hinausgeht?

außerdem ist ein einfacher branchenbezogener zeitarbeitsmindestlohn quatsch. es muss tätigkeitsbezogene mindestlöhne in der zeitarbeit geben von entgeltgruppe 1 bis 9 mit eindeutigen tätigkeitsmerkmalen zur korrekten einstufung. ein helfermindestlohn nützt dem meister, hochschulabsolventen, kaufmann oder facharbeiter nämlich gar nichts. siehe post: dort gibt es immerhin schon zwei tätigkeitsbezogene mindestlöhne.

baladu

Hallo Karl,

der Staat kann von mir aus gerne einen Mindestlohn beschließen. Hab ich nichts gegen. Worum es mir geht, ist eher eine "politische" Frage - nämlich ob man seine Hoffnungen darauf ausrichtet, dass einem schon eine Institution wie der DGB oder der Staat helfen werde. Das tun sie, wie Kuddel schon sagte, nicht von sich aus, sondern nur dann, wenn es Druck von unten gibt.

Meine persönlichen Erfahrungen: Arbeite seit einigen Monaten für eine dem BZA angeschlossene große Leihfirma bei einem klein-, bis mittelgroßen Industriebetrieb. Der dürfte in die Kategorie "frei zur Abwicklung" fallen. Aktiengesellschaft, vor wenigen Jahren von einem Investmentfond aufgekauft, Drohung mt Verlagerung, "Standortsicherung" - formal weiterhin IG-Metalltarif, aber unbezahlt von 35 auf 40 Stunden hoch, Verzicht auf Urlaubstage usw. Abgruppierung der Maschinenführer auf "Produktionshelfer" (den Festangestellten wurde nach Protest weiterhin eine höhere Lohngruppe gewährt), trotzdem massiver Abbau der Kernbelegschaft, Ausweitung der Leiharbeit (in der Produktion mittlerweile etwa 60%). Die Produktion wurde bei sinkender Belegschaftsgröße ausgeweitet, indem heute einer die Arbeit machen muss, die vor einigen Jahren zwei gemacht haben. Klare Ansage des Betriebes ist ein weiterer Stellenabbau. Konzept ist, nur noch die Maschineneinrichtung und Instandhaltung von Festen machen zu lassen, das Fahren der Maschinen von Leiharbeitern. Bin kein Prophet, aber nach den Erfahrungen, die bei BenQ, bei Nokia und vielen anderen Betrieben gemacht wurden, würde ich sagen, der Betrieb wird ausgelutscht, die Stammbelegschaft soweit verkleinert, dass sie in ein paar Jahren ohne viel Ärger die Bude ganz zumachen können. Sehen auch viele Feste so. Die gehen auf verschiedene Art damit um: Die einen sehen Leiharbeiter als billige Konkurrenz und schieben ihren Frust auf die neuen Kollegen - die hohe Fluktuation führt dazu, dass ständig neue, ungelernte Leute da sind, die natürlich nicht das leisten können, wofür sie eingeplant sind, d.h. der Feste muss für sie mitarbeiten. Es ist die Minderheit, aber es gibt sie, Feste, die meinen, "das geht alles auf meine Knochen" und "faule" Leiharbeiter anscheißen, versuchen, sie auflaufen zu lassen usw. Dann gibt es eine Mehrheit, die sehen, was passiert, Mitleid mit den Leiharbeitern haben, "ist ja auch schlimm, was die Politik heute macht!". Und dann gibt es noch die Leute, die mit geschlossenen Augen gegen die Wand rennen, denken, wenn sie die Maschinen noch schneller drehen, dann würde der Druck von oben irgendwann aufhören, dann hätte der Vorstand kein Argument mehr, über die "hohen"  Produktionskosten zu jammern. Die billigen Leiharbeiter sind in ihren Augen letztlich Garanten dafür, dass sie sich selber retten können - glauben sie.

Uns als Leiharbeiter haben sie bei Einstellung versprochen, 7,38€ plus sechs Euro VMA (die Sprüche, "es wird ja immer wieder einer fest übernommen...!" hat wohl niemand ernst genommen). Was der §8.6. soll, wusste beim Einstellungsgespräch bei Nachfragen niemand - als jemand Höheres rangeholt wurde, meinte er, ja, das sei eine "Kann-Bestimmung", aber würde erstmal nicht gelten. Ok. Wurde bis Anfang des Jahres auch so gehandhabt, also VMA extra. Dann ab Februar plötzlich große Überraschung - Verrechnung des VMA; Leute, die jedes Wochenende geschrubbt hatten, um mehr als Sozialhilfesatz zu kriegen, hatten auf einmal einen Stundensatz von 5 Euro nochwas. Große Aufregung, spontan wollten Leute nach Hause gehen, Chef sagt, "bleibt man ruhig, wird alles geregelt". Gut, rückwirkend wurde den Leuten, die protestiert haben, der verrechnete Stundenlohn nachgezahlt. Alles in Butter, denkste. Dann kam die Abrechnung für März - wieder die gleiche Scheiße - nun steht eine neue Auseinandersetzung an.

Zwischendurch mal bei der Verdi-Rechtsberatung angefragt, ob
a) Unterstützung gegen die Verrechnung möglich wäre, da er mir, wenn auch nur mündlich, versprochen worden war, dass die VMA extra wäre,
b) Unterstützung für einen Prozess gegen den 8.6. drin wäre - juristisch könnte man in meinen Augen mit "Sozialversicherungsbetrug" argumentieren - schließlich sind die Mehraufwendungen von vorneherein nicht als "Mehr"aufwendungen gedacht, sondern als Lohnersatz,
c) bei der Frage der Eingruppierung was drin wäre; schließlich werden nur Facharbeiter eingestellt, und es werden dir mit der Zeit immer mehr Aufgaben aufgebürdet, die eindeutig über eine "Helfertätigkeit" hinausgehen.
d) wie es denn mit einer Verpflichtung zu regelmäßiger Wochenendarbeit aussieht, die eingefordert wird - je nach Bedarf bevorzugt am Freitag, "Komm man morgen!". Bislang konnte ich mich noch weigern...

Die Antwort der Verdi-Perle war eindeutig: Das ganze interessiert sie wie ein Loch im Kopf. Es ist alles "rechtens" - entscheidend wäre, was im Vertrag steht, mündliche Zusagen sind egal; wegen des "Sozialversicherungsbetrugs" müssten schon die Sozialversicherungsträger klagen, da sei nicht mein Bier; eine höhere Eingruppierung sei nur möglich, wenn es eine "mehrmonatige formale Einarbeitung" gebe, wenn mir jemand zur Seite gestellt wird, der die Aufgabe hat, mich anzulernen.
Selbst wenn die Festen, die die gleiche Arbeit machen, als Facharbeiter eingestuft sein sollten, sei das nicht mein Bier, schließlich hätten die einen anderen Tarif.
Mit der Wochenendarbeit sei das so, dass der Vertrag sagt "Arbeitszeit nach Bedürfnissen des Kunden"; wenn die Firma halt am Freitag feststellt, dass sie am Wochenende doch noch mehr Leute brauchen, dann sei ich selbstverständich verpflichtet. Ich muss soviel und sooft arbeiten, wie die Firma soll, Samstag, Sonntag, Feiertag, immer.
Natürlich sei das alles sehr traurig, aber schließlich seien so wenig Leiharbeiter in der Gewerkschaft, da bliebe der ja nichts anderes übrig, als schlechte Verträge abzuschließen, Abhilfe könnte nur ein gesetzlicher Mindestlohn schaffen.

Gut, an dem Punkt habe ich gemerkt, dass ich mir mit diesen Tarifverträgen den Hintern abputzen kann. Die sind so windelweich formuliert, dass sich aus ihnen so gut wie keine individuellen einklagbaren Rechte ergeben.

Leiharbeiter von anderen Leihfirmen, die z.T. keinen DGB-Tarif haben, kriegen teilweise einen höheren Lohn (über die VMA).

An dem Punkt komme ich zu den Hoffnungen auf Tarifverträge, Mindestlöhne usw.

Faktisch wird eine Belegschaft juristisch aufgespalten, in Beschäftigte verschiedener Unternehmen, manchmal noch unterteilt durch verschiedene Arbeitsverträge (Alt- und Neueingestellte). Die Gewerkschaft, wie sie auf dem Boden unserer Rechtsordnung steht,  kann diese Spaltungen nur nachvollziehen und rechtlich absichern. Damit vertieft sie die Spaltungen - irgendeiner fällt immer hintenüber.
Aber ich denke, es macht wenig Sinn, die Gewerkschaftsbürokratie anzuklagen - die sind so, wie sie sind und schon immer gewesen sind.

Entscheidend ist doch, dass wir anfangen, uns gegen diese ganzen Spaltungen zu wehren. Und da gibt es noch kaum Ansätze, wie das aussehen könnte. Auch die Festen sind sich bewusst, wie das Spiel läuft, sie wissen, dass sie trotz Verzicht immer mehr arbeiten müssen und trotzdem irgendwann einen Tritt in den Hintern kriegen werden. Dass die Einstellung von Leiharbeitern sie nicht retten wird, sondern ihnen nur noch mehr Arbeit macht. Aber statt sich dem Problem zu stellen, schieben auch die "Bewusstesten" das Problem auf die politische Ebene: "Wir brauchen einen Mindestlohn!". Auch linke Betriebsräte können oftmals zwar viel über die Funktion der Leiharbeit in ihrem Betrieb erzählen - wissen aber genauso oft nichtmal, welche Firmen denn bei ihnen arbeiten: Weil sie die Leiharbeiter nicht als Teil "ihrer" Belegschaft betrachten, sondern als bemitleidenswerte Geschöpfe, die ja mal hier, aber auch woanders sein können.

Bei den Leiharbeitern kommen ähnliche Aussagen. Dabei ist das Rufen nach dem Staat und der Gewerkschaft nur Ausdruck der eigenen Ratlosigkeit. Tatsächlich gibt es durchaus Ansätze, sich spontan (gemeinsam) zu wehren, aber das ist sehr mühsam und sie müssen sich alles von Null an erarbeiten. Von wem sollen denn 20-jährige was lernen: Viele alte "gewerkschaftlich organisierte" Belegschaften machen ihnen nur vor, dass man verzichten muss, dass jeder sich selbst der nächste ist und dass man im besten Fall auf den Vater Staat vertrauen soll. Nachdem "die" Gewerkschaft (wie gesagt, die Basis interessiert mich hier, weniger die Köpfe)  zehn, fünfzehn Jahre Depression gepflegt und politisch abgesichert hat, tut sie nun so, als seien die neuen Kollegen nicht in der Lage, sich zu organisieren, sich zu wehren.

Darum geht es doch. Wenn von unten kein Druck entsteht, wird ein Mindestlohn nur die Höhe dessen haben, was die Unternehmer sowieso zahlen, um bspw. die Fluktuation etwas einzudämmen. Wenn er dann nicht sogar darunter liegt, weil die politische Brisanz rausgenommen wird, weil man ja nun immerhin Verträge hat, auf die man sich berufen könnte, die Mehrheit sich da also keinen Kopf mehr drum machen muss. Sicher, man kann das nicht verallgemeinern; in der Industrie reagieren die Unternehmer sicherlich sensibler auf hohe Fluktuation und schlechte Arbeit, als wenn ich eine Gaststätte putze. Ob ne Maschine für ein paar Millionen kaputt geht, weil man da einen unmotivierten Leihsklaven dran gestellt hat oder ob der Blumentopf staubig ist, das macht einen Unterschied. Nur, immer mit dem Argument, wir müssen Verträge abschließen, die sich an den Schwächsten orientieren, stimmt einfach nicht. Die Schwächsten werden auch dann  nichts davon haben: Siehe z.B. die ganzen Öffnungsklauseln, Standortsicherungsverzichtsabkommen in den ganzen Tarifverträgen. Nach unten wird man ohne aktive Gegenwehr keine Grenze einziehen können.

Diese Feststellung trifft auch auf die Tarifverträge des DGB zu: Das Argument für die beschissenen Tarifverträge ist ja immer gewesen, dass sonst die Christen kämen und man dann noch schlechtere Bedingungen hätte. Wieso eigentlich??
a) wenn ich nicht bereit bin, zu kämpfen, sind die Verträge letztlich gleich schlecht, wenn auch vielleicht in anderer Verpackung (siehe §8.6. und die Frage der Verrechnung)
b) Wer würde denn daran gehindert werden, zu sagen, "ne, den Scheiß machen wir nicht mit - wir werden, wenn nötig, gegen schlechte Christenverträge kämpfen!"
Aber nein, für das Privileg, als Organisation mit den Unternehmern an einem Tisch sitzen zu dürfen, werden wir verkauft - und uns dann, wenn wir was machen wollen, die Unterstützung verweigert oder sogar sabotiert.


Karl, du sagst,
"ist im Änderungstarifvertrag von 2006 (Als der Mindestlohn-TV vereinbart wurde) auf Seite 2 im Punkt IV in einer Protokollnotiz festgehalten, dass der Mindestlohn von 7,31 Euro nicht unterschritten werden darf. ... Auch der BZA muss, wenn der "Quatsch" Zeitarbeitsmindestlohn kommt Federn lassen."

Wer muss denn "Federn lassen"?? Ich fürchte, als erstes ich. Nein, im Ernst: Der Mindestlohntarifvertrag gilt ausdrücklich nur dann, wenn er vom Staat über das Entsendegesetz für allgemeinverbindlich erklärt wird. Den Antrag für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung müssen Gewerkschft UND Unternehmer stellen. Welches Interesse sollte der BZA denn haben, einen "Antrag auf Federn lassen" zu stellen? Welches Druckmittel gibt es denn? Der DGB hat da aus meiner Sicht nur zwei Optionen:
a) die Betriebsräte in den Entleihfirmen, die aus Interesse für "ihre" Firma bestrebt sein könnten, die hohe Fluktuation einzudämmen oder u.U. offenen Konflikten zuvor zu kommen,
b) Medienkampagnen, die an das Mitleid der Öffentlichkeit appellieren.
Beides halte ich aber aus politischer Sicht für äußerst schwache "Druckmittel"...

Die Protokollnotiz kann auch so gelesen werden: Sie schreibt für ALLE Entgeltgruppen fest, dass auch bei Verrechnung VMA der Satz von 7,31 Euro der Bruttomindestlohn ist. Da die Verrechnung ja bis 25% des Stundenlohnes gehen kann, nehme ich den Satz 7,31€ mal 1,25. Komme ich auf 9,13€. D.h., nur bei einem Grundlohn, der niedriger ist als 9,13 € (~Entgeltgruppe der Facharbeiter) hätte ich was von dieser Regelung. Gut, das sind dann eben die Schwächsten, die profitieren...
Aber wo steht ein Anspruch auf VMA oder sonstige Leistungen drin? Wenn ich richtig informiert bin, gilt die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der VMA nur noch drei Monate, d.h. bei einer längerfristigen Beschäftigung hat die Leihfirma auch nur die drei Monate Interesse daran, den Lohn als VMA zu zahlen. Dann sagt sie also, "ok, 7,31€, aber dann eben keine sechs, sondern vier Euro VMA". Das heißt, ich bin trotz aller schönen Tarifverträge wieder am Anfang: Muss persönlich verhandeln.
Und dafür soll ich das Fähnchen des DGB schwingen? Nein danke.

Grüße,

sandraschulze81

hab ich das jetzt richtig verstanden???heisst das dass die zaf nur die ersten 3 monate den VMA zahlen bzw. dieser steuerfrei ist??was passiert nach dem ablauf der 3 monate??

kalle wirsch

Ist doch vom DGB eine fadenscheinige Angelegenheit. Er soll erst mal als Arbeitgeber seine Mitarbeiter selber vernünftig entlohnen. So lenkt er doch fein von den Mißständen im eigenen Haus ab.
Und für mich ist es Quatsch einen Mindestlohn bei ZAF und Verleihern zu forden. Wir sollten lieber vehement die Abschaffung von beiden verlangen. Dann müssten die Firmen auch jeden wieder ganz normal entlohnen.
Früher gab es auch keinen Mindestlohn und alle konnten sich und ihre Familie von ihrer Arbeit ernähren. Erst mit dem Aufkommen von ZAF und Verleihern reichte das Einkommen für viele nicht mehr. Warum halten wir diese profitgierigen, menschenverachtenden Unternehmen am Leben? Für allles gibt es Gesetze in Deutschland. Also sollte Politik mal eins schaffen um dieses Ausbeutertum zu beenden.
Ach so... Die sitzen ja mit denen in einem Boot, oder?
Der ganze Beitrag war jetzt ein böse Verleumdung. Hiermit nehme ich sofort wieder alles zurück und entschuldige mich natürlich dafür.

karl.

Hallo baladu,

ZitatDer Mindestlohntarifvertrag gilt ausdrücklich nur dann, wenn er vom Staat über das Entsendegesetz für allgemeinverbindlich erklärt wird. Den Antrag für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung müssen Gewerkschft UND Unternehmer stellen.
Unter:

http://www.ig-zeitarbeit.de/admindownload/BZA-iGZ-DGB-Antrag%20Mindestlohn-BMAS.pdf

kannst du nachlesen, dass BZA und IGZ den Antrag schon vor 3 Wochen eingereicht haben.
Woran es hapert ist die Weigerung von CDU/CSU eine Änderung beim Entsendegesetz vorzunehmen.


ZitatWelches Interesse sollte der BZA denn haben, einen "Antrag auf Federn lassen" zu stellen?
Der BZA hat selbstverständlich das Interesse über die Anhebung der Christentarife in der ZAF-Konkurrenz durch einen Verdrängungswettbewerb Anteile auf dem Zeitarbeitsmarkt sich anzueignen.

Was ihr dabei vollkommen außer acht last, ist der Fakt, dass bei der Masse an ZAF wie bei uns die Entleiher sich wie die Made im Speck die billigsten ZAF-Anbieter aussuchen können.
(Mal ein Beispiel: In Frankreich gibt es ungefähr genauso viele LAN wie bei uns. Aber der Markt dort ist nicht wie bei uns unter mehr als 8000 ZAF aufgeteilt, sondern auf weniger als 2000).

Es wird hier bei Chefduzen auch öfter mal darauf hingewiesen, dass Christen-ZAF besser bezahlen als BZA etc. In einzelnen Fällen stimmt das schon. Nur wenn das eine flächendeckende Tendenz wäre, warum ist dann der AMP strikt dagegen? Das müsstet ihr Euch schon mal fragen?


ZitatDie Protokollnotiz kann auch so gelesen werden: Sie schreibt für ALLE Entgeltgruppen fest, dass auch bei Verrechnung VMA der Satz von 7,31 Euro der Bruttomindestlohn ist. Da die Verrechnung ja bis 25% des Stundenlohnes gehen kann, nehme ich den Satz 7,31€ mal 1,25. Komme ich auf 9,13€. D.h., nur bei einem Grundlohn, der niedriger ist als 9,13 € (~Entgeltgruppe der Facharbeiter) hätte ich was von dieser Regelung. Gut, das sind dann eben die Schwächsten, die profitieren...
Genau so ist es. Nur die Entgeltgruppen 1 und 2 hätten Vorteile. Du kannst Dich natürlich hinstellen und sagen das ist mir zu wenig. Es ist aber für die am schlechtesten Bezahlten eine Verbesserung.


ZitatWenn ich richtig informiert bin, gilt die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der VMA nur noch drei Monate..
Wechselt ein LAN die Einsatzfirma fängt die 3-Monatsfrist jedes mal wieder vorne an. Bei den Entgeltgruppen 1 und 2 wechseln die Einsätze häufiger als bei den qualifizierten LAN.


ZitatDann sagt sie also, "ok, 7,31€, aber dann eben keine sechs, sondern vier Euro VMA". Das heißt, ich bin trotz aller schönen Tarifverträge wieder am Anfang: Muss
Ohne es auszusprechen argumentierst Du so als ob die Christen-ZAF alle vollen VMA bezahlen. Ich kenne Arbeitsverträge von denen wo sie keinen VMA bezahlen dafür mit Tankgutscheinen operieren. Passt auf, dass ihr denen nicht einen Heiligenschein verpasst.

Karl

unkraut

Was nützt dem LAN der Mindestlohn von was weis ich 7,50 wenns eh nicht reicht .
Trotzdem bleibt er 2. Klasse .

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit !

Das ist der Knackpunkt !

Sollte das eines Tages durchgesetzt sein , löst sich das Desaster mit den ZAFen von selbst .
Nur weder Wirtschaft noch Politik sind daran interessiert . Müßig hier jetzt wieder alles hoch zu kauen . Wir wissen wie es gehandhabt wird .

MfG
Noch Fragen Hauser ? Ja Kienzle , wer ist eigentlich Unkraut ?

Wir wagen es nicht weil es schwierig ist sondern es ist schwierig weil wir es nicht wagen .

Mein Buchtip als Gastautor :  Fleißig , billig , schutzlos - Leiharbeiter in Deutschland  > ISBN-10: 3771643945

alfred

Hi unkraut, jetzt reden wir mal nicht über Holland, sondern von Deiner Heimat. Was verdienen denn Facharbeiter dort an Stundenlöhnen - so viel mehr Geld würde die Mehrheit bei 'Gleiches Geld für gleiche Arbeit' doch gar nicht bekommen, oder?

Wo wird denn im Osten anständig verdient? Nur bei einer Handvoll Großkonzerne...
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

unkraut

Ja die FA verdienen schon wenig aber die LAN noch weniger .
So gesehen hast Du recht . Ist in die Richtung der Mindestlohn angebracht .
Anderseits holen sich die Kleinbetriebe keine LAN weil die auch noch zu teuer wären sondern Leute mit " Förder - Schein "  vom Amt .

In NL ist es bei den ZAF so , das wenn der Auftrag zu Ende ist , man automatisch arbeitslos ist und sich aufn Amt meldet .
Dort hat die ZAF nicht das Risiko der Lohnfortzahlung bei Auftragsende .
Und nix mit Stundenkonto und so . Machste 50 Stunden bekommste die auch bezahlt .

MfG
Noch Fragen Hauser ? Ja Kienzle , wer ist eigentlich Unkraut ?

Wir wagen es nicht weil es schwierig ist sondern es ist schwierig weil wir es nicht wagen .

Mein Buchtip als Gastautor :  Fleißig , billig , schutzlos - Leiharbeiter in Deutschland  > ISBN-10: 3771643945

Codeman

@alfred

als ehemaliger Brandenburger,jetzt Berliner,kann ich von den miesen Löhnen auch ein Lied singen.Ganz dreist sagte man mir schon mal,man zahle nicht mehr,weil ich das Geld,was ich noch bräuchte,mir doch vom Amt holen kann.

Es wird ja sogar schon in Vorstellungsgesprächen mit Sozialleistungen gerechnet.Zum Beispiel so:

"Sie können auch noch ergänzend Wohngeld beantragen." oder

"Es gibt ja noch den Kinderzuschlag."

Das Problem dabei ist,aus Sicht eines Unternehmers macht das sogar Sinn.Er zahlt weniger,das was der AN braucht,kriegt er vom Staat.Leider ist der Chef so sehr aufs Kapital aus,dass er ganz vergisst,wenn er gar nix mehr zahlt dann kommt keiner mehr um seine Arbeit zu machen.

Meine Kommentare zu oben genannten Äusserungen sahen dann wie folgt aus:

"Wohngeld schliesst ALG II aus." und

"Ich bin alleinstehend und habe keine Kinder."

MfG
Codeman
Ich bin der Rostfleck am Schwert des Sozialismus - Zitat frei nach Schraubenwelle

Ziggy

Ich habe mir auch schon mal erlaubt, die Schmarotzerfrage neu zu stellen bzw. neu zu definieren (im Bewerbungsgespräch wohlgemerkt!)
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

baladu

Moin Karl,

es geht sicherlich niemanden darum, den einen beschissenen Tarif gegen den anderen gleich beschissenen  hochzurechnen und irgendwem einen Heiligenschein zu verpassen. "Christen" sind nicht besser als der DGB - aber auch nicht schlechter, wie der DGB immer weis machen möchte. Ich denke, lediglich die Verpackung ist anders. Das ist alles. Es scheint in der Praxis, wie viele hier in dem Forum berichten, gewisse Unterschiede zwischen BZA/IGZ und AMP zu geben. Die laufen darauf hinaus, dass der Anteil des Lohnes, der als Zulage gezahlt wird, beim AMP oft höher ist als bei IGZ/BZA. Das mag netto einen Vorteil bieten - kann aber auch einen Nachteil bedeuten, da diese Zulagen immer an den tatsächlichen Einsatz gebunden ist.
Insgesamt würde ich die Frage, ob allein ein staatlich abgesicherter Tarifvertrag eine Untergrenze bei den Löhnen durchsetzen kann, verneinen. Wie gesagt, der DGB-BZA-Vertrag ist derartig formuliert, dass man keinerlei individuelle Rechte daraus ableiten kann. In der Konsequenz bleibt es, genau wie beim AMP, dem individuellen Verhandlungsgeschick und/oder der betrieblichen Verhandlungsposition der beschäftigten Leiharbeiter überlassen, wie viel sie tatsächlich verdienen.
Dann macht es einen Unterschied, in welcher Branche der Leiharbeiter arbeitet - in der boomenden Industrie, in der Logistik, im Osten, im Westen usw.
Zum anderen würde ich sagen, dass die tatsächliche Untergrenze des Gesamteinkommens von der Höhe des ALGII/ Sozialhilfesatzes bestimmt wird. Der Mindestlohn des DGB (7,31 X 151 Monatsstunden = ~1100 € brutto = ~850 € brutto) liegt an der Sozialhilfegrenze. Was für einen Unterschied macht es, in welchen Anteilen ich dieses Geld als Lohn oder als Sozialleistung bekomme? Interessant ist für meineKollegen nur der Satz, inwieweit sie durch (Mehr-)Arbeit über diesen Satz hinauskommen können. Und da wiederum liegen die Konflikte: fehlende Überstundenzuschläge durch Arbeitszeitkonten; Verrechnung von Einsatzzulagen usw.
Ich mein, die fehlende Unterstützung der ganzen Mindestlohnkampagnen durch die Arbeiter in diesen Bereichen (etwa PIN) liegt ja einfach daran, dass es den meisten Leuten letztlich egal ist, ob ihr Stundenlohn 7,31 oder 5,48 Euro beträgt - für die jungen zumindest, die allein leben, deren Lohn sowieso aufgestockt wird. Für manche andere, die verheiratet sind, wo beide arbeiten, kann das anders aussehen, sicher.
Ich hab kein Problem mit irgendwelchen Verträgen. Es gibt immer Organisationen, Verbände, die in unserem Namen was abschließen. Meine Kritik richtet sich an die Leute, die was machen wollen und dann dabei hängen bleiben, dem Gewerkschaftsapparat Mitglieder zuzuführen oder zumindest politische Unterstützung zu verschaffen. Dein Engagement für die IG Metall (und das einiger anderer) in allen Ehren und Respekt für deinen Einsatz, aber die Absicht des Flugblattes ist es eigentlich, eine politische Debatte über den Zustand in den Betrieben und mögliche Perspektiven anzustoßen. Dieser Zustand lässt sich nicht auf die juristische Vertragsform "Leiharbeit" beschränken. Wie gesagt, von wem sollen denn die jungen Kollegen lernen, sich gemeinsam zu wehren - die alten Belegschaften sind durch die gewerkschaftliche Politik der letzten Jahren demoralisiert, da kriegt man ja nur mit, dass man produktiver arbeiten muss, dass man persönlich verhandeln muss, das jeder was anderes Geld verdient, weil Zulage x hier, Lohngruppe y dort usw.usf. Sicher auch hier gib es Ausnahmen - wenn Kämpfe in den letzten Jahren stattfanden, sind sie aber sicherlich nicht von den Gewerkschaften ausgegangen, sondern im Gegenteil behindert worden.
Eine Debatte um Gemeinsamkeiten innerhalb der Belegschaften würde z.B. auch die Fragen von Flexibilisierung, Wochenendarbeit, Arbeitsverdichtung usw. aufgreifen müssen. All das geht in der Konzentrierung auf den reinen formalen Stundenlohn unter (leider).

Ich hoffe, an anderer Stelle demnächst mal was Konkretes berichten zu können, dass es voran geht. Mühsam ist es, keine Frage. Aber dem müssen wir uns stellen und nicht auf Staat und Institutionen vertrauen.

Viele Grüße,

Krokos

ZitatOriginal von baladu
Moin Karl,

es geht sicherlich niemanden darum, den einen beschissenen Tarif gegen den anderen gleich beschissenen  hochzurechnen und irgendwem einen Heiligenschein zu verpassen. "Christen" sind nicht besser als der DGB - aber auch nicht schlechter, wie der DGB immer weis machen möchte.

Wenn man sich die heutigen Entgeltgruppen anschaut und dazu den § 8.6 des BZA, da hast du vielleicht recht.

Aber auf alles andere bezogen irrst du dich gewaltig...

Erstens:
Ohne die christliche Gewerkschaft würde es EqualPay geben, der DGB hatte sich geweigert Tarifverträge auszuhandeln, damit EqualPay gilt.
Letzendlich hat er nur die heutigen DGB-Tarifverträge ausgehandelt, weil ihm nichts anderes übrig blieb, da die Christen schon einen "ausgehandelt" hatten.

Zweitens:
Die Bedingungen im AMP sind für den Arbeitnehmer wesentlich härter.
Zwar sind die wesentlichsten Punkte eh sehr umstritten ob sie überhaupt gültig sind, aber es fängt schon beim  Urlaub an.
AMP: 20 Tage Urlaub im Jahr, wenn man ein Jahr durchgehend bei einer ZAF arbeitet bekommt man noch 4 Tage nachträglich dazu.
Das Besondere hierbei ist, dass nur 15 % der Leiharbeiter nach einem Jahr noch bei der selben ZAF sind, womit bei 85% diese 4 Tage schonmal wegfallen...
Im BZA-Tarifvertrag sind es von vornerein 24 Tage Urlaub.
Das nur als kleines Beispiel...



ZitatIch mein, die fehlende Unterstützung der ganzen Mindestlohnkampagnen durch die Arbeiter in diesen Bereichen (etwa PIN) liegt ja einfach daran, dass es den meisten Leuten letztlich egal ist, ob ihr Stundenlohn 7,31 oder 5,48 Euro beträgt - für die jungen zumindest, die allein leben, deren Lohn sowieso aufgestockt wird. Für manche andere, die verheiratet sind, wo beide arbeiten, kann das anders aussehen, sicher.

Da irrst du dich auch, die meisten Menschen möchten arbeiten ohne Stütze vom Amt bekommen.
Für viele ist es auch eine Sache des Stolzes nicht vom Staat leben zu müssen, insbesondere dann wenn man arbeitet.
Arbeit muss bezahlt werden, und wir sind uns hier wohl alle einig dass die zahlen müssen, die von dieser Arbeit profitieren und nicht die Gemeinschaft, sprich der Staat.
Dieser ganze Kombilohn mit Arbeitslosengeld2-Stütze wird im Endeffekt dazu führen, dass immer mehr Unternehmer ihre normal bezahlten Leute feuern und lieber einen Kombilöhner /Arbeitslosengeld2-Bezieher nehmen werden, da diese günstiger sind.
Am besten noch mit Subvention vom Staat, da der Unternehmer diesen überhaupt einstellt.
Irgendwann wird der Staat diese Stützen nicht mehr zahlen können, weil es einfach zuviele gibt die Kombilöhner sind.
Dazu wird das Ganze führen, weswegen ich davon nichts halte, es muss ganz einfach ein Mindestlohn her.

Und ja jetzt kommen wieder neoliberale Geister die wieder die Globalisierung usw heranziehen...
Zu erst muss man sagen, dass die Globalisierung wie viele nicht wissen, keine Erscheinung der Neuzeit ist.
Die Probleme der Globalisierung gerade im Hinblick auf Wahlergebnisse gab es schon vor hundert Jahren.
Das Lustige ist, dass in fast allen anderen Industrie-Ländern ein gesetzlicher Mindestlohn existiert, weswegen Deutschland eher noch die anderen Ländern mit seiner Politik dazu nötigt diesen bei sich abzuschaffen...
Soviel zum Thema Mindestlohn und Globalisierung !



ZitatIch mein, die fehlende Unterstützung der ganzen Mindestlohnkampagnen durch die Arbeiter in diesen Bereichen (etwa PIN) liegt ja einfach daran, dass es den meisten Leuten letztlich egal ist, ob ihr Stundenlohn 7,31 oder 5,48 Euro beträgt - für die jungen zumindest, die allein leben, deren Lohn sowieso aufgestockt wird. Für manche andere, die verheiratet sind, wo beide arbeiten, kann das anders aussehen, sicher.

Sorry ich muss es nochmal zitieren, ich denke du hast etwas falsch verstanden...
Die Arbeiter von dieser PIN haben nicht gegen ihren eigenen Mindestlohn gestreikt, das war ein vom Arbeitgeber inszenierter Streik.
Der Streik wurde auch als ganz normale Arbeitszeit vergütet, ich habe bisher noch nie von einem Streik gehört, bei dem man ganz normal Lohn vom Arbeitgeber weiter bekommen hat....
Die Bildzeitung machte das Ganze noch schön auf, ist ja auch klar warum, der Cheffe von der Bildzeitung hat ziemlich vioel Geld in PIN invstiert gehabt.
Auf jeden Fall kannst du davon ausgehen, dass die meisten Menschen entgegen der Propaganda in Bildzeitung etc. für einen Miondestlohn sind.

Und die die es nicht sind, kennen die Hintergründe nicht, sind von der neoliberalen Fernseh und Zeitungsmaschinerie schon reingelegt worden, aber im Grunde sagt fats jeder in Deutschland "dass man vom Gehalt seiner Arbeit leben können muss!"

Schnitzelesser

ZitatOriginal von Krokos

Im BZA-Tarifvertrag sind es von vornerein 24 Tage Urlaub.
Das nur als kleines Beispiel...

nö. bei ausscheiden innerhalb der ersten 6 monate (80% aller arbeitsverhältnisse?) sind es 20 tage gemäß bundesurlaubsgesetz. erst danach bekommt man rückwirkend 2 tage pro monat. die regelung ist also ähnlich schlecht.

Mario321

Man sollte wohl auch nicht an den Realitäten vorbei schauen...

Ein Bundeseinheiltlicher Mindestlohn in der ZA-Brance z.B für Hilfskräfte, Facharbeiter und Akademiker würde durch die allgemeine Bekanntheit verhindern, das Schlupflöcher entstehen.
Wenn jeder weiss... eine Firma muss mindestens 8,50 € die Stunde zahlen, dann geht auch keiner mehr für 7 € die Stunde arbeiten.
Nehmen um zu geben. Geben um zu nehmen. Schenke den Reichen nicht deine Aufmerksamkeit, auch nicht deinen Neid! Sie haben es sich nicht verdient, denn sie schenken dir auch nicht ihr Geld.

Krokos

Du verstehst etwas falsch...

Unter §11.2 steht, dass man den Urlaubsanspruch erst nach einem halben Jahr nehmen darf, aber wenn man vorher ausscheidet hat man trotzdem auf diese anteiligen 24 Tage Anrecht.

Mit diesem Parragraphen ist eben gemeint, dass der Arbeitgeber wenn er wollte, das erste halbe Jahr den Angestellten keinen Urlaub geben muss, sondern eben erst nach einem halben Jahr.

Wenn man aber bspw. schon nach 4 Monaten gehen muss (wie eigentlich heute die Mehrheit ist), dann bekommt man trotzdem 4/12 des Urlaubanspruches von 24 Tagen, sprich 8 Tage  Urlaub wären das...

im AMP wären es 4/12 von 20 Tagen, sprich 6,66 Tage, nach §5 Bundesurlaubgesetzes müsste das dann auf 7 Tage aufgerundet werden (wobei das natürlich in der Praxis von ZAF gerne lieber abgerundet wird).

Also hat man im AMP praktisch schonmal einen ganzen Urlaubstag weniger (eigentlich 1,4 Tage weniger...) als im BZA, wenn man nur 4 Monate arbeitete

Schnitzelesser

ZitatOriginal von Krokos
Du verstehst etwas falsch...

Unter §11.2 steht, dass man den Urlaubsanspruch erst nach einem halben Jahr nehmen darf, aber wenn man vorher ausscheidet hat man trotzdem auf diese anteiligen 24 Tage Anrecht.

Mit diesem Parragraphen ist eben gemeint, dass der Arbeitgeber wenn er wollte, das erste halbe Jahr den Angestellten keinen Urlaub geben muss, sondern eben erst nach einem halben Jahr.

Wenn man aber bspw. schon nach 4 Monaten gehen muss (wie eigentlich heute die Mehrheit ist), dann bekommt man trotzdem 4/12 des Urlaubanspruches von 24 Tagen, sprich 8 Tage  Urlaub wären das...


schön wärs ja. es ist aber nicht so: "Bei Ausscheiden innerhalb der ersten sechs Monate des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses
erwirbt der Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch gemäß §§ 3 und 5 Bundesurlaubsgesetz."

Bundesurlaubsgesetz § 3 Dauer des Urlaubs
(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.
(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

§ 5 regelt nur das, was sowieso schon im tarifvertrag steht.

davon, dass innerhalb der ersten 6 monate kein urlaub genommen werden darf, steht hingegen nirgendwo etwas. lediglich extra aufgeführt ist, dass man ab dem 7. beschäftigungsmonat prinzipiell sofort anrecht auf den kompletten bis zum jahresende zu gewährenden urlaub hat. in den ersten 6 monaten ist dies nicht der fall und es ist nur das zu gewähren, was bereits erarbeitet wurde: nach einem monat 1,67 tage (aufgerundet 2), nach zwei monaten 3,34 tage (abgerundet 3) usw.

alfred

@Krokos, Schnitzelesser hat recht. Was mir seit dem letzten Jahr auffällt: verblüffend viele ZAN (auch deutlich ältere) kommen über die Probezeit hinaus und sind länger dabei. Die neuen Statistiken werden wohl anders ausfallen - nur dauert es wohl einige Jahre bis sie veröffentlicht werden...
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

Krokos

aha ok, wieder was dazugelernt...
In Punkto Zeitarbeit lernt man wohl niemals aus bei diesen ganzen Tarifwirrwarr...


Aber in Punkto Leiharbeiter die aus der Probezei draussen sind...
Das betrifft denke ich grösstenteils Facharbeiter.
Ich kenne es auch nur längerfristige Einsätze, aber bei den Hilfsarbeitern soll das anderes aussehen.

Gut was die Statistik ein wenig herunterzieht, werden auch einige Leiharbeiter sein, die im ersten Monat gefeuert werden weil sie garnicht dort eingestellt werden wollten.

Aber so im Großen und Ganzen denke ich kommt die Statistik schon hin, gerade im Helferbereich.

Jürgen

Die Beschäftigungsquote in der Zeitarbeit beträgt laut IAB (2003):
1 Monat = 65 %
2 Monate = 50 %
6 Monate = 25 %
12 Monate = 13 %
http://www.perkura.de/jsp/epctrl.jsp;jsessionid=79CB7D5F8E19662E693894E5E2B32168?pri=perkura&cat=perkura002560&mod=perkura002560&ctrl_flag=18&nextURL=epframes.jsp

50 % der LAN bekommen also nur den Mindesturlaub und 87 % bekommen kein Weihnachts- und Urlaubsgeld.

In IGZ-Unternehmen lag die Beschäftigungsdauer (laut Frau Durian in einem öffentlichen Interview) für 80 % der LAN bei 5 Monaten.

"..Jeder achte Vollzeit-Leiharbeiter braucht Unterstützung durch Hartz IV - ein Anteil, so hoch wie in keiner anderen Branche..."

http://www.info-zeitarbeit.de/news_2007/News_2007_125.htm

Armutslöhne und dazu ergänzende Sozialleistungen ist von der Politik mit der Agenda 2010 so gewollt, was auch von Gewerkschaften (speziell IG Metall und Ver.di) in der Hartzkommission unterstützt wurde.

Das 75 % der LAN nur max. 6 Monate beschäftigt sind, liegt sicher auch daran, das ab dem 7. Monat das Kündigungsschutzgesetz gilt und dann bei Kündigungen eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden kann.

Viele ZAF in D. zahlen auch weder eine Fahrtkostenerstattung, noch eine Vergütung der Reisezeiten für die Hin- und Rückfahrten zwischen ZAF und den Einsatzorten der LAN. Dazu habe ich ja schon 2 Urteile des LAG Köln genannt.

Das IAB schreibt zur AÜG-Reform 2003:
"..Im Jahr 2003 wurden das Wiedereinstellungs-
und das Synchronisationsverbot abgeschafft. Dafür gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nun vom ersten Tag des Verleihs. Von diesem Grundsatz können aber die Zeitarbeitsfirmen abweichen, wenn
sie einen Branchentarifvertrag anwenden..."

http://doku.iab.de/kurzber/2006/kb1406.pdf

Siehe dazu auch die Begründungen auf Seite 24 der Drucksache 15/25:

http://dip.bundestag.de/btd/15/000/1500025.pdf

Die LAN sollten (!) als Ausgleich für den Wegfall des Synchronisations- und Wiedereinstellungsverbotes, sowie der Höchstüberlassungsdauer (Schutzrechte für Zeitarbeiter), in der Regel das "equal treatment" ab dem ersten Arbeitstag bzw. nach 6 Wochen (bei neueingestellten Arbeitslosen) bekommen!
Diese Regelung entspricht der Regelung zur Zeitarbeit in der Mehrheit der EU-Länder, wie das IAB im Kurzbericht Nr. 21 es beschreibt:
http://doku.iab.de/kurzber/2002/kb2102.pdf
(siehe Tabelle 2, Spalte 3 und 4; dazu kommen noch gesetzliche Mindestlöhne in z.B. den Niederlanden, England, Belgien, Luxemburg, usw.)

Auf Drängen der Arbeitgeberverbände in der Zeitarbeit wurde im Entwurf des AÜG eine Tariföffnungsklausel eingebracht, die dazu geführt hat, das die Ausnahme vom "equal treatment" für fast 100 % der Zeitarbeiter zur Regel wurde, was im Klartext bedeutet, das
die Zeitarbeiter seit dem 01.01.2004 keine Schutzrechte mehr haben, aber dennoch das "eqaul treatment" nicht bekommen, sondern dafür durchschnittlich 30 % weniger Lohn als der vergleichbare Stammarbeiter (bei Hilfsarbeiter beträgt die Lohndifferenz bis zu 50 %).

Der damals verantwortliche Minister Clement (SPD) ist heute bei Adecco beschäftigt, deren Mitarbeiter seit dem 01.01.2004 natürlich auch nicht den Ausgleich des "equal treatment" in Bezug auf den Wegfall ihrer Arbeitnehmerschutzrechte des Wiedereinstellungs-und des Synchronisationsverbotes, sowie der Höchstüberlassungsdauer bekommen haben.

Vom Bundesverfassungsgericht heißt es dazu im Beschluss 1 BvR 2283/03 vom 29.12.2004:
"..Das so genannte Synchronisationsverbot, das Verbot wiederholter Befristung, das Wiedereinstellungsverbot sowie das Prinzip einer Höchstdauer der Überlassung wurden durch diese Neuregelung abgeschafft. Im Gegenzug zu diesen Erleichterungen der Leiharbeit verpflichtete der Gesetzgeber die Verleihunternehmen, den Leiharbeitnehmern für die Zeit
der Überlassung an einen Entleiher die im Betrieb des Entleihers für vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Hiervon kann in den ersten sechs Wochen eines Leiharbeitsverhältnisses bei zuvor Arbeitslosen abgewichen werden sowie generell aufgrund von abweichenden Vereinbarungen in einem beim Verleiher anwendbaren Tarifvertrag..."

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20041229_1bvr228303.html

Da die LAN seit dem 01.01.2004 den Ausgleich ("equal treatment") für die weggefallenen Arbeitnehmerschutzrechte nicht bekommen haben, stellt sich nach 4 Jahren der Anwendung der Tariföffnungsklausel des AÜG die Frage, ob diese nicht abgeschafft werden muss oder ob das Synchronisations- und Wiedereinstellungsverbot, sowie die Höchstüberlassungsdauer wieder im AÜG eingeführt werden muss.

Im Beschluss des BVerfG heißt es:
"..(1) Die angegriffenen Gesetzesvorschriften dienen der Verbesserung der Stellung der Leiharbeitnehmer und damit dem Schutz ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Durch die Regelung der Arbeitsbedingungen soll für die Leiharbeitnehmer ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet werden. Nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers sollen die
geänderten Vorschriften der Arbeitnehmerüberlassung den hohen Anforderungen Rechnung tragen, denen Leiharbeitnehmer genügen müssten (vgl. BTDrucks 15/25, S. 24). Das soll dazu beitragen, die gesellschaftliche Akzeptanz und die Qualität der Leiharbeit zu steigern,
und damit auch die Stellung des Leiharbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt stärken..."

Welches Schutzniveau für LAN?

Das Synchronisations- und Wiedereinstellungsverbot, sowie die Höchstüberlassungsdauer wurden als Schutzrechte der LAN ersatzlos gestrichen und LAN bekommen dafür nicht als Ausgleich das "equal treatment", sondern tarifliche Armutslöhne mit evtl. ergänzenden sozialen Leistungen für mehrere Wochen oder Monate.

Zitat: "..Das soll dazu beitragen, die gesellschaftliche Akzeptanz und die Qualität der Leiharbeit zu steigern, und damit auch die Stellung des Leiharbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt stärken..."

Ohne ein "equal treament" zum Ausgleich für die bisherigen Schutzrechte der LAN wird es niemals in D. eine Akzeptanz der Leiharbeit geben!

Zitat der damaligen Bundesregierung (Seite 24):
"..Abweichungen hiervon sind nur durch tarifvertragliche Regelungen zulässig und für die ersten sechs Wochen der Überlassung durch einzelvertragliche Vereinbarung, wenn ein angemessenes Schutzniveau für
...
Gleichzeitig wird die Arbeitnehmerüberlassung durch Aufhebung
des Synchronisationsverbots, des besonderen Befristungsverbots
sowie des Wiedereinstellungsverbots flexibilisiert.
Arbeitnehmerüberlassung wird folgerichtig von all denjenigen
Regelungen befreit, die bisher als Schutzmassnahmen
notwendig waren, weil Leiharbeit aufgrund des Zusammentreffens
hoher Flexibilitätsanforderungen mit relativ geringen.."


http://dip.bundestag.de/btd/15/000/1500025.pdf

Und was hat sich bis dato geändert?

Richtig, die Schutzmaßnahmen (-rechte) der LAN wurden gestrichen und die meisten LAN sind weiterhin in (tariflichen) prekären Beschäftigungen, die in 75 % der Fälle nicht länger als 6 Monate dauern und Armutslöhne bis unter 5 Euro/Std. beinhalten!

Erst wurden die LAN durch die Politik über den Tisch gezogen und dann von den CGB- und DGB-Gewerkschaften.

Tatsache ist bis dato, das es das vom Gesetzgeber geforderte angemessene Schutzniveau für LAN nach 4 Jahren des neuen AÜG nicht gibt und damit die Leiharbeit bis zur flächendeckenden Einführung des gesetzlichen Ausgleichs des "equal treatment" das bisher miese Image behalten wird!

Das IWG (Institut für Wirtschaft und Gesellschaft) nennt im Artikel "Durch Zeitarbeit zum
festen Job" vom 11.12.2007
(http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Durch%20Zeitarbeit%20Job/291041.html) eine
Übernahmequote von 10 % (Zitat:"Allerdings würden nur etwa zehn Prozent dabei direkt vom
Einsatzbetrieb übernommen.").

Zitat des IAB (Seite 5):
"...Bis 2 002 war mehr als ein Drittel der
Leiharbeiter nach einer Leiharbeitsepisode
anderweitig beschäftigt. Den Daten
lässt sich allerdings nicht entnehmen, wie
viele beim Entleiher "kleben" blieben.
Seit 2002 ist dieser Anteil rückläufig.
.....
Ob für Leiharbeiter, die im Anschluss
eine anderweitige Beschäftigung gefunden
haben, Leiharbeit tatsächlich ein
Sprungbrett in eine reguläre Beschäftigung
ist, lässt sich aus den deskriptiven Daten nicht ableiten. Denn vielleicht hätten diese Personen auch ohne Zwischenstopp
in der Zeitarbeitsbranche eine Beschäftigung gefunden..."

http://doku.iab.de/kurzber/2006/kb1406.pdf

Fazit: Die vielgelobte Übernahmequote von Zeitarbeitern in Entleihunternehmen beträgt 10 % und keine 30 %!

Ob alle heute angewendeten Tarifverträge in der Zeitarbeitsbranche überhaupt in Bezug auf den § 3, Abs.1, Nr.3 AÜG wirksam sind oder nicht,wurde noch nicht gerichtlich geklärt:

"...3. Tarifzuständigkeit aller Gewerkschaf-ten

Für erhebliche Unsicherheit sorgt weiter-hin die Tatsache, dass weder eine Ge-werkschaft
des DGB noch eine solche des CGB sich in ihrer Satzung für die Un-ternehmen der
gewerbsmäßigen Arbeit-nehmerüberlassung sachlich zuständig erklärt hat. Beide
Tarifgemeinschaften der einzelnen Dachorganisationen sind dem-nach für einen Tarifvertrag
mit einem Un-ternehmen der Zeitarbeit nicht zuständig.

Man führe sich den Fall vor Augen, dass ein gekündigter Zeitarbeitnehmer das
Ar-beitsgericht anruft und nicht nur in be-kannter Weise die Unwirksamkeit seiner
Kündigung, sondern auch die Nachzah-lung des ihm nach dem Prinzip des "equal treatment"
zustehenden Entgelts etc. ver-langt. Als Begründung könnte von ihm he-rangezogen werden,
der auf sein Arbeits-verhältnis angewandte Tarifvertrag zwi-schen seinem vormaligen
Arbeitgeber und der Tarifgemeinschaft CGB oder dersel-ben des DGB sei nicht wirksam
gewesen. Es fehle der Arbeitnehmervertretung an der zwingend erforderlichen
Tarifzustän-digkeit ...

In zukünftigen Arbeitsgerichtsverfahren werden die Zeitarbeitsunternehmen sehr darauf
bedacht sein müssen, die Frage der ordnungsgemäßen Vergütung des gekündigten Arbeitnehmers
nicht zum Prozessgegenstand werden zu lassen...."

http://www.ig-zeitarbeit.de/admindownload/18-04-03_AIP.doc

Siehe dazu z.B. die Satzung der Polizeigewerkschaft (GdP):
http://www.gdp.de/gdp/gdpcms.nsf/id/image/$file/GdPSatzung061116.pdf

Im §1(3) der Satzung (Name, Sitz und Organisationsbereich) ist die Branche der Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeitsunternehmen und Leiharbeiter nicht (!!!) aufgeführt!!!

Damit ist diese Gewerkschaft laut eigener Satzung nicht für Leiharbeiter tarifzuständig, hat aber 2003 den IGZ- und BZA-Tarifvertrag mit unterschrieben.

Ich denke, das man den gesetzlichen Ausgleich des "equal treatment" in der heutigen Situation nur durch gerichtliche Entscheidungen in Bezug auf die Frage der Tarifzuständigkeit von CGB- und DGB-Gewerkschaften einführen könnte, da das "equal treatment" auf Grund des § 3, Abs.1, Nr.3 AÜG automatisch für LAN gilt, wenn ein angewendeter Tarifvertrag im Arbeitsvertrag, gerichtlich als unwirksam beurteilt wird.

Natürlich hat jeder Kläger hier ein Prozessrisiko, was ich nicht verschweigen will, aber es kann dabei auch viel gewonnen werden (für alle fast 700.000 LAN), denn die Leiharbeit mit dem "equal treatment" bzw. dem "equal pay" funktioniert in der Mehrheit der EU-Länder und bietet dadurch keine Ausbeutung und Diskriminierung für LAN, ganz abgesehen von der Vernichtung der Stammarbeitsplätze.

Klar ist für mich, das der Gesetzgeber die Tariföffnungsklausel im AÜG nicht abschaffen will, die EU-Richtlinie Zeitarbeit blockiert und die DGB-Gewerkschaften keine "equal treatment" oder "equal pay" in den Tarifverträgen hinbekommen werden, so das nur noch der gerichtliche Weg übrig bleibt.

Da auch die Änderung des AÜG mit heisser Nadel gestrickt wurde und das BAG die Arbeitnehmerüberlassung im Urteil vom 24.03.2004 als eigenständige Branche anerkannt hat, haben (s.o.) fast alle CGB- und DGB-Gewerkschaften ein Problem mit der Tarifzuständigkeit für diese Branche.

Gruß

Jürgen

Krokos

ZitatOriginal von Jürgen

50 % der LAN bekommen also nur den Mindesturlaub und 87 % bekommen kein Weihnachts- und Urlaubsgeld.

fast richtig...nur hast du die Leiharbeiter die einen AMP-Tarifvertrag haben außen vor gelassen, denn die bekommen nämlich überhaupt kein Weinachtsgeld.
AAlso bekommen etwa 6-7% der Leiharbeiter Weinachtsgeld und das sind im ersten Jahr 150 Euro Brutto und im zweiten Jahr  (wo dann nur noch 2 % der Leiharbeiter anzutreffen sind ) 300 Euro...

Soviel zum Thema Weinachtsgeld.

alfred

ZitatOriginal von Jürgen
Die Beschäftigungsquote in der Zeitarbeit beträgt laut IAB (2003)

Mensch, da gab es die Tarifverträge noch nicht. Völlig unbrauchbare Zahlen!!! Weihnachtsgeld bekommen wahrscheinlich prozentual gesehen mehr Leiharbeiter als Feste in Deutschland!? Hört auf, noch solche Zahlen zu posten - die stimmen doch hinten und vorn nicht mehr...
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

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